Unterdrückte Kreativität und ihre schädlichen Auswirkungen auf das ADHS-Gehirn

My mistake.

Dachte, wenn du davon schreibst, ob

meinst du Leute in Kreativberufen.

War wohl ein Missverständnis.

Ich frage das als jemand, der in einem extrem standardisierten Beruf ohne jede Gestaltungsmöglichkeit arbeitet, irgendwie daran erstickt und schlicht keine Vorstellung hat, wie das anders gehen könnte.

Gibt es so was überhaupt?

Oder ist es ein reiner Glücksfall, so was zu finden?

Ich denke da schon eine Weile drüber nach und konnte bisher noch keine Antwort dazu finden

Kunst (Kreativität) ist neue Zusammenhänge herstellen und dafür sind wir ADHSler nunmal wie dafür geschaffen.

Kunst als Beruf bedeutet aber eben auch, so wie im wissenschafltichen Arbeiten zB, sich in seinem Feld und den aktuellen Entwicklungen auszukennen, auch in der Theorie und der aktuellen Diskussion und sich und seine Arbeit dahingehend zu reflektieren und zu positionieren.

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Ich wollte es auch gar nicht auf den klassischen Begriff von Kunst beschränken. Dazu habe ich persönlich leider überhaupt keinen Zugang.
Aber es muss doch auch andere Möglichkeiten geben, Kreativität zu leben.
Mir fällt leider kein passendes Beispiel ein, ich bin anscheinend einfach schon zu gefangen in meinem Denken :slightly_frowning_face:

Aus meiner Perspektive ist Gestaltungsmöglichkeit alleine nicht zwangsläufig die Lösung aller Dinge.

Habe mich oft nach einem Beruf mit Regeln gesehnt, oder, jetzt rückblickend, in Wahrheit wahrscheinlich danach, neurotypisch zu sein, um nach Regeln und Wichtigkeiten agieren zu können anstatt ausschließlich von so dummen Dingen wie intrinsischer Motivation alleine angetrieben werden zu können.

Was verstehst du denn ganz persönlich von Kreativität bzw. davon, Kreativität zu leben?

Hm, da sprichst du einen interessanten Punkt an

So, denn ich habe mich auch schon gefragt, wie ich es eigentlich überhaupt so lange schaffen konnte, in meinem Beruf zu bestehen.
Von diversen Ausfällen und Klinikaufenthalten jetzt mal abgesehen…
Aber ich glaube, dass da tatsächlich gerade die Strukturen und relativ starren Vorgaben sogar hilfreich waren. Da waren halt immer, Dinge zu tun, Termine zu halten und Vorgaben zu erfüllen, da kam ich gar nicht dazu, viel zu hinterfragen.

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Das versuche ich gerade rauszufinden.

Das klingt wahrscheinlich blöd, aber ich hatte tatsächlich nie viel Gelegenheit, irgendwie kreativ zu werden. Ich hab irgendwie immer getan, was getan werden musste meiner Meinung nach

Und aus der Überzeugung heraus, nicht viel zu können und hat Kerne Alternativen zu haben

Vielleicht ist dieser alte aber eventuell nette Schinken was für dich:

(wenn “spiritueller Pfad” nicht gleich abschreckend auf dich wirkt)

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Ich wünschte, ich hätte auch nur ein kleines Häppchen von solchen Superkräften zur Verfügung!! (Keine Ironie)

Was für Superkräfte meinst Du?

Zu tun, was zu tun ist.

Die Superkraft war in dem Fall sehr nahe an Selbstverleugnung.
Kommt mir grade irgendwie abhanden und ich weiß noch nicht, wie ich das finden soll

Deshalb frage ich mich sehr ernsthaft, ob es denn irgendwas anderes geben könnte, oder ob ich jetzt den Rest meines Lebens so weiter machen muss

Ok, ich bin müde, verwirrt und bin jetzt wohl besser still.
Danke für den Buchtipp :sunflower:

Das klingt nach dem anderen Ende der “Möglichkeiten”, die man als ADHSler hat. Klingt auch äusserst ungut. Tut mir leid, dass das so qualvoll ist, an deinem Ende des Arbeitens.

Ich hab immer darunter gelitten, dass mein mögliches Agieren nur auf einem unwahrscheinlich schmalen Pfad - dem der intrinsischen Motivation - möglich ist. Die Zuschreibungen der Aussenwelt an mich waren egoistisch, selbstbezogen, am Selbstverwirklichungspfad, Künstlerin und Kreative.

