Umfrage zum Thema Höflichkeit

Liebes Forum,

ich bin Master Studentin der empirischen Sprachwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und forsche zusammen mit meinem Dozenten zu dem sprachpragmatischen Thema Höflichkeit in Textnachrichten. Angestoßen durch die Neurodiversitätsbewegung entsteht in der Sprachwissenschaft (wie auch in anderen Fachgebieten) seit einiger Zeit ein immer stärkeres Bewusstsein dafür, dass die bisherige Forschung vor allem aus Studien mit überwiegend neurotypischen Probanden besteht. Um das zu ändern würden wir uns sehr freuen, wenn neben neurotypischen auch möglichst viele neundivergente Menschen an unserer Studie teilnehmen würden. Vielleicht habt ihr ein paar Minuten Zeit und Lust, den Fragebogen auszufüllen um so mitzuhelfen, dass das Thema Neurodiversität in der Forschung mehr Beachtung findet.

Hier der link zur Umfrage:
https://www.soscisurvey.de/umfrage_hoeflichkeit/

Viele Grüße und einen schönen Sonntag
K. Möller

hallöchen !

Wie hat man dass denn herausgefunden , dass Studien im wesentlichen von neurotypischen Probanden bestehen?
Mir fällt aktuell einfach kein Grund ein warum neurodiverse nicht unter den Probanden sein können?

Ehrlich gesagt verstehe ich grade auch nicht was im Bezug zur Höflichkeit bei neurodiversen anders sein soll. Weil wir sind wie alle anderen ganz oder mehr oder weniger erzogen worden und legen und empfinden ebenso mehr oder weniger Wert auf solche Dinge.

Wobei ich bei der ersten Frage in der Umfrage vermutlich grade schon an meiner Neurodiversität struggle.:rofl:

Ich kann den Bezug zu Höflichkeit oder Unhöflichkeit im Kontext Freundschaft nicht wirklich erspüren.
Weil unter Freunde geht man doch automatisch gut miteinander um und würde es jemand nicht tun wäre es auch nicht ein Freund. Und wenn ein Freund mit mir unangemessen kommuniziert dann gäbe es den Kritikpunkt „Unhöflichkeit“ für mich in diesem Kontext nicht.
Grrrr! Weiß nicht wie ich das ausdrücken soll ? Aber die Empfindung zur Höflichkeit oder Unhöflichkeit steht bei mir ehr im Kontext zu Menschen, die ich oder mich siezen oder egal wie alt in beiden Richtungen neu kennengelernt habe oder flüchtig kenne oder viel Kontakt mit habe (Z.B. Kollegen) aber in keinem freundschaftlichen Verhältnis zu denen stehe .
An den Stellen, was ich als unhöflich in den Fragen empfinde, das wären gar nicht erst meine Freunde.

Und wenn einer schreibt : „ich weiß nicht wie ich nach Hause kommen soll.“ ist das für mich neutral, was ich gar nicht als höflich oder unhöflich bewerten kann ?

Ich hoffe Diskussion und Rückmeldung ist hier gewollt ?
Weil bin grad etwas maximal selbstverwirrt, dass ich nicht einfach eben den Fragebogen ausfüllen kann, nur weil ich mich aus der Perspektive von Freundschaft da einfach nicht reinversetzten kann. Weil eigentlich kann ich mich gut in was reinversetzen!?!

Trifft eine oder mehrere der folgenden Diagnosen/Konditionen auf Sie zu? (Mehrfachnennung möglich)

Da geht übrigens die Mehrfachnennung nicht.

Naja statistisch gesehen, wird die Verteilung neurodivers, neurotypisch auch nicht größer sein, als in der Bevölkerung.
Andererseits kann man das wohl auf so kleine Stichproben überhaupt nicht übertragen.
Vllt machen Neurodiverse bei solchen Umfragen weniger gerne mit?
Vllt gibt’s aber auch Studien wo man sowas als Proband angeben kann und das wird selten angekreuzt. Gerade bei psychologischen Studien, werden ja bestimmt auch Diagnosen die man im Laufe des Lebens gesammelt hat abgefragt. :thinking:

Hab an der Umfrage teilgenommen und kann sagen, dass mir solche Sachen meisten schwer fallen zu beantworten. Was ist viel, was ist wenig? Bei so vermeintlich trivialen Fragen, sind mir die Antwortmöglichkeiten zu viel.
Bei vielen anderen Fragestellungen finde ich so differenziertere Antwortmöglichkeiten wiederum sehr gut, weil man sehr oft einfach überhaupt nicht mit JA oder NEIN antworten kann. Mein Gehirn mag es nicht, da dann so undifferenziert zu antworten, weil es einfach die Frage nur sehr unzureichend und somit eigentlich nicht richtig beantwortbar macht. Gerade das möchte ich auf gar keinen Fall.

