Wie schnell seit ihr an adhs Medikamente gekommen?

Aus eigener Erfahrung und auch aus der von Bekannte kann ich sagen, dass einem immer direkt irgendwie Ritalin oder Ähnliches angeboten bekommen haben auch wenn man nur leichte adhs Symptome hatte.

Dachte immer, dass das schwerer sein würde die verschriebenen zu bekommen und man da richtig viele und schwerwiegende Symptome haben müsste, extrem Probleme im Leben und alle Therapien schon durchprobiert haben müsste, bevor man erst Medikamente bekommt.

Was ist eure Erfahrung dazu? Habt ihr auch direkt Medikamente angeboten bekommen oder ist das nur bei mir so?

Nein, das kenne ich nicht und habe es auch noch nicht gehört. Verantwortungsvolle Ärztinnen machen sich ein gründliches Bild von ihren Patienten, bevor sie Stimulanzien verschreiben. Bei Antidepressiva sitzt der Rezeptblock sicherer.

Wie alt bist du denn eigentlich bzw. sind deine Bekannten? Bei Kinder- und Jugendpsychiatern könnte es vereinzelt anders sein.

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Also bei mir war es so, dass meine ADHS Symptome mich in meiner Arbeit und meiner Uni-Leistung total eingeschränkt haben. Daraus hat sich dann entwickelt, dass ich depressiv wurde, weil ich das Gefühl hatte alles wächst mir über den Kopf, ich schaffe nichts, ich prokrastiniere zu doll, etc. Das war auch schon in der Schule so und man sieht in meinen Zeugnissen, wie sehr ich gekämpft und wie oft ich geschwänzt habe.

Ich bin also in einer schwer ängstlich-depressiven Phase zu einer Psychiaterin gegangen und habe ihr gesagt, dass ich eigentlich ein glücklicher Mensch bin und ich 100% weiß, das meine depressiven Verstimmungen aktuell davon kommen, dass ich einfach die Leistung nicht erbringen kann, die es nunmal braucht um diesen Abschluss zu schaffen. Mein Studium macht mir Spaß, ich mag die Inhalte und freue mich, den Abschluss irgendwann zu haben. Das habe ich der Psychiaterin so gesagt. In Therapie zu gehen hat sie mir natürlich als Begleit-Behandlung ans Herz gelegt, aber sie hat mit mir sofort einen Medikationsplan erarbeitet, weil sie mir da scheinbar vertraut hat, dass ich mich gut kenne und weiß, woher meine depressiven Symptome rühren.

Nach kürztester Zeit waren die Ängste und depressiven Gedanken weg, weil ich es geschafft habe, meine Zeit und meine Intelligenz für das zu nutzen, wofür ich es gerne nutzen möchte - für meinen Uni-Abschluss. Das hat meine Psychiaterin dann bei den folgenden Terminen natürlich auch mitbekommen.

Ich kann mir vorstellen, dass es abhängig davon ist, wie alt man ist, wie man kognitiv und ressourcentechnisch aufgestellt ist, wie gut man sich selber kennt und wie authentisch man sich mitteilen kann? Menschen die im psychologischen/psychiatrischen Bereich arbeiten sind zum Großteil sehr gut darin geschult, Kongruenz zwischen Erzählungen und Ausstrahlung bei Anderen zu erkennen, sicher auch, um eine vorschnelle oder falsche Medikation zu vermeiden.

Ich war damals in Reha! Da sollte eine ADHS Diagnostik als Ausschlussdiagnostik gemacht werden. Das man da überhaupt über ADHS nachdachte fand ich eine „Frechheit“ mir so was „kindisches“ überhaupt in Erwägung zu ziehen und vor allem der Gedanke Kindermedikamente die es nach sich ziehen könnte falls es mit dem Ausschluss nicht klappt war für mich einen Horrorvorstellung. Ich wusste damals nicht das es auch Adultes ADHS gibt. Nun ja dann klappte es mangels Zeit mit der Ausschlussdiagnostik nicht , wir hatten es nur bis zum Kindheitsfragebogen geschafft, der dann hoch scorte und mein Bezugstherapeut, selbst überrascht von dem Ergebnis mir dies am Tag der Abreise leider nur noch so eben mitteilen konnte.

