Guten Abend
ich bin weiblich, 35 Jahre alt und habe seit ca 2 Jahren die Diagnose Depression bzw. rezidivierende depressive Episoden (bin mittlerweile in der 3. oder 4.)
Ich habe das erste halbe Jahr Antidepressiva genommen, diese aber aufgrund von massiven Nebenwirkungen und fehlender Wirksamkeit wieder abgesetzt. Aktuell bin ich seit gut 1,5 Jahren bei einer Verhaltenstherapeutin. Die Therapie ist gut und hilft, jedoch leider nur kurzfristig. Achtsamkeitsübungen, Meditation, Sport, Regelmäßigkeiten!
Früher war ich eine echte Sportskanone, habe vieles ausprobiert, Volleyball war klasse, aber im Team hat es nicht geklappt. Schlussendlich waren die Sportarten, die ich am längsten ‚durchgehalten‘ habe, reiten und fechten gewesen. Das habe ich von 7 bis ca 14/15 Jahren gemacht. Mittlerweile bin ich dabei Sport und Bewegung wieder in meinen Alltag zu integrieren. Ist ganz schön schwer, wenn man erwachsen ist.
Vorweg: Dieser Text ist super unstrukturiert, lang, springt in der Zeit, ich werde mich sicher wiederholen und auch teilweise widersprechen. That‘s my brain, sorry…
Jetzt wieder zum Aktuellen:
Neben generalisierten Ängsten (nicht diagnostiziert) und immer wieder auftretendem negativen Hyperfokus, habe ich Probleme mich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren bzw zu fokussieren. Auch verliere ich häufig meine Aufgaben aus dem Blick und gerate in Stress. Sowohl bei der Arbeit, als auch bei meinen alltäglichen Pflichten mit Haushalt und Haustieren. Jegliche Form von To-Do Listen sind maximal sinnbefreit, weil ich mich selbst verarsche und wenn mein Akku leer ist geht leider garnichts mehr! Teilweise prokrastiniere aber ich auch sehr viel.
Zurück zum Job:
Ich arbeite zur Zeit in der ambulanten psychiatrischen Versorgung, wo es leider ziemlich wichtig ist zu planen bzw. generell Zeiten einzuhalten, den Menschen genau zuzuhören um sie somit optimal zu unterstützen. Dabei überschreite ich häufig meine eigenen Grenzen und stelle Bedürfnisse hinten an. (bsp. keine Pausen zwischen den Klienten, häufige Überstunden)
Unter den Kollegen ecke ich mit meiner Meinung zu therapeutischen Dingen häufig an, weil ich einen kontroverseren Ansatz vertrete und nicht alles pathologisiere. Ich definiere mich viel über meine Arbeit, weil ich das Gefühl habe etwas bewirken zu können. Außerdem wird mir (so glaube ich zumindest) ernsthafte Wertschätzung entgegen gebracht. Also von mir nicht nahestehenden Personen.
Leider dehnt sich mein ‚andersartiges’ Sein, denken, fühlen, handeln auch auf zwischenmenschliche Beziehungen zu Freunden, Familie und meinem Partner aus.
Ich habe massives Misstrauen gegenüber fast allen mit najestehenden Menschen. Obwohl mir immer wieder ‚der Rücken gestärkt‘ wird, glaube ich doch, das alles aus purem Mitleid geschieht bzw. damit ‚sie endlich aufhört zu heulen‘ und nicht um meiner selbst Willen… Fühle mich dann eher wie eine Last, als ein Mitglied der Familie oder des Freundeskreises. Ich habe mir deshalb abgewöhnt um Hilfe zu bitten, wobei ich die tatsächlich in vielen Dingen sehr brauche.
Zu Freunden kann ich teilweise nur schwer Kontakt halten, Familie ist phasenweise auch eher eine Pflichtveranstaltung, vorallem wenn alle auf einem Haufen sind (zu viel, zu laut, zu durcheinander)
Ich bin leider immer schon im Vorhinein sehr angespannt und habe Probleme mich zu regulieren. Meist hilft es mir dann einen Schmerzreiz zu setzen → das erarbeite ich gerade mit meiner Therapeutin.
Zurück zu eigentlichen Thema:
Nicht, dass mir diese Menschen nicht wichtig wären, aber ich verliere sie aus dem Gedächtnis (wobei das zu hart klingt)… Hier auch wieder: Ich kann Kontakt herstellen, wenn ich mal wieder überladen bin und ein Stück Normalität brauche. Den Kontakt aber nur schwer halten, wenn ich selbst gut zurecht komme.
