ich möchte euch gerne fragen, ob jemand nachfolgende Erfahrungen/Situationen kennt und eure Einschätzung inwiefern jenes vielleicht doch zur Normalität gehört oder nicht. Für mich fühlt es sich halt nicht normal an und es stört mich sehr.
Schon lange habe ich das Gefühl, dass mir sprechen unglaublich schwer fällt.
Zum einen kann ich mich nicht „einfach“ formulieren. Ich habe einen ausgeprägten Wortschatz und dieser möchte beim kommunizieren immer mitbedient werden, ob ich will oder nicht. In Folge dessen wählt mein Hirn nie die einfache Version eines Wortes sondern immer etwas…ja, wie soll ich sagen… hochtrabenderes?
Dadurch kommt mein Redefluss ins stocken, da ich die Formulierungen nicht just in Time parat habe - auf eine einfache Version zurückzugreifen funktioniert dann in diesem Moment nicht.
Des Weiteren zerschellen meine Satzkonstruktionen weil mir beim erzählen plötzlich die Gedanken kommen: Ist das logisch? Kann die andere Person das logisch nachvollziehen? Muss ich noch weiter ausholen oder etwas detaillierter beleuchten?
Da ich ja aber schon in der Ausführung der Erzählung bin und die Ergebnisse meiner Gedankenfragen noch direkt mit einfließen lassen will, gerate ich ins stocken und meine Erzählung fängt an wirr zu werden. Zwar immernoch verständlich aber schwieriger von der Zusammenfassung für den anderen zu verstehen (Gedankenspringen).
Ja, und dann dreht sich der Kreis weiter und ich denke, dass das andere bestimmt jetzt merkwürdig fanden oder mich merkwürdig finden.
Ich sehe es ja auch an der Mimik des gegenüber, wenn es ihm schwierig wird mir zu folgen. Meist krieg ich noch die Kurve und die hochgezogenen Augenbraue des Gesprächspartners legt sich wieder Aber der Beigeschmack bleibt trotzdem für mich.
Zusätzlich bin ich dann auch nie entspannt beim sprechen.
Kennt ihr das auch? Was ist das? Kann man was dagegen tun?
Bin ich bescheuert?
Das ist wirklich ein großes Thema für mich, welches mich schon lange immens belastet.
Hey @Freya
aus meiner Erfahrung funktioniert eine klare und präzise Kommunikation am besten. Vielleicht könntest du ausprobieren, auf sehr komplizierte oder hochtrabende Formulierungen zu verzichten und dich stattdessen auf kurze, einfache Sätze zu konzentrieren.
Das lässt sich gut üben – entweder mit einem Coach oder auch ganz allein, z. B. mithilfe von KI. Danach kannst du reflektieren, ob die Formulierungen besser ankommen.
Gerade in lockeren Gesprächen, sei es im Small Talk oder mit Freunden, hilft es oft, eine Sprache zu wählen, die für jeden leicht verständlich ist. Das ist eine Fähigkeit, die man wirklich trainieren kann – ich spreche da aus Erfahrung!
tatsächlich kenne ich das auch von mir. Über mich hat man immer gesagt, ich sei so still und kriege den Mund nicht auf. Tatsächlich habe ich eher den Eindruck, dass ich wenn ich etwas sagen will, meine Gedanken mitten im Satz irgendwo anders hinhüpfen oder nochmal ausholen zu Aspekten, die plötzlich auch wichtig sind. Ich verliere dann oft den Faden und weiß nicht mehr was ich sagen wollte bzw. wie der Satz weitergeht.
Dass ich besonders gewählte Worte benutzen möchte, kenne ich so eigentlich nicht, aber Wortfindungsstörungen schon, also dass mir dieses eine bestimmte Wort nicht einfällt und auch keine Alternative. Das ist wirklich lästig.
Was mir tatsächlich auch passiert ist, dass ich oft nicht richtig ausdrücken kann, was ich sagen will und ich dann vom anderen nicht verstanden werde. Ich hab mir mit der Zeit angewöhnt einfach nichts zu sagen.
Was die Reaktion der anderen angeht auf solche Situationen, glaube ich, habe ich das oft nicht registriert, oder nur daran gemerkt, dass ich die Rückmeldung bekommen habe, ich sei zu direkt oder unhöflich oder komisch in meiner Ausdrucksweise.
