Ungerechtigkeit macht mich wütend bis aggressiv

Hej Leute…

Vor 3 Monaten erster Verdacht, ich (53) könnte von ADHS betroffen sein, vor 1 Woche bestätigt bekommen.
Seitdem frage ich mich immer wieder: bin ich so, oder macht mich das ADHS so?

Ein Beispiel:

Ungerechtigkeiten in jeder Form, egal ob ich selbst betroffen bin oder jemand anderes, machen mich unfassbar wütend bis aggressiv.

Ich bin oft selbst überrascht über das heftige Gefühl.
Und ich fühl mich diesem Gefühl ausgeliefert und wie ein Kaninchen in Schockstarre.
"Eigentlich " bin ich voll harmoniebedürftig!

Geht es anderen ADHS-lern ähnlich?
Ist das ein bekanntes ADHS-typisches Phänomen?

Wenn ihr dieses "Problem " kennt… wie geht ihr damit um?

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Ist doch schon deutlich ausgeprägt bei mir und kann auch depressiv und frustriert machen, wenn man sich daran festbeißt und nicht akzeptieren kann, gewisse Dinge in der Welt nicht direkt beeinflussen zu können.

Ansonsten bin ich harmoniesüchtig und konfliktscheu. Wobei sich da bzgl. „konfliktscheu“ seit der Diagnose und Medikation doch schon etwas verändert hat, weil mehr Verständnis und Akzeptanz für mich selbst und mehr Selbstbewusstsein, z.B. auch mal für mich selbst einstehen zu können.

Vielleicht ist auch Akzeptanz ein großes Problem.
Dazu noch selbsterlebte Ungerechtigkeiten auf sich oder andere bezogen (während der Kindheit und weiteren Entwicklung im Leben, Traumata etc.)

Oft Stärken von Menschen mit ADHS

  • ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
  • sind häufig Querdenker und Erfinder
  • sind oft unkonventionelle, mutige und streiterfahrene Weltverbesserer
  • bleiben bei einem Standpunkt, wenn sie davon überzeugt sind
  • arbeiten sehr hartnäckig an einer Sache, wenn sie dafür brennen
  • haben meist eine besonders genaue Wahrnehmung
  • sind oft besonders kreativ und intuitiv
  • sind häufig Literaten oder Künstler
  • sind oft besonders ehrlich (tragen das Herz auf der Zunge)

Häufige Stärken auf einen Blick:

  • Kreativität
  • Hilfsbereitschaft
  • Einsatzbereitschaft
  • Feinfühligkeit/Sensibilität
  • Emotionalität
  • Ehrlichkeit
  • Begeisterungsfähig
  • Spontanität
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Ich versuche mir klarzumachen, dass dieses viel gepriesene „Gerechtigkeitsempfinden“ oftmals auch Impulsivität oder ein lässig ignorierter Mangel an Information ist.

Selten ist es doch so, dass A und B sich eine Tafel Schokolade aufteilen sollen und A bricht sich mehr ab. Nur der redliche ADHSler C empört sich darüber mehr als der dröge neurotypische Rest der Welt.

Die meisten Themen kann man doch aus vielen Perspektiven betrachten, und sehr oft hat man gar nicht alle Informationen zu einem Sachverhalt, um zu beurteilen, ob etwas „gerecht“ ist oder nicht.

Das sind jedenfalls die Gedanken, mit denen ich mich abkühlen kann, wenn ich impulsiv mal wieder denke, etwas schon ganz genau als ungerecht oder gerecht bewerten zu können.

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Die Liste ist ja SUPER !!! Da sind sie alle, meine Eigenschaften - super aufgezählt und sofort erkannt :joy:

Wie ich das so durch gelesen habe wurde mein Grinsen immer breiter

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Ich kenne das aus jungen Jahren, alter Schwede bin ich da abgegangen wenn eine Ungerechtigkeit passierte.
Da wollte keiner mein Gegenüber sein :japanese_ogre: Irgendwann habe ich begonnen mich traurig zurück zu ziehen, wenn es um mich selbst ging. Bei Menschen , die mir wichtig sind schreite ich immer noch schützend ein :face_with_symbols_over_mouth:
Emotionen sind insgesamt so eine Sache, schwer zu steuern wenn man impulsiv ist.

