Welchen Beruf oder Tätigkeit mit ADHS

Hi zusammen,
ich hatte immer das Problem das ich bei jedem Job schnell gelangweilt war und dann, wenn ich den Job nicht gekündigt wurde selbst kündigte.

Bei Selbstständigkeit sah es genauso aus.
Ist das bei Euch auch so?
Welche Berufe oder Tätigkeiten übt ihr mit ADHS aus und kommt ihr damit langfristig zurecht oder wechselt ihr auch alle Monate oder jährlich Eure Jobs?

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Ich bin selbstständig und arbeite als Softwareentwickler und Computertechniker. Tatsächlich fällt es mir oft schwer mich längere Zeit auf ein Projekt zu konzentrieren und ich bin schon lange am überlegen etwas anderes zu machen. Leider habe ich bis jetzt keine Möglichkeit gefunden in einen anderen Bereich zu wechseln.

Ich bin leider seit Jahren Arbeitsunfähig geschrieben, war aber bereits während meiner Schulzeit schon in Vereinen aktiv habe schnell aufgegeben, Fussballverein, weil ich mehr Standfussball wie Fussball gespielt habe, Kirchenchor wegen Stimmbruch, im Leichtathletikverein war ich keine Leuchte, im Tambourcorps habe ich mich nicht getraut öffentlich aufzutreten nur in der Laiengruppe da war ich 10 Jahre bis …

Naja ich finde, dass kommt ganz individuell auf das Interesse und Stärken an.
Ich habe relativ schnell gemerkt,dass ich gut mit Kindern kann. Bereits mit 13 Jahren habe ich auf die Nachbarstochter aufgepasst. Das sprach sich rum und ich hatte immer Babysitterjobs.
Als ich erfuhr, dass man in der Ausbildung zur Kinderpflegerin/Erzieherin kein Mathe mehr hat und mir die Kids eh Spaß machten ,war klar das ich Erzieher werde. Ich startete in der Jugendhilfe, aber das Schichtsystem war nach 8 Jahren auch nicht mehr das Wahre. Zwischenzeitlich habe ich meinen Heilpädagogen gemacht. Dann gings in die Kita.
Was ich damals nicht wusste: ich hab mit den ganzen Reizen in der Kita meine Probleme . Lautstärke, das Chaos, die kleinen wuseligen Kiddies. Ich fand den täglichen,gleichen Ablauf so ultra langweilig. Dazu Kollegen,die ich jeden Tag sehen musste (also nicht alle,aber die meisten waren nervig). Also nach 8½ Jahren meinen Heilpädagogen rausgekramt und jetzt bin ich in der Frühförderung. Mein Traumjob:

  • ich bin flexibel in meiner Arbeit
  • jeder Tag ist anders
  • ich habe nur noch ein Kind für eine Stunde, dann gehts weiter
  • ich muss viel Netzwerkarbeit betreiben,was ich liebe
  • meine Kollegen sehe ich selten aber wenn,dann ist es immer schön
  • gute Balance zwischen kognitiver Herausforderung und kreativer Chilligkeit
  • Meine Fähigkeiten ,die ich auch meinem Adhs zuschreibe, kann ich voll ausnutzen
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Hm, ich finde das auch sehr schwer so allgemein zu beantworten. Ich denke, der Mensch ist eine Bündel verschiedenster Wesenszüge. ADHS kommt auch in sehr unterschiedlichen Ausprägungen vor. Zusammen ergeben sich bei jedem Menschen sehr individuelle Voraussetzungen und Wünsche, auch was das Berufsleben anbelangt. :thinking:

