Thema: Besonders starke ADHS? Unbekannte ADHS-Symptome? Medikamente bei besonders „nach innen gerichteter“ ADHS? Ängste und Sorgen zu ADHS/Medikation
Ich brauche den Austausch mit euch!
Kurz zu mir: Ich bin eine Frau und 29 Jahre alt. Alle Symptome sind schon seit Kindheitstagen da, aber als Kind bin ich irgendwie besser zurecht gekommen und war fröhlich (wenn auch sehr intensiv fühlend).
Mein Leben sieht nach Außen hin, aber wirklich gut/reibungslos aus. Ich bin Sozialpädagogin und arbeite mit Jugendlichen (durchaus fordernd).
Ich habe bereits mehrere Therapien, Sport und Achtsamkeit ausprobiert. Ich versuche minimalistisch zu leben, habe Stress minimiert und arbeite zum Beispiel nur noch 30 Stunden. Außerdem habe ich jedes Selbsthilfebuch der Welt ausgequetscht. Die Suche nach Hilfe ist mittlerweile der Mittelpunkt meines Lebens geworden. Meine Mutter hatte/hat übrigens beinahe identische Probleme.
Mit meinem Hausarzt habe ich auch schon gesprochen, dieser hat aber nur ein normales Blutbild gemacht und verweist an Psychologinnen/Psychiaterinnen. Bisherige Psychologinnen wussten mir nicht zu helfen.
Der Psychiater, der auch die Diagnose ADHS gestellt hat, hat so wenig Zeit, dass ich kaum Fragen stellen konnte und erst Ende Januar wieder einen Termin mit ihm habe.
Erstmalige Medikation seit letzter Woche Dienstag: von 30 auf 40mg Medikinet retardiert, seit Freitag zusätzlich 20mg retardiert am Nachmittag (Ja ich weiß eine langsamere Eindosierung wäre sinnvoller, aber ich bin tatsächlich gut damit klar gekommen höher einzusteigen). Auf Nachfrage schließt er eine dritte Dosis Medikinet am Tag für mich aus, da das nicht vorgesehen ist.
Nun zu meinem Problem:
Ich habe das Gefühl, dass ich mich von anderen ADHSlern unterscheide oder ein extremer Fall bin, obwohl es auch da Unstimmigkeiten gibt. Ich suche seit Jahren nach Antworten mir zu helfen und auch die „typischen“ Antworten auf ADHS scheinen mal wieder nicht ganz zu passen.
Meine ausgeprägtesten Probleme:
- Ich bin von morgens an bis ich in Bett gehe vollkommen erschöpft und müde. (Mehr als genug Schlaf.)
- Wenn ich morgens aufstehe bis zum Abend habe ich extreme innere Unruhe. Es fühlt sich nach kompletten Chaos an. Ich fühle mich ehrlich gesagt als ob ich in meinem Kopf eingesperrt bin und gar nicht richtig mit der Außenwelt verbunden bin. Das ist so gruselig.
- Im Kombination dazu kommt natürlich immer wiederkehrende Angst, sowie Anhedonie bis Dysthemie.
- Ich bin ständig auf der Suche nach Dingen, die mich hypen. Wenn die nicht da sind empfinde ich das Leben als vollkommen sinnlos.
- Ich bin extrem dünnhäutig und spüre die Gefühle von anderen intensiver als meine eigenen.
- Mein Körper ist wie ein Baby. Jedes Bedürfnis ist so „laut“ und es ist so aufwendig mich am Laufen zu halten (Das richtige Essen zur richtigen Zeit. Ausreichend Schlaf aber nicht zu viel. Theoretisch täglich Sport, usw.)
- Ich nehme mir viel Zeit zum „entspannen“, aber dann sind die chronischen Schmerzen, das Chaos im Kopf und die Anhedonie/Dystehmie am heftigsten.
Und noch zwei Symptome, die mir aus dem Forum und aus der Lektüre über ADHS nicht bekannt vorkommen, aber mich wirklich schwer belasten:
- Mein Körper fühlt sich vollkommen instabil an und es fühlt sich an als könnten meine Muskeln mich nicht tragen. Ich hab dadurch auch chronisch Schmerzen (besonders Hals/Nacken/Rücken).
