Suchtproblematik Medikation

Hi,

ich bin 25 Jahre alt, männlich und habe arge Probleme mit einer Verhaltenssucht.

TRIGGERWARNUNG

Ich leide seit meinem 10. Lebensjahr unter Grenzen suchendem Verhalten. Damals war es verhaltensmäßig harmlos, aber mit zunehmendem Alter wurde es immer gefährlicher. Vor zwei Jahren habe ich, als ich gemerkt habe, dass mein Job nicht die Erfüllung ist und depressiv wurde, angefangen, mich zu würgen. Es ging immer weiter und endete in Strangulation an Heizung etc… Ich hatte zwischenzeitlich meine Freundin kennengelernt und möchte meinen, dass die Symptomatik für ein paar Wochen/Monate besser war, dann aber wieder zunahm. Hinzu kamen Lippenkauen (extrem) und andere Spielereien, die ein Risiko bargen, aber vermutlich nur, weil ich sie da erst entdeckt hatte.
Auf Grund der Strangulation habe ich meine Freundin verloren und bin vor 12 Wochen in eine Klinik gekommen. Es ist nicht die erste, aber die erste, die wirklich gut ist. Hier habe ich mit der Strangulation aufgehört, da der Duschschlauch entfernt wurde und ich somit keine Möglichkeit mehr hatte. Hier habe ich die Diagnose ADxS bekommen und erst 150, dann 300mg Bupropion bekommen. Nach der Dosiserhöhung habe ich gemerkt, dass der Drang, etwas zu tun, weniger wurde. Auch das Verlangen nach Nikotin nahm ab.
Nun ist der Duschschlauch wieder da und ich habe gemerkt, dass sich die Sucht wieder einschleicht und ich in diesem Bezug wenig Impulskontrolle habe. Vermutlich, weil der Kick, den dieses lebensgefährliche Verhalten, zu groß ist.
Nächste Woche steht meine Entlassung an und ich habe große Sorgen, dass ich zu Hause rückfällig werde.

Aktuell nehme ich seit drei Tagen zusätzlich 20mg Medikinet Adult, bei dem ich aber gar nichts merke.
Ich liebe das Leben leider nicht mehr, aber sterben möchte ich auch nicht.
Kein Therpeut, bei dem ich bisher war, kannte so eine stark ausgeprägte Symptomatik, die eher an Borderline erinnert.

Da ich nicht mehr lange rumprobieren will, wollte ich fragen, ob jemand Erfahrung diesbezüglich gemacht hat und sagen kann, welches Medikament am ehesten wirken würde. Bestimmt sehe ich das zu schwarz-weiß, aber ich habe einfach riesen Angst vor diesem Verhalten. Ich habe meine Freundin verloren, die mir alles bedeutet hat und trage seit vielen Jahren Schuld und Scham mit mir herum, aber ich fühle mich nach wie vor einfach nicht in der Lage, dagegen anzukommen. Ich habe einfach naiverweise die Hoffnung, dass ein Medikament mich unabhängig davon macht und ich mich nicht mehr, falls es so sein sollte, selbst mediziere.

LG

Hallo Kiwi.

Willkommen hier! :slight_smile:

Das klingt nach einer ziemlich verfahrenen Situation.
Die wichtigste Frage, die ich mir allerdings stelle, ist, ob du nach dem Klinikaufenthalt weiter ambulant weiterbehandelst wirst. Das ist sehr wichtig um auch die Eindosierung weiter ärztlich begleiten zu können.

Welches Medikament „am ehesten bei der Suchtproblematik hilft“, kann dir hier keiner sagen. Das ist etwas, was du und dein Therapeut/Arzt, etc. rausfinden müsst.

Ich kann deine Sorgen gut verstehen, sich nach dem Aufenthalt „alleine gelassen“ zu fühlen. Deswegen ist die Weiterbehandlung so wichtig! Nur dann kann auch der Erfolg der stationären Behandlung langfristig gesichert werden.

