Selbststrukturierung auf Arbeit

Hallo zusammen,

ich arbeite schon eine Weile als Produktmanager in einem mittelständigen Unternehmen. Dort bin ich für einen Produktbereich zuständig und habe so ziemlich alle Freiheiten was ich damit tun will.

Klingt erstmal gut und ich genieße auch die Freiheiten. Ich habe dadurch aber leider auch ziemliche Probleme mich selbst zu strukturieren. Ich arbeite mehr oder weniger meist in den Tag hinein was manchmal auch zu impulsiven Wechseln der Tätigkeiten führt.

An Ideen was man so tun kann mangelt es mir nicht. Ich habe halt auch wenig Ziele oder Leitplanken vorgegeben, die mir manchmal vielleicht ganz gut tun würden.

Irgendwie habe ich auch entweder keine Ahnung oder keine Lust die mir selbst gesetzten Ziele in Teilschritte zu zerlegen. Ich arbeite viel mehr nach „Gefühl“.

Was macht ihr so um euch selbst z strukturieren wenn ihr komplett aus eigener Motivation arbeitet?

Erzeugst du denn bei dir selbst , bei anderen oder für den Arbeitgeber dadurch Probleme ?

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Eigentlich nicht. Wo keine Ziele, kann man auch nicht wirklich scheitern. Aber ich bin irgendwie unzufrieden damit. Vor allem wenn es mal Phasen gibt in denen man nicht motiviert, inspiriert ist fehlt da irgendwie der Halt trotzdem was zu machen oder voranzukommen.

Manchmal so das Gefühl „Was habe ich heute eigentlich gemacht“? Vielleicht fehlen auch die Erfolgserlebnisse?

Ich erledige alle Arbeiten immer danach welche davon am dringensten zuerst erledigt werden muss. wenn ich sehe viel zu erledigen habe mache ich mir sogar Listen .
Allerdings bin ich nicht extrem stressresistent.
Das heißt wenn es sehr stressig wird gerate ich in Zeitdruck, wobei ich in einem guten Team durchaus in der Lage bin arbeiten zu verteilen.
Wenn es die Zeit zulässt mache ich bewusst die für mich unangenehmste der anstehenden Aufgaben als erstes da sonst die Gefahr besteht das ich sie gar nicht erledige .
Danach freue ich mich dass ich etwas unangenehmes erledigt habe und kann die angenehme Aufgaben mit mehr Freude erledigen .
Das mit dem verteilen der Aufgaben klappt aber nur wenn der Oder die andere sie auch erledigt dabei spielt heute für mich nicht mehr eine so große Rolle das sie auch perfekt ausgeführt werden ,was für mich vor einigen Jahren noch sehr sehr wichtig war
Allerdings arbeite ich zur Zeit immer noch nicht wieder

Naja, es gehört bei uns irgendwie dazu, dass wir nicht jeden Tag gleich funktionieren.

Anscheinend kommst du ja ab und an ganz gut in einen Flow und ab und zu eben nicht.

Wenn du diesen Job schon eine Weile machst, wirst du ganz intuitiv bestimmt viele Dinge richtig tun und auch richtig priorisieren. Aufgrund der hohen Wiederholungsraten, fällt dir das in deinem Alltag wahrscheinlich aber nicht so auf. Du wirst vielleicht sehr produktiv sein, ohne dass du es aktiv bemerkst.

Die Frage ist nun, welchen Leidensdruck verspürst du? Nichts getan zu haben, heißt ja auch, nichts wert zu sein? Zu unserer Arbeitswelt gehört es (leider), dass wir jeden Tag etwas abliefern müssen. Also machen wir das Spiel mit. Wir sind jeden Tag da. Nur funktionieren wir eben nicht jeden Tag gleich gut. Dafür funktionieren wir an bestimmten Tagen doppelt so gut :grin:

Ja okay. Das kriege ich auch hin. Aber es geht ja um den Schritt davor. Ich muss mir selbst Aufgaben generieren bzw. bekomme nicht ausreichend Aufgaben von anderen gestellt um den Tag zu füllen.

Ich verstehe deine Aussage gut und ja, kann ich unterschreiben. Gleichzeitig liegt es ja auch in der Natur des Menschen gebraucht zu werden oder was sinnvolles beizutragen.

Ich selbst bin jedenfalls am hinterfragen ob mir so ein Job mit kompletter Freiheit und Eigenverantwortung gut tut oder es doch eher ein Job sein sollte bei dem mir mehr Aufgaben vorgegegeben werden. Auch wenn mein Selbstwert und Ego schreien :roll_eyes:

Da habt ihr beide schon ein dickes Plus auf der Haben-Seite.
Ich kann mich bei mir eher darauf verlassen, dass ich das oberste auf der Liste exakt dann mache, wen die Hütte so brennt, dass ich keine andere Wahl mehr habe.

Den Punkt finde ich wichtig. Nicht scheitern können bedeutet wenig Anreiz.
Und es kann bedeuten, dass es auch keine Möglichkeit zu glänzen gibt.

Ich hab ziemlich viel Zeit in einem Job verbracht, wo ich mir nicht sicher war, wie schnell es auffallen würde, wenn ich tot unterm Schreibtisch gelegen hätte - meine Arbeit hatte so wenig Impact, dass ich ihr irgendwann auch keine Bedeutung mehr zugemessen habe.