Wahrscheinlich bin ich deswegen so auf diesen Begriff angesprungen. :face_with_hand_over_mouth: Sorry, sehr offensichtlich falscher Adressat. :no_mouth:

Vielleicht auch (neuer Gedanke) Folgendes:
Ich war so oft mit Unverständnis oder sogar Argwohn oder auch einer Art von Eifersucht konfrontiert, eben weil ich in einem künstlerisch/kreativen Beruf arbeite/arbeiten wollte/arbeiten musste. Und ich hatte aber eben kein sorgenfreies, einfaches, erfüllendes Leben dabei - undiagnostiziertes ADHS und in so vielen Dingen am Scheitern. Die ganze Zeit.

Die gutgemeinten (?) Tipps von aussen waren häufig, dass ich mir doch was anderes, aka normales aka nicht -Kreatives suchen sollte. Ja, wenn das geklappt hätte, ich hätte es sofort getan!!!
(Es gab auch noch andere Tipps, aber das ist ein anderes Kapitel).

Ich dachte immer, die Leute sollen froh sein, dass Sie die langweilige Arbeit in einem Büro oder wo auch immer machen können, mein größter Wunsch war, das auch zu können. Ich hab die beneidet, die in ihrer Freizeit ohne all den Überbau im Kopf ihre Bildchen in einem Volkshochschulkurs malen können (und sich als unentdeckte Künstler titulieren konnten, blind gegenüber dem tatsächlichen Voraussetzungen, tatsächlich von Kreativarbeit zu leben). Ein echtes Einkommen! Regelmäßigkeit! Dazugehören! In der Früh in die Arbeit und Abends heim und ein Wochenende haben! Urlaubszeiten!

Warum hab ich mir das gewünscht?
Damit das Leiden endlich aufhört. Damit ich endlich dazugehören kann, auch einen Beruf habe, wo man mich nicht sofort hinterfragt. Ich hätte mich so gerne hinter einem 08/15 Job verstecken können, und wäre es Regalbetreuer oder sonstwas gewesen. (Hab alles mögliche Alternative versucht, konnte nichts davon machen).

Also mein Leben war bis dato ein absoluter Kampf danach, Boden unter den Füßen finden.

Die Diagnose macht alles klarer. Erklärt in Wahrheit mein ganzes Leben. Jede Wendung, jedes Scheitern, jedes Wiederaufstehen, jedes Weitermachen.

Ich verstehe jetzt, aber erst rückblickend, dass ich mir da ganz vieles komplett falsch ge-framed hatte.

Die Diagnose und alles was folgt, hilft mir, dass ich strukturierter arbeiten kann und dass ich vielleicht etwas erfolgreicher umsetzen kann, was man Kreativberuf nennt. Es ändert von aussen betrachtet wohl kaum etwas (für die anderen) - aber von innen alles (für mich). Es erklärt, warum ich nicht anders konnte. Und zeigt mir, ich habe tatsächlich alles versucht. Ohne die Zusammenhänge zu erkennen (= Diagnose), konnte ich nur scheitern.

So, ich habe keine Ahnung, ob das von aussen irgendwie Sinn ergibt, aber da ist es.

Für mich ergibt das durchaus Sinn, denn das ist eins der Dinge, vor denen ich Angst hatte und weshalb ich meinen Weg so gegangen bin.
wir sind ja schließlich noch mehr als nur unser ADHS und für mich war immer finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit am aller wichtigsten
Das rührt aus meiner Kindheits Geschichte her, ist aber ein ganz anderes Thema
fasst man nun unsere beiden Geschichten zusammen, stellt sich genau die Frage, wie man beides irgendwie sinnvoll vereinigen kann: der intrinsische Motivation zu Folgen und gleichzeitig eine gewisse finanzielle Sicherheit zu haben, um nicht in dauernd im Stress leben zu müssen.
Hey, ganz ohne Schmerzen wird es wohl nie gehen, aber vielleicht kann man das ja irgendwie minimiere

Kreativität auszuleben und der intrinsischen Motivation zu folgen muss ja vielleicht nicht zwingend einen klassischen, künstlerischen Beruf nach sich ziehen.

Ich habe zum Beispiel Spaß an Mode, Leute zu stylen. Habe schon mal überlegt, irgendwie als Stylistin tätig zu werden.
Stellt sich natürlich wieder die Frage nach der geeigneten Ausbildung.
Gut, dafür bin ich nun auch einfach ein bisschen zu alt. Aber sagen wir mal, ich würde einfach in einem Modegeschäft als Verkäuferin arbeiten und Leute beraten.
Ich glaube, das würde mir Spaß machen
Sowas ist halt meistens nur mit dem Mindestlohn vergütet und auf Aushilfsbasis, das könnte ich wahrscheinlich nur nebenbei machen
Bei 40 Stunden pro Woche wäre es vermutlich auch nicht mehr so spaßig

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Ich glaube, die Ausbildung zur Stilberatung ist gar nicht so schwierig - und ich könnte mir auch vorstellen, dass es Bedarf gibt. Es gibt ja auch viele Ältere, die gut gekleidet sein wollen, die haben vielleicht auch eher das Geld für eine Beratung als Jüngere. Würd ich mir mal anschauen, klingt doch spannend!