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Finde auch, einige dieser Eigenschaften können sehr hilfreich sein.
Andererseits kann man damit hier und da auch öfter mal anecken.

Dann kommts wahrscheinlich darauf an, wie viel Selbstbewusstsein man hat, ob man dem standhalten kann.

Früher hätte ich mich lieber zurückgezogen, meine Klappe gehalten und mich innerlich damit selbst aufgefressen. Die Spirale nach unten war da eigentlich schon vorprogrammiert.

Seitdem Verdacht auf ADHS und endlich einer Erklärung für das vergangene Leben und die eigene Entwicklung, hat sich das (vor allem im beruflichen Umfeld) schon mal verändert.
Das erleichtert den Alltag enorm.

Je besser ich mich selber akzeptieren kann, desto besser klappts irgendwie auch bei anderen.
Dieses Vorverurteilen und permanente negative Bewerten anderer Menschen ist wesentlich besser geworden.

Auch offen Probleme anzusprechen hat da sehr geholfen. Nicht jedes Gegenüber kommt damit klar und oft haben die selber Schutzmechanismen, die automatisch ablaufen, aber die Mehrheit kann damit sehr gut umgehen und dazu auch wertvolles Feedback geben.

Endlich kein Verstecken mehr.

Und wie oft lag meine Selbstwahrnehmung total daneben :see_no_evil:

Diese ewige Selbstkritik, das innere Zerfleischen… ätzend… und meist völlig umsonst.

Wenn das Gegenüber meine Impulsivität oder Fehlverhalten aushalten kann (können viele) und dabei sogar noch die Stärken, statt Schwächen erkennt und diese Stärken schätzt und arbeitstechnisch fördert, dann kann es wunderbar laufen. Motiviert mich total. Während ich dann entspannter an den Schwächen feilen kann, weil ich mich nicht mehr so sehr selber fertig machen muss.

Schlechte Beispiele finde ich zur Genüge in meiner Familie. So darf und will ich nicht enden und weiterhin allen anderen die Schuld an allem geben, bloß nicht mir selbst.
Pessimismus ist so‘n blöder Selbstkiller.

Harmonie und sumsimitpO sind jetzt angesagt.
Auch wenn ich damit bisher schok oft ausgenutzt wurde und entsprechend auf die Schnauze gefallen bin.

Ich möchte trotzdem so bleiben. Aus tiefster Überzeugung. Irgendwie hat die mich ja auch unterbewusst bisher am Leben erhalten und durch sämtliche Krisen geführt und es gibt gute Menschen da draußen, die solche Eigenschaften erkennen und schätzen. An denen versuche ich mich in Zukunft zu orientieren.

Ist noch ein langer Lernprozess, aber macht Spaß und wird helfen, in der „normalen“ Welt besser klarzukommen.

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Genau das, man macht sich wahnsinnige Gedanken, macht sich selber fertig und dein Gegenüber hat das ganz anders gewertet .

Geht mir genau so, ich könnte alles mögliche unterstreichen, so sehr sprichst du mir aus dem Herzen

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Als kleines Beispiel hatte ich, in meinen jungen Jahren, einem Lehrmeister, Gewalt angedroht, da dieser einen anderen Lehrling, Wortwörtlich von oben herab, behandelt hat, von einer Brüstung aus. Könnte jetzt viele Beispiele davon Aufzählen, wenn auch diese, schon lange nicht mehr mit Gewaltandrohungen verbunden sind. Ich setz mich „gern“ für andere ein, zuweilen schieß ich dann aber auch übers Ziel hinaus und im schlimmsten Fall schade ich mir dann sogar selber, ich alter Dickkopf.

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Ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden ist ein häufiger Charaktertrait bei ADHS.

Witzigerweise ist das einer der Traits, der auch bei HB auftritt (so wie etliche andere, die diese beiden „Persönlichkeitsdimensionen“ teilen).
Rein fürsorglich: Das bedeutet nicht, dass jeder mit ADHS auch HB wäre.
HB und ADHS verbindet die um 2 bis 3 Jahre verzögerte Entwicklung des ersten Cortex-Dicke-Maximums. Vielleicht kommt das daher.