Wie du schon beschriebst, mit Bupoprion ist dein Verlangen, auch nach Nikotin, weniger geworden.
Genau das sollen die Medikamente bewirken. Bupoprion wird ja auch unter anderem zur Raucherentwöhnung eingesetzt.

Wenn du dein richtiges Medikament und die richtige Dosis gefunden hast, wirst du sehr schnell merken, dass dein Verlangen stark abnimmt!
Wenn du therapeutisch weiter behandelst wirst, kann es sehr gut möglich sein, dass du deine Suchtproblematik gut unter Kontrolle bekommst und wahrscheinlich selten mit Rückfällen rechnen kannst.

Die Medikamente sorgen für eine bessere Hirnchemie bei den Neurotransmittern. Insbesondere bei Dopamin. ADHS ist ja eine Dopaminstoffwechselstörung, deswegen wird mit Stimulanzien dagegen gesteuert um das wieder auszugleichen und für einen normaleren Stoffwechsel zu sorgen.

Deinen „kick“ den du dir durch die Strangulation holst, dient dir im Endffekt ja dazu, dass du Dopamin auschüttelst. Riskante Süchte, Verhaltensweisen, extreme Manöver im Leben sorgen bei ADHS Betroffenen für einen nötigen Dopaminkick um sich selbst zu stimulieren.
Deswegen neigen wir zu Süchten.

Deswegen sind Medikamente auch so wichtig, sie können einen guten Teil wieder ausbalancieren.
Was du bedenken muss. Die sind keine Wunderpillen. Die Medikamente geben dir als Betroffener die Möglichkeit, dass du einen Therapieerfolg haben kannst. Ohne Medikamente ist das sehr oft schwer, in manchen Fällen gar unmöglich. Für Viele sind sie erst der Startpunkt, um an sich arbeiten zu können, weil sie nun endlich in der Lage sind, Informationen über sich zu und das eigene Verhalten zu erkennen und zu verarbeiten, damit sie am Ende in der Lage sind, darüber zu reflektieren und ihr Verhalten zu ändern.

Mit den Medikamenten sind deine Erfolgsaussichten auf eine erfolgreiche Therapie wesentlich höher.

Es ist nachweislich bewiesen, dass medikamentös gut eingestellte Betroffene, die eine Suchterkrankung haben, viel seltener Rückfällig werden, als nicht medikamentös therapierte Betroffene.
Und es ist nachweislich bewiesen, dass die Rate von Betroffenen deutlich sinkt, eine Suchterkrankung zu entwickeln, wenn sie früh diagnostiziert sind und medikamentös behandelt werden, als nicht behandelte Betroffene.

Das alles sind eigentlich gute Nachrrichten.
Du kannst es schaffen, dein Suchtverhalten zu ändern

Das wird dir sehr viel Leidensdruck nehmen. Du muss aber trotzdem Bedenken, dass vor dir noch eine langer Weg steht, bis du stabil der Sucht entgegenstehst und du Kontrolle über sie bekommst, statt, dass sie dich kontrolliert.

Du merkst bei 20mg Medikinet adult noch nichts. Das kann gut sein. Deswegen wird auch gesteigert, bis du was merkst und vorallem, wann es sich für dich gut anfühlt.

Das ist keine Sache, die man in 2 Wochen durch hat. Das kann dauern, und wenn es nicht passt, müssen unterschiedliche Präperate ausprobiert werden, bis du für dich das passende gefunden hast.
Es ist wie gesagt, keine Wunderpille und du wirst die Sucht dadurch nicht von heute auf morgen los.
Aber du kannst mit guter Hoffnung dran gehen, dass du es bewältigst bekommst.
Dazu gehört auch, dass du einen guten Therapeuten hast, dem du Vertrauen kannst und auch einen Arzt, der weiß, was er tut.

Ich drücke dir ganz feste die Daumen, dass du es schaffst und es dir bald besser geht! Ganz viel Erfolg dabei! :slightly_smiling_face:

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Hi nephilim!

