Sohn, 12, ADS, respektiert Grenzen der anderen Familienmitglieder nicht

Hallo @Rocky1,
habt ihr mal daran gedacht, die Schulform zu wechseln? Mein Sohn ging nach der Grundschule auf eine Montessori-Schule und das war ein echter Gamechanger für ihn. Kleinere Klassen, interessante Projekte, keine Noten. Er ist da richtig aufgeblüht. Der Stress mit den Hausaufgaben fiel weg, da es sich um eine Ganztagsschule handelte. Es wurde viel Wert auf das Sozialverhalten gelegt und das Verhältnis zu den Lehrer*innen war viel persönlicher. Die Prüfungen für Quali und Mittlere Reife hat er an einer Regelschule gut geschafft. Jetzt macht er ne Ausbildung zum Erzieher, absolvierte gerade ein tolles Praktikum an seiner alten Grundschule, für das er nur Einser erhielt und sein Traum ist es jetzt, Grundschullehrer zu werden. Er setzt sich intensiv mit seinem ADS auseinander und weiß um seine Stärken und Schwächen. So ein Schulwechsel ist gewiss keine Garantie, dass alles gut wird. Aber es kann eine gute Chance sein.

Beste Grüße

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Hallo! Unsere Tochter ist auch so ein Fall… es zeichnet sich ein sehr ähnlicher Charakter ab: wenig Einfühlungsvermögen, nie zufrieden, Strukturmensch, möchte immer bestimmen, denkt nur „schwarz oder weiß“, akzeptiert keine andere Meinungen oder Grenzen. Erst als ich das Buch „das explosive Kind - Plan b für Eltern“ gelesen habe, habe ich diese Art von Mensch verstanden. Im Kern geht es darum, die Handlung und Ursachen der Probleme zu verstehen. Der Autor, selbst ein Prof. für Kinderpsychiatrie, schlägt dafür eine Familientherapie vor. Im nächsten Schritt müssen alle in der Familie Verständnis für die Verhaltensweisen entwickeln und es nicht als „Angriff“ abwerten, sondern versuchen, mit dem Kind Lösungen aus diesen „krassen“ Situationen zu finden. Dazu gehört unter anderem, ruhig und verständnisvoll in solchen übergriffigen Situationen zu bleiben. Solche Kinder können sich in entsprechenden Situationen nicht selbst regulieren sondern müssen von außen ein ruhiges und besonneneres Verhalten erlernen.

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Auch das Wort „Selbstbestimmung“ spielt für diese Kinder eine enorm große Rolle. Sie müssen lernen, dass mal ein anderes Familienmitglied entscheidet, aber auch mal das Kind entscheiden darf. Am besten mit kleinen Dingen anfangen, die Spaß machen und keinen verletzten. Z.b. wird eine Freizeitaktivität fürs Wochenende geplant, die Familie setzt sich zusammen und erstellt einen ablaufplan fürs Wochenende und jeder darf mitentscheiden, auch der Sohn… evtl. festlegen, wer was entscheiden darf :wink: oder: viele kleine Planänderungen im Alltag einbauen. zB: oh, eigentlich wollte ich heute Abend Pizza essen, die mögen wir doch alle so gerne. Die gab es heute nicht im Supermarkt. Wir überlegen diese Woche zusammen, was gegessen wird. Jeder in der Familie überlegt ein Abendessen. Man kann so zum einen die Struktur fördern die das Kind braucht, aber auch die Flexibilität im Kopf. Einfühlsamkeit lässt sich somit ein Stück weit erlernen, steht aber alles in dem Buch, alles Gute für Euch, ich kenne Eure Situation nur zu gut.