Ich hatte nach der Schule zuerst einmal mein Hobby zum Beruf gemacht (Pferde). Die körperliche Arbeit, der Umgang mit den Tieren und die frische Luft fand ich klasse. Ich fand es auch nicht schlimm, dass es praktisch keine Wochenenden und Feiertage gab. Die Ausbildung war auch super, weil ich bei einem sehr großen Gestüt war, wo man alle halbes Jahr die Station gewechselt hatte → Abwechslung. Danach ging es aber ins reguläre Berufsleben und da war eines ziemlich schnell klar: es ist praktisch jeden Tag dasselbe… Stall machen, Pferde machen, Stall machen… (so ganz grob). Ich bin dann irgendwann morgens schon tierisch gestresst in den Stall, weil erst mal die ganze langweilige Stallarbeit anstand. Die Routine, das hat mich fertig gemacht… :face_with_spiral_eyes:
Dann hab ich tatsächlich nochmal studiert (ich war natürlich die, wo praktisch in keiner Vorlesung saß :face_in_clouds:) und bin nach meiner Diplomarbeit von dem damaligen Unternehmen übernommen worden. Hatte also Glück beim Berufseinstieg. Da bin ich auch seitdem, was immerhin inzwischen 12 Jahre sind! In dieser Zeit hat meine Abteilung und das Unternehmen wahnsinnige Entwicklungen/ Änderungen durchlaufen, was stellenweise für mich sehr stressig und dabei sogar grenzwertig war. Aber das hat mich bis jetzt vielleicht gehalten?! :woozy_face:
Ich arbeite in einem großen Konzern in der Hauptverwaltung. Also typischer Bürojob. Administrative Tätigkeiten, Projektarbeit. Alles international. Hier kam ich bezogen auf das Großraumbüro an meine Grenzen, weswegen ich mich inzwischen zu praktisch 100% im home-office befinde. Mal schauen, ob ich das behalten darf… die Zeiten ändern sich diesbezüglich ja gerade. :expressionless:
Aber ich merke, dass die Tätigkeit meine ADHS-Defizite (ja, Defizite) immer mal wieder herausfordert und auch überfordert. Sich konzentrieren, komplexe Aufgabenstellungen/Projekte zu organisieren bzw. zu bearbeiten, andere Menschen zusammenbringen, anleiten (das „soziale“ eben :sweat_smile:), sich „von Oben“ etwas sagen lassen, auch wenn das unsinnig ist :unamused:
Seit ich Medikamente nehme, hat sich das (zum Glück) wirklich gebessert. Es zeigt deutlich, dass ich das alles vom Intellekt her kann, nur leider die PS nicht so auf den Boden bekomme wegen dem ADHS. Und ich merke seit der Medikamenteneinnahme auch wieder, dass ich es eigentlich auch gerne mache! Ich habe in dem was ich tue auch einen gewissen Freiraum (was natürlich auch Verantwortung mit sich bringt und auch hier wieder, dass ich selber strukturieren/organisieren muss :melting_face:!).

Ich war vor kurzem bei einer ADHS-Coach, welche seit Jahrzehnten mit ADHSlern arbeitet, und die meinte, dass es eher selten sei, dass ein ADHSler so eine Bürotätigkeit hat. Ich denke mir inzwischen aber, dass das Thema bei Erwachsenen ja erst die letzten Jahre so richtig in Schwung gekommen ist und das sich das vielleicht so Stück für Stück ändern wird, wenn immer mehr diagnostiziert und somit auch (medikamentös) geholfen werden kann. Controller werde ich wahrscheinlich nie, das ist dann schon eine Stufe zu krass, aber auch im klassischen Bürobereich gibt es abwechslungsreiche Tätigkeiten. Und ich denke mir manchmal, mich, bezogen auf meine Defizite, so gar nicht herauszufordern möchte ich auch nicht…
Ja, als Rettungssanitäter wäre ich vielleicht besser aufgehoben (ist doch so ein Berufsklassiker, welchen man ADHSlern nahelegt, wenn ich das richtig gelesen habe), vielleicht hätte ich mich da tatsächlich besser entfalten und wohlfühlen können. Aber hey… hätte hätte Fahrradkette…
Ich denke was hilft ist, sich klar zu machen, was überhaupt nicht geht und wo man Kompromisse eingehen kann (muss). Die Vorstellung „Beruf kommt von Berufung“ ist ja schön und gut, ist aber meistens fern jeglicher Realität. Es gibt Menschen, die haben das Glück dass das zutrifft, die meisten gehen aber arbeiten, weil sie schlicht und ergreifend ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen.

Wie sieht es bei dir denn aus? Wie alt bist du? Nimmst du Medikamente? Welchen Beruf hast du denn immer ausgeübt, dass er dich so schnell gelangweilt hat? :sunflower:

Da bei ADHS weder die Aufmerksamkeit noch die Aufmerksamkeitslenkung defekt sind, sondern ADHS vor allem ein motivationales Problem ist, bei dem die Selbstmotivierbarkeit für Dinge, die einen nicht wirklich intrinsisch interessieren, eingeschränkt ist, dürfte es vor allem darauf ankommen, einen Job zu finden, der einen wirklich interessiert. Das wird dann nahezu automatisch auch etwas sein, was einem liegt, was also nicht gerade die persönlichen Defizite adressiert.