Vielen Dank für deine Antwort, das weiß ich sehr zu schätzen. :slight_smile:

Ich habe, in Anbetracht der Erfahrung mit dem Bupropion, Hoffnung, dass das noch etwas wird.
Was bei mir auf jeden Fall problematisch ist, ist, dass ich mich oft selbst triggere und das fühlt sich an, als würde ich überprüfen wollen, ob es mich noch „angreift“. Die eher risikoarmen und wenig Kick bringenden Handlungen haben abgenommen und an dieser Stelle habe ich es gemerkt. Wenn der Kick aber eine gute Portion Dopamin gibt, kann ich aktuell eher sehr schlecht bis gar nicht widerstehen, wenn ich erst einmal wieder damit angefangen habe.
Aus diesem Grund habe ich damals eine Art Kontroll"zwang" entwickelt. Ich musste und muss immer noch Handlungen so und so oft ausführen.

Hier in der Klinik ging es mir auch ziemlich gut, da ich nicht groß die Möglichkeit hatte, etwas zu tun. Wenn ich jetzt an zu Hause denke, wo ich mich eben nicht davor schützen (lassen) kann, habe ich Bedenken. Weiß nicht, ob das reine Kopfsache ist und eine selbsterfüllende Prophezeiung oder nicht. Denn hier könnte ich es aktuell wieder machen, tue es aber nicht bzw. nur ansatzweise. Wieso habe ich dann also Bange vor zu Hause? Es ist nicht so, dass ich ohne die Strangulation depressiv oder launisch geworden bin. Ich habe mich eher besser gefühlt, aber da hätte ich eher „Entzugssymptome“ erwartet.

Es ist auf jeden Fall unglaublich wichtig für mich, es endlich einordnen und mich therapietechnisch gesehen in die richtige Richtung bewegen zu können.
Gleichzeitig fühle ich mich dann leider „abhängig“ von Medikamenten, da ich den ganzen Tag über einen Spiegel haben muss, um nicht wieder zurück zu fallen.

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Aus meiner Sicht hat nephilim in ihrer Antwort den Sachverhalt fachlich sehr gut be-schrieben und verständlich ge-schrieben.

Viele würden sagen, dem ist nichts mehr hinzufügen, aber wir haben ja immer was hinzuzufügen, anzumerken, nachzuhaken, zu spezifizieren, nachzufragen etc. etc.

Auch das beschreibt den Sachverhalt sehr gut - und das in zwei Sätzen.

Mein Nachhaken bezieht sich auf „Süchte“ und die Definition.

Ist es allgemein der Drang, einen „Kick“, d. h. die Dopaminausschüttung zu erreichen, damit sich selbst intensiv zu spüren, wie es ein weiser Psychologe mal formuliert hat?
Bezieht sich der Drang bzw. die Sucht nur darauf, das bestimmte Gefühl zu erreichen?

Oder ist da mehr im Spiel und die Sucht bezieht sich zielgerichtet auf die entsprechenden Handlungen, in diesem Fall das Strangulieren?

Die Grenzen sind fließend, das ist mir auch klar. Z. B. ist dem Alkoholsüchtigen wie dem Nikotinsüchtigen relativ wurscht, ob er den Gefühlszustand, den sein Geist - und bei diesen Arten von Sucht v. a. auch der Körper fordert, durch Wodka oder Rum bzw. Camel oder Marlboro erreicht.

Spielsüchtige Glücksspieler betätigen sich nach Studien nicht nur bei einer und auch nicht bei allen Glücksspielarten (z. B. Poker, Automaten, Roulette, Lotto) sondern durchschnittlich bei 5 verschiedenen Spielarten. Der normale Glücksspieler nur bei 2. Wobei meinem Eindruck nach der Süchtige schon auf eine Spielart fixiert ist und andere nur als Ausweichmöglichkeit spielt, wenn ihm sein bevorzugtes Spiel gerade nicht möglich ist.

Bei den Computerspielabhängigen scheint es mir so, dass die meisten auf ein bestimmtes Spiel fixiert sind.