Ich weiß, dass bei Frauen wohl ein typisches Merkmal von Adhs, der berühmte Sprechdurchfall ist und das genaue Gegenteil von manchen nicht damit in Verbindung gebracht wird. Aber seit ich medikamentös eingestellt bin, und merke, dass mir das Sprechen dadurch leichter fällt, glaube ich schon, dass es da einen Zusammenhang geben könnte, zumal ich auch bei manch anderen Bekannten mit Adhs eher Wortkargheit oder abgehackte Sätze beobachtet habe.
Vielleicht weiß noch jemand anderes hier mehr darüber.
Ich habe das gerade heute gelesen als Tipp für bessere Kommunikation: längere Pausen machen. Das würde bewirken, dass sich das Gegenüber ernster genommen fühlt, weil Nachdenken Wertschätzung signalisiert.
Also vielleicht: „It’s not a bug, it’s a feature“?
Mir ist das eine Weile in fremdsprachigen Zoom-Calls so gegangen. Bis ich eingesehen habe, dass ich nicht mehr Vokabeltraining brauche, sondern netter zu mir sein sollte, sei es auch nur rein strategisch.
Seitdem stehe ich mir beim Zugriff auf meinen Wortschatz wenigstens nicht noch zusätzlich selbst auf der Leitung.
Tendenziell: mehr auf die Atmung konzentrieren als auf das nächste Wort, vielleicht. Schreibst Du ja schon selbst: „dann auch nie entspannt beim sprechen“.
Zumal uns selbst unsere Pausen viel länger vorkommen als dem Gegenüber. Und die Augenbraue könnte auch die Rejection Sensitivity als „hochgezogen“ lesen, obwohl sie vielleicht primär Konzentration oder Interesse ausdrückt?
Kann es sein, dass du im öffentlichen Dienst bist? Du verwendetst beim Schreiben sehr viel Nominalstil. Evtl. ist es auch dein Sprachstil?
Da ich ja aber schon in der Ausführung der Erzählung bin und die Ergebnisse meiner Gedankenfragen noch direkt mit einfließen lassen will, gerate ich ins stocken und meine Erzählung fängt an wirr zu werden. Zwar immernoch verständlich aber schwieriger von der Zusammenfassung für den anderen zu verstehen (Gedankenspringen).
Alternativ:
Ich stocke, weil ich weitere Gedanken während des Gesprächs habe. Dadurch springe ich beim erzählen. Und mein Gegenüber hat Probleme, meinen Gedankengängen zu folgen.
Das ist wirklich ein großes Thema für mich, welches mich schon lange immens belastet.
Alternativ:
Diese Thema belastet mich schon immens lange.
Ein kleiner Gedanke von mir: Beim Schreiben und Reden hilft im Hinterkopf zu haben: Ein Gedanke, ein Satz. Punkt.
Erst einmal vielen lieben Dank an euch! Das Schwarmwissen hilft mir unheimlich!
Das ist super! In welchem Bereich müsste ich dann suchen?
Das ist auch wirklich das Hauptproblem, das im Small Talk abzustellen.
Das passiert mir auch sehr oft aber da bin ich irgendwann dazu übergegangen, die Dinge offensiv dann zu berichtigen, wenn möglich. Früher war ich auch lieber ruhig und habe nichts mehr gesagt, nur das tat mir dann nicht gut. Als meine Therapeutin irgendwann meinte, dass eine Berichtigung aber absolut legitim sei und auch das jeder Mensch durch seine eigene Wahrnehmung oft etwas anderes versteht, konnte ich das mit dem berichtigen direkt gut umsetzen und damit geht es mir viel besser.
Auch versuche ich den Gesichtspunkt zu verinnerlichen, dass es nicht immer nur an mir liegt.
Das bemerke ich auch, dass es mit Medis besser geworden ist.
Das hilft mir sehr! Gerade in meinem Arbeitsumfeld sprechen die Leute meist ohne Punkt und Komma und ich dachte, dass ich das auch so können müsste bzw. schlechter wäre, weil ich es halt nicht so kann. Aber dein Tipp ist mir absolut einleuchtend und gibt mir ein besseres Gefühl mit meinen Gesprächspausen.
Ja, das sollte ich definitiv zu mir sein …netter. Ich denke auch, dass das eine große Rolle bei mir spielt!
Auch wichtig, manchmal atme ich einfach dann gar nicht mehr Und das stresst dann natürlich zusätzlich.
Das wäre eine gute Erklärung. Ich bin ein sehr großer RS Kandidat. Danke für die andere Sichtweise.