Womit wir hier wären:

Dann hast Du ja schon mal einen großen Vorteil, du hast keinen Stress der dich antreibt und du kannst ganz in Ruhe arbeiten ohne dass dich ein anderer dabei stört .
Oder wirst du häufig unterbrochen nach deiner Meinung gefragt oder musst Telefonate führen während der Arbeit die dich immer wieder raus bringen.
Ich würde mir jeden Morgen einen Arbeitsplan erstellen was am Tag deiner Meinung zu erledigen ist und die Aufgaben,welche Dir gestellt werden mit einbeziehen.
Ich kann gut alleine arbeiten, kann mich aber auch gut wenn ich Hilfe brauche mit Kollegen austauschen das bringt mich dann häufig auch weiter.
Probleme bekomme ich nur wenn ich soviel zu erledigen habe dass ich in Zeitdruck komme ansonsten arbeite ich sehr strukturiert

Wie du sicherlich weißt, haben wir große Probleme damit, uns neue Routinen anzueignen Oder uns Strukturen zu schaffen, die uns zwingen, bestimmte Dinge regelmäßig zu tun.

Wenn du nun allerdings einen gewissen Leidensdruck verspürst und viel Freiheit in deinem Beruf hast, ist es eigentlich eine Chance, dir diese Strukturen selbst anzulegen.

Ich habe in meinem Beruf auch viele Phasen der extremen Langeweile hinter mir. Ich habe mich überflüssig gefühlt und konnte mich zu nichts aufraffen. Und nun bin ich in genau dem gleichen Job mit völlig veränderten Rahmenbedingungen und total happy.

Was ist bei mir anders? Wir haben in den vergangenen Jahren tägliche fixe Austauschrunden, die ich auch nie ausfallen lasse. Der Anfang war echt hart. Aber nun, sind sie für mich eine Art Anker um in die Arbeit zu kommen. Mittlerweile freue ich mich regelgerecht auf diese Termine.

Vielleicht hast du ja auch die Möglichkeit, dir täglich irgendwelche regelmäßigen Austauschrunden reinzulegen, die dich gut durch den Tag bringen. Das muss gar nix hochtrabendes sein. Das können zum Beispiel einfache Durchsprachen mit Chef, Kollegen oder Mitarbeiter oder kleinere Status Updates sein, die du aber selbst nicht vorbereiten musst. Wichtig dabei ist: Verbindung schaffen zu anderen Menschen - in einem Job Kontext. Also nicht einfach nur Kaffee trinken.

Du siehst, wie andere in der Arbeit sind und etwas tun. Damit fällt es dir selbst auch leichter, in den Tritt zu kommen. (Bodydoubling!)

Ich lese zwischen den Zeilen aber auch eine gewisse Unzufriedenheit bis hin zum Boreout heraus. Vielleicht auch mehr? Ein Forum ist schon mal ein guter Weg, die Gedanken zu sortieren. Sicherlich hilft aber auch jemand, der etwas professioneller mit der Situation umgehen kann. Das muss nicht gleich ein Psychiater sein! Alleine, wenn du deine Situation mal mit jemanden schilderst, machst du sie auch transparent. Damit musst du nicht für dich im Verborgenen bleiben.

Erinnere dich daran, wie es ist, wenn du tolle Momente des Flow erlebst. Ich bin der festen Überzeugung, dass das für uns alle ein Zustand ist, den wir gut erreichen können und auch wollen.

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Jep, so geht es mir gerade. Ich bin letzt aus Versehen mal zu Hause geblieben, weil ich dachte ich habe noch Urlaub. Ich hätte arbeiten müssen und niemand ist es aufgefallen. Außer natürlich dem System irgendwann.

Ich glaube das ist ein ganz guter Punkt. Ich hatte leider bis diese Woche einen Chef der darauf gar keinen Wert gelegt hat. Ganz im Gegenteil. Er hat nur seine persönlichen Ziele verfolgt (die mit mir nichts zu tun hatten) und hat bei Austauschversuchen meinerseits auf die Art „Ich will damit nichts zu tun haben, das solltest du selbst regeln können“ reagiert.

Das hat mir sehr den Stecker gezogen und mich sogar meine Fähigkeit zweifeln lassen, dass ich gut genug für diesen Job bin. Er hat mir gesagt ich bräuchte Anweisungen. Was überhaupt nicht stimmt … ich brauche Austausch und Feedback regelmäßig. Die Wegen kann ich alleine gehen.

Ja, die gibt es ja! Aber wenn ich dann ewig keinen Austausch habe dann verliere ich Interesse und den Sinn an meiner Arbeit.

Das will ich mir vornehmen. Ich glaube das würde mir gut tun. Ich muss nur aus dem Kopf bekommen das als Schwäche zu sehen. Und ich habe die Hoffnung einen neuen Chef zu bekommen der da mehr Interesse daran hat.

@JuliOs Hallo,

ich hab jetzt nicht alle Kommentare gelesen und weiß auch nicht, was du schon alles machst.
Was mir spontan einfällt, dass du dir konkrete Ziele setzen könntest. Wenn du etwas wirklich möchtest und es realistische Erfolgschancen gibt, kommt man in einen Flow und kann die anderen Sachen drum rum organisieren. Z.B. kannst du dir eine Morgenroutine angewöhnen, die dir gut tut und dann entspannter und sortierter in den Arbeitstag starten. Man kann bei Langeweile ja auch immer was ändern und anpassen.

Und mein nächster Gedanke wäre, sich die Arbeit in kleinere Schritte einzuteilen, vielleicht zur Übersicht in Unterpunkten aufzulisten und dann abzuhaken. Dann siehst du einen Fortschritt auch wenn du mehrere Listen parallel führst. Das kann Spaß machen und schafft einfach Übersicht.

Liebe Grüße