Hallo @Nelumba_Nucifera,

vielen Dank für die Rückmeldung und die Fragen. Der Beitrag trifft einen zentralen Punkt der aktuellen Überlegungen, denn neurodivergente Menschen sind sicherlich immer wieder unbewusst Teil der Forschung gewesen. Und genau darum geht es. Es soll bewusster darauf geachtet werden, verschiedene Funktionsvariationen der menschlichen Kognition in die Forschung zu integrieren. Das heißt aber noch nicht, dass sich die Wahrnehmung bestimmter Gruppen dann auch von der Wahrnehmung anderer Gruppen unterscheiden muss oder das jede Untersuchung, die um eine ausgewogene Repräsentation bemüht ist, auch darauf ausgelegt ist, diese Unterschiede zu ermitteln. Mehr kann ich dazu leider momentan nicht sagen, ohne die Vergleichbarkeit der Daten zu gefährden. Falls nach Ablauf der Umfrage noch Interesse besteht, gehe ich aber gerne weiter darauf ein.

Vielen Dank auch für die Hinweise zum Begriff der Höflichkeit. Rückmeldungen jeglicher Art sind immer sehr hilfreich und willkommen. Ich habe die Anmerkungen notiert und werde sie im Team besprechen. Für das Ausfüllen des Fragebogens kann es helfen, den Begriff der Höflichkeit in einer etwas weiteren Lesart zu verstehen. Sollte das nicht funktionieren, sollte sich aber bitte niemand genötigt fühlen, trotzdem an der Umfrage teilnehmen zu müssen. Ein letzter Hinweis dazu: die 5-stufige Skala von ‚sehr unhöflich‘ zu ‚sehr höflich‘ impliziert, dass der mittlere dritte anklickbare Punkt eine neutrale Antwort repräsentiert, die zwischen ‚unhöflich’ und ‚höflich’ steht und damit weder das eine noch das andere ausdrückt. Vielleicht hilft das ja schon etwas weiter.

Ich bin nicht sicher, ob in diesem Forum die Möglichkeit besteht, Direktnachrichten zu versenden. Falls ja würde ich mich sehr freuen, wenn inhaltliche Rückmeldungen zu der Umfrage, die explizit Teile aus der Umfrage zitieren, in dieser Form an mich gerichtet werden könnten. Mir ist bewusst, dass das einen breiten Diskurs verhindert, vielleicht könnte dieser aber bis nach Ende der Umfrage in einem Monat pausiert werden? Dabei geht es nicht darum, dass Personen, die bereits teilgenommen haben, sich nicht austauschen sollen, sondern vielmehr darum, dass Personen, die noch nicht teilgenommen haben, nicht in Ihrem Urteil beeinflusst werden sollen.

Ich hoffe, das klärt zumindest einige der aufgeworfenen Fragen und bedanke mich noch einmal für das Interesse.

Viele Grüße
K. Möller

Hallo @River ,

vielen Dank für diesen wichtigen Hinweis! Jetzt müsste es wieder möglich sein.

Da bin ich schon direkt raus. Leben wir etwa zu adeligem Hofe um „höflich“ zu agieren?

Hallo @BrainBuzz,

hättest du dieselben Bedenken auch bei anderen Begriffen, die ähnliche Konzepte ausdrücken wie bspw. „Angemessenheit“? Anders gefragt: welcher Begriff (statt Höflichkeit) wäre in deinen Augen zeitgemäßer? Oder geht es dir mehr darum, dass das ehemals durch den Begriff der Höflichkeit ausgedrückte Konzept der menschlichen Interaktion zu komplex geworden ist und daher überhaupt nicht mehr durch einen einzelnen Begriff ausgedrückt werden kann?

Du könntest ne Mailadresse hinterlassen.
PN geht glaube ich erst nach einer gewissen Aktivität im Forum.

Ein Diskurs hier, wenn sich einer entwickelt könnte spannend sein .
Selbst wenn er abschweifen würde , was wir hier ja gut können, hält er dann deine Anfrage an sich präsenter . :wink:

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Ich denke man muss sich immer vor Augen halten, dass unsere gemeinsame Sprache zwar etwas ist was wir alle teilen, aber das heißt nicht, dass wir alle unter den selben Wörtern das selbe verstehen und oder die selben Erfahrungen, Emotionen, Gedanken verbinden.

Ich hab mal wo online gelesen, wo sich ein ADHSler an einem Begriff, in Zusammenhang mit ADHS, gestört hat und diesen als eher invalidisierend empfunden hat. Ich denke jeder hier kennt das, wenn Bspw in Zusammenhang mit ADHS von einer Krankheit gesprochen wird. Selbst der offizielle Begriff Störung kommt bei vielen von uns (und auch einigen Fachleuten, insbesondere solchen die selber ADHSler sind) nicht so gut an und es lässt auch mich manchmal innerlich zusammenzucken.

Also langes Vorwort.

