Moin in die Runde,
Zum allgemeinen, ich bin 31, männlich und habe seit einem Monat ADHS diagnostiziert. Die medikamentöse Einstellung erfolgt derzeit mit Medikinet adult. Ich sollte erstmal mit 5mg morgens und mittags starten und habe das ca. 2 Wochen gemacht. Jetzt bin ich seit ungefähr ner Woche auf 10-10 erhöht. Die ersten 2 Tage, gerade der erste, waren mindblowing für mich. Ich war etwas schwummrig, aber ansonsten innerlich ruhig, hatte keine Tics mehr und konnte Gesprächen präzise folgen. Diese Wirkung hat leider stetig abgenommen.
Ich habe diverse Fragen auf dem Herzen und bin mal gespannt, ob der/die eine oder andere mir hier helfen kann.
Ich habe hier im Forum schon eine Weile mitgelesen und gesehen, dass einige Mitglieder im 7 tägigen Rhytmus die nächst höhere Dosis ausprobieren soll. Bei mir stellt sich das ganze wie folgt dar.. meine Psychaterin hat mit mir kein großes Gespräch zum weiteren Ablauf gemacht. Grobe Linien zur ersten Einnahme wurde erklärt, aber alle anderen Fragen musste ich stellen, da sonst nicht gekommen wäre. Nach ca. 9 Tagen 5-5 habe ich eine Mail geschrieben und gefragt, ab wann ich denn steigern soll, da ich keine Wirkung mehr verspüre. Ich sollte bis nach Tag 14 warten und dann erhöhen. Nun bin ich nach ca 3 Wochen wieder in der Praxis gewesen, da ich mir ein neues Rezept holen musste. Ich plane derzeit einen kurzen 8 tägigen Urlaub (in 4 Wochen) und habe gefragt wie es aussieht mit der Mitnahme der Medikamente (also kein Überprüfungstermin). Im Verlauf des Gesprächs, habe ich die Dosierung angesprochen und es hat sich dann ergeben, dass die Ärztin sagt, ich soll bis nach dem Urlaub warten bevor wir erhöhen.
Ich war etwas baff und habe dies erstmal hingenommen, da ich etwas überrumpelt war. Mit Abstand muss ich sagen, ich glaube die Dosierung passt bei mir nicht und ich benötige Anpassungen. Dies habe ich zwar kommuniziert, aber die Ärztin hat lediglich gesagt, dass Sie nicht möchte, dass Nebenwirkungen im Urlaub auftreten. Ggf. kann ich ja auch gucken, ob ich mal die Tabletten weg lasse und wie es dann so ist, wenns okay ist.
Ich bin von dieser Aussage und der langsamen Eindosierung ehrlicherweise sehr erstaunt und verwirrt.
Meine Symptome sind innere Unruhe, starke Antriebslosigkeit, teilweise über Tage, eine diagnostizierte mittlere Depressive Phase, sowie diverse Tics und Wortfindungsstörungen. Diese Medikamente geben mir sehr viel Stabilität und mein Leidensdruck ist hoch, sodass ich dadurch wirklich eine Verbesserung der Lebensqualität habe. Daher fühle ich mich langsam irgendwie nicht ernst & wahrgenommen, da ich all diese Dinge öfters geschildert habe.
Ich habe einen Termin direkt für nach dem Urlaub gemacht und möchte einerseits dort mit der Ärztin sprechen.. andererseits frage ich mich, ob ich nicht einfach jemand anderes suchen und wechseln sollte, da mir das alles sehr skeptisch vorkommt und sich irgendwie nicht nach geführter Behandlung anfühlt.
Woran merkt ihr, wie lange und in welchem Maße die Medikamente wirken? Wie erkennt ihr, ob es zu viel ist?
Ich habe grundsätzlich eine innere Unruhe und daher fällt es mir sehr schwer, diese Dinge zu greifen.
Vielen Dank schon einmal und euch allen einen angenehmen Abend.
Condor
grundsätzlich finde ich es mega wichtig, auf dein Gefühl zu vertrauen. Ich finde es mega wichtig, sich bei dem/der Psychiater:in gut aufgehoben zu fühlen. Wenn du die Möglichkeit hast, versuche, noch wo anders rein zu kommen, dann hast du zumindest ne Zweitmeinung. Ich bin auch nicht bei der ersten Arztpraxis geblieben, da ich mich damals nicht ernst genommen gefühlt habe, wenn ich Nebenwirkungen schilderte. Nun bin ich in einer guten Praxis, wo ich genau gefragt werde, wie es mir geht, ich regelmäßig Blutuntersuchungen, EKG abgeben soll und wir das weitere Vorgehen, die Dosierung gemeinsam besprechen und abwägen. Der Arzt empfiehlt mir natürlich was und fragt mich danach aber immer, wie es mir damit geht und was ich möchte.
Als Adhsler:innen zweifeln wir so oft an unserer Wahrnehmung und Selbsteinschätzung. Das ist schade, kann man aber lernen zu ändern.