Es gibt beruflich sehr erfolgreiche Menschen mit ADHS.
Die haben dann immer noch ADHS (emotionale Dysregulation und alles andere, was so mitgeliefert wird).
Beruflicher Erfolg kann bei ADHS auch in eine Erfolgsspirale laufen. Wenn es jemand mal geschafft hat, so weit zu kommen, dass er das delegieren kann, was ihm keinen Spass macht oder ihm nicht liegt, kann sich damit an genau die Stelle manövrieren, in der er besonderes gut ist. Erfordert auch ein wenig Klugheit (was etwas ganz anders ist als Intelligenz). Z.B. kann ein selbständiger hyperaktiver Menschen-Mensch sich Leute suchen, die sein Chaos auffangen und die Buchhaltung managen. Die erforderliche Klugheit kann sich darin zeigen, der Buchhaltung die betriebsnotwendige Nilpferdpeitsche zu kaufen, die es braucht, um den ADHS-Chef so zu bändigen, dass das Finanzamt den Laden nicht nach 4 Jahren ins Nirvana schickt, und dann auch noch den Coach dazuzubuchen, der der Buchhaltung das Selbstvertrauen antrainiert, die Peitsche auch zu nutzen, wenn es nötig ist.

Dieses Bild ist nur ein Beispiel.
Nicht jeder ist zum Selbstständigen berufen. Und um es auf der Karriereleiter so weit nach oben zu schaffen, dass man sich sein Plätzchen so bauen kann, dass es passt, ist kein Selbstläufer.

Nun sind aber Nicht-ADHS-Betroffene auch nicht per Definition erfolgreich. Auch da gibt es Menschen, die es im Job nicht packen.
Dann noch dazu ein paar Kilo ADHS im Rucksack mit rumzuschleppen, macht es nicht einfacher.
Aber eben auch nicht unmöglich.
Mit ADHS kommen einfach noch ein paar Steine im Weg mehr dazu, die einen zum Slalom zwingen. Manchmal auch Felsbrocken, die Wege versperren.

Dennoch kann es helfen, sich über die Eigenheiten von ADHS Gedanken zu machen und zu überlegen, wie man sie integrieren kann.
Steine auf dem Weg haben alle. Manche sehen sie besser. Wer schlechte Augen hat, sollte dann vielleicht einfach nicht im Dunkeln radeln, auch wenn der Impuls gerade da ist…

Und etliche ADHS-Steine kann man schon erahnen, bevor sie in Sichtweite sind.

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Made my day😅 danke dafür!!!

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Wie lange arbeitest du denn als Softwareentwickler?
Wird dir die Arbeit nicht mit der Zeit langweilig?
Fällt es dir nicht schwer, mehrere Jahre in demselben Unternehmen zu arbeiten?
Hast du schon öfter Jobs gewechselt?

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Das tut mir leid. Es ist nicht einfach, mit der ADHS Störung zurechtzukommen.

Danke für Deine Erfahrungen und Offenheit. Du scheinst das so weit in den Griff bekommen zu haben und kämpft Dich durch.

Ich arbeite im Prinzip schon seit 20 Jahren als Softwareentwickler. Gerade bei größeren Projekten kann es auch schon mal etwas langweilig werden. Aber bei der Softwareentwicklung hat man generell immer mit neuen Dingen zu tun, dadurch ist es nicht ganz so schlimm. Es gibt Kunden mit denen ich schon mehrere Jahre zusammenarbeite. Wenn mal ein neuer Kunde kommt ist es natürlich spannend, aber auch etwas mehr Risiko. Bisher habe ich noch nie etwas anderes gemacht, d.h. habe noch nie gewechselt.

Danke für Deine Erfahrung.
Mit 58 Jahren wurde bei mir die ADHS diagnostiziert.
Da bei mir die Hyperaktivität nicht so wirklich vorhanden ist, vermute ich mal das es bei mir eher die ADS ist.
Medikamente nehme ich nicht, da ich noch keinen Psychotherapeuten habe und noch nicht in Behandlung bin.

Was ist PS?
Ich frage mich, wenn vielen schnell bei eintöniger Arbeit langweilig wird und Probleme haben, die Schule, Ausbildung und Studium abzuschließen wie es mache dennoch schaffen jahrelang denselben Job zu machen.

Buchhaltung und Büroarbeit sagt man ist nichts für AD(H)Sler, aber bei Dir scheint das gut zu funktionieren.

Ich habe mich versucht in die Finanzbuchhaltung reinzufuchsen und versuche es immer noch, da es mir Spaß macht, habe aber festgestellt, dass ich viele Fehler mache und immer wieder kontrollieren muss, um diese zu korrigieren.

Ich habe viele Jahre im Verkauf, Vertrieb und Callcenter verbracht. Einige Male war ich selbstständig im Empfehlungsmarketing und Autopflege aber schnell wurde es mir langweilig, selbst wenn es funktioniert. Organisatorisch bin ich ein totaler Chaot, kann mich nicht selbst organisieren, bin weder belastbar noch habe ich Selbstdisziplin. Routinearbeiten hasse ich wie die Pest.