Der Begriff an dem sich der Fellow ADHSler so sehr gestört hat, war der Begriff Betroffene, wie in ADHS Betroffene.
Eigentlich ein völlig richtiger Begriff, jedoch dürften sehr viele Menschen diesen Begriff nur in Zusammenhang von betroffen sein von einem Todesfall oder betroffen sein, von einer sehr schweren Krankheit kennen. Also eine ausschließlich negative Konnotation.
Wir benutzen oft die selben Wörter, aber verstehen nicht immer das Selbe darunter.

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Hallo @anon57001248,

genau, darum gibt es in wissenschaftlichen Studien oft mehrere Durchgänge (wie in unserem Projekt auch) und es werden Rückmeldungen der Probanden mit einbezogen. Daher auch meine Frage an Pedro. Und sollte jemand anderes die Frage für sich beantworten können/wollen freue ich mich natürlich ebenfalls über Kommentare.

Bei der Angabe wie die Diagnose gestellt wurde wäre auch die Möglichkeit für eine Mehrfachnennung sinnvoll denke ich, falls man vorher auch mehrere auswählt und da dann nicht eine Antwort auf die vorher angegebenen Diagnosen passt.

Super Hinweis, vielen Dank!

War interessant in der sprachlichen Bandbreite und ging auch schnell.

Vielleicht gibst Du uns ja nach dem Abschluss eine Art Mini-Fortbildung, @Umfrage_CAU_Kiel. Das wäre sicher eine gute Coping-Hilfe.

Meine Rejection Sensitivity, meine ausgewachsenen Appellohren und ich, wir haben nämlich - ganz objektiv betrachtet - wirklich keinen Plan, ob eine „Ich möchte, dass Du …“-Formulierung unhöflich ist oder nicht.

Was mich persönlich z.B. total triggert ist dieses zuweilen empfohlene „Wünsche äußern“/„Ich würde mir wünschen, dass Du…“ Macht mich zum unhöflichen Weihnachtsmann.

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Update: Wir haben uns nun entschieden, den Durchlauf als weiteren Pretest der Studie zu nehmen, soll heißen es werden Anmerkungen/Kommentare gesammelt und die Umfrage daraufhin noch einmal überarbeitet. Falls also jemand noch weitere Anmerkungen teilen möchte ist jeder Kommentar gerne gesehen und wird in die weiteren Überlegungen mit einfließen. Ansonsten noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön an alle für die Teilnahme, die interessierten Fragen und die hilfreichen Anmerkungen!

Ich habe leider keine Ahnung, wie man das in Umfragen packt, aber was mir bei Höflichkeit sofort in den Sinn kam, war Impulskontrolle und ggf. auch Rebound-Probleme.

Die Bewertungen können erheblich von der Tagesform und dem Level der Reizüberflutung abweichen.

Neurotypische werden das im Ansatz auch haben, völlig klar. Borderline-Betroffene evtl. nochmal stärker als ADHSler usw, aber wie ich so eine Ansage wie „Hol mich vom Bahnhof ab“ einordne…

Das hängt leider vom Inneren Anteil ab, der gerade das Zepter in der Hand hat.

Vielleicht kann sowas abgefragt werden? Von 1 - 5, wie erleben Sie zum Zeitpunkt der Umfrage Ihre (ggf.) Medikationseinstellung und Belastbarkeit oder so?

Hallo @Elementary ,

vielen Dank für dein Feedback! Ich fürchte, objektive Kriterien für Höflichkeit kann auch die empirische Forschung nicht ermitteln. Die Ergebnisse der Studie kann ich in ein paar Monaten aber natürlich trotzdem sehr gerne teilen.

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Also ich weiß ja nicht, meine Antwort darauf wär jetzt „gar nicht“, egal welches Zepter mein Königliches Gemüt, sich gerade in der Sozialen Interaktion bemüht. Wer sagt denn sowas, in so einem Befehlston?

Auch dieses „ich möchte, dass du…“ oder schlimmer noch „ich Wünsche mir…“ wirft bei mir viele Fragezeichen auf.

Wo ist das „Könntest du vielleicht/ Bitte…“ geblieben? Ich will ja wenigstens noch die Wahl haben „Nein“ sagen zu können, zumindest in der Fantasie ohne den anderen zu Verletzen bzw. meinen Pflichten nicht nach zu kommen.

Bin aber wahrscheinlich schon zu lang aus dem Arbeitsalltag raus, um dies überhaupt noch beurteilen zu können und verstehe sowieso nicht alles, vor allem in der allgemeinen Sozialen Interaktion. :grin:

Edit: Umso mehr ich jetzt darüber Nachdenke, umso weniger Plan hab ich von der ganzen Sache hier, Ignoriert mich einfach… :crazy_face:

Eine Feinfühligkeit kann auch dazu führen das man das Manipulative hinter einer sehr höflichen „Floskel“ erspürt und gleich blockiert.

Ein und die selbe höfliche Frage kann aufgrund des Senders anders empfunden werden . „Ob nervige Mutti mich bittet oder meine beste Freundin.“

Im Sinne von Höflichkeit bei Textnachrichten fände ich auch noch mal die Höfflichkeit bei Antwort interessant.