Hallo ihr Lieben,
ich bin neu hier und versuche gleich auf den Punkt zu kommen:
Ich glaube, ich habe ADS. Ohne Hyperaktivität. Und ich glaube auch, es wird im zunehmenden Alter (bin jetzt 31) immer schlimmer …
Ich war schon als Kind sehr verträumt und in meiner eigenen Welt. In der Schule konnte ich einem Lehrer vielleicht 5 Minuten zuhören, ehe ich mich wieder mit meinen eigenen Dingen und Gedanken beschäftigte …
Ich arbeite nun beruflich im Rechtswesen und bin manchmal am verzweifeln. Ich mag meinen Beruf von der Thematik eigentlich, allerdings … bin ich ein Mensch, der sich sehr schnell ablenken lässt. Es brauchen sich nur Kollegen unterhalten und ich höre, ohne das ich es möchte, mit einem Ohr hin. Ich kann es nicht abstellen. Wenn ich mir selbst sage, jetzt konzentrierst du dich auf deine Arbeit und alles andere interessiert jetzt erstmal nicht, krieg ich es nicht hin.
Ich kann mich selbst auch wahnsinnig schlecht organisieren. Ich bewundere immer, wie das die Kollegen hinbekommen. Ich scheine irgendwas falsch zu machen, denn das was andere Kollegen in 1 Stunde schaffen, brauche ich gefühlt den ganzen Vormittag für. Es ist wirklich zum verzweifeln. Es ist auch so, dass ich mich oft nachkontrollieren muss. Schriftsätze lese ich mir z.B. 3x durch um zu gucken, dass ich auch ja nichts übersehen hab. Meistens finde ich dann sogar tatsächlich noch kleine Fehler. Und oft ist es leider auch so, dass ich beim Lesen feststelle, dass ich nichtmal bewusst lese, selbst wenn ich mich dazu zwinge, weil einfach die Konzentration relativ schnell weg ist. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist extrem kurz. Bevor ich Gebührenrechnungen oder Kostenfestsetzungsanträge rausschicke, gucke ich auch noch gefühlte 5x drüber, ob ich auch ja alles richtig abgerechnet habe und hoffe dann, dass das so passt und keine Monierung kommt.
Auch ist mir aufgefallen, wenn ich gerade an einer Aufgabe dran bin und mein Chef mich aufeinmal in sein Büro zitiert (ich habe zum Glück einen sehr netten Chef, das muss ich dazu sagen!) und er mir weitere Aufgaben/Verfügungen überträgt, mir was dazu erklärt etc. und ich dann wieder an meinem Platz bin… Kann ich nicht direkt da weiter machen, wo ich aufgehört habe. Ich schaue dann erstmal grob die Sachen durch, die er mir gegeben hat. Meist fällt mir dann auch direkt was auf, wo sich Fragen auftun, die ich aber selbst lösen kann, in dem ich ein bisschen forsche … Und schwupps bin ich erstmal in der Sache vertieft, obwohl ich noch eine andere Sache offen habe, die ich vorher angefangen habe. Diese Sache habe ich auch noch im Hinterkopf und stresst mich derweil. Ich kann mich aber von der neuen Sache nicht lösen (auch wenn diese gerade eigentlich keine Relevanz hat). Es ist wie ein Zwang, ich brauche erst eine Antwort zu der Sache, bevor ich da weitermache, wo ich aufgehört habe. Gleichzeitig stresst es mich aber, das ich die andere Sache noch vor Augen habe (die die ganze Zeit im Hinterkopf schwirrt ). Und manchmal kommt mir dann noch eine dritte Sache in den Sinn. Kommt dann ein Anruf dazwischen (was ich häufig passiert), ist es erstmal ganz vorbei. Ich habe dann ein totales Chaos in der Birne und kann mich manchmal schon gar nicht mehr vernünftig am Telefon artikulieren … verspreche mich … Oder habe einfach ein totales „Loch“ im Kopf und fühle mich wie ein Roboter, der einfach drauf los spricht (bzw sprechen muss, der Situation geschuldet). Ich habe generell ein Problem mit Telefonaten, mich setzt das extrem unter Stress, weil es mir schwer fällt, mich auf mein Gegenüber zu konzentrieren (weil ich parallel noch an andere Akten denke, die gerade für mich Prio hatten). Dementsprechend kriege ich manchmal nur die Hälfte davon mit, was der Mandant mir alles sagt. Würde ich nicht alles in Stichworten mitschreiben, wüsste ich manchmal nach dem Telefonat gar nicht, worum es in dem Gespräch ging. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Bin ich dann endlich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder halbwegs auf Reihe und schaue auf die Uhr, bin ich jedes Mal erschrocken, wo die Zeit hin ist.
Ich bin wirklich total verzweifelt. Mir hat man damals schon in der Ausbildung versucht zu verinnerlichen, dass ich erst eine Aufgabe zu Ende machen soll, ehe ich die nächste anfange. Mir ist das auch alles bewusst. Aber ich kann es einfach nicht und das fällt mir ziemlich auf die Füße. Mein Chef hat noch nicht über mich gemeckert, aber ich merke, wie mich das einfach alles stresst. Dieser Zwang, sich ständig selbst zu kontrollieren, weil man beim ersten Mal lesen wieder nicht konzentriert genug war und deswegen noch ein zweites Mal lesen muss … Diese Leere im Kopf, wenn man die Zeilen liest … Dieses, Dinge nicht erstmal zu Ende machen können, weil man gedanklich schon bei der nächsten Sache ist … Dieses verzetteln … Dieses „nicht auf den Punkt kommen“ bei Gesprächen … dieses langsame arbeiten, wo andere in der gleichen Zeit doppelt soviel schaffen …
Kennt ihr das???
Ich bin wirklich so verzweifelt, ich kenne niemanden, dem es so geht Manchmal schäme ich mich wirklich und frage mich, was mit mir nicht stimmt.
Ich habe leider hier in der Nähe nicht einen Arzt, der ADS bei Erwachsenen diagnostizieren kann. Ich kann mir aber wirklich gut vorstellen, dass ich das haben könnte.
Mich würde so sehr eure Meinung interessieren Und wie habt ihr das bei euch festgestellt?
Vielleicht hat ja außerdem auch jemand Lust, privat per PN etwas zu schreiben, ich habe leider niemanden, mit dem ich mich über das Thema austauschen kann.