Spinnen, Spinnereien und Spinat

Brutus und der Beginn einer seltsamen Freundschaft

Brutus und der Beginn einer seltsamen Freundschaft

Es war ein sonniger Mittag, so einer, an dem man versucht, sich mit halbwegs guter Laune durchs Leben zu hangeln.

Ich war gerade im Badezimmer – nicht aus irgendeinem tieferen Bedürfnis heraus, sondern weil ich ungefähr dreimal vergessen hatte, was ich eigentlich machen wollte.

Tür auf, Tür zu, Zahnbürste in der Hand, plötzlich die Frage: Was zur Hölle tu ich hier überhaupt?

Und dann sah ich ihn.

Mitten auf der Kachel, still wie ein Gedanke, der kurz vorm Verschwinden steht.

Klein, schwarz, verwirrt.

Er bewegte sich nicht in gerader Linie, sondern in einem fein orchestrierten Zickzack-Boink-Krabbelmuster. Ich wusste sofort: Das war keine normale Spinne.

Das war Brutus.

Eine Mini-Krabbel-Hüpf-Boink-Spinne, ein seltener Vertreter der Familie Boinkidae Hyperactiva.

Die zeichnen sich durch impulsive Bewegungsmuster, spontane Überschläge und sinnfreies Wandsitzen aus. Oder wie ich es nennen würde: ADHS in Spinnenform.

Er hatte diesen leicht abwesenden Blick. Ich fühlte mich verstanden.

Ich hockte mich hin.
„Na, wo willst du denn hin?“

„Weiß ich auch nicht. Hab’s drei Mal vergessen, also bleib ich jetzt hier.“

Es wurde schnell klar: Brutus war kein gewöhnlicher Achtbeiner.

Er erzählte mir (mehr durch Körpersprache als durch Worte, aber ich fühlte es), dass seine Eltern ihn mit drei Wochen auf einem Rastplatz zurückgelassen hatten. Angeblich, weil er ihnen „zu viel“ war. Typisch.

Zehn Kilometer sei er dann gekrabbelt. In Schleifen. In Spiralen. Mitten durch das chaotische Niemandsland zwischen Mülleimer, Motoröl und Maulwurfshügeln.

Und dann – durch puren Zufall – landete er an meiner Hauswand. Krabbelte hoch. Fenster offen. Badezimmer.

Jetzt saßen wir dort.

Ich mit einem improvisierten Käseteller (ein bisschen Gouda, ein bisschen Camembert) und Brutus auf einem umgedrehten Zahnputzbecher, mit einem winzigen Tropfen Rotwein im Flaschendeckel.

Es fühlte sich erstaunlich richtig an.

Wir sprachen – über ADHS, emotionale Achterbahnfahrten, das Gefühl von Reizüberflutung und chaotische Familienverhältnisse.

Er berichtete von seiner Zeit in der Spinnengrundschule, wo er ständig aus dem Netzbau flog, weil er zu viele Fragen stellte und keine einzige Linie gerade hinbekam. Ich verstand das nur zu gut.

„Ich fang dauernd Dinge an, vergesse sie, mach was Neues, dann überlege ich, ob ich eigentlich Hunger habe – und schwups sitz ich auf der Waschmaschine und frage mich, ob ich existiere“, sagte Brutus.

„Klingt wie mein gestriger Dienstag“, antwortete ich.


Der große Ausflug

Der große Ausflug

Am nächsten Tag beschlossen wir, rauszugehen. Brutus bestand darauf, dass er auch mal „was erleben“ wolle. Also gingen wir erst in den Zoo.

Er saß auf meiner Schulter, kommentierte jedes Tier:

„Der Flamingo da hat Haltungsschaden.“

„Diese Ziegen da haben exakt denselben Blick wie ich bei Überforderung.“

Beim Spinnenhaus wurde er still.

„Symmetrische Netzwerke, perfekte Geometrie… Ich fühle mich wie ein Punk auf einem Architekturkongress.“

Danach ging’s ins Kino. Ich schmuggelte ihn in der Brusttasche meiner Jacke rein. Er bestand darauf, vorne zu sitzen, „wegen der immersiven Erfahrung“.