Bräunungssüchtige sind auf die Bräunung im Solarium und ggf. unter der Sonne fixiert. Selbstbräunerlotion kommt für die wohl nicht in Frage.

Sind jetzt nur die Grenzen zwischen Sucht nach dem Ergebnis (Gefühl) und Sucht nach den genauen Handlungen bzw. Substanzen fließend oder ist es ein- und dasselbe, nur in verschiedener Art und Ausprägung?

Wenn es nur um das Ergebnis, den „Kick“, das Gefühl etc. geht, ist es sicher einfacher, die Sucht mit Ersatzstoffen und -Handlungen zu entschärfen.

F.

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Ich habe neben der Strangulation auch andere Handlungen, wie z.B. bei meiner (frischen) Ex Drohungen in den Chat zu tippen und das Handy hochzuwerfen. Wenn die Nachricht abgeschickt werden würde, hätte ich ein Problem. Ich kaue auf meinen Lippen rum und die Angst dahinter ist, dass es irgendwann einfach dick wird bzw. doof aussieht und meine Mitmenschen mit Sicherheit denken, was mit mir ist.

So richtig zielgerichtet ist es nicht und in der Vergangenheit habe ich mehrfach gemerkt, dass das Strangulieren, wenn auch nicht komplett abgelöst, dafür aber zeitweise abgeschwächt, durch andere gefährliche Handlungen, die objektiv betrachtet nicht ansatzweise so risikobehaftet waren, beeinflusst werden konnte.

Ich denke, dass die Bereitschaft zum Hochrisiko zum einen in mir verankert ist, zum anderen aber hier und da Futter bekommt, um sich zu entfalten, bzw. zu verstärken. Die Schwelle mit der Strangulation habe ich leider überschritten und kann da auch nicht mehr zurück gehen. In dem Moment, wo ich auf eine Handlung fixiert bin, wünsche ich mir eine andere zurück, auch wenn diese Handlung vielleicht viel gefährlicher wäre. Aktuell mache ich es nicht, aber nur, weil ich es eine Woche durchziehen will. Heißt vollkommen und ohne auch nur den Duschschlauch an den Hals zu bewegen. Es ist nicht so, dass der Drang stark da ist, aber der Gedanke daran, es nur mal kurz „anzutesten“ und das Wissen,m dass mich selbst auferlegte Regeln davon abhalten, auch wenn ich es einfach von hier auf jetzt wieder tun könnte, tritt recht häufig auf. Dann muss ich mir immer vor Augen führen, dass ich wieder voll drin bin, wenn ich es mache. Wenn ich gegen meine Regeln verstoße und die Handlung ausführe, bei der ich dann merke, dass es knapp war, dann bin ich sofort wieder angefixt. Wenn ich es nur ansatzweise mache, habe ich aber wiederum keinen Grund, es fortlaufend sein zu lassen. Ist glaube ich etwas verwirrend, aber anders kann ich mich leider nicht ausdrücken.
Ich habe mich am 01.01. stranguliert, um es für dieses Jahr gemacht zu haben und das hält mich auch davon ab, es wieder zu tun. Wenn ich es aber wieder machen würde, wäre ich wieder vollkommen drin.

Ich wurde hier in der Klinik von wenigstens vier Personen gefragt, ob ich nicht mal Bungee-Springen probieren würde. Wenn ich darüber nachdenke, hätte ich keine Lust drauf und denke mir, dass die Chance, zu verunfallen, in Deutschland sehr gering ist und somit wäre das nicht wirklich mit einem Risiko verbunden. Kognitiv werte ich das so und ich weiß, dass mein Gehirn sich einmachen würde, wenn ich tatsächlich fallen würde, auch mit dem Wissen, dass mir eigentlich nichts passieren kann.

Du kannst ja mal schreiben, was für Ersatzstoffe du vor Augen hast, die mir einen ähnlichen oder besseren Kick als die Todesangst bringen und gleichzeitig, im Idealfall, ständig verfügbar sind. Ich vermute, dass ich meinem Gehirn schon etwas bieten muss, damit es sich zufrieden gibt.

