ich (15 Jahre) befinde mich gerade in der Kennenlernphase mit meinem Jungen (16 Jahre) der ADS hat. Ich hatte dazu im letzten Monat einen ausführlichen Beitrag geschrieben.
Wir gehen es langsam an, aber insgesamt läuft es recht gut, wobei es auch schwierige Phasen gibt.
Wenn er etwas unternimmt (egal ob mit mir, mit Freunden oder mit Familie) und das etwas außergewöhnlicher ist, dann braucht er den nächsten Tag extrem viel Ruhe. Er ist dann sehr erschöpft und braucht unwahrscheinlich viel Zeit um sich wieder zu regenerieren.
Wenn er mit mir etwas unternimmt, ist es am Folgetag am extremsten. Er ist dann total ko. Am Tag der Unternehmung ist er jedoch total gut drauf und man merkt, dass er es genießt.
Ist das bei Euch auch so? Kann ich etwas tun, um ihn dabei zu unterstützen also sowohl am Tag der Unternehmung als auch am Folgetag?
Sind die Unternehmungen vielleicht zu anstrengend für ihn (vielleicht auch emtional zu anstrengend)?
Ich habe den Eindruck, dass er sich bei mir immer sehr anstrengt, dabei muss er das für mich garnicht in dem Ausmaß. Aber sollte ich ihm das wirklich sagen? Nicht dass er denkt ich würde seine Anstrengung nicht zu schätzen wissen.
Ich würde mir wünschen, dass ihn Unternehmungen weniger anstrengen und er so auch am Folgetag einen normalen Alltag haben kann. Außerdem fehlt er mir natürlich am Folgetag auch
Ich nehme deutlich mehr wahr, als die meisten anderen Menschen. Eigentlich bekomme ich alles mit. Geräusche, Gerüche, Vibrationen, visuelle Eindrücke. Alles auf einmal. Das ist eine Reizüberflutung, bei der ich viel Energie zum Kompensieren einsetzen muss damit ich währenddessen trotzdem funktioniere. Dazu kommen dann auch weitere Faktoren.
Am Ende ist es wie ein Burnout und ich muss meine Kräfte sammeln. Ich vermeide solche Situationen so gut es geht und plane auch so, dass ich immer wieder Ruhepausen habe. Ziel bei mir ist: Weniger ist mehr. Ich lasse es ruhig angehen.
Es ist gut möglich, dass er nicht schwach wirken will wenn ihr euch seht und mitzieht, auch damit er dich glücklich sieht.
Ich habe oft nicht das Bedürfnis etwas unternehmen zu müssen. Ich muss bspw. nicht unbedingt ins menschenüberfüllte Kino gehen, sondern kann auch paar Monate warten bis der neue Film auf Streamingdiensten online ist und wir machen dann einen Filmabend bei mir im Wohnzimmer. Wir müssen nicht aus Pappbechern trinken und jeder bringt etwas zum Snacken mit. Ähnlich muss ich auch nicht am Fr/Sa ins Restaurant, wo es am vollsten ist.
Diese hat mir wirklich sehr geholfen. Diese Löffeltheorie kannte ich bislang noch nicht - das ist total interessant und ich glaube damit habe ich es jetzt auch besser verstanden.
Ich glaube, dass er im Bereich Sozialleben sehr wenige Löffel zur Verfügung hat und es bei ihm sehr lange dauert diesen Vorrat nach Verbrauch wieder aufzufüllen. In anderen Bereichen hat er - so wie ich das sehe - mehr Löffel und kann auch schneller wieder auffüllen.
Es tut mir sehr leid das so mit anzusehen. Er genießt es sehr, wenn er Dinge unternimmt. Es geht ihm richtig gut damit - aber zu wissen, dass er danach dann völlig erschöpft sein wird, tut mir einfach weh.
Wie findest Du es, wenn Dir jemand sagt, dass es ihm/ihr leid tut, dass Du diese Besonderheit mit diesen Einschränkungen in manchen Bereichen hast?
Er möchte vor mir immer stark und taff rüberkommen, daher weiß ich nicht, ob er es positiv ausnehmen würde, wenn ich ihm sage, dass ich da großes Mitleid empfinde für ihn.
Hallo, ich hatte dir schon mal auf deinen anderen Beitrag geantwortet
und möchtemich auch hier einbringen.
Mir geht es auch so nach vielen Aktivitäten sozialen Kontakten. Dann ist meine Batterie schneller leer als bei anderen . Deswegen plane ich mittlerweile immer einen Tag an dem ich nur zuhause was mache oder halt mit weniger Aktivitäten.
Ich arbeite im sozialen Bereich und habe selbst zwei kleine Kinder. Also kannst du dir vorstellen, dass ich sehr wenig möglich habe einfach nur zu chillen. Und selbst wenn ich mal in meinen Augen " mich ausruhe" , fällt mir das sehr schwer nichts zu tun. Dann räume ich auf, sortiere irgendwas oder zupfe Unkraut. Ich mache irgendwas ,was mein Hirn nicht sehr beansprucht. Bevor ich Mutter war,habe ich oft einen Tag im Bett gelegen , völlig erschopft und unzufrieden einfach nur im Bett zu sein. Das ist eine doofe Kombination.
Ein bissel depressiv ohne depressiv zu sein.
Auf die eine Frage würdeich gern eingehen, auch wenn sie nicht an mich gerichtet war:
Ich geh jetzt nur von mir aus, aber Mitleid zu bekommen finde ich ganz schrecklich. Ich möchte nur das ich akzeptiert werde. Das es einfach ok ist,dass ich anders funktioniere. Meine Mutter hat mich mit Mitleid überschüttet seit der Diagnose und ich fand es furchtbar. Das einzige was mir hilft ist die völlige Akzeptanz. Das es ok ist wie ich bin.
Wow … danke für Deine Ehrlichkeit und auch für Deine erneute Hilfe.
Ich hatte mir das mit dem Mitleid schon gedacht. Wahrscheinlich würde ich es auch furchtbar finden, wenn man mir das so aussprechen würde. Ihm wird es da bestimmt nicht gut damit gehen, wenn ich ihm das sagen würde - im Gegenteil … wahrscheinlich würde er sich dann besonders schlecht fühlen, weil er von mir ja als stark, cool und typisch männlich wahrgenommen werden möchte - mitleidig passt das nicht so rein.
Ich würde ihm aber gerne sagen, dass ich ihn dafür bewundere, dass er trotz der Schwierigkeiten so gut in der Schule ist und in seinem Hobby. In beiden Bereichen ist er sehr erfolgreich, diszipliniert und ehrgeizig.