Als Kind war ich schon immer überangepasst und eher ruhig, ziemlich schüchtern, konnte nie meine Emotionen regulieren bzw. benennen, habe dann pauschal immer einfach geweint! Vater war eher son emotionsloser Klotz, was sich erst verändert hat, als ich erwachsen wurde (so ca ab 25 Jahren). Mit ihm erfolgte auch vor Kurzem erst eine Aussprache wie es mir in Kindheit und Jugend so ging und was sein Verhalten bei mir ausgelöst hat, nämlich nicht geliebt und gewollt zu sein.
Bei meiner Mutter wusste ich, dass sie maximal überfordert war und mir so Null, garkeine Grenzen aufgezeigt hat bzw. es auch nicht konnte. Heute ist sie eine emotional sehr labile, in sich gekehrte Person mit teilweise sozialphobischen und eher depressiven Tendenzen. Mit ihr stünde auch noch so etwas wie eine Aussprache aus, allerdings meide ich den Kontakt gerade und es tut mir eigentlich ganz gut.
Wieder den Fokus verloren…
War aber auch ne schwierige Beziehung zwischen meinen Eltern. Ich weiß, dass meine mittlere Schwester (+3 Jahre) und meine Wenigkeit nur auf der Welt sind, damit die Ehe irgendwie noch weiter Bestand haben konnte… Meine älteste Schwester (+12 Jahre) hatte zum Zeitpunkt, als es bei mir ‚los ging‘ mit ‚anders fühlen‘, also quasi Pubertät und ‚Symptombeginn‘, schon eine eigene Familie und hat sich deshalb nicht weiter um ihre Kernfamilie gekümmert. Mittlerweile sind wir Schwestern eigentlich relativ eng miteinander.
Jetzt mal der Versuch chronologisch zu sein:
Grundschule war unauffällig, eher im Gegenteil, sehr angepasst, gute Noten, viele AG‘s, insgesamt gute Leistungen. Einen richtigen Einbruch hat es ca mit Eintritt in die Pubertät gegeben (ca. 13/14, Eltern haben sich scheiden lassen, Vater hat Krebsdiagnose bekommen, also auch privat alles durcheinander), schulisch seitdem ebenfalls chaotisch, nicht mehr fleißig, alles schlüren lassen, generell eher unaufmerksam, eher so Marke Klassenclown gewesen. Immer laut, immer im Mittelpunkt, Freunde hatte ich zu der Zeit viel zu viele.
Als ich 18 wurde haben ich dann neben der Schule noch zwei Nebenjobs gehabt, was sehr energieraubend, aber unheimlich strukturgebend war! Dementsprechend waren dann aber auch meine Leistungen in der Schule. Ich hatte zu der Zeit schon den Drang möglichst unabhängig zu sein.
Ausbildung verlief ähnlich, danach 3 verschiedene Jobs (also nacheinander), kein großartiges Jobhopping.
Hier aber immer volle Power gegeben, gute Leistungen erzielt. Niemals krank gemeldet, immer über meine physischen und psychischen Grenzen hinaus. Der Arbeitsanspruch war jedoch auf eher niedrigem Niveau.
Beim zweiten Job habe ich dann etwas mehr Verantwortung erlangt, indem ich eine Weiterbildung zur Primary Nurse gemacht habe, was soviel heißt wie, ich konnte den Behandlungsverlauf maßgeblich mitgestalten und habe eng mit anderen beteiligten Berufsgruppen gearbeitet. Hatte mich hier dann auch auf einen Leitungsposten beworben, bin auch sehr gut angekommen, aber habe ihn schlussendlich nicht bekommen. Habe nie eine zufriedenstellende und/oder klare Antwort bekommen, wieso nicht. Also verbuche ich es als Ablehnung meiner Person und meiner Art… Auch während des zweiten Jobs hatte ich noch zwei Nebenjobs. Weil es ja nicht reicht im Schichtdienst zu arbeiten!! Nein, da muss mehr Struktur her! Da kam dann auch der psychische Komplettkollaps nenne ich es mal. War dann knapp 3-4 Jahr raus aus der Arbeit, Schichtdienst kam nicht mehr in Frage, weil Tag-Nachtrhythmus sowas von im Arsch war! Es kam die Diagnose Depression. Ein Aufenthalt in der Tageslinik und n paar Monate später kam ich also zu meinem dritten und aktuellen Job: Ambulante psychiatrische Pflege!
Aktuell bin ich außerdem noch als Praxisanleiterin für die Ausbildung an meinem Standort zuständig. Ich vermittle mein Wissen -manchmal leider ungefiltert und unsortiert- was bei den meisten Auszubildenden eher nicht so gut ankommt. Rede auch meist zu schnell und zu laut, bin genervt, wenn der/die Azubi anders ‚denkt’ als ich und mir gedanklich nicht folgen kann. Versuche mich aber zu kontrollieren und das nicht raushängende zu lassen… Außerdem genieße ich es sehr mein (Fachspezifisches-) Wissen weiterzugeben.