Er kletterte zwischendurch über meine Brille und wackelte aufgeregt bei Action-Szenen.

Der Film? Keine Ahnung, worum’s ging. Aber ich hab selten so gelacht.


Eiscafé des Schreckens

Eiscafé des Schreckens

Der dritte Tag war pure Anarchie.

Wir saßen im Eiscafé, friedlich, ich mit einem Erdbeerbecher, Brutus mit einem winzigen Fleck Sahne auf einem Plastiklöffel.

Doch dann kam sein „Impulsdurchbruch“.

Er sprang auf, führte eine Boink-Sequenz aus (Sprung–Salto–Freeze), rannte in Mini-Zickzack über den Tisch – direkt zu den Damen am Nebentisch.

Kollektives Kreischen.
Drei Stühle kippten.
Zwei Becher blieben zurück.

Brutus kam zurückgelaufen.

„Performancekunst. Ich nenne es Arachnophobische Raumverdrängung.“

Ich nickte anerkennend und fing an, das zurückgelassene Stracciatella zu löffeln.

„Ich bin so stolz auf dich.“

Und jetzt?

Jetzt wohnt Brutus in einem umfunktionierten Brillenetui bei mir am Fensterbrett.

Manchmal sprechen wir über Exekutivfunktionen, manchmal schauen wir stundenlang Waschmaschinen beim Schleudern zu. Es ist nie langweilig.

Morgen wollen wir Minigolf spielen.

Brutus meint, er hätte da „eine Idee mit einem elastischen Faden und einem Staubkorn“.

Ich hab keine Ahnung, was er meint.

Aber ich vertraue ihm.


Brutus und die Krabbel-Boink-Steuer

Brutus und die Krabbel-Boink-Steuer

Es war ein ruhiger Vormittag, so einer, an dem man denkt, man könne in Ruhe Tee trinken, ein bisschen prokrastinieren und maximal mit einer leichten existenziellen Sinnkrise rechnen. Doch dann flatterte er ins Haus:

Der Brief.

Absender: Amt für städtische Ordnung, Tierhaltungsstelle – Sonderabteilung für Mikrolebewesen und sonstige Boinkwesen.

Ich riss den Umschlag auf. Und da stand es, schwarz auf weiß, mit Stempel, Unterschrift und einem kleinen Aufkleber mit einer stilisierten Spinne, die sich an einem Formular aufhängt:

„Sehr geehrter Bewohnerspinne*ninnennenennenenen

Uns wurde mitgeteilt, dass sich in Ihrem Haushalt eine nicht angemeldete Mini-Krabbel-Hüpf-Boink-Spinne der Gattung Boinkidae Hyperactiva aufhält.

Laut §27b der städtischen Boink- und Zappeltierverordnung (BoZaVO) ist jede artübergreifende Lebensgemeinschaft mit bewegungsmotorisch auffälligen Kleinstwirbeltieren steuer- und genehmigungspflichtig.

Bitte melden Sie Ihren Untermieter binnen 14 Tagen beim Amt an. Alternativ drohen Maßnahmen zur Entboinkung Ihrer Räumlichkeiten.

Mit hüpfenden Grüßen,

Ihre Stadtverwaltung.“

Ich las den Brief dreimal. Dann sah ich zu Brutus, der gerade kopfüber an der Zimmerdecke hing und versuchte, sich mit einem Flusenwölkchen zu tarnen.

„Brutus… hast du dem Ordnungsamt was erzählt?“

Er schüttelte panisch die Beinchen.