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Ok, der Gedanke ist eingepflanzt.
Danke für die Anregung.

Wie ist es denn bei dir nach der Diagnose? Machst du jetzt konkret irgendwas anders?

Zwei Dinge dazu:

Ersteres ein Link

Und Zeiteres eine kurze Buchrecherche, weil es mich selbst gerade interessiert, hab noch nichts davon gelesen, aber teile dennoch (Beschreibungen nicht von mir):

  1. „Neustart: Das Ende der Professionalität und der Beginn eines zweiten Lebens“ von Kirstine Fratz und Thomas Saller. Dieses Buch gibt Impulse für Menschen, die in der Mitte ihres Lebens stehen und nach neuen beruflichen Perspektiven suchen.

  2. „Neubeginn & Morgenröte: Geschichten des Gelingens in der zweiten Lebenshälfte“ von Jutta Portner. Es zeigt inspirierende Geschichten von Menschen, die in der zweiten Lebenshälfte Neues gewagt haben.

  3. „Jetzt oder nie: Warum Frauen nicht jünger werden müssen, um beruflich durchzustarten“ von Anne Jacoby. Dieses Buch richtet sich speziell an Frauen und beleuchtet das Thema des beruflichen Wiedereinstiegs oder Neubeginns.

  4. „Das Lebensdesign-Handbuch: Für Menschen, die sich beruflich verändern wollen“ von Tim Clark, Alexander Osterwalder und Yves Pigneur. Dieses Buch liefert Methoden und Tools für die berufliche Neuorientierung, basierend auf dem Design-Thinking-Ansatz.

  5. „Karriere mit 50 plus: Zum beruflichen Neuanfang inspirieren lassen“ von Martina Lackner. Dieses Buch bietet Anregungen und Tipps für Menschen in der Lebensmitte, die über einen beruflichen Neustart nachdenken.

  6. „Weiter geht’s! Berufliche Neuorientierung in der Lebensmitte“ von Martina Nohl. Ein praktischer Ratgeber für die berufliche Umorientierung in der Mitte des Lebens.

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lieben Dank für die Buch Tipps, da werde ich mal recherchieren
Ich hab vor ein paar Jahren sogar mal einen Versuch gestartet und ein Fernstudium Psychologie angefangen
Die ersten paar Semester ging das relativ gut, als es noch online Vorlesungen und Präsenzveranstaltungen gab
Das fünfte Modul war jedoch reine Literaturrecherche, und auch der Gedanke an die Bachelor Arbeit, die in aller Regel auch eine Literaturrecherche ist und viel Formalismus beinhaltet, hat mir dann das weitermachen verleidet
Das lesen von längeren Texten ist einfach zu anstrengend und zeitaufwendig
Hinzukommt auch noch, dass zwischenzeitlich einiges geändert wurde, und ein Psychologiestudium allein nicht mehr ausreicht, um später tatsächlich als Therapeutin zu arbeiten
Wer weiß, mit der richtigen Medikation (bin noch nicht so wirklich gut eingestellt) kann ich das ja vielleicht noch mal in Angriff nehmen

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Es bleibt ein Prozess.

Ich experimentiere damit, weniger nur auf den Hyperfokus zu setzen und mich mehr zu strukturieren.

Was sich am ehesten nachhaltig verändert hat, sind meine Pläne, aka Kalenderplanung.
Habe immer geplant, war nie ohne Plan/Arbeitsbuch/Kalender/Skizzenbuch etc etc, aber kein System hat langfristig funktioniert.

Plane tatsächlich jetzt viel effizienter und konsequenter. War wieder ein Buch daran beteidigt, ganz am Beginn meiner ADHS Erkenntnis schon, das von Russell Ramsey, das ADHD Tool Kit. Das hat irgendwie den Ausschlag zum Klick im Hirn gegeben. Habe zum ersten Mal in meinem Leben für inzwischen fast ein volles Jahr ohne Unterbrechung einen Kalender und ein durchgehendes System benutzt.

Ich schreibe wahnsinnig viel, das was ich lese und höre notiere ich, und auch Denken verlange ich nicht mehr ohne Stift in der Hand von mir - ich habe verstanden, dass all das nicht nur in meinem Hirn funktioniert und ich alles alles alles visuell vor der Nase brauche, damit es vorhanden bleibt.

Was hast du verändert? Was sind deine Wege zu mehr Gestaltung oder Kreativität oder wie immer du es nennen möchtest?

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