Hallo,
ich fühle mich durch meinen Freund immer sehr unter Druck in der Beziehung. Vermutlich haben wir beide ADHS, bei mir diagnostiziert und „mediziert“, bei ihm nicht diagnostiziert. Ich würde gerne meine Reaktion (dieses „unter Druck“ sein) besser verstehen. Hängt das mit ADHS zusammen bzw. kennt ihr das als Betroffene? Es kann sicherlich auch andere biografisch oder persönlichkeits-bedingte Gründe geben.
Das zentrale Thema ist: Mein Freund wünscht sich mehr Aktivität und aktive „Dates“. Mich stresst das soooooooo sehr! Ich bin schon soooo beschäftigt mit meinem Alltag, meiner Therapie, meiner Arbeit. Es gibt so viele „Altlasten“ daheim, d. h. Bad putzen, Wäsche waschen, aufräumen. Es ist einfach alles so viel (in meinem Gefühl und auch in der Realität). Jetzt kommt er noch obendrauf und merkt immer wieder an, wir würden so wenig zusammen unternehmen. Er wünscht sich ein Date pro Woche. Als „Date“ zählen für ihn aber nur aktive Dinge, wie z. B. gemeinsam das Haus verlassen und irgendeiner Aktivität, im besten Falle einer sportlichen, nachgehen. Das stresst mich so sehr. Ich hab immer das Gefühl, das ist noch ein Punkt auf meiner eh schon so vollen To-Do-Liste, der ich nicht hinterherkomme. Dadurch will ich das dann gar nicht, sträube mich davor. Vereinbare aus Schuldgefühlen „Dates“ und rudere dann zurück, wenn ich merke ich kann nicht. Da entsteht bei mir dann so ein Stress und Druck und das blocke ich dann ab. Ich hab sogar das Gefühl, ich muss das abblocken, weil ich dann wirklich nicht funktioniere. Also ich kann mich auch nicht dazu zwingen. So viel verlangt er auch nicht. Es würde ihm reichen auch nur mal zum See zu gehen, aber das löst in mir einfach auch schon viel Stress und Druck aus.
Letztlich wohnen wir zusammen. Wir verbringen täglich Zeit zusammen, teilen unseren Alltag, was uns bewegt, körperlich läuft es gut. Aber ständiger Konfliktpunkt ist das Thema Aktivität - er, der sich mehr wünscht und ich, die sich weniger Druck und Wertschätzung wünscht, für das was wir schon haben und zusammen tun.
Dieses unter Druck sein habe ich auch in anderen Beziehungen. Es stresst mich immer sehr, Termine mit Freund:innen zu haben, weil ich da funktionieren muss. Ich versuche das mittlerweile schon immer in eine ruhige Atmosphäre zu verlegen, wo ich mehr Kapazität habe. Partys und andere größere Social Events sage ich mittlerweile größtenteils aus Selbstfürsorge ab, weil es mir zu viele Kapazität kostet.
Ich merke tatsächlich unter Ritalin, dass es einfacher ist, unter Leuten zu sein. Ich fühle mich geschützter und abgeschirmter und springe nicht auf alles an bzw. kann auch besser reagieren und mich schützen. Ich konnte auch teilweise was mit meinem Freund planen und dann umsetzen. Jetzt habe ich leider PMS und die Wirkung der Medis ist größtenteils weg trotz erhöhter Dosis. … und der Druck ist wieder da, der Widerstand und die Unfähigkeit, soziale Dinge außerhalb meiner Komfortzone zu planen und dann umzusetzen.
Als Erklärungsmodell hab ich schon überlegt, dass es mich vielleicht so stark unter Druck setzte, dass ich dann nicht mehr funktionieren kann. Diesen Zustand versuche dann zu vermeiden, es fühlt sich sehr unangenehm an, so gelähmt und überfordert zu sein und dann nicht mehr gut aus den Situationen raus zu kommen (weil ich ja inmitten einer sozialen Situation bin).
Ich bin sehr gespannt auf Eure Erfahrungen und Ideen.
Liebe Grüße!!