Willst Du evtl., solange Du noch in der Klinik und an der Quelle bist, nochmal ansprechen und absichern, ob so ein Austausch in Deinem besten Sinne ist?

Zum einen bedeutet die weiter dringend empfundene Suche nach weiterer „Substitution“ ja, dass die Medis vielleicht noch nicht am idealen Anschlag sind. Dann schiene mir gut, das wäre offen auf dem Tisch.

Zum anderen würdest Du doch dabei als „Verhandlungspartner Deines Gehirns“ weiter die Prämisse akzeptieren, dass Du dem Gehirn dauernd etwas bieten musst, dass „ähnlich oder besser ist als Todesangst“.

Im neurodiversen Durchschnittsfall finde ich es nachvollziehbar und richtig, angemessene Dopaminäquivalente zu suchen.

Aber wenn ich mich etwas edgy eingependelt habe bei jeden Tag „1 kg Cookies and Cream-Eis“, muss mein Gehirn mir vielleicht auch etwas entgegenkommen und nicht erwarten, dass ich low carb Äquivalente dafür ranschaffe, die mir genauso oder noch besser schmecken? In die Richtung geht das hier: https://youtu.be/aEfkx3DsXjs

Ich habe - aus Laiensicht - jedenfalls etwas Bedenken: Du hast ja nicht ohne Grund im 1. Post ein Triggerwarnung aufgenommen. Und vielleicht triggert es nicht nur andere, sondern v.a. auch Dich selbst, dazu - und zu Alternativen - hier allzu graphisch zu schreiben.

Tut mir Leid. Wenn das zu spielverderberisch ist, ignorier es. Aber vielleicht tun wir Dir mit Tipps zu erfolgreicher Suchtverlagerung wirklich keinen Gefallen. Wir haben hier in verschiedenen Threads schon mal Werkzeuge und Skills aus dem DBT-Bereich gesammelt, z.B. so etwas wie hier: Umgang mit Sucht. Info- und Arbeitsblätter* - PDF Kostenfreier Download

Aber auch da ist die Frage, ob Du nicht direkter an der Quelle sitzt für eine maßgeschneiderte Lösung.

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Also eine Suchtverlagerung wäre, angenommen es wäre praktikabel, die letzte Option, die ich hätte. Selbstverständlich hat jede Sucht ihre Tücken und zieht einen früher oder später irgendwie runter.
Den aktuellen Zustand kann ich noch nicht akzeptieren. Ich fühle mich einfach nicht nachhaltig sicher und hoffe daher einfach darauf, dass ein Medikament anschlägt. Die Sucht ist auch nur ein Teil der Problematik, wenn auch ein sehr großer. Ich hoffe durch ein Medikament auch, dass sich dieses lästige Prokrastinieren endlich verbessert und ich Ordnung in mein Leben bekomme, denn das hindert mich ungemein daran, ein eigenständiges Leben zu führen.

Mit dem Bupropion fahre ich ja bisweilen sehr gut, auch wenn es nur ein kleines Stück weit hilft, aber immerhin. Ich habe während der Belastungserprobung letztes Wochenende eigenmächtig das Medikinet höher dosiert, um zu sehen, ob es überhaupt Sinn macht, es weiter zu nehmen und damit ggf. Zeit zu verschwenden. 60mg und keine Änderung. Da ich mich in den letzten Wochen der Medikation genaustens analysiere, interpretiere ich sicher hier und da auch eine Menge rein und daher kann es sein, dass die 60mg nicht einmal wirklich geholfen haben. Ich bin etwas verunsichert, weil eine so hohe Einzeldosis nicht den Hauch einer Änderung gebracht hat und ich zumindest davon ausgegangen bin, etwas unruhiger und getriebener zu sein.

Der Psychiater hier meinte dennoch, langsam weiter zu erhöhen…
Am liebsten wäre mir, wenn Strattera helfen würde, da ich dabei nicht so abhängig von mehreren Tabletten am Tage wäre.