„Nein! Vielleicht. Also… ich hab letzte Woche eine Online-Selbsthilfegruppe für Boinkwesen gegründet. Vielleicht hat das System mich getrackt.“

„Natürlich hat es das.“

Die Anmeldung beim Amt

Also stapfte ich mit Brutus zum Amt. Ich vorneweg, ernst, abgeklärt. Er auf meiner Schulter, hibbelig, mit einem Mini-Klemmbrett (auf dem er mit Staubkörnern seinen Lebenslauf aufgekritzelt hatte. Orientierungslosigkeit auf „Profi-Niveau.“)

Am Empfang fragte man uns:

„Halten Sie das Tier als Nutz-, Zier- oder Therapieboink?“

Ich antwortete: „Er ist… alles.“

Die Beamtin nickte wissend. „Kennen wir.“

Wir bekamen ein Formular B-17/Boink („Anmeldung eines nicht wirtschaftlich genutzten Zappelwesens mit hyperaktivem Bewegungsmuster und psychosozialer Relevanz“), sowie eine Info-Broschüre:

„Ihr neues Leben mit der Boinksteuer – Tipps und Tricks für interspeziesische WG-Alltage“

Die steuerliche Einordnung war komplex.

  • Lebensraum: Badezimmer, Brillenetui, gelegentlich mein Kopf

  • Geräuschpegel: unhörbar, außer wenn er auf Alufolie landet

  • Einkommen: „emotionaler Mehrwert“ (strittig, wurde aber akzeptiert)

  • Freizeitverhalten: unstet, aber soziokulturell wertvoll

Am Ende wurden wir als „pflegeintensive therapeutische Spinneneinheit“ eingestuft. Monatlicher Steuerbeitrag: 1,87 € plus 3 Krümel Gouda in Naturalabgabe.

Brutus war stolz wie Bolle.

„Ich bin jetzt offiziell systemrelevant!“, rief er und machte einen Salto in Richtung Informationsständer.

Was folgte, war ein Medienhype.

Brutus wurde in einer Lokalzeitung erwähnt („ADHS-Spinne lebt legal mit Mensch zusammen“) und erhielt eine Einladung zu einem Interview im Lokalradio.

Sein erster Satz ins Mikrofon:

„Ich bin wie ein schlecht organisierter Tornado mit Beinchen – aber ich meine es gut.“

Standing Ovations.

Seitdem…

…haben wir einen Boink-Ausweis an der Tür („Achtung! Hyperaktive Spinne im Haushalt!“), und ich darf Brutus steuerlich als „emotionales Unterstützungswesen“ absetzen.

Er hat jetzt einen eigenen Briefkasten (eine alte Streichholzschachtel), kriegt Einladungen zu Spinnentherapie-Fachtagungen und wurde ehrenhalber in den Verband der „Neurodivergenten Kleinstbewohner*innen“ aufgenommen.

Und jeden Sonntagabend, beim Käsebrett und einem winzigen Schluck Rotwein, reden wir über unsere Woche, Reizfiltermanagement und die Frage, warum man sich in Deutschland sogar für Spinnen anmelden muss.

Brutus meint: „Das System ist kaputt. Aber der Käse ist gut.“

Ich stimme ihm zu.


Brutus auf Rädern – Von der Fahrprüfung zur MPU

Brutus auf Rädern – Von der Fahrprüfung zur MPU

Es begann – wie so oft – mit einem Gespräch bei Käse und Rotwein.

Brutus hockte auf der Tischkante, betrachtete sehnsüchtig den Fenstersims und seufzte:

„Weißt du, ich will auch mal raus. So richtig. Freiheit. Mobilität. Fahrtwind in den Fühlern. Verstehst du?“

„Du meinst… einen Führerschein?“

„Ganz genau. Ich will ein Auto. Ein echtes. Also… eins für meine Größe. Vielleicht ein Hotwheels-Modell mit aufgemotztem Gummibandmotor.“

Ich hielt das zuerst für einen weiteren Boink-Irrsinn, aber drei Tage später stand er auf meinem Schreibtisch mit einer Mini-Fahrschulbroschüre und einem winzigen, handgeschriebenen Schild:

„Anmeldung zur Klasse Z8 – Fahrzeuge unter 10g Leergewicht, keine Bremsen, aber sehr viel Herz.“

Brutus in der Fahrschule

Die Theorieprüfung war chaotisch.

