Meine Vorbehalte, Main-Stream-Dokus zu sehen und die Videos, in denen zB Sarah Kuttner sich als ADHS-Botschafterin sieht, kamen evtl. aus einem ähnlichen Gefühlsbündel.
Ein bisschen „versöhnt“ hat mich, dass auch Kuttner selbst die Doku von Hirschhausen angeguckt hat und dabei dachte „Warum fragen die mich nicht. Ich habe doch viel länger/mehr/… ADHS“.. So ähnlich hat sie es in einer Podcast-Folge geschildert.
Das hat mir irgendwie versöhnlich vor Augen geführt, dass ich ja selbst auch late to the party bin und mich die vorherige Generation auch an Bord gelassen hat, obwohl es für sie auch noch ganz anders war.
Ich frage mich auch manchmal, wie jemand, dessen ganzes Leben von einem Stigma wegen seiner sexuellen Orientierung überschattet war, einen Christopher Street Day wahrnimmt. Das ist sicher auch ein Berg gemischter Gefühle zwischen Erleichterung, Zugehörigkeit, aber auch Trauer über die eigene Situation und doch weiter Anders-Anders-Sein. Damit muss man erstmal umgehen, bei Themen die so nah am Betriebssystem sind.
Und ich weiß nicht mal, ob die Parallele legitim ist… Weil jedes Stigma und jeder Leidensdruck eben doch ganz individuell erlebt wird.
Es ist wohl so, dass man eigentlich immer nur beim eigenen Leidensdruck sitzen kann, sich den ansehen und für den in sich das Mitgefühl suchen, das man im Außen manchmal vermisst, wenn sich das Leben wie ein Single-Player-Game anfühlt und dabei doch gar nicht verspielt.
Also ist vielleicht sogar die sinnvollere Frage, wie man mit dem eigenen Leidensdruck umgeht, auch in so einer Situation? Zu überlegen, warum uns berührt, wie bei TikTok mit dem Thema umgegangen wird… Was berührt das in uns und warum?
Wie die anderen mit ihrem Leidensdruck umgehen, können wir ja sowieso wenig beeinflussen. Und wie sie auf unseren reagieren, erst recht nicht. Das führt nach meinem aktuellen Eindruck nur zu noch mehr Leid, in uns und unter uns und zwischen uns.