HB? :see_no_evil: sorry… ich weiß es wirklich nicht…
Kurze Aufklärung wäre echt schön… Dankeschön!

Du hast Autismus vergessen, deswegen bin ich, so vermute ich noch mal eine ganz besondere Nummer, jetzt stelle man sich vor ich hätte noch eine Hochbegabung, dann wäre ich aus der Weisheit heraus so Gerecht, das ich ein Kind mit einem Schwert androhe zu Teilen, dieses schwer Traumatisiere, die wahre Mutter gleich mit, nur um diese dann, schlussendlich ausfindig zu machen.

Gerechtigkeitssinn ist was feines, schadet euch aber Bitte selber nicht und anderen sowieso nicht. Ich weiß, dass ist manchmal schwer, vor allem schwer zu ertragen aber so ist das nun einmal.

„Aus großem Gerechtigkeitssinn folgt große Verantwortung“ sagte mal eine Spinne zu ihrem Onkel, oder dieser zu ihr, oder war es doch der Autor und sagte es beiden? Ich weiß es nicht mehr so genau.

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Ein Freund sagte mal, ich erinnerte ihn an Robbespierre. Merkwürdigerweise war es nicht als Kompliment gemeint.

Ich bin mir sicher, solltest du die Novelle nicht kennen, Kleists „Michael Kohlhaas“, wird dir gefallen. Es gibt natürlich auch eine Verfilmung, falls das Lesen, dieser doch, recht anstrengenden Lektüre, ein unverständliches Hindernis Darstellt.

Einschlägige Schnittstelle insb.: Gerechtigkeitsempfinden - Können macht Spaß

Wir hatten da auch mal was vorbereitet: https://adhs-forum.adxs.org/t/idee-landkarten-linksammlung-die-besten-threads-zum-thema-xyz/15599/25?u=elementary

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Ja, genau das!
Ich empfinde dieses Gerechtigkeitempfinden als schweres Handicap, zeigt es doch, wenn ich mich impulsiv vermeintlich auf die benachteiligte Seite eines Menschen schlage, ich tatsächlich, so wie Elementary es beschreibt, einfach zu wenig Informationen hatte und das bringt mich häufig in absoluten Zwiespalt.
Die Missverständnisse bügle ich dann teilweise tagelang aus.

Ich bin ganz ehrlich: es behindert mich sehr so zu sein.
Es ist täglich für mich im Beruf ein Drama nicht impulsiv auf kleinste Ungerechtigkeiten zu reagieren und selbst mit Medikamenten schwer zu regulieren.

HB= Hochbegabung

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Das war immer mein „standard“-Gefühl …

Ich mag es nicht wenn es so Inkongruenzen gibt.
Wenn Menschen „erst so sagen und dann so“

Wenn Menschen plötzlich Regeln nicht einhalten die sie selber aufgestellt haben.

Wenn Leute offensichtlich BS erzählen und damit anderen schaden. Je höher ihre Position oder das Machtgefälle ist, desto schlimmer…

Und ja Ungerechtigkeiten mag ich überhaupt nicht. Für Andere einstehen geht dann natürlich leichter als für sich selbst…

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Ja, ADHSlern wird ein ausgeprägter Gerechtigkeitsinn und Impulsivität nachgesagt. Ich selber habe das auch. Mein Sohn (ADHSler) auch. Ob das ein Symptom ist, weiß ich nicht.

Früher habe ich mich deshalb viel für andere eingesetzt und hab dann meist negative Folgen erfahren. Daher meine ich, es ist jahrelanges Training, nicht mehr immer darauf einzusteigen. Ich halte daher oft die Klappe, was auch nicht immer gut ist. Dann kann ich meist nicht schlafen. Bis ich es wieder vergesse :sweat_smile:

Du bist also nicht allein. :wink:

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Hallo ,

Ja kenne ich von mir auch.Ich glaube, dass ist bei uns ADHSlern auch verstärkter.