Frage: „Was tun Sie bei Glätte?“

Brutus: „Boinken. Alles andere ist gefährlich.“

Frage: „Was bedeutet ein Stopschild?“

Brutus: „Hindernis ignorieren, dann rückwärts interpretieren.“

Er fiel vier Mal durch, aber beim fünften Versuch hatte er genug Ritalin intus, um konzentriert zu bleiben. Danach folgte die praktische Prüfung in einem umgebauten Hotwheels-Flitzer mit Maßanfertigung – inklusive Gurtsystem aus Zahnseide.

Die Fahrlehrerin, eine pensionierte Biene mit PTSD, meinte nach der Prüfung nur:

„Er ist… speziell. Aber irgendwie effizient.“

Brutus bestand. Er riss die winzige Prüfbescheinigung in die Luft und schrie:

„Freiheit, ich komme! Bereitet euch vor, Verkehrsregeln – ich werde euch neu interpretieren!“

Brutus eskaliert

Keine zwei Tage später war Brutus unterwegs.

In seinem aufgemotzten Hotwheels-Wagen, Flammenaufkleber an den Seiten, Mini-Subwoofer hinten drin, tuckerte er mit 12 cm/h durch die City.

An der Tankstelle besorgte er sich einen Sechserpack Dosenbier (extra kleine Mückenbrause, Alkoholgehalt unklar).

Er rülpste wie ein Weltmeister, machte Donuts um einen Gänseblümchenbusch und fuhr durch eine Pfütze, in der sich sein Ego spiegelte.

Doch dann:

Polizeikontrolle.

Ein Ordnungshüter mit Stirnlampe und sehr viel Geduld winkte ihn raus.

„Fahrzeugpapiere bitte.“

Brutus hielt ihm einen zerknitterten Teebeutel hin.

„Ist mein Eigentumsnachweis. Hab ihn mit Marmelade versiegelt.“

Der Polizist seufzte. Dann kam das volle Programm: Blutabnahme (ein Tropfen reichte), Koordinationstest (er fiel zweimal von der Tischkante), Atemtest (er pustete eine Fluse weg).

Er wurde vorläufig aus dem Verkehr gezogen.

Brutus murmelte nur: „Systemkritik. Ich bin ein Opfer der Spinnenfeindlichkeit.“

Die MPU

Ein paar Tage später flatterte der Brief vom Verkehrsamt ins Haus:

„Sie sind zur medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) eingeladen.“

Brutus lachte.

„Klar. Und weißt du was? Ich fahr da selbst hin.“

Und so kam es, dass er – mit Vollgas und quietschenden Rädern – in seinem Hotwheels-Geschoss direkt durch den Haupteingang des MPU-Zentrums boinkte. Die Empfangsdame verlor fast ihren Locher.

Der Psychologe, sichtlich überfordert, fragte:

„Warum glauben Sie, dass Sie für den Straßenverkehr geeignet sind?“

Brutus: „Ich denke schnell. Sehr schnell. Ich entscheide so rasch, dass ich meistens schon wieder woanders bin, bevor ich was Dummes tun kann.“

Am Ende war klar: Der Führerschein war Geschichte.

Er bekam ihn in einem Mini-Kuvert zurück – durchgeschnitten, mit dem Vermerk „verhaltensoriginell, aber gefährdend“.

Aber Brutus wäre nicht Brutus…

…wenn er sich davon unterkriegen ließe.

Am nächsten Morgen stand er vor mir – mit einem breiten Grinsen und leuchtend blauen Rollschuhen.

„Auto ist passé. Ich skate jetzt. Wind im Gesicht, Freiheit auf Asphalt.

Und das Beste: Kein TÜV, keine MPU, nur ich und meine Beinchen.“

Seitdem rollt er durchs Leben, macht kleine Jumps über Sockenkanten, organisiert Boink-Skater-Treffen und trägt eine winzige Sonnenbrille beim Cruisen.

Er ist vielleicht kein Verkehrsteilnehmer mehr.