Und vielleicht triggert es nicht nur andere, sondern v.a. auch Dich selbst, dazu - und zu Alternativen - hier allzu graphisch zu schreiben.

Mich triggert das nicht und ich hoffe, dass das bei keinem, der das liest, der Fall ist. Triggern tut mich eher die Handlung selbst und ein Stück weit die Gedanken daran. Ich möchte auch meinen, dass Stress es ein Stück weit verstärkt, da bin ich mir aber noch unsicher.

Sorry wenn ich hier mal wieder spontan etwas „einwerfe“, bei mir ist es mit meiner Nikotin Sucht zum Beispiel so, dass ich ja vom Verstand her „weiss“ das ich mich, wenn ich nicht endlich von dieser Sucht los komme, mich zu Tode rauche.

Ich glaube ich muss hier niemand mehr wirklich etwas über die Zigaretten Sucht und ihre schädlichen Auswirkungen erzählen.

Seit jeher ist das rauchen viel mehr für mich als die blosse Abhängigkeit von Nikotin, ich brauche es um „runter zu kommen“, um mich zu „beruhigen“, um mir in schwierigen Situationen „Mut zu machen“, um „Dampf abzulassen“, um mich an „etwas festklammern zu können“, heisst „Halt zu finden“, um meine Fresse zu halten „wenn ich an der Zigarette ziehen kann“.

Meine Zigaretten Sucht ist soviel mehr als nur eine Stoffgebundene Abhängigkeit, ausserdem ist mir mein Leben manchmal „egal“, was wohl eine Folge meiner Depressionen ist, wo ich dann so denke: „an etwas stibt der Mensch sowieso, und wenn es bei mir wegen dem rauchen ist, dann halt, was soll’s, dann ist es halt so“.

Sorry das ich so ehrlich bin, aber ich habe Adhs, und möglicherweise bin ich auch autistisch, was weiss ich, aber vor allem auch ausserdem depressiv.

Jedenfalls steckt meiner Meinung nach hinter einer Sucht sehr oft viel mehr, als auf den ersten Blick „ersichtlich“ ist.

P.s. ausserdem benutze ich meine Zigaretten Sucht um unangehmen Situationen „entfliehen“ zu können, denn sehr oft kann ich dann sagen: „Sorry ich muss jetzt erstmal eine rauchen gehen“, gehe dann aus einem Raum, oder einer Situation auf diesem Wege sozusagen „aus dem Weg“, wie gesagt, für mich bietet mir meine Zigaretten Sucht auch einfach sehr oft einen Weg zur Flucht.

Und das „nicht süchtige“ diese Gefühle nicht verstehen können, heisst das manche die Menschen die die eine „Sucht Veranlagung“ haben nicht verstehen können, ist ja auch nichts neues.
Nicht desto trotz leben „süchtige“ Menschen diesbezüglich in einer anderen Welt als „nicht süchtige“, und „süchtigen“ Menschen, oder „Sucht veranlagten Menschen“ hilft es absolut NICHTS, wenn „nicht süchtige“ ihnen sagen das sie ihr Verhalten nicht verstehen können, oder vielleicht sogar, und noch viel schlimmer, sie verurteilen oder dafür „runter machen“.

Was mir tatsächlich „revolutionär“ weitergeholfen hat, war die Einsicht, dass Überkonsum/Sucht ja schon die Selbstbehandlung bzw. Selbstmedikation ist. Maladaptives Coping eben und ein Versuch der Lösung, der dann blöderweise selbst zum neuen Problem entartet ist.

Hat zweierlei Konsequenz (für mich): Zum einen überrascht es mich nicht mehr, dass Laune und Lebensqualität erstmal tendenziell etwas runtergehen, wenn man sich Überkonsum abgewöhnt. Man verzichtet eben auf eine Krücke oder eine Säule im Stabilisierungssystem. (Und ja, daher ist es sicher sinnvoll, Dopaminäquivalente zu suchen. Nur wohl eben möglichst solche, die nicht so schnell selbst wieder zum Problem werden.)

