Wieviel Gesellschaft vertragt ihr?

Hallo zusammen,

ich hab da ein Thema, was mich beschäftigt und zu dem ich gerne mal eure Erfahrungen oder Einschätzung hätte:
Und zwar brauche ich ziemlich viel Zeit für mich alleine, also Zeit, in der ich einfach so in meinem eigenen Tempo rumwuseln oder meinen Gedanken nachhängen kann und vor allem nicht ständig geistig präsent sein oder kommunizieren muss.

Ich mag Menschen, finde aber ihre Gesellschaft nach einer gewissen Zeit sehr anstrengend und das völlig unabhängig von der oder den Personen. Ich merke einfach, dass ich Gesprächen nach einiger Zeit nicht mehr folgen kann und mein Kopf dann regelrecht zumacht. Dann werde ich innerlich noch unruhiger als sonst und die Anspannung steigt, bis ich endlich wieder alleine bin und erleichtert aufatme.

Der einzige Mensch, den ich über längere Zeit relativ gut ertragen kann, ist mein Lebensgefährte, mit dem ich auch zusammenwohne. Und selbst seine Anwesenheit empfinde ich zeitweise als anstrengend, wenn er z.B. Urlaub hat und am liebsten 24/7 mit mir zusammen sein möchte.

Ich frage mich, ob das mit meinem (vermuteten) ADS zusammenhängt oder einfach nur eine persönliche Macke ist. Habt ihr das auch und wenn ja, wie geht ihr damit um bzw. wie erklärt ihr das eurem Umfeld?

Liebe Grüße von Fussel

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Kenne das nur zu gut, auch in Bezug auf den Partner. Ich habe Diagnose ADS und es ist für mich ein schlüssiges „Problem“.

Bei mir ist es so, dass, sobald eine Person in der Wohnung ist, sowas wie ein „WLAN“ Empfänger an ist. Egal ob in einem anderen Raum… und in Laufe der Zeit verbrauche ich sogar dadurch irgendwie etwas „Strom“…

Mit Kindern ist es erst recht jetzt schwierig für mich, diese nötige Ruhe zu haben.

Großraumbüro ist erst recht krass.

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Ja, das ist bei mir genauso.

Kann ich mir vorstellen. Ich arbeite im Einzelhandel und habe auch so meine Schwierigkeiten, die Geräuschkulisse auszublenden und mich auf meine Arbeit zu konzentrieren.

Grosse Menschenansammlungen, riesige Einkaufzentren, Sportveranstaltungen, was weiss ich, einfach Orte an denen sich sehr viele Menschen gleichzeitig aufhalten, waren mir schon immer ein Graus. Ausserdem ständige Hintergrundmusik, oder viel zu laute Musik in Geschäften oder ähnliches, kann ich nur schwer ertragen.
Bin auch sehr empfindlich auf zu helles Licht, davon bekomme ich sogar ziemlich schnell Kopfschmerzen. Dann Strassen oder Maschinen Lärm, ist der absolute Horror für mich.
Schreiende oder irgendwie aufgeregt agressiv sprechende Menschen, da ergreife ich sowohl innerlich ( totales dicht machen), als äusserlich sofort die Flucht, heisst nichts wie weg!.

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Hängt definitiv mit adhs zusammen bzw mit dem mangelnden Reizfilter. Besonders ausserhalb der Wirkzeit der Medikamente.

Was ich mache? Privat verabschiede ich mich dann zügig, im job bin ich dann "beschäftigt ", also für niemanden zu sprechen :hugs:

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Großraumbüro ist für mich mittlerweile tödlich…
Selbst kleine Büros mit 3 oder 4 anderen Personen sind einen Arbeitstag lang eigentlich too much.
So wenig wie möglich andere Menschen in geschlossenen Räumen ist mittlerweile das beste für mich ansonsten drehe ich absolut hohl und kann mich, auch unter Medikation, gar nicht mehr konzentrieren.
Selbst Telefonkonferenzen sind teilweise grenzwertig wenn die sich immer nur im Kreis drehen. Und wenn ich vorher schon weiß dass das so eine wird ist bei mir von vornherein dicht…
Kann aber ehrlich gesagt auch mit daran liegen dass ich noch meilenweit von der richtigen Einstellung entfernt bin und auch Grade umgestellt werde. Denke aber dass das Thema Großraumbüro für mich dauerhaft gestorben ist.

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Das geht mir auch so und ich versuche, das zu vermeiden soweit es geht. Ganz schlimm sind auch überfüllte Züge oder Busse, da krieg ich sofort Fluchttendenzen. Und momentan…naja, ich sag mal, ein Hoch auf das 9-Euro-Ticket. :confounded:

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Kenn ich, vor allem wenn es mehrere Leute auf einmal sind, mit Einzelpersonen hab ich nur manchmal Probleme. Das ist dann meist der Punkt an dem ich mich verabschiede. Auf Parties oder in Kneipen führte das ansonsten dazu, das ich mich maßlos betrunken habe, dann ging das mit der Kommunikation besser und wenn dann keine stattfand, war es mir egal - gut das der Mensch lernfähig ist -sich verabschieden (sehr oft dann allerdings auch einfach gehen ohne mich zu verabschieden) ist mir lieber.
Wenn ich aus irgendwelchen Gründen aus einer unangenehmen Situation nicht rauskann geh ich dann oft einfach aufs Klo.

Ist bei mir nicht ganz so, ja, ich habs lieber wenn gar keiner da ist, aber es stört mich auch nicht groß. Lustigerweise ist das aber bei meinem Mann so, der kein Adxs hat.