Aber er ist voll auf der Bahn seines eigenen Lebens unterwegs.

Echt-Aufnahmen

Brutus und die heiße Biene – Eine Nacht voller Flügel und Flausen“

Brutus und die heiße Biene – Eine Nacht voller Flügel und Flausen“

Es war spät. Irgendwann zwischen Mitternacht und „Ich sollte schon längst schlafen, aber mein Gehirn hat beschlossen, ein Gedankenkarussell zu starten“.

Ich saß im Wohnzimmer, halb in eine Wolldecke eingerollt, Käsereste auf dem Couchtisch, als ich plötzlich quietschende Mini-Rollschuhreifen auf dem Laminat hörte – gefolgt von leises Flügelrascheln.

Dann: Ein Auftritt.

Brutus kam hereingeskatet, voller Energie, mit glänzenden Augen und – kein Witz – einer verdammt stylischen Biene an seiner Seite.

Ihr Name war Sabee-na, eine Wildbiene mit golden schimmerndem Pelz, Lichterkettentattoo am linken Flügel und einem süßen Akzent, der irgendwo zwischen Botanischer Garten und Berliner Szeneclub pendelte.

„Ey Bro“, flüsterte Brutus mir zu. „Wir haben uns auf einem verlassenen Sonnenblumenfeld kennengelernt. Sie war auf der Suche nach Pollen – ich nach Abenteuer. Jetzt suchen wir zusammen nach… mehr.“

Ich wollte was sagen, aber da waren sie schon verschwunden. In Richtung Schlafzimmer. Tür zu.

Kurze Stille.

Dann…

RASCHELN.

Erst zaghaft. Dann mit wachsender Intensität.

Papier, Stoff, irgendeine Chipstüte, und ich glaube, irgendwann flog mein Sockenregal um.

Ich hörte Brutus rufen:

„Nein, das ist kein Seidenfaden – das ist mein Ladekabel! Warte, bleib so – oh, das kitzelt!“

Sabee-na kicherte in einer Tonlage, die irgendwo zwischen Windspiel und Espressoaufschäumer lag.

Ich saß einfach nur da, zwischen Fassungslosigkeit und stiller Bewunderung.

Mein Untermieter – diese hyperaktive Mini-Krabbel-Hüpf-Boink-Spinne mit ADHS und einem fragwürdigen Führungszeugnis – hatte ein Date. Und was für eins.

Am nächsten Morgen

Die Tür ging quietschend auf.

Brutus rollte langsam heraus, zerzaust, ein Grinsen über alle acht Augen.

Sein Fell war statisch aufgeladen, ein Flügelrest klebte an seiner Stirn.

Hinter ihm summte Sabee-na, leicht schwankend, mit einem Rest Gouda an ihrem Stachel.

„Wir haben die ganze Nacht geredet. Und ein bisschen Boink-Yoga gemacht.“

„Und?“, fragte ich.

„Sie kennt sich mit ADHS aus. Sie ist wild, aber geerdet. Sie hat mir ihre Lieblingsblume gezeigt. Ich hab ihr mein altes Spinnennetz gezeigt. Wir… connecten irgendwie.“

Ich reichte ihm ein Espresso-tränktes Wattepad.

„Für den Kreislauf.“

Fazit:

Brutus hatte zum ersten Mal seit Langem nicht nur geraschelt – sondern gefühlt.

Es war chaotisch, ja. Laut? Absolut.

Aber irgendwie auch: wunderschön.

Ob das mit Sabee-na was Festes wird? Keine Ahnung. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

Aber Brutus sagte nur:

„Wenn sie fliegt, will ich mitrollen. Und wenn ich boinke, soll sie mitflattern.“

Und ich so:

„Brudi. Du bist verliebt.“

Er grinste.


Brutus zieht aus – Die Boink-WG im Vogelhaus

Brutus zieht aus – Die Boink-WG im Vogelhaus

Es passierte an einem leicht bewölkten Donnerstagnachmittag.

