Unsicher, ob ich richtig in ADHS rein passe

Hallo, ich bin seit ein paar Wochen Mitleserin, das ist jetzt mein erster Beitrag.
Zwei meiner Kinder haben wohl adhs (die Psychiaterin hat gar keine Tests gemacht, ihr reicht das Gespräch, und bei einem Kind sollten ich und Lehrerin einen screeningbogen ausfüllen), ist das üblich? Sie meint, diese Tests können schlimmstenfalls durch die Testsituation unauffällig ausfallen, obwohl klar ein ADHS vorliegt, und außerdem würde man letztlich den Beweis haben, wenn das Medikament anschlägt, bzw, wenn nicht, könne man noch weiter suchen. Sie würde auf meinen Wunsch hin auch Tests machen aber aufgrund der Warteteiten auf Termine würde sich alles noch ewig hinziehen, daher habe ich jetzt gesagt, wir können beim nächsten Termin über die Medikamente reden. Sollen wohl gar nicht angenehm wirken, nicht wie Speed oder so, im Falle einer Fehldiagnose. Stimmt das?

So, jetzt zur eigentlichen Frage/Überschrift: Also 2 Kinder mit wahrscheinlicher ADHS Diagnose, ich mein Leben lang komisch und unzufrieden mit mir. Immer das Gefühl, eigentlich recht intelligent zu sein, das aber nicht zeigen zu können/in Klassenarbeiten teilweise sogar herausragende Leistungen, die Zeugnisse aber immer mittelmäßig, da ich nur ab und zu richtig gut war (überall, wo ich schrieben konnte, waren 1sen schaffbar, warum das so war, konnte ich nie richtig rausfiltern, konnte meine „Inselbegabung“ auch nie zum Job machen, mache was ganz anderes.
Laut dem großen Test hier bei Adxs.org bin ich sogar schwer betroffen, meine Punktzahl ist in der stärksten Kategorie. Nur nicht hyperaktiv, das fehlt mir (leider), ist auch eine Kernfrage: eigentlich sollen ja selbst „ADS‘ler“ eigentlich ne innere Unruhe spüren, irgendeinen Antrieb spüren. Ich habe eher das Gefühl, nur Ruhe haben zu wollen. Und mit Ruhe sehr gut klar zu kommen. Ok, was auffällt: natürlich habe ich immer zu den Fußwippern gehört und knabbere mein Leben lang an Fingernägeln- und Haut. Und ich muss, wenn ich lese oder fernsehe, möglichst immer was knabbern oder wenigstens nen Kaffee trinken. Abends schaue ich momentan nur noch seichte Serien (da ich mit den Kindern erst gegen 22 Uhr Feierabend habe und einfach nicht zu geistigen Ergüssen fähig bin) und so bald meine Snacks alle sind bin ich am Einschlafen, ich esse quasi, um mich wach zu halten :sweat_smile: Und, wohl eher typisch für ADHS, mein Mann muss mir ständig was erklären, das war auch schon immer so, dass ich eigentlich immer mal den Faden verliere und einfache Zusammenhänge nicht verstehe :smile:
Aber trotzdem: dieses Getrieben sein, was ich oft über ADHS gelesen habe, dieses ständig Dinge erledigen, würde ich mir eher wünschen, da ich mir extrem antriebslos und faul vorkomme. Mein Mann und vor Allem meine Schwiegermutti sind da eher (auf für mich anstrengende Art) so, dass sie nichts stehen lassen können, nach dem Essen wird sofort abgeräumt, Eingeräumt, Tisch gewischt, Boden gefegt… Ich würde es für mich alleine erstmal stehen lassen, auf die Couch wechseln, Kaffee trinken, ne Runde schlafen, nochmal nen Kaffee… irgendwann räume ich dann auch auf aber ich warte auf nen energieschub… ganz entspannt.
Ich schiebe generell eher auf, schicke Pakete auf den letzten Drücker oder zu spät zurück, das Gleiche mit Rechnungen, Zetteln für Kita, Schule, Hort…
Wenn ich keine äußeren Verpflichtungen hätte, würde ich wahrscheinlich nichts machen, außer essen, lesen und Serien schauen. Und ich versuche nebenher noch eine Sprache zu lernen, die mir in der Schule nicht gelungen ist… und Sport machen… jetzt wo ich hier schreibe und eigentlich darauf hinaus wollte, dass ich mich überhaupt nicht getrieben fühle, fällt mir auf, dass ich evtl doch auf verschiedenen Baustellen tanze. Ich habe auch noch das Instrument, was meiner Tochter zu viel wurde, übernommen, aber schaffe es auch nicht wirklich zu üben.
Aber, z.B., habe ich auch gelesen, dass ADHSler reizarme Umgebungen nicht leiden können. Ist bei mir genau anders, zu viel auf einmal, stresst mich. Teilweise mag ich monotone Tätigkeiten, zum Wäsche aufhängen, z.B., mach ich mir nicht mal immer Musik oder ein Hörspiel an.
Ich kann gut im Wartezimmer sitzen und einfach die Ruhe genießen, wenn ich mal ohne Kind irgendwo bin. Oder wenn bei der Arbeit, z.B., mal wirklich nichts zu tun ist, dann genieße ich das eher, mir nen Kaffee nehmen zu können und mal Leerlauf zu haben und mich nicht überfordert zu fühlen, wo andere Kollegen fast panisch werden und sich krampfhaft irgendetwas suchen.
Sind das Punkte, die dann eher gegen eine ADHS Diagnose sprechen würden, dass ich in irgendeine andere Richtung suchen sollte? Oder halt einfach verträumt, unorganisiert und faul bin, ohne weiteren Grund?
Der Autismustest ist sehr negativ, das wäre also unwahrscheinlich. Obwohl ich mir teils so vorkomme.
Ich stehe in einer Warteliste aber das wird noch mindestens 6 Monate dauern, eher länger…
So, bin unzufrieden mit meinem Text aber schicke den jetzt ab, da mein erstes Kind schon wach ist…
Liebe Grüße