Ich wäre ja gerne unter vielen Menschen, quasi das Leben um einen rum mitkriegen, AAaaaber ich wünschte ich würde mich in einer Sphäre durch die Gegend bewegen, die nur Geräusche rein läßt wenn ich es will und in der ich nur sichtbar wäre, wenn ich es will. Alleine finde ich große Menschenmengen schon sehr unangenehm aber viel schlimmer finde ich es, mich in einer Gruppe (2 Menschen sind da für mich schon eine Gruppe) durch eine Menschenmenge zu bewegen.
Ich wohne gegenüber einer Kirche mit viel zu lauten Glocken, selbst wenn die nur 2 minuten bimmelt könnte ich durchdrehen (das die das dürfen! Wir haben durchschnittlich mal 85db gemessen, 125 (!) Spitze).
Ich arbeite auch oft auf Baustellen, da benutze ich einen Gehörschutz,
Essen gehen mit Leuten finde ich furchtbar, da hab ich dann auch sehr schnell Kopfschmerzen, vor allem bei zuviel Licht. Bei Familienfeiern wollen alle Leute immer mehr Licht als ich, das verstärkt meinen „Nebel“ im Kopf und ich hab den Eindruck ich kann nicht richtig gucken. Ich kann bei großer Lautstärke auch nicht kochen, oder Essen. Mein Mann hört gerne laute Musik, wenn ich dann Essen will sage ich: „mach bitte die Musik leiser, ich seh mein Essen nicht.“ Ich bin nicht synesthetisch, also ich schmecke keine Farben, aber das mit dem Essen fühlt sich einfach so an.

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Toller Vergleich! Genau so ist das! (Bei mir.)
Bei wenigen, äh, Empfängern macht es mir meistens nicht viel aus. Ich gehe lieber mit einem guten Freund aus als mit fünf. Ich habe es aber immer eher auf Introversion geschoben als auf ADHS.

Menschenmengen funktionieren für mich nur in gewissermaßen geschützten oder besser: genau definierten Zusammenhängen. Bei Rock-Konzerten gibt es einen klaren Ablauf, zumindest nachdem es angefangen hat. Und mein Focus ist bedient - jedenfalls wenn die Band gut ist. Bei Comic-Messen gibt es auch viel Reizüberflutung, aber die Reize interessieren mich tatsächlich und haben Inhalt, mit dem ich mich beschäftigen kann. Leere Reize dagegen, die mir nicht viel zum Fokussieren geben, überfordern mich. Das kann schon mit einer Lichterkette in der Küche anfangen.

Ich war gerade auf einer viertägigen Comic-Messe und bin ein bisschen stolz, dass ich sie ganz ohne Panikattacke überstanden habe. Die kam dann auf dem Rückweg am Umsteigebahnhof…

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Dein Text könnte 1 zu 1 von mir sein. Ich muss gerade wirklich schmunzeln. Bis vor kurzem dachte ich tatsächlich noch, dass ich unter einer sozialen Phobie leide aber ganz so krass ist es dann ja auch nicht. Ich habe schließlich keine angst vor Menschen oder dem Kontakt. Allerhöchstens scheue ich mich davor neue Menschen kennenlernen aber aus anderen Gründen, weil ich dann zbs. sehr nervös und schüchtern bin, mir viel zu viele Gedanken mache usw. Ich habe auch ganz gern mal Besuch aber nur wenige habe ich wirklich gerne um mich herum bzw halte ich für längere Zeit aus. Wie bei dir ist es der Lebenspartner. Bei mir kommen noch die Kinder hinzu aber wie du selbst sagst, selbst dieser Kontakt kann auf Dauer sehr anstrengend sein und das meint man ja nicht mal böse aber wird nicht selten so empfangen. Habe oft das Thema mit meinen Lebenspartner, dass er sich nicht gewollt fühlt, eben weil es sehr viel dazu benötigt jemanden zu vermissen. Bei den Kids kann ich das schnell aber halt auch, weil ich weiß, dass sie noch nicht so selbstständig bin. Bei Erwachsen mache ich mir prinzipiell keine Sorgen oder Vermisse schnell. Im Gegenteil, ich genieße die Zeit seehehr mit mir allein. Ich fühle mich dann einfach und beschwerter und es ist schön mal nicht gebraucht oder kontaktiert zu werden. Es sind allerhöchstens so Situation, wenn ich zbs irgendwo bin und andere Paare zusammen sitze sehe. Dann bin auch etwas wehmütig und würde mir wünschen jetzt nicht gerade allein hier zu sein.

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Als Kind hab ich das stark gemerkt und hab mich oft zurückgezogen, wenn es mir zu viel wurde. Aktuell hab ich eigentlich kaum soziale Kontakte (an „realen“ / nicht-online-Kontakten nur meinen Partner, den ich jeden Tag sehe; ich mache ein Fernstudium). Mittlerweile fühle ich mich ziemlich einsam. Als ich noch Freunde hatte, hatte ich auch oft das Gefühl der Überforderung und dass mir Energie gezogen wird. Irgendwie ist sowohl zu viel Gesellschaft als auch Isolation nichts für mich und eine gute Lösung habe ich noch nicht gefunden. Ob’s mit ADXS zutun hat, weiß ich allerdings nicht.

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Das ist bei uns Dauerthema. Mein Partner leidet unter „Zurückweisung“, klebt am liebsten an mir dran, will knutschen usw🙈 Mir reicht schon das alltägliche Zusammenleben + Kind, dass ich mich in die Einsiedelei wünsche.

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