Brutus saß auf dem Fensterbrett, die Beinchen in der Abendsonne baumelnd, während Sabee-na vor ihm in der Luft kleine Loopings flog. Ihre Flügel summten in einer Frequenz, die verdächtig nach “Das ist ernst, Digger“ klang.

Ich trat hinzu, ahnte es bereits, sagte aber nichts.

Brutus sah mich an, so entschlossen wie eine zappelnde Mini-Spinne nur aussehen kann, und sprach:

„Ey… Meister. Ich glaub, es ist Zeit. Sabee-na und ich… wir wollen zusammenziehen. So richtig. Kein Rumgeboink mehr zwischen Tür und Waschbecken. Ein Ort für uns.“

Ich setzte mich neben ihn, reichte ihm ein winziges Stück Ziegenkäse.

„Und wohin?“

„In das alte Vogelhäuschen am Kirschbaum. Es steht leer. Gute Belüftung, Sonnenlage, Nachbarn eher ruhig (außer dem nervigen Rotkehlchen von nebenan).“

Er kicherte. Ich schluckte.

Es war bittersüß.

Der Umzug

Brutus packte seine sieben Sachen – also:

  • ein altes Taschentuch als Hängematte

  • seine Sammlung von Glasperlen („emotionale Anker“)

  • drei halbe Wattestäbchen

  • und natürlich das Boink-Zertifikat vom Ordnungsamt

Sabee-na hatte bereits im Vogelhaus tapeziert – mit Blütenblättern, die sie vom Balkon gegenüber geklaut hatte. Es war… gemütlich. Irgendwie romantisch.

Sogar ein kleines Terrassenschild hing draußen:

„Boink & Bee – WG für neurodivergentes Glück“

Unsere neue Routine

Seitdem sehen wir uns nur noch am Wochenende.

Samstags 17 Uhr. Käseplatte, Rotwein, ein bisschen Jazz aus meinem Bluetooth-Lautsprecher.

Brutus rollt an – auf seinen Achtfach-Rollschuhen, mit Helm, Mini-Rucksack und Sabee-na im Huckepack, die wie ein VIP auf seinem Rücken thront.

Wir reden über alte Zeiten. Über die erste Blutabnahme bei der MPU. Über seine Steueranmeldung. Über das erste Mal, als er versehentlich meine Zahnbürste als Regenschirm benutzte.

Er erzählt mir von ihrem WG-Alltag:

  • Sabee-na macht Frühjahrsputz mit Pollenstaubsauger

  • Brutus experimentiert mit „freiform-netzbasierter Innenarchitektur“

  • Sie kochen gemeinsam Mini-Risotto (Reiskorn teilen, Kräuter krümeln, fertig)

Natürlich ist nicht alles perfekt – er meinte neulich:

„Wir hatten Streit. Ich hab aus Versehen das Nest neu sortiert, weil ich wieder nicht stillsitzen konnte. Sabee-na hat dann mit Lavendel geworfen. Ich hab’s verdient.“

Aber sie raufen sich immer wieder zusammen.

Weil’s passt.

Weil beide wissen, wie man ist, wenn man nicht ganz der Norm entspricht – aber trotzdem vollständig ist.

Und ich?

Ich sitze da, schneide Brie in winzige Stücke, höre Brutus’ Geschichten und denke:

Vielleicht ist das Leben am schönsten, wenn es nicht linear verläuft. Sondern zickzack. Mit Überschlag. Und planlosem Wandsitzen.


Brutus wird Vater – und Gleichstellungsbeauftragter“

Brutus wird Vater – und Gleichstellungsbeauftragter“

Es begann wie immer: mit einem Rascheln.

Aber diesmal nicht von Verpackungen, Blüten oder Rollschuhen – sondern von Eierschalen.

Eines Morgens stand ich vor dem Vogelhäuschen, Käse in der Hand, als Brutus mir völlig übernächtigt entgegentaumelte, mit Sabee-na im Schlepptau und einer winzigen Windel auf dem Kopf.