Dann suchte ich irgendwann einen Psychotherapeuten zur Rehanachsorge auf. Der hatte ADHS im Schwerpunkt, was ich aber vorher nicht wusste.
Der war überrascht das damals 2017 in einer Reha überhaupt jemand ADHS auch wenn nur zum Ausschluss bedachte.

Da der Kindheitsbogen schon hoch scorte und er mich auch so in dem Spektrum vom ersten Eindruck empfand machte er direkt zu Beginn die Diagnostik, die ADHS bestätigte. Dann schickte er mich zum Psychiater seiner Wahl mit Medikationsvorschlag. Den übernahm der Psychiater zwar nicht aber zack hatte ich auch schon Medikinet Adult verschrieben.

Warum ich dass jetzt so ausführlich berichte ??? Sitze grad im Hyperfokus auf dem _ _ _ _ _ :see_no_evil::hear_no_evil::speak_no_evil::sweat_smile:

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Ich wollte mich aufgrund meines Leidensdrucks diagnostizieren lassen mit dem Ziel einer passenden Therapie. Ich wurde von vielen Psychiatern nicht ernst genommen, weil ich mein Leben so weit auf die Kette bekommen hatte, sie aber nicht die Kraft erkennen konnten, die es mich kostete. Als es dann endlich soweit war, weil 5 Jahre Depression dann doch mal ernst genommen wurden, wurden mir selbstverständlich auch medis verschrieben, immerhin ist eindeutig, dass adhs (auch) auf bestimmten biochemischen Grundlagen beruht.
Hast du einen Leidensdruck und fragst du deswegen nach Medikamenten oder bist deswegen bei Psychiatern? Hausärzte können es einem ja nicht so einfach verschreiben.

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Um an die Medikamente zu kommen, muss man ja erst Mal eine Diagnose haben. Also gab es schon mal einen Grund, sich an einen Psychiater/Therapeuten zu wenden und eine Diagnostik durchzumachen. Das macht man eher nicht, wenn man nur „leichte“ Symptome und keine Probleme hat.

Die Medis sind auch nicht als „letzter Ausweg, wenn nichts mehr hilft“ gedacht. Es ist sogar sehr sinnvoll die einzusetzen, bevor man extreme Probleme und alle Therapien durch hat - weil das mit den Medis nämlich evl. verhindert werden kann oder man durch die Medis überhaupt erst therapiefähig wird.

Bei Kindern/Jugendlichen sind manche Ärzte wohl zurückhaltend mit den Medis und probieren erst Mal therapeutische Maßnahmen. Aber auch für diese Kinder/Jugendlichen gibt es nur eine Diagnose, wenn es Probleme gibt, weil sie ohne Probleme nämlich gar nicht zum Arzt/Therapeuten gehen würden.

Also bekommt man mit Diagnose vielleicht „schnell“ Medikamente. Aber genau dafür sind die ja auch da.

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Also ich erinnere mich, dass ich mal einen Podcast gehört habe. In dem Podcast hat ein Arzt der sich auf ADHS spezialisiert hat gesagt, dass er bei Erwachsenen die ADHS haben eigentlich immer Stimulanzien verschreibt. (Es ist ja auch die mit weitem Abstand wirksamste Behandlungsmethode. Kein Vergleich zur stark eingeschränkten Wirksamkeit von allen anderen Psychopharmaka, egal für welches Krankheitsbild). Bei Kindern wartet man in der Regel erst eine Zeit bis Stimulanzien verschrieben werden.
Bei Erwachsenen ist es nunmal so, dass die ja schon unbewusst alle möglichen Copingstrategien versucht haben und das hat für die meisten (oft mehr schlecht als recht) das bisherige Leben lang irgendwie funktioniert bzw haben sie „überlebt“. Es hat ja Gründe warum niemanden auffiel, dass diese unentdeckten erwachsenen ADHSler ihr ganze es Leben lang mit unbehandeltem ADHS rumliefen.)
In aller Regel haben ADHSler die erst als Erwachsene diagnostiziert wurden einen sehr langen Leidensweg hinter sich, mit vielen Therapienen und psychiatrischer Behandlungen (Antidepressiva inkl.).