Da ich schnell Jobs brauchte, hatte ich in fremden Branchen gearbeitet und da ich keine Fachkenntnisse hatte, hatte ich oft schnell Jobs verloren, selbst wenn ich die hätte behalten wollen. Jetzt sind mir viele beruflichen Dinge klarer geworden, warum ich mit zwischenmenschlichen Beziehungen beruflich und privat Probleme habe, keine Freunde habe, sehr direkt bin und sobald mir jemand etwas sagt, was mir nicht passt, ich in Kampf- oder Abwehrstellung gehe.

Meine Stärken und Berufung habe ich leider bisher nicht gefunden, obwohl ich vieles angefangen und ausprobiert, aber selten durchgezogen habe.

Zurzeit bin ich auf Jobsuche und versuche es aufgrund meiner kaufmännischen Ausbildung als Bürohelfer, aber eigentlich wollte ich eine Weiterbildung als Social-Media_Manager doch ich schaffte nicht die Eignungsprüfung und das Jobcenter hat mir die Weiterbildung abgelehnt und schickt mir nur Schrott.

Interessante Denkanstöße und Ansicht die du hast.

Ja, das der jetzige Job so gut passt,war purer Zufall. Ich wusste bzw weiß schon immer sehr genau,was ich brauche damit ich gut leben kann und es mir gut geht. Welche stellschrauben ich nachjustieren muss.
Ich habe von meinem adhs auch erst erfahren ,als ich diesen job schon angefangen habe. Dann musste ich mir mein Bild nur noch zusammensetzen.
Das Ergebnis ist natürlich mega. Heißt aber nicht,dass es immer so sein wird. Rahmenbedingungen und Lebenssituationen ändern sich. Und dann passe ich wieder an.

Es muss Dir nicht leid tun, aber es stimmt.

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Hallo paradiesvogel,

Für die Medikamente braucht man keinen Psychotherapeuten? Oder verstehe ich hier gerade etwas falsch. Meine Medis verschreibt eine Psychiaterin, Psychotherapeuten dürfen keine Medis verschreiben.

Pferdestärke :wink: Ich bekomme die PS nicht auf den Boden. Bin also ein Auto mit in den Luft hängenden Reifen, sodass die beim Versuch Gas zu geben im Leeren durchdrehen und dabei natürlich nix vorwärts geht, dabei aber der Motor überhitzt und auch alles andere übermäßig beansprucht wird… :face_with_spiral_eyes: Geht auf Dauer nicht gut…

Ich arbeite nicht in der Buchhaltung. Da würde ich auch eingehen, denke ich… wie gesagt, Büroarbeit kann so viel mehr sein. Ein Softwareentwickler macht ja eigentlich auch Büroarbeit im Sinne von, er sitzt vor dem Rechner.

Das ist natürlich beim Thema Finanzen ein Problem. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das mit der richtigen Medikamentation besser wird. Ich mach (leider) auch (Leichtsinns)fehler. Das Einzige was ich da tun kann, ist daran zu arbeiten und sich dessen eben bewusst sein… Aber es ist doch schon ein großer Fortschritt, dass du ein Thema gefunden hast, das dich interessiert!
Was mich bis jetzt an meinen jetzigen Job hält ist eine Mischung aus Interesse und Realitätssinn! Interesse ist der Themenbereich Umwelt. Realitätssinn sind die Arbeitsbedingungen (Wochenstunden, Gehalt, usw.). Ich verdiene sehr gut, kann (noch) fast 100% von zuhause aus arbeiten, habe Gleitzeit, Stundenkonto usw. Ich habe Freiräume bei meinen Themen (was, wie gesagt, ein zweischneidiges Schwert ist → selber organisieren) und auch nette Kollegen. Des Weiteren habe ich ein sehr teures Hobby (Pferd :adxs_pferd:), da kann ich nicht einfach mal so nix mehr oder viel weniger verdienen (–> es gibt also einen gewissen Zwang).
Es ist sehr gut möglich, dass ich schon längst wieder wo anders wäre oder was anderes machen würde, wenn ich die Verantwortung für das Pferd nicht hätte. Wer weiß :adxs_kp:

Kann es vielleicht sein, dass du davon zu überzogene Vorstellungen hast? Ein bisschen so wie „die große Liebe finden“?! Wie gesagt, das Thema „Berufung“ halte ich für ein Einhorn. Schon oft gehört, noch nie gesehen… Es soll solche Menschen geben, aber die sind eben sehr selten. Von der Vorstellung, das zu finden, sollte man sich etwas lösen. Arbeit ist nicht immer erfüllend und sinnstiftend. Natürlich sollte man nicht leiden, wenn man arbeitet. Jedoch es aber auch einfach als etwas sehen, was es meistens ist: überlebensnotwendig im Sinne von, sein Leben selber zu bestreiten.

Welche Jobs hättest du denn gerne behalten? Das scheint dir ja Spaß gemacht zu haben?!

Wann sind dir die klarer geworden? Mit deiner ADHS Diagnose?