Also auch hier eher hyper also hypo unterwegs. Ich möchte ja auch, das die Pflegekräfte von morgen ein breites Spektrum an Fachwissen vorweisen können…
Ansonsten bin ich anderen Menschen generell eher geduldig gegenüber, bin sehr freundlich und kontrolliere meine Emotionen (was bei der Arbeit mit Menschen , speziell psychisch erkrankten Menschen. tatsächlich sehr anstrengend ist) → würde mein Verhalten dabei eher als masking betiteln wollen.
Da ich bei mir den Maßstab was Leistung und Wissen angeht meist übermäßig und fast unerreichbar hoch ansetze, führt es meist dazu, dass ich die Ziele nicht erreiche und ich wieder eine Abwärtsspirale gerate.
Zu viel durcheinander, ich weiß. Ich nenne es Kopfchaos.
Ihr merkt, ich verliere mich etwas!
Zurück zum Thema.
Generell wenn mir jemand aufrichtige Gefühle entgegen bringt, wie jetzt in der Paarbeziehung, ist die Symptomatik aber für mich persönlich am Schlimmsten.
Aufgrund meines -überwiegend- niedrigen Selbstwerts und der daraus resultierenden mangelnden Selbstakzeptanz (früheres Mobben in der Schule, emotional abwesende Eltern, oft gescheitert und daraus eben leider nicht gewachsen) habe ich massive Verlustängste und neige zur Eifersucht. Ich spioniere nicht nach oder kontrolliere das Handy, noch schreibe ich übermäßig oft Nachrichten, aber ich habe immer wieder Gedanken, dass man, also mein Partner,mich betrügen könnte.
Sidenote: Wir wohnen nicht zusammen, weshalb unsere gemeinsame Zeit auch eher rar ist. Wir klären unter der Woche also viel über schreiben und telefonieren.
Mein Partner ist sehr charismatisch und sieht dazu auch noch sehr gut aus, er kommt also gut an! Wir geraten deswegen häufiger aneinander, da er mir klar kommuniziert, wenn er ‚mal wieder‘ angebaggert wurde und er es, natürlich, auch etwas geniesst. Ich hingegen denke dann ich sei zu wenig, nicht gut genug, nicht hübsch genug… Außerdem entspreche ich nicht seinem ‚Beuteschema‘, weshalb ich noch verunsicherter bin, wenn er von solchen Erfahrungen berichtet. Also bin ich pauschal allen Frauen gegenüber eher feindselig, die in sein ‚Schema’ passen
Er sagt, dass er mit mir allerdings eine tiefergehende Bindung hat (und das von Anfang an), was jegliche Optik anderer Frauen übertrifft.
Dennoch arbeite ich auch hier mit meiner Therapeutin an einem gesunden und konstruktiven Umgang damit und die klarere Kommunikation meines Empfindens dabei!
Zurück zum Thema
Grundsätzlich weiß ich, dass er die treuste Seele ist, mich aufrichtig liebt und mir das nicht antun würde. Aber if you know, you know. Negativer Hyperfokus, yay!
Das alles hält mich nachts wach und kostet mich unheimlich Kraft daraus, zumindest für kurze Phasen, auszubrechen
Klar stabiliere ich mich durch meine Therapie immer wieder etwas, aber so ganz möchte das Gerüst einfach nicht halten, was mich zu der Annahme führt, dass ich AD(H)S haben könnte .
Alles eher diffuse Symptomatik, nichts wirklich klassisches, aber Symptome die auch irgendwie anders zu erklären wären, nur halt eben irgendwie.
Hatte mich eigentlich schon fast damit abgefunden, dass ich als Erwachsene scheinbar eher negative Gedanken habe, mich vor allem fürchte was außerhalb meiner mühsam erarbeiteten Komfortzone liegt und ich generell eher anders denke und fühle als Andere. Und das obwohl ich eigentlich immer versuche den Fokus auf das Positive zu legen (zumindest bei Anderen), aber grundsätzlich ein sehr lebensbejahender und eher optimistischer Mensch bin…
Ja, teilweise widerspreche ich mir selbst, aber genau so ist es leider auch in meinem Kopf!
Dann habe ich irgendwann mal Amphetamine getestet (eigentlich um mal nicht um 20Uhr vollkommen fertig zu sein und nichts mehr auf die Kette zu kriegen), aber das hat mir eine so unglaubliche Ruhe gegeben, endlich konnte ich mich strukturieren und fokussieren. Abgefahren!
Natürlich nehme ich das deswegen jetzt nicht regelmäßig! Ich neige zu Süchten, deshalb ist dabei allerhöchste Vorsicht geboten!!
Meine eigentliche Frage ist: Meint ihr, es würde sich lohnen sich mal testen zu lassen? Oder vergebene Liebesmüh?!
Wie sind eure Erfahrungen, Eindrücke, erlebt ihr Ähnliches?