Meiner Erfahrung und nach dem was ich von anderen gehört habe oder auch hier im Forum gelesen habe, ist es alles andere als einfach Stimulanzien verschrieben zu bekommen. Man hat es ja in der Regel nicht nur extrem schwer zu einer ADHS Diagnostik zu kommen (unbeachtet der Qualität). Es ist auch für viele eine große Hürde, einen Arzt zu finden, der einem bei bestehender Diagnose, weiter mit Stimulanzien behandelt.

Also nein, Stimulanzien verschrieben zu bekommen, ist alles andere als einfach.
Im Gegensatz zu Antidepressiva oder sogar Benzodiazepinen die von so manchen Hausarzt sogar verschrieben werden.

Was die Symptome betrifft. Wenn die Symptome so „leicht“ wären, würde kein ADHS diagnostiziert werden.

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Hallo :slightly_smiling_face:, zu meiner Diagnose gehörten ein Erstgespräch + 2 Termine à 20min, wobei die Diagnose eher einem Brigitte Test entsprach: Sind Sie unkonzentriert, verpeilt,
immer und mit allem überfordert? Ja? Dann diagnostizierte ich Ihnen, dass Sie unkonzentriert, verpeilt und immer und mit allem überfordert sind.

Ich fand’s relativ unseriös, habe mich aber jahrelang mit dem Thema beschäftigt und war vorher schon relativ überzeugt davon, ADS zu haben. Habe auch direkt MEDIKINET angeboten bekommen. Und es hilft ziemlich genau, wie ich es erwartet habe. Bin also ziemlich dankbar dafür, so schnell einen Termin und eine Diagnose bekommen zu haben. Trotzdem würde ich irgendwie gern mehr Gewissheit haben, dass es wirklich ADS ist und andere Ursachen ausgeschlossen werden können. Ich muss noch noch an die Vorstellung gewöhnen, dass ich mein Leben lang Medikamente nehmen muss, damit nicht immer alles zu viel und zu wenig, zu anstrengend und zu langweilig gleichzeitig ist…

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Welcome @Sukuwomo :adxs_winy:

Ich habe hier im Forum schon so viele verschiedene Wege gefunden, wie so eine Diagnostik laufen kann.

Selbst habe ich nach langen Jahren in einer Ambulanz meine Diagnose bekommen. Mit dem Hinweis auf SHGs & Medikamente.

Da ich aber ohnehin in Behandlung bei einer Neuro bin, sollte ich eine mögliche Medikation mit Ihr abklären.

Ich bin also nicht gleich mit einem Rezept auf die Straße. Ein paar Nächte darüber geschlafen und mich für den Versuch, ein Medi zu nehmen entschieden.

Du empfindest Deine Testung als unseriös, zweifelst Deine Diagnose aber nicht an, oder?

Ansonsten bleibt Dir ja der Weg zu einer Zweitmeinung.

Und ob Du ein Leben lang Medis nehmen wirst, das ist auch Deine Entscheidung. Wenn es in Deinem Erleben tatsächlich keinen Unterschied macht, dann lässt Du es sein.

Und wenn Du trotzdem noch andere Auslöser bei Dir vermutest, weil es scheint Dich ja noch zu beschäftigen, dann begibst Du Dich auf die Reise.

Nur so bekommst Du Klarheit und auch die nötige Ruhe.

Liebe Grüße

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Hallo Silberlocke,

vielen Dank für deine Antwort! Es ist schön, dabei zu sein und sich hier austauschen zu können :slightly_smiling_face:

Ich bin 36 Jahre alt und bis vor drei Jahren nicht auf die Idee gekommen, dass die Ursache psychischer Probleme nicht unbedingt in der Kindheit liegt, sondern eben auch neuronal sein kann. Ich war schon immer antriebslos und unzufrieden und gleichzeitig getrieben von der Suche nach etwas, das mich zufrieden macht. Meinen Eltern geht es ähnlich. Als meine Tochter scheinbar mit dieser Stimmung auf die Welt gekommen ist, habe ich daran zu zweifeln begonnen, meine Probleme in den Griff bekommen zu können, indem ich nur die „richtige Lebensführung“ und Einstellung finde.

