Da ich nun langsam nicht mehr weiter weiß, habe ich mich dazu entschieden hier mal meine aktuelle Situation zu schildern … in der Hoffnung, ein paar von euch fühlen vllt ähnlich oder haben ebenso solche Erfahrungen gemacht und können mir, egal wie, etwas weiterhelfen.
Ich versuche mich auf das wesentliche zu beschränken.
Seitdem ich Anfang 20 meine ADHS - Diagnose bekam, habe ich bereits einige Medikamente ausprobiert. Darunter Ritalin, Medikinet, Concerta ( bzw. entsprechende Generika ) und Elvanse. Methylphenidat ist für mich absolut nicht das richtige und die Wirkung ist bei mir einfach im Verhältnis zu den Nebenwirkungen nicht ausreichend gewesen.
Daher ist dieser Wirkstoff keine Alternative.
Irgendwann habe ich begonnen Elvanse zu nehmen und habe dann von 20mg stückweise hochdosiert auf 50mg.
Da ich im Schichtdienst gearbeitet habe und in meinem Job sehr viel Verantwortung trug, habe ich dann irgendwann auf 70mg erhöht, da ich auf Arbeit zum Mittag 20mg nachwerfen musste um bis Feierabend konzentriert zu sein (die 50mg musste ich durch die Arbeit frühs schon um 6 nehmen).
Ich kann mich nicht mehr so ganz an die Eindosierungsphase erinnern, weil ich ( anders als hier oft im Forum empfohlen ) zu Beginn nicht groß auf die Wirkung geachtet habe. Habe mich einfach gefreut dass es wirkt und dann eigentlich die Suche nach dem richtigen Medikament abgeschlossen.
Elvanse wirkt bei mir in allen Aspekten wirklich sehr gut. Es macht mich motorisch ruhiger, ich bin fokussierter und bleibe bei einer Sache, Routinen werden eingehalten, ich bin produktiv und funktioniere einfach.
Allerdings habe ich einfach das Gefühl, dass dieses Medikament mir einiges nimmt, was für mich ein erfülltes Leben ausmacht. Am Anfang war ich so begeistert von der Wirkung, dass ich das irgendwie versucht habe auszublenden, so langsam ist es aber einfach lästig und mir fehlt einiges. Ich versuche es mal genauer zu beschreiben.
Wenn ich morgens aufwache, sind die Minuten bis das Medi wirkt sehr unangenehm und ich fühle mich leer. Sobald die Wirkung beginnt, beginne ich auch, Dinge zu erledigen die eben gemacht werden müssen und bin auch total fein damit, z.B. sauber zu machen, oder sonst lästige Sachen abzuarbeiten, zu lernen usw.
Ich bin dann wirklich gut drauf, innerlich irgendwie ruhig aber habe trotzdem Antrieb und Motivation.
Allerdings ist es so, dass ich kaum noch das Gefühl habe, ich selbst zu sein. Vieles was mich ausmacht, ist verloren.
Natürlich ist es ja irgendwo Sinn des Medikaments, dass man weniger sprunghaft ist, die Stimmung sich stabilisiert usw. Aber ich merke, dass ich Gefühle wie echte Freude, Empathie oder auch Trauer garnicht mehr fühle.
Ich bin nicht mehr so schlagfertig, locker, oder albere rum … sowas halt. Als hätt ich n Stock im ***** Alles um mich herum wird rationalisiert. Ich habe keine Interessen mehr, kann mich nicht mehr vom Herzen für etwas begeistern. Dinge die das Leben ausmachen, z.B. Unternehmungen, Freundschaften oder generell soziale Kontakte interessieren mich so gut wie garnicht.
In Gesprächen oder auch generell, reagiere ich nur rein „logisch“. Ich lächle natürlich wenn jemand was nettes oder lustiges sagt, aber auch nur weil es in dem Moment einfach angebracht ist, nicht weil ich mich nach meinen Gefühlen verhalte.
Humor habe ich auch keinen mehr. In meiner Partnerschaft besteht kaum mehr ein Bedürfnis nach Nähe oder ähnlichem. Das war vor dem Elvanse zwar auch mal mehr und mal weniger, aber nie so wie jetzt.
Ich war früher oft zumindest phasenweise sehr nähesuchend und es war nie so wie jetzt. Freundschaften sind mir quasi egal. Ich versuche sie nur aufrechtzuerhalten weil ich ja eigentlich weiß dass ich diese Menschen gern habe.