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Hi, ich bin selbst noch neu hier und meine Diagnose ist erst 2 Monate alt, selbst bin ich 57.
Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass meine starke Depression dazu geführt hat, dass ich in den letzten Jahren viel mehr Ruhebedürfnis habe, vor meiner Depression war ich anders… vielleicht liegt da bei dir auch ein Zusammenhang? Alles Gute für euch!

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Nein, ich finde nichts von dem was du schreibst, spricht gegen ADHS. Nur weil einige äußere oder innere Unruhe haben und sich getrieben fühlen, trifft das nicht auf jede/n ADHS-ler/in zu.

Und was deine Kinder betrifft: Man kann ADHS nicht mit Tests bestätigen oder ausschließen, die Befragungen sind das Entscheidende.

Hallo, danke für deine Antwort!
Depressive Verstimmungen hatte ich auch schon vermutet, ich denke aber nicht, dass es das bei mir ist, da ich merkwürdig optimistisch bin, auch bei ständig wieder einsetzenden belastenden Situationen sage ich mir, es wird, das war das letzte Mal, alles schon fast vergessen… Ich lache selbst darüber aber irgendwie glaube ich es trotzdem. Und aus meinen Stimmungstiefs komme ich auch immer wieder gut raus. Es ist wirklich „nur“ diese teils bleiernde Müdigkeit und das Gefühl, einfach Zeit für mich zu brauchen. Auch, z.B., um mal hier zu lesen, was zu schreiben… im Alltag mit vier Kindern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und sich gegenseitig stressen und hochschaukeln… evtl schlafe ich einfach zu wenig, weil ich meine Freizeit erst ab 22 Uhr nehmen kann und um 6 wieder aufstehen muss.

Jetzt kann ich deinen Beitrag irgendwie nicht nochmal lesen, wie war das bei dir? Hast du die Depression behandelt oder Medikamente gegen die ADHS? Müsste man in dem
fall beides behandeln oder reicht z.B. ursächlich die ADHS plus Therapie um
Den Knoten zu lösen?
Alles Gute! LG

Danke für deine Antwort!
Ich hatte eigentlich auch das Gefühl, dass die Ärztin schon weiß, wovon sie spricht, es kommt mir trotzdem irgendwie komisch vor. Eine Verwandte hat zig Tests machen müssen bis zur Diagnose. Gilt man denn ohne diese Tests als richtig diagnostiziert? Müsste man das, damit der Arzt die Medikamente verschreiben darf?