(Hypermobilität kann Thema sein, aber komischerweise bessern sich diese Probleme mit Stimulanzien) - Ich habe das Gefühl, dass die Zeit an mir vorbei rast. Ich kenne das Gefühl von Langeweile oder einen Moment genießen nicht.
Aus dieser Mischung aus Symptomen folgen natürlich krasse Konsequenzen:
Beinahe täglich Kopfschmerzen, keine Entspannung möglich, kaum Kraft für soziale Beziehungen, keine Kraft für „Spaß“/„Freizeit“, fehlende Lebensqualität, usw.
Die Medikamente, die ich jetzt nehme, bessern tatsächlich fast alle Symptome, während ihrer Wirkzeit. Nur das Gefühl, dass die Zeit rast und dass ich das Gefühl habe, dass Kopf und Körper „nicht richtig verbunden“ sind halten an.
Leider reichen die Medikamente mir aber nur ca. 8 Stunden. Das deckt natürlich nur die Arbeit ab. Ich habe das Gefühl ich brauche von morgens bis zum Zubettgehen Unterstützung.
Alle anderen ADHSler, die ich persönlich kenne, kommen zwar vom Faktor Konzentration/Fokus/Organisation schlechter klar als ich, sind aber bezüglich aller anderen Symptome viel fitter! Alle diese Menschen benötigen ihre Medikamente häufig nur bei Bedarf um sich zu konzentrieren und können sie gar weglassen. Ich kann mir das nicht mehr vorstellen. Ich fühle mich vollkommen verloren ohne Medikamente.
Ich kann auch gar nicht begreifen, wie manche Menschen mit ADHS sagen, dass ADHS keine Krankheit ist. Mich verwirrt vollkommen wie viel besser es anderen anscheinend damit geht?
Gleichzeitig habe ich große Sorgen, die ich ja derzeit nicht mit dem Psychiater besprechen kann:
Aus den Erfahrungen anderer Menschen lese ich heraus, dass ich mit insgesamt 60mg Medikinet retardiert ja schon echt hoch anfange (bei 80mg Tageshöchstdosis). Da ist ja kaum noch Platz für Steigerung. Ich habe im übrigen auch krasse zyklusabhängige Tiefs. Es ist noch nicht so weit, aber ich denke schon alleine dann wird die derzeitige Dosierung nicht mehr reichen.
Ich habe Angst, dass ich mich an das Medikament gewöhne und die Tageshöchstdosis irgendwann nicht mehr ausreicht. Wie gesagt: Ohne Medikation sehe ich mich komplett funktionsuntüchtig.
Als wäre das nicht genug habe ich nebenbei auch noch krass nervige Ängste vor weiteren Krankheiten, wenn meine ADHS so stark ist (Demenz, Parkinson oder auch Langzeitfolgen von möglicherweise jahrelanger Medikamenteneinnahme…).
Vielleicht kann die ein oder andere Person mir einfach eine Idee zu meinen Fragen geben:
- Habe ich ein besonders schweres ADHS oder kennt ihr das was ich beschreibe?
- Seht ihr euch in meiner Beschreibung und habt Erfahrung was helfen könnte? Welche Medikation vielleicht bei euch besonders gut dazu passen könnte?
- Haben sich bei euch manche Symptome während einer langfristigen Behandlung insgesamt gebessert (auch in Medikationspausen)? Vielleicht sind manche Punkte ja auch einfach Folge dessen, dass ich so lange falsch/nicht behandelt wurde…
- Sind meine Ängste bezüglich der Medikation berechtigt? Oder könnt ihr mich vielleicht beruhigen und mir Mut machen?
- Sind meine Symptome vielleicht nicht nur mit ADHS erklärbar und ich muss noch etwas anderes abklären lassen?
Ich freue mich über jeden Ratschlag, neuen Ansatz und mutmachende Geschichten.