Ich glaube mittlerweile, dass die ständige Unzufriedenheit (Dopaminmangel) nicht Auswirkung, sondern Ursache aller anderen Probleme ist und frage mich, ob es dafür überhaupt eine andere Lösung als Medikamente geben könnte. Ich bezweifel es fast, will die Hoffnung aber noch nicht ganz aufgeben.

Es heißt, ADXS hat auch psychosoziale Ursachen. Das würde bedeuten, dass es Menschen gibt, die zwar die neuronale Veranlagung haben, aber die Umwelt extrem gut auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. Das wäre ja ein Ansatz. Ich kann mir diese Umweltbedingungen aber kaum vorstellen.

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Ein Schritt nach dem anderen ganz langsam, in deinem persönlichen Tempo. So eine Diagnose will ja auch erstmal verdaut werden.

Was ich dir aber schon sagen kann, du nimmst keine Pille und zack funktioniert alles besser. Ich habe es jetzt auch nicht erwartet, möchte ich dazu sagen.

Die Hoffnung aufzugeben @Sukuwomo ist ja mal sowieso keine Option, du bist eine Mum und möchtest ein schönes Leben für euch.

Ich habe ein Leben gelebt, unwissend um die Veranlagung. Es hat funktioniert, musste ja, irgendwie, aber es war ein ständiger Kampf, finanziell & existenziell und das kostet viel Kraft.

Heute weiß ich warum. Mir hat sehr geholfen, hier viel zu lesen im Forum. Du findest so viele unterschiedliche Lebensgeschichten.

Eventuell findest du dich irgendwo wieder, auf jeden Fall, bist du nicht alleine und du bist noch jung, du bekommst das hin, glaub an dich.

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Das ist ja vermutlich das Problem, denn sobald dann diese Abstimmung bröselt fangen die Probleme dann doch an. Nehmen wir mal an jemand wächst wohlbehütet gut strukturiert mit ganz viel Unterstützung auf und das ADHS ist in dem Setting kaum zu erkennen und dann zieht dieser Mensch von zu Hause aus. Muss zum erst mal im Leben alleine klarkommen dann kann es sein, dass dann erste die Probleme losgehen?

In aller Abstimmung und noch so guten Umgebung gibt es da immer noch mein Kopf der rattert oder aber ich verpeile etwas oder bin ungeschickt und zack habe ich doch noch ein Problem. :crazy_face::cry:

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Habe auch sofort Elvanse verschrieben bekommen. Aber die medikamentöse Behandlung ist ja auch nachweislich wirkungsvoller als andere Therapieangebote.

Ich war auch erst unsicher, ob ich Medikamente nehmen will oder nicht…hatte mir vor einigen Monaten einen Termin für Juli besorgt und die letzten Monate versucht, durch Aufbau von Routinen und Achtsamkeitstraining klar zu kommen, aber das reicht halt nicht.

Gestern dann nach ausführlichem Gespräch und Untersuchung auch Medikamente bekommen, heute zum ersten Mal genommen. Werde sie wohl noch öfters nehmen müssen, bis ich feststellen kann, ob sie wirklich nutzen bzw Dosis verändern. Mein erster Eindruck ist, ich bin ruhiger, Ablenkungen machen mir weniger aus und Gedanken/Wörter gehen nicht so schnell verloren. Ich hab aber leichte Kopfschmerzen - das kann aber auch vom schwülen Wetter kommen.
Hab in einem Monat den nächsten Termin, mal sehen, wie es bei dahin aussieht.

Im Endeffekt war es nicht so schwer, an Medikamente zu kommen, aber nur Medikamente zu bekommen ist ja nicht das Ziel und vermutlich auch nicht die alleinige Lösung. Ich werde im September/Oktober zusätzlich eine Verhaltenstherapie beginnen. Denn dysfunktionales Verhalten ist ein gefühlt ebenso großes Problem wie Unkonzentriert oder Ablenkbarkeit. Abends rechtzeitig das Handy weg legen, nachts nicht wider besserem Wissen surfen oder zum Kühlschrank gehen, etc.

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