Hallo,
seit meiner Grundschulzeit habe ich das Problem, Aufgaben massiv aufzuschieben und alles was Mühe erfordert strikt zu vermeiden. Es fühlt sich so an als hätte ich gar keinen Einfluss darauf, sondern eine Blockade setzt dann ein.
Als Schulkind habe ich bereits angefangen, Hausaufgaben wenn überhaupt ganz spät abends anzufangen. Später dann nachts. Für jede Prüfung habe ich erst in der Nacht davor gelernt und hatte trotzdem die ganze Zeit einen massiven Druck, sobald ich wusste, dass etwas ansteht.
In meinem Studium hat mich das massiv belastet. Jede Hausarbeit konnte ich immer erst in der Abgabewoche behoben und dann Nächte durchgemacht.
Selbst wenn die Deadline ganz nah ist, gelingt es mir nicht tagsüber mich dran zu setzten. Ich lenke mich dann mit allem unwichtigen ab (besonders Social Media!). Ich bin hypoaktiv und antriebslos und starre auch gerne mal mehrere Stunden durch die Gegend. Sobald es keinen anderen Ausweg mehr gibt, mobilisiere ich unter ganz viel Leidensdruck alle Kräfte und schaffe es irgendwie in wenigen Tagen die Arbeit zu machen, die andere im 8 Wochen erledigen.
Im Moment befinde ich mich in einem Abschlussprojekt, worauf meine Bachelorarbeit basiert. Die Hälfte meiner Zeit ist schon um, ich habe ein Thema eingereicht und obwohl das Projekt eigentlich eine kontinuierliche Arbeit erfordert, hänge ich immernoch daran, ein Ziel zu formulieren. Ständig hinterfrage ich mein Thema und sehe neue Aspekte. Eigentlich müsste ich schon viel weiter sein. Ich habe Angst, durchzufallen, weil ich nichts abliefern kann und immer wieder neue Fässer im Thema öffne. Mir erscheint das Projekt einfach als unüberwindbar riesig. Es ist mir noch nie gelungen, ein Projekt zu planen und mit Struktur auf das Ziel hinzuarbeiten.
Tagsüber mache ich nichts mehr für mich. Ich stresse mich nur noch, dass ich etwas tun muss und tue es dann nicht. Alle schönen Unternehmungen, z.B. Freunde treffen schränke ich komplett ein, weil ich das Gefühl habe ich verliere noch mehr Zeit. In der Realität prokrastiniere ich aber bis Abends und kann erst bei Dunkelheit mich dran setzten. Dann reicht die Aufmerksamkeit leider nur für 2 std. Dieses Verhalten belastet nicht nur mich, sondern auch mein Umfeld.
Medikinet adult hat leider nicht gut funktioniert (2 Monate probiert), jetzt nehme ich Elvanse 30mg seit 2 Wochen. Die erste Woche war richtig super, ich habe so viel geschafft wie nie. Die zweite Woche war alles wie vorher, keine Wirkung mehr. Falls es wirkten sollte (was ich nicht mehr spüre) prokrastinkere ich weiter. Abends dann an den Schreibtisch aber nicht produktiv sein.
Gestern Nacht habe ich Medikinet unretardiert genommen. Erst hat es gut geklappt und ich hab zumindest 2 std gearbeitet . Dann habe ich aber nach 4 std nachgenommen (um 1) woraufhin ich die Nacht durchgemacht habe, aber nicht mit arbeiten, sondern prokrastinkeren.
Resultat: ich hab erst um 6 geschlafen, bin um 13 Uhr aufgewacht und heute natürlich wieder völlig antriebslos und mit Schuldgefühlen in den Tag gestartet. Das mache ich nicht noch mal.
Meine Erfahrung sagt mir, dass ich erst richtig produktiv bin, wenn die Zeit so knapp ist, dass es kein zurück mehr gibt. Das funktioniert bei dieser Art Projekt aber leider nicht, weil ich selber Daten erheben muss.
Meine Universität gibt leider per se keinen Nachteilsausgleich bei ADHS. Eine Zeitverlängerung ist also nicht möglich.
Schon Wochen vor Beginn des Projektes hat es mich massiv belastet und gestresst. Manchmal hatte ich auch schon den Gedanken, es einfach abzubrechen, weil es mich so kaputt macht. Dann denke ich aber wieder, dass ich ja im Verhältnis zur gesamten Studienzeit „ganz kurz vorm Ziel“ stehe. Ein Abbruch würde mich belasten und mein gesamtes Umfeld weiß, dass ich gerade meinen Abschluss mache. Ich möchte auch eigentlich nicht in meinem letzten Semster abbrechen.
Mittlerweile bin ich so frustriert darüber. Habt ihr dieses Problem auch und habt ihr eine Lösung dafür gefunden?
Ich bin über jeden Tipp und Austausch dankbar!
Liebe Grüße
Userin