Montag ist mein Schwiegervater gestorben. Er lebte hier bei uns mit im Haus und ist auch beim Pflegen in meinen Armen gestorben.
Das er sterben wird war schon klar, er hatte Parkinson im Endstadium. Ich hatte auch gehofft dass er nun bald stirbt, denn die Pflegesituation hat meine Schwiegermutter und meine Frau an die Belastungsgrenze geführt. Eine mega enge Beziehung hatten wir auch nicht. Daher bin ich etwas überrascht, wie heftig ich gerade trauere.
Hier nun meine Frage: Habt ihr auch die Erfahrung gemacht, dass Trauer die ADHS Symptomatik verstärkt?
Ich vergesse gerade alles. Priorisieren geht überhaupt nicht. Ich lasse mich leicht ablenken. Von den 50mg Elvanse spüre ich gar nichts.
Meine Frau und meine Schwiegermutter sind auch sehr traurig und weinen immer wieder los. Aber sie sind nicht so verpeilt wie ich. Das Organisieren der Beerdigung usw. funktioniert bei Ihnen.
Früher war ich total abgeklärt. Selbst bei dem Tod meines Opas (mit dem ich viel zusammen war) habe ich kaum geweint. Nach meiner Depression 2008 hatte ich viele Jahre Psychotherapie und konnte so lernen meine Gefühle wahrzunehmen und zuzulassen. Wahrscheinlich merke ich daher gerade auch die Trauer so viel stärker.
Ich hatte hier sozusagen „klinische“ Bedingungen: Bis Montag hatte ich meine ADHS Symptome halbwegs im Griff und es ging mir (bis auf die zu lange ToDo- und Rückruf-Listen) gut. (Siehe mein Post von Sonntag) Nach dem doch überraschend schnellen Tod am Montag dreht mein ADHS Kapriolen. Wenn es nun so wäre, das die Emotionen einen solch starken Einfluss auf die Symptomatik haben, sollte man diese dann bei der Behandlung, oder zumindest bei der Selbstbeobachtung, nicht viel mehr berücksichtigen?
Oder ist es einfach ein Teilaspekt der Trauer?
Vielleicht hat mich der Tod auch einfach aus meinem Produktivitäts-Rall (machen, machen, machen) herausgerissen?
Ich denke - hier geht es um eine größere Veränderung, eine Ausnahmesituation. Das verändert auch die gesamte Lebensituation - was wiederum erstmal mit Instabilität einhergeht.
Auch oft Hilflosigkeit. Und damit können ADHSler oft nicht so gut umgehen. „Machen“ ist einfacher.
Die Veränderung und auch der Kontakt mit dem Tod kann Angst auslösen.
Ich denke alle Menschen sind in solchen Ausnahmesituationen etwas neben der Spur.
Und natürlich hat es auch einen Einfluss auf die Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin.
Mein Opa ist mit 88 Jahren nach 4 Wochen Krankenhausaufenthalt (hatte davor nur die „normalen“ Alterssachen) gestorben. Das war vor 5 Wochen. Ich bin schon seit Anfang des Jahres wegen Burnout krankgeschrieben aber so beschissen wie jetzt ging es mir noch nie. Die ADHS Symptome kicken so richtig rein, dazu kommt PMS, die Medis wirken gefühlt kaum, ich bin krass müde, total vergesslich und so schnell gereizt dass ich Angst vor mir bekomme. Ich glaube es ist auch einfach schwierig mit all diesen neuen Emotionen umzugehen, vorallem mit der Intensität. Meine Omas sind nach langer Krankheit gestorben, da konnte ich sehe gut mit umgehen, aber das hier haut mich so sehr aus der Bahn und wie die meisten hasse ich diesen Kontrollverlust. Ich habe heute wieder einen Termin beim Psychiater, vielleicht kann man da was mit den Medikamenten machen. Ich hoffe dir geht es mittlerweile besser.
Ich finde den alten Threat hier interessant, welcher gerade „hochgespült“ worden ist.
Bei mir ist es nämlich das Gegenteil. Ich bin nach Todesfällen, oder den bereits davor stattfindenden emotionalen Ausnahmesituationen, meist immer sehr rational und funktioniere sehr gut.
Ich war 17 als mein Vater plötzlich gestorben ist und 24 als meine Mutter dann auch noch verstarb, deswegen traue ich mich hier zu sagen, dass ich bei solchen Sachen „gut“ bin. Die ADHS-Symptome nehmen sogar eher ab?!
Wie gesagt, bei meinen Omas ginge Jahre voraus in denen sie krank waren so dass ich mich drauf vorbereiten konnte und es war okay für mich . Allerdings war ich da 10 und 21. Jetzt mit 38 scheint das was anderes zu sein bei mir, vllt auch weil ich jetzt die Diagnose habe und mir mehr über mich selber bewusst bin etc. Ich wusste dass es mich sehr treffen wird. Das wusste ich schon vor 20 Jahren. Aber damit habe ich nie gerechnet darum weiss ich gar nicht was ich machen soll.
gibt es einen Ansprechpartner, mit welchem du über solche Themen reden kannst?
Es gibt ja auch speziell ausgebildete Trauerbegleiter, falls dir so etwas helfen könnte?! Das sind oftmals ehrenamtliche Menschen, welche dich unterstützen und emotional abholen können. Für manche ist jemand Fremdes als Ansprechpartner die bessere Lösung.
Ich bin jetzt 41 und vor zwei Jahren ist meine liebe Oma gestorben, was auch absehbar war. Auch hier wieder: Traurig, ja, aber rational.
Nein, bin ich nicht. Ich hab meinen Mann und auch sonst Menschen mit denen ich darüber reden kann. Aber ich will das gar nicht weil dann muss ich heulen und das will ich nicht ist schon alles nicht einfach