Aber ich hätte auch „kein Problem“ damit, nur sehr sehr selten Kontakt zu haben. Wenn das Medikament wirkt geht es mir stummungsmäßig ja auch nicht schlecht sondern sogar sehr gut, aber eben auf einer doofen Ebene, ich kann’s nicht ganz beschreiben.
Dazu kommt, dass ich mich gegen Abend oder Nachmittag, je nachdem wann die Einnahme war, eben nach wie vor leer fühle, aber eben ohne die Wirkung. Wahrscheinlich ist das aber einfach der Rebound.
Ich habe auch bei niedrigerer Dosierung nicht das Gefühl, dass es mir besser geht. Es fühlt sich dann eher so an als wenn ich unruhiger bin und ich empfinde die Wirkung nicht als ausreichend.
Übrigens verzichte ich auch auf Koffein, da das ja möglichst vermieden werden soll in Kombi mit Stimulanzien…
Beruflich benötige ich reintheoretisch aktuell keine Medikamente, da ich im Moment leider arbeitsunfähig bin. Den Normalzustand empfinde ich persönlich aber einfach als so unangenehm, dass ich mich nicht traue, einfach mal einen Tag so auszuhalten, ohne Medikament.
Ich nehme zusätzlich übrigens noch Venlafaxin bzw bin aktuell noch in der Eindosierung. Die genannten Probleme bestehen aber schon seit Beginn der Einnahme von Elvanse.
Seitdem (und auch vor Elvanse) habe ich Antidepressiva aller Art ausprobiert und auch mal ganz ohne. Daran liegt es also nicht.
Wenn ich das Gefühl habe dass im Laufe des Vormittags das erste Wirkloch kommt, habe ich sofort den Drang direkt 20mg ( die eig für den Mittag sind ) nachzunehmen.
Ich hatte auch eine lange Elvanse - Pause. ( Nachdem ich elvanse ca 2 Jahre eingenommen habe, habe ich es schonmal für ca 3 Monate abgesetzt ).
Das habe ich am Anfang ausgehalten weil ich dachte es dauert vllt bis es besser wird und ich wollte schauen ob es vllt ohne Elvanse irgendwie geht.
Allerdings halte ich diesen Zustand nur schwer aus. Alles was mit Elvanse super klappt, klappt dann überhaupt nicht mehr.
Es ist auch ganz ohne Elvanse irgendwie nicht mehr so ganz gewesen wie ich mich selbst früher, vor dem Elvanse, in Erinnerung habe. Irgendwie leer.
Depressive Episoden gab es zwar davor auch, aber genauso auch pure Freude, dass man mal lacht bis man Bauchschmerzen hat oder weint. Ich weiß nicht, was das richtige ist.
Neben dem ADHS habe ich außerdem noch Depressionen sowie eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung ( Borderline ). Das gehört natürlich ebenso zu mir, allerdings ist das was ich beschreibe eben absolut nicht durch meine Depression ausgelöst, da bin ich mir sehr sicher.
Generell habe ich keine Depressionen wie früher (mit tiefer Trauer, einem Gefühl von „alles ist schlecht“, viel Weinen usw.) seitdem ich das Elvanse nehme. Es ist alles einfach so, wie es ist. Nicht schlecht, nicht gut, aber unangenehm leer.
Mein Alltag, oder die Dinge die so im Laufe des Tages passieren, egal ob gut oder schlecht, haben auch keinen Einfluss darauf wie es mir geht. Ich finde es schwierig zu beschreiben.
Trotz allem nehme ich jeden Morgen wie gewohnt mein Elvanse und freue mich wenn’s wirkt. Irgendwie.
Ich hoffe, ich habe nichts wichtiges vergessen und dass es hier jemanden gibt der mir irgendwie weiterhelfen kann.
Vllt kennt ja jemand diese Problematik. Ich habe schon ein paar Beiträge gelesen in denen es um ähnliches ging, aber da hat dann vllt eine niedrigere Dosis oder ein anderes Medikament geholfen. Das habe ich schon alles durch.
Ich wünsche mir einfach „nur“ ein halbwegs ausgeglichenes Leben, in dem man Dinge auf die Reihe bekommt, aber trotzdem sich selbst nicht verliert.
Ich freue mich über jeden der vllt einen Gedanken oder Ratschlag dazu hat. Vllt gibt es hier auch welche die ganz ohne Medis auskommen und damit positive Erfahrungen gemacht haben.
Schonmal Danke vorab! Und entschuldigt den langen Text, ist alles schwierig zusammenzufassen.