Danke für deine Antwort über das „sich getrieben fühlen“ oder eben nicht. Es ist schon komisch, was man sich für Gedanken macht. Gerade, da es momentan so viel als Modediagnose belächelt wird, habe ich das Gefühl, echt aufpassen zu müssen, um nicht versehentlich nur auf einen Modezug zu springen. Andererseits ist es bei mir wirklich so, dass ich mich immer anders gefühlt habe und als speziell wahrgenommen wurde. Damals hat man das nur nicht mit ADHS in Verbindung gebracht. Selbst vor 3 Jahren noch hatte eines meiner Kinder ein Kind in der Klasse, was den kompletten Unterricht unmöglich gemacht hat, mein Kind hat zuhause geweint, weil dieses Kind so anstrengend war. Das ist dann irgendwann nicht wieder gekommen. Bis dahin war das das Bild, was ich von ADHS hatte, plötzlich sieht alles danach aus, dass nahezu unsere ganze Familie betroffen ist :flushed:
Und ich glaube daher kommt es, dass ich da „zu streng“ mit mir bin und mir bloß nichts einreden möchte. Aber gerade wenn ich über meine Grundschulzeit sinniere war ich wohl ein Vorzeige-ADS Mädchen mit Hang zum H in den Pausen…

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Hey @WieWen , ich finde mich in vielem wieder, was du beschreibst. Ich war nach meiner Diagnose (mit 24 Jahren dieses Jahr) auch erst verunsichert, weil sie meinte, mein Fall sei sehr eindeutig und kein Grenzfall, obwohl einige der Kriterien kaum oder gar nicht auf mich zutrafen. Ich habe dann sofort nachgefragt, wie wahrscheinlich es sei, dass die Diagnose wirklich stimmt, und sie war sehr bestimmt und meinte, das Diagnose-Verfahren sei sehr breit angelegt und gründlich und sie hätte auch einiges an Erfahrungen. Ich habe auch keine Tests gemacht. Die sollen aber auch nicht so aussagekräftig sein habe ich gelesen. Wichtiger ist das Gespräch.

Mit meiner Unruhe ist es recht seltsam, ich habe seit Jahren auch vielmehr mit chronischer Erschöpfung zu kämpfen. Ist aber anscheinend auch normal und laut meiner Therapeutin verständlich, wenn man jahrelang mit nicht diagnostiziertem ADHS durchs Leben geht.
Das Interessante ist, dass ich immer hyperaktiver werde, je besser es meiner mentalen Gesundheit geht.
Ich habe aber auch keine Kinder, erst recht nicht vier! Es ist möglich, dass du dich oft nach Ruhe sehnst, weil wir mit ADHS auch oft schneller überfordert und reizüberflutet sind.
Klingt für mich alles absolut logisch ehrlich gesagt :wink:

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Hallo, ich habe mich vielleicht das Ruhebedürfnis betreffend nur knapp ausgedrückt: Bei mir ist es so, dass ich aufgrund meines Alters undder bisherigen Nicht-Diagnose über andere Wege erkannt habe, dass ich meine Ressourcen nur durch mehr Ruhe auftanken kann, sonst würde ich durchdrehen.
Beruf, drei Kinder, Haushalt, Haustiere, Beziehung … das alles zu bewältigen kostete mich so enorm viel Kraft, sodass ich viel verschiedene Erkrankungen entwickelt habe wie zum Beispiel Hashimoto, Rheuma, diverse Nahrungsmittelunverträglichkeiten, chronische Schmerzen, Arthrosen seit meinen 20er Jahren… Alles zu komische Erkrankungen, die nicht wirklich besorgniserregend sind, aber einfach das Leben beschwerlich machen. Mir wurde mittlerweile von drei Psychiatern beziehungsweise Neurologen eine BelastungsDepression diagnostiziert, auf Adhs ist dann zufällig meine Tochter gekommen, die im rahmen ihres Medizinstudiums einige Monate auf der Psychatrie gearbeitet hat und ADHS dort auf ihrer Station eine häufige Komorbidität dargestellt hat. Daraufhin habe ich mir eine Spezialistin gesucht, die die Vermutung bestätigt hat. Lange Rede kurzer Sinn: ich glaube, dass viele Menschen mit ADHS einfach gute Strategien entwickeln, die eine Zeit lang durchs Leben tragen. je älter wir werden werden, Desto schwieriger wird es die Schwierigkeiten zu kompensieren. Gerade unter spät diagnostizierten Frauen gibt es viele, die wenig auffällig sind, wenn man sie oberflächlich betrachtet. Die Zeitgeist der siebziger Achtzigerjahre hat ein anderes Frauenbild geprägt, viele von uns haben sich einfach angepasst.
Irgendwie scheinst du aber zu spüren, dass an dem ADHS etwas dran sein könnte, neurodivers heißt auch, dass wir bunt und vielfältig sind.
Viel Erfolg auf jeden Fall auf deinem Weg!

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