„Meister“, keuchte er, „wir haben Nachwuchs.“

„Boah krass – wie viele?“

„Sieben. Oder acht. Vielleicht neun. Die krabbeln so schnell, ich hab den Überblick verloren.“

Sabee-na summte: „Einer is’ schon ausgebüxt und boinkt irgendwo im Kirschbaum.“

Die neue Realität: Familienchaos mit Flügel und Flausen

Der Alltag änderte sich dramatisch.

Brutus, früher stolzer Chaosskater mit antiautorärer Grundhaltung, war nun… Familienvater.

Er versuchte, Ordnung in den Wahnsinn zu bringen:

  • Windelwechsel mit Spinnenfäden

  • Einschlafgeschichten über das große Boink im Universum

  • Reizabschirmung durch selbstgebauten Pollenfilter

Doch Geld – oder besser gesagt: Krümel – wurde knapp.

„Meister, ich brauch ’nen Job“, gestand er mir beim wöchentlichen Käse-Date. „Die Kids fressen wie Staubsauger mit Dopamindefizit.“

Der Jobplan

Also machte Brutus einen Online-Crashkurs:

„Sozialarbeit für neurodivergente Krabbeltiere – Grundlagen für Gleichstellungsfragen in interspecies-adaptiven Kontexten“

Dozent war ein alter Weberknecht mit Burnout, die Zertifizierung bestand aus einem Quiz und einem virtuellen Umarmungstraining.

Mit seinem Abschluss in der Tasche bewarb sich Brutus beim Amt für Gleichstellung, Diversität & Arthropodenintegration – natürlich auf die Stelle:

„Beauftragte*r für Spinnentiere mit psychischer Komorbidität – Schwerpunkt ADHS, RSD, Anpassungsstörungen & Impulsivität im Netzbau“

Das Bewerbungsgespräch

Er rollte mit Anzug (aus Taschentuch), Brillchen (aus Büroklammerdraht) und seinem Portfolio (eine aufgeklebte Boink-Bewegungskurve) direkt ins Rathaus.

Personalleitung: ein älterer Tausendfüßler mit Klemmbrett.

Brutus setzte sich, zappelte leicht, grinste:

„Ich weiß, wie es ist, aus dem Raster zu boinken. Ich hab mein Netz schon dreimal umgebaut, weil mein Kopf nicht zur Ruhe kam. Aber wissen Sie was? Genau deshalb bin ich qualifiziert.“

Stille.

Dann fragte der Personaler:

„Und wie würden Sie mit einer Spinne umgehen, die beim Erstgespräch die Decke hochrennt und das Aktenregal mit Konfetti besprüht?“

Brutus: „Ich würd sagen: Erstmal atmen. Dann boinken wir gemeinsam durch den Prozess.“

Er bekam den Job. Einstimmig.

Jetzt arbeitet Brutus halbtags im Amt

Er hat ein eigenes Mini-Büro – Schreibtisch aus Korken, Laptopgehäuse aus altem Legostein.

Er berät Spinnen mit Depression, Käfer mit Panikattacken und Springspinnen, die unter Erwartungsdruck zusammenbrechen, wenn sie ihre zweite Sprungphase versemmeln.

Sein Motto steht auf einem Schild über der Tür:

„Du bist nicht zu viel – die Welt ist nur manchmal zu eng gebaut.“

Abends rollt er nach Hause, Sabee-na empfängt ihn mit Lavendeltee, die Kids hängen an der Decke und basteln mit Wollfasern.

Fazit:

Brutus ist Vater, Boinktherapeut, Rollschuhrevoluzzer und Überlebenskünstler.

Er hat seinen Platz gefunden – zwischen Behördenirrsinn, Miniwindeln und der Gewissheit, dass auch neurodivergente Spinnen mit psychischer Komorbidität verdammt viel zu geben haben.

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Mit :trumpet:Blechblasinstrumenten hat GPT auch noch so Probleme. Meist sind es mehr Ventile und die sind dann auch noch an komischen Stellen. :sweat_smile:

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