Liebe Grafisma, danke!! Das mit der Familientherapie ist so eine Sache. Wir haben alles schon probiert, wir haben Unterstützung von aussen, aber wir versuchen, das Ganze als Familie anzugehen. Ich habe ehrlich gesagt etwas die Nase voll von den ganzen Tips, die wir kriegen, immer die gleichen und die letztlich Personen geben, die selber nicht von ADS betroffen sind, oder ansonsten mehrheitlich Personen beraten, die andere Herausforderungen haben. Aber es hilft, wie immer hier in diesem Forum, unendlich, Antworten zu lesen und so Kraft zu schöpfen. Im Moment läuft es ganz gut!

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Das freut mich! Mit solchen „selbstbestimmten“ Kindern bekommt man unendlich viele Tipps, alle wissen es besser, und am Ende wird es auf die falsche Erziehung geschoben. Erst durch das Buch haben mein Mann und ich verstanden, dass es nicht an uns liegt. Es gibt eben sehr starke emotionale Kinder, laut Studien haben die oft einen höheren IQ.

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Ist das Buch von Ross W. Greene? Scheint schon älter zu sein.

Ja! Ist schon älter.

Die genannten Symbole erinnern mich sehr an Borderline.
Klar, als Persönlichkeitsstörung darf das erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden. Ich wollte nur auf die Parallelen hinweisen.
Über BL weiss man noch, dass 75 % der Betroffenen weiblich sind und dass sie oft einen sehr hohen IQ haben.
Ich würde es einfach mal genauer anschauen - und sei es nur, um gegebenenfalls die Unterschiede zu erkennen.
Und auch BL ist dimensional (ebenso wie AD(H)S).

Mit Erziehungsfehlern lässt sich so was nicht begründen. Die können zwar durchaus mit rein spielen (siehe Prävention bei ADxS.org) aber eher als Beiwerk. Im Wesentlichen dürften es auch bei BL die Gene sein.

@Grafisma, der Ansatz birgt eine Gefahr, nämlich dass man das Handeln des Kindes deutet und fragt, was will es uns damit sagen.

Bei ADHS gibt es aber keine verborgene Bedeutung. Das Kind will ja gar nicht so handeln, es hat sich nicht unter Kontrolle.

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Ja, ändern kann man das Verhalten kaum, aber man kann mit dem Kind zusammen Lösungen finden, wie man besser damit umgeht. Das ist viel Arbeit auf beiden Seiten.

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Hallo,
mein Sohn, war auch sehr aggressiv bevor er Medikamente bekam. Er war einfach frustriert, weil er dachte dass er dumm ist. Er hat nichts so richtig hinbekommen. Er war auch immer voll integriert. Doch die Akzeptanz der Mitschüler hatte auch Grenzen. Und so wurde es im Klassenverband immer schwieriger, da sich doch so einige Freunde abwendeten.
Mit den Medikamenten normalisierte sich dann alles und auch die Noten wurden besser.
Adhsler haben von Haus aus ein geringes Selbstbewusstsein. Auch Selbstreflektion ist sehr schwer. (Weiß ich auch aus eigener Erfahrung.)
Und in der Pubertät, wo das Gehirn umgebaut wird, wird alles nochmal schwieriger. Ich hab in einem Buch gelesen, dass es Pubertät hoch 10 bei Adhs ist. Und genauso war’s dann auch bei meinem Sohn.
Sie brauchen ganz dringend Erfolgserlebnisse in dieser Zeit. Ganz viel Lob! Und Aufklärung! Wichtig ist, dass er begreift, was es bedeutet Adhs zu haben. Dass er für viele Sachen nichts kann, aber andere Strategien erlernen kann um es trotzdem hinzubekommen.
Er braucht also ganz viel Verständnis und Hilfe.
Ich bin sehr stolz, dass mein Sohn jetzt viel entspannter ist und wir die Zeit überwunden haben. Vor allem weil es nochmal schwieriger ist, wenn Mutter und Sohn Adhs haben :sweat_smile:

Ich wünsche euch ganz viel Kraft.

Ps: Sucht euch Bücher zu Adhs. Es gibt auch was über die Pubertät mit Adhs.

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