Hallo liebe Community.
Hier ein paar Gedanken von mir zum Thema ADHS und Psychotherapie. Ausdrücklich: Meine Sicht auf die Dinge, kann man so sehen oder auch anders.
Die Frage nach „der“ hilfreichen Psychotherapie bringt einige grundlegende Probleme mit sich.
Psychotherapie ist nach wie vor alles andere als etwas, das sich mit naturwissenschaftlichen Methoden erforschen und vermessen ließe, es gibt keine Exaktheit darin. Und sie lässt sich somit auch nicht mit einer medizinischen Behandlung vergleichen. Aussagen in Leitlinien sind insofern nur eine grobe Orientierung. Das Loblied auf kognitive Verhaltenstherapie entsteht aber, da oft so getan wird, als sei das möglich. Präzise Messungen, präzise Operationalisierungen, präzise Erklärungsmodelle und präzises Wissen um die Wirkmechanismen.
Das sehe ich mehr im Bereich der Hoffnung als im Bereich der Realität.
Bei ADHS wird es noch schwieriger. Da so viel an der gesamten Neurodiversität noch nicht erforscht ist. Und biologisch/ medizinische Forschung nur eine Seite erforscht und wesentliche Fragen offen lässt. Die Art zu fühlen, die Emotionalität zum Beispiel.
Und möglicherweise sind Autismus und ADHS enger verwandt als man heute bereits versteht - insbesondere hinsichtlich der Emotionalität und des Bindung- bzw Beziehungserlebens.
ADHSler haben sehr unterschiedliche Probleme und bringen sehr unterschiedliche Ressourcen mit, und die Mehrheit hat (unterschiedlichste) Komorbiditäten. Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass es DIE Therapie(Methode) gibt.
Die Erwartungen, was Psychotherapie kann, sind meistens viel zu hoch und überfordern oft - BEIDE SEITEN. Und einer bekommt dann den schwarzen Peter, die Schuld. Der unfähige Therapeut oder die unmotivierte Patientin. Wie gemein. Oft ist beides nicht zutreffend.
Ein ADHS freies Leben kommt dabei nicht heraus, es bleibt herausfordernd. Der Änderungswunsch hat oft schon ziemliche Fallen. Was, wenn man stattdessen sich einfach an seine eigene Begrenztheit anpassen würde und damit Frieden schließen könnte? Leben im Rahmen der eigene Möglichkeiten statt zu versuchen , gesellschaftliche Normen zu erfüllen? Wenn letztere nicht mal oft ziemlich krank machen…
Und nun? Ich möchte damit überhaupt nicht hinaus auf Aussichtslosigkeit, sondern mehr auf Empowerment. Ermutigung, für sich selbst Expertin zu werden. Wer kann mir wobei genau helfen? Ich definiere, was mein Problem genau ist und was ich ändern möchte und frage, ob der andere mich dabei begleitet, es sich zutraut.
So ziemlich auf Platz 1 zu setzen, wie gut die Beziehung zueinander ist, ob es Wertschätzung, Vertrauen gibt, ob man die Grenzen des anderen akzeptieren kann. Und sich auf einige wenige Probleme zu begrenzen, fürs erste zumindest. Statt sich selbst ohnmächtig zu fühlen und Psychotherapeuten undLeitlinien in eine (All)Machtposition zu setzen.
Psychotherapien sind höchst individuelle Geschichten. Liebesbeziehungen und Romane kann man auch nicht standardisieren.