Zum anderen die Hoffnung und Zuversicht, von beiden Seiten ansetzen zu können: Wenn man die Lebensqualität verbessert - und das heißt bei ADHS eben auch die Exekutivfunktionen - sinken der Bedarf nach kompensatorischen Krücken und damit auch der Suchtdruck ja meist auch automatisch, wenn sich nicht schon alles komplett verselbständigt hat.

Tut mir Leid, wenn das eine Binsenweisheit ist, weil Du Dich sicher auch schon viel damit befasst hast. Mir hilft es aber dabei, etwas versöhnlicher mit mir umzugehen und zwei Eisen im Feuer zu wissen.

Auf eigene Gefahr (und ich sollte das vielleicht nicht posten): In Phasen, in denen mir Coding zu komplex (und daher nicht dopaminäquivalent) ist, helfen mir Quizfragen. Unter https://www.quizshow-trainingslager.de/ kann man ohne Anmeldung live gegen andere Teilnehmer spielen. Fördert wirklich die Durchblutung und Vernetzung im Gehirn, so mein Eindruck. Ist schön kompetitiv. Verfügbar. Und man ist nicht allein.

Und aus all diesen schönen Gründen z.B. sicher überhaupt nicht geeignet für alle, die ein Spielsucht-Problem haben. Aber es sorgt für mehr Sauerstoff im Kopf und ist schon deshalb besser als … andere Coping-Strategien. Whatever floats your boat.

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Und wenn wir ehrlich sind, sind die Möglichkeiten um für „irgendwas“ eine Sucht zu entwickeln ja geradezu fast schon gigantisch und kaum noch zu überschauen.
Sehr viele Menschen sind sich, meiner persönlichen Meinung nach, zum Teil nicht mal „bewusst“ darüber „ob“ oder „nach was“ sie möglicherweise „süchtig“ sind, die Möglichkeiten dafür sind jedenfalls ziemlich gross, und die Beurteilung, was schon „Sucht“ oder zum Beispiel vielleicht nur eine blosse „Begeisterung“ für etwas ist, wie zum Beispiel auch exsessiver Sport, ist nicht immer einfach einzuordnen, was weiss ich, jedenfalls gibt es genug Dinge im Leben die uns „süchtig“ machen „können“.

Mir hat es auch weitergeholfen, zu wissen, warum ich es tue. Die ganzen Therapeuten hatten immer gefragt, warum mir das so wichtig sei und von meiner Seite nur Unverständnis geerntet. Was ich lange übersehen habe und sicherlich nicht wahrhaben wollte, war die Tatsache, dass ich süchtig bin. Heute komme ich mir wie ein „Junkie“ vor, der sich irgendwelchen Mist in die Arme jagt, weil ich mich leider genauso fühle. Mein Verhalten war und ist absolut empathiefrei und rücksichtslos, aber dennoch macht es nicht Klick. Für den Kick nehme ich das Risiko für das eigene Wohl und das meiner Mitmenschen in Kauf und das beschämt mich. Ich denke mittlerweile auch, dass die Diagnose Persönlichkeitsstörung gemischt (impulsiv und dissozial) zumindest was letzteres betrifft, leider gerechtfertigt ist, obwohl ich nicht nur PS im allgemeinen, sondern ganz speziell die Dissozialität als unglaublich abwertend empfinde, obwohl ich ja letztendlich nichts dafür kann. Mit Sicherheit hat aber genau das das Tor zum Hochrisikoverhalten auf dieser Ebene geöffnet.

Ich habe bzgl. der eingeschränkten Empathiefähigkeit in Bezug auf ADHS schon hier und da etwas gelesen. Haben Medikamente auch einen Einfluss darauf? Ich hatte mal gehört, dass die Rücksichtslosigkeit, bei der Empathie ja irgendwo eine Rolle spielt, hier und da abgenommen hat.
Habt ihr Erfahrungen diesbezüglich gemacht?
Geht es da eher um die Abwägung von möglichen Folgen oder das Mitspielen emotionaler Intelligenz?