Elvanse funktioniert bei mir seit drei Monaten so gut, dass ich mir ein wenig Zeit für das „Feintuning“ genommen habe. Vielleicht hat hier jemand ähnliche Erfahrungen gemacht.
Problemstellung: Jeden Tag eine kleine Achterbahnfahrt…
- Nehme 40mg um 4:15, schlafe wieder ein und wache dann um 5:30 direkt im „therapeutischen Rahmen“ auf. Der Tag fängt super an – viel Ruhe für Yoga usw.
- Zwischen 7.30 und 9.00 ist es mir eigentlich etwas zu viel – zu hoher Peak. Emsig.
- Ab 11.00 geht es dann schon bergab – müde, irritierbarer, weniger Lust an weniger Dingen.
- Nachmittags kommen die Verspannungen zurück; Arbeit geht eigentlich nur noch, wenn ich eine morgens begonnene Aufgabe mit in den Nachmittag nehme – dann bleibt u.U. der Flow.
- Abends geht nur noch Ablenken – wie vor der Medikation. Statt Lesen und Entspannen immer wieder Fernseher, Videospiele, Doomscrolling, Heißhunger, you name it.
- Nachts wie früher: Verspannt, Zähneknirschen… Aufstehen ohne Elvanse wäre echt unangenehm (hab’s früher immer so lange wie möglich herausgezögert).
→ Also eine alltägliche Achterbahnfahrt. Viel viel besser als vorher, weil zumindest immer klar ist: Wenn der Motor mal ruckelt, schnurrt er morgen früh um 5:30 wieder. Aber jeden Morgen eine Stunde lang die Verspannungen der Nacht ausyogieren und dann quasi einen Drittel-Tag haben für alles, was wirklich laufen muss – da scheint noch Luft nach oben. Und: Langfristig sorge ich mich um die Neuroadaptation – was macht mein Hirn, wenn es jeden Tag erst zu viel, dann zu wenig Neurotransmitter zur Verfügung hat? Sicher nicht optimal, dieser Kontrast.
Lösungsansatz: Wenn die Halbwertszeit von Lisdexamphetamin bekannt ist, kann man die Blutkonzentration simulieren. So sieht das ganze aus bei 10h Halbwertszeit, 1h Offset und 40mg Dosis einmal täglich aus:
Ziel war dann, die Konzentration von 5:30 bis 22:00 innerhalb von 25% um den Peak zu halten, diesen gleichzeitig etwas zu verringern, und auch nachts eine Restwirkung zu erhalten. Theoretisch (und etwas vereinfacht) möglich mit 4 Dosen: 20mg um 4:15; 10mg um 8:15; 10mg um 13:15; und 10mg um 17:00:
In der Praxis ist der Unterschied zwischen diesen beiden Bildern für mich fast größer als der Unterschied zwischen Nicht-Medikation und Medikation mit einer Dosis. Die Befreiung, ab und zu einen wirklich klaren Kopf zu haben, war tatsächlich groß – wirklich wesensverändernd. Aber die Befreiung, diesen jetzt wirklich durchgängig zu haben, gibt mir momentan eine Lebensruhe, die ich gar nicht beschreiben kann.
Zwei Fragen an euch:
- Gibt es irgendeinen bekannten Nachteil einer Ganztagesabdeckung innerhalb des therapeutischen Bereichs? Mir fällt nichts auf – werde aber berichten, wenn sich dies ändert.
In der Literatur finde ich nur immer wieder die Erläuterung „Zu späte Einnahme nicht empfohlen; Insomnia“ – ok, man probiert es aus; wer gut bzw. sogar besser schläft (wie ich) macht halt weiter. - Warum stellt sich nicht sowohl bei LDX als auch bei MPH die Frage der Ganztagesabdeckung von Anfang einer Therapie an? Alles, was ich bis jetzt gelesen habe (inklusive der vielen Tüfteleien mit einer zweiten Dosis LDX-IR Mittags) ist doch nur die halbe Miete – warum gibt es z.B. keine vernünftige Software, in die die Psychiater Anhaltspunkte eingeben können (z.B. Observierungen des Patienten zur Optimaldosis, zur Wirkdauer, zum Zeitabstand zwischen Einnahme und Eintreten der Optimalwirkung, usw.) und die Software spuckt einen Graph aus, der eine Ganztagesabdeckung simuliert und die Dosen angibt, die (nach allem, was bis dahin observiert wurde) zu einer Ganztagesabdeckung führen sollten? Elvanse kann laut Herstellerfirma in Wasser gelöst und in jegliche Dosis titriert werden. Und jeder Tag gibt dann wieder neue Anhaltspunkte, die die meisten Patienten ohne weiteres festhalten könnten.
Oder baumelt hier ein dicker rostiger Haken, den ich nur noch nicht sehe?