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Hey Du,
tatsächlich ist Ungerechtigkeit aushalten gerade eines meiner Themen. Vor allem wenn ich selbst zu Unrecht beschuldigt oder abgewertet werde. Abwertung an sich finde ich kaum aushaltbar, aber wenn sie auch noch auf auf einer völlig absurd ungerechten Wahrnehmung meines Gegenübers fußt, dann könnte ich die Wände hochlaufen (gesetzt den Fall, ich könnte das…).
Und wenn das meinem Kind zugefügt wird, dann kleb ich sofort im negativen Hyperfokus und bin thematisch ständig damit befasst, was ich als Nächstes tun muss um das Selbstwertgefühl meines Kindes zu stärken.
Dem Impuls zu folgen, der Täterperson die Meinung zu geigen, ist ja leider nicht in jeder Situation klug. Und wenn ich das nicht kann, dann entsteht in meinem Hirn trotzdem immer wieder das Vorstellungsbild wie ich dieser Person gehörig die Meinung sage …. auch ein nerviger Hyperfokus.

Gleich darauf folgt Hilflosigkeit aushalten müssen.
was man natürlich muss, wenn man an der Ungerechtigkeit selbst nichts ändern kann. Hilflosigkeit fühlt sich passiv und depressiv an und passt eben nicht zu dem generellen Wunsch, selbst Gestalter des eigenen Lebens sein zu wollen. Und wie hält man Hilflosigkeit aus ? Auf Gott vertrauen oder darauf, dass das Leben selbst von sich aus eine positive Wendung nimmt?

Ich schweife ab…. Kurz: ja, Ungerechtigkeit ist ein A.
:upside_down_face:

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Oh ja… ich fühl so sehr mit dir!
Für meine Kids konnte ich immer viel besser eintreten als für mich selbst! Aber ich übe… :rofl:
Gerade jetzt bin ich schwer gefordert. Ich bin vor einem halben Jahr in ein 400-Seelen-Dorf gezogen. Durch meine freundliche und offene Art habe ich schnell Anschluss gefunden. Nach einigen Tagen hat sich hier im Block eine Hunde-Klicke gefunden. Eine Nachbarin, die recht schnell den Kontakt zu mir suchte, war auch dabei. Nach einigen Wochen hat sie sich wohl entschieden, mich doof zu finden. Ok… kein Problem, ich fand sie jetzt auch nicht so doll, alles gut. Mittlerweile haben sich fast alle von ihr distanziert, da sie ein Verhalten zeigt, das schwer an einen Narzisten erinnert. Jetzt hat mir eine Nachbarin aus dieser Hundeklicke erzählt, dass… nennen wir sie mal die doofe Brunhilde, ihr erzählt hätte, ich würde bei jeder Begegnung nach Alk riechen und sie würde „ihren Arsch drauf verwetten“, dass ich Alkoholikerin wäre und man mich besser meiden sollte… was sollen denn die anderen Leute von ihnen denken, wenn sie mit mir gemeinsam gesehen werden. Jetzt hat mir die nette Nachbarin jedoch das Versprechen eingeholt, dass diese Info nicht ihre Wohnung verlässt. Ich glaube sie hat Schiss, dass sie die nächste wäre, über die die doofe Brunhilde herziehen und Lügen verbreiten würde. Ich habe dann noch einen anderen Nachbarn aus der Hundeklicke gefragt, ob die doofe Brunhilde ihm irgendetwas über mich erzählt hätte… ja, sie wollte ihn vor mich warnen, aber er hätte ihr gesagt, sie soll es sich sparen, es interessiert ihn nicht.
Also hat die doofe Brunhilde mindestens bei 2 Nachbarn versucht, mich schlechtzumachen, wer weiß, bei wievielen sie es noch versucht hat…
Als ich das ganze vor 2 Tagen erfahren habe… ich bin echt vor Wut wie Rumpelstilzchen durch meine Bude gesprungen. Gut, wenn sich jemand aufgrund des Geschwätzes einer Nachbarin von mir distanziert, sehr gut, auf solche Leute kann ich wirklich gern verzichten. Aber das jemand so unfassbar bösartig ist, das löst soviel Stress in mir aus. Und dazu kommt nochmehr Stress, weil ich keine Lösung finde, wie ich sie stoppen könnte. Oder wie ich da gelassen bleiben könnte.
Diese Situation bringt mich gerade echt an meine Grenzen…

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