Ich vermute, deine Ärztin wollte lieber vorsichtig vorgehen, vielleicht gibt es ja noch was in der Mitte? Das mit dem Weglassen finde ich bei der Eindosierung eher hinderlich und eher hilfreich, wenn du dich schon mit dem Medikament auskennst/deine Dosis gefunden hast. Ich hoffe, das hat geholfen!
Es gibt halt aus meiner Sicht immer 2 Möglichkeiten:
Du hälst die an die Anweisungen und Abstände deiner Ärztin, vielleicht weil sie eher als du spürt was dir gut tut
Du gehst in die Praxis und sagst persönlich, daß es dir mit der jetzigen Dosis nicht gut geht und das es nicht so bleiben kann und du jetzt eine Lösung dafür brauchst [ Habe ich so immer gemacht]
Emails, Telefonate, Faxe können leicht ignoriert werden und es kann immer gesehen/ aggumentiert werden: Wäre es so schlimm und untragbar, dann wären sie sofort in die Praxis gekommen und hätten nach einer anderen Lösung erbeten/ nach Abhilfe gefragt und diesen Aufwand nicht gescheut
Man merkt definitiv ob einem die Dosis gut tut, ob man sie ’ nur’ nucht mehr richtig war nimmt, ob Adhs Symptome deutlich zurückkommen oder gar schlimmer sind/ werden als vor der Medikation.
Und daran kann man ja festmachen wann man warten und nochmal schauen kann ob es reicht oder ob jetzt was verändert werden muß auch ob die Einnahmen einen Großteil meines Tagesablaufes befriedigend abdeckt
ich kann Dich gut verstehen, mir geht es ähnlich. Bin auch in meiner Eindosierung, allerdings mit Concerta, und bekomme von meinem Arzt kaum Unterstützung, weil er sich nicht mit ADHS auskennt. Somit bleibt es mir überlassen, meine Symptome einzuordnen und zu bewerten, ob es gut oder zu wenig/zu viel ist.
Nicht sehr ermutigend, weil es wirklich viel Trial and Error ist. Mir ist klar, dass die richtige Dosierung und das passende Medikament individuell sind: ich würde mir eine Anleitung wünschen, damit ich nicht blind gegen jeden Baum laufe.
Ich würde auf jeden Fall versuchen, eine andere, für Dich passende Praxis zu finden. Ist halt nicht einfach im Moment. Ich hatte vorher locker 20 Praxen, die ADHS als Behandlungsschwerpunkt erwähnen, angeschrieben und bin überall abgeblitzt. Insofern bin ich froh, dass ich wenigstens die Medikamente bekomme, auch wenn ich mich selbst durchtasten muss.
Also eigentlich fängt man mit einer Dosis am Morgen an und nicht gleich mit zwei (morgens und mittags). Warum? Weil Du erst mal rausbekommen solltest, wie lange so eine Dosis bei Dir wirkt.
Dann steigert man die Morgen-Dosis so lange, bis Du Dich damit gut fühlst.
Danach nimmt man die zweite Dosis - und zwar nicht „mittags“, sondern ca. 30-45 Minuten, bevor die 1. Dosis aufhört zu wirken. Damit man einen sanften Übergang ohne „Loch“ hat.
Die 2. Dosis fängt man auch wieder niedrig an und steigert langsam. Bei vielen bleibt die 2. Dosis auch niedriger als die 1. Das vermindert den Rebound.
Ich bin ruhiger (motorisch und innerlich), die Hintergrundmusik im Kopf ist aus, ich kann mir Gedanken „greifen“ und weiterdenken, ohne dass sie mir immer wieder wegflutschen.
Das mit der inneren Unruhe ist so eine Sache, wenn du auch Depressionen hast. Da kann die innere Unruhe auch (also zusätzlich) von der Depression kommen. Du solltest aber trotzdem mit den Medis eine Besserung spüren.
Na ist ja super, dass die Ärztin keine Nebenwirkungen im Urlaub möchte. Ist das IHR Urlaub oder DEINER?
Und was soll der Quatsch mit weglassen und schauen, ob es o.k. ist? Es ist natürlich NICHT o.k.! Du nimmst die Medis ja nicht zum Spaß, sondern weil es eben ohne Medis NICHT o.k. ist. ADHS macht keinen Urlaub. Und 10 mg Medikinet adult sind quasi nix. Manche kommen zwar damit aus, aber die meisten brauchen mehr.
Einfach wird das nicht, aber ich empfehle einen Arzt-Wechsel.
Danke für die hilfreichen Antworten! Ich denke, ich werde einen Arztwechsel anstreben und mich mal die nächsten Tage darüber informieren. Außerdem schaue ich jetzt mal genau darauf, wie lange eine Dosis bei mir wirkt.
Ich bin auf jeden Fall schon mal zuversichtlicher und grundsätzlich vielen Dank euch allen! Es tut gut zu wissen, dass es so eine Möglichkeit des Austauschs wie hier im Forum gibt.