Hi ich bin neu hier und habe mich heute Nachmittag den ganzen Tag durch die verschiedensten Beiträge hier durchgelesen und bin super erfreut über den regen Austausch. Dachte, ich komm dann auch mal mit meinem Thema/ meiner Frage an, vielleicht hat da ja jemand Erfahrungen, Tips, Gedanken, etc. zu… (natürlich in der Hoffnung, dass ich einen passenden Beitrag nicht übersehen habe. Falls es da was gibt, gerne drauf hinweisen.)
Also, meine Situation ist folgende:
Ich W,26 wurde vor ca. 6 Monaten mit ADHS diagnostiziert und war darüber tatsächlich sehr froh, weil es für mich erstmal ganz viel erklärt und dadurch auch relativiert und weniger zu einem Charakterfehler meinerseits gemacht hat. Ich habe dann relativ schnell mit der Einnahme von ADHS-Medikamenten begonnen.
Ich habe mit Methylphenidat (erinnere mich nicht mehr, ob Ritalin oder anderes) angefangen. Fragt mich nicht, bei welcher Dosis ich damals begonnen habe, vielleicht 10 mg oder so? (Mein Gedächtnis will sich sowas immer auf gar keinen Fall merken und sowas wie ein Tagebuch darüber führen bekomme ich leider auch einfach nicht mehr als 2 Tage hin.) Ich weiß aber noch, dass ich überhaupt nichts gemerkt habe und die Dosierung dann ca. wöchentlich oder alle zwei Wochen erhöht wurde. Ich war dann irgendwann tatsächlich bei der Höchstdosis von 80 mg und habe immer noch nichts bemerkt. Zumindest glaube ich das. Ich muss zugeben, dass es mir schon schwer fällt, wahrzunehmen und zu erkennen, wie es mir geht. Da hab ich nicht den besten Zugang zu. Manchmal hatte ich das Gefühl, in meinem Kopf würde alles einmal so ‚zooooom‘ machen. Auch hatte ich das Gefühl, dass ich relativ unter Strom stand, aber das ist auch nichts ungewöhnliches für mich. Das hat sich damals vor allem bei der Arbeit (im Büro) so angefühlt, aber ich war mir nie sicher, ob das einfach meine generelle Stressanfälligkeit und Empfindlichkeit war, ob es einfach eine stressigere und voller Phase im Büro generell war, ob es eventuell hormonelle Schwankungen waren, oder ob es tatsächlich die Medis waren. Man merkt glaube ich, ich war (und bin es immer noch) sehr verwirrt und verunsichert. Grundsätzlich war mein Gefühl aber eher, dass das Methylphenida/Ritalint nicht gewirkt hat.
Mein Psychiater konnte mir das auch nicht wirklich erklären und hat dann einen Wechsel zu Lisdexamphetamin (ratiopharm) vorgeschlagen.
Mit LDX habe ich glaube ich bei 20 mg gestartet und bin stückweise erstmal hoch zu 50 mg (relativ zügig). Da habe ich auch nicht wirklich was gemerkt anfangs, manchmal hatte ich so kurz einfach ein leicht komisches Gefühl, aber auch nichts ansatzweise greifbares. Ich bin dann weiter hoch auf 60 mg und der Psychiater hat mir zusätzlich noch 70 mg mitgegeben, falls 60 mg nicht reicht. Bei 60 hatte ich dann tatsächlich das Gefühl, dass etwas wirkt. Angefangen hat es zwar erstmal mit ein paar Nebenwirkungen (ab und zu leichter Schwindel, über den Tag immer doller werdende Augenschmerzen und -Müdigkeit, dolle Appetitlosigkeit, manchmal Schwierigkeiten einzuschlafen), die aber auch ohne Medis bei mir vorkommen, machmal mehr manchmal weniger. Ich habe dann bemerkt, dass ich machmal richtig mundfaul wurde, wenn ich mit Leuten gesprochen habe. Mir fiel es teilweise echt schwer, mich irgendwie an einem Gespräch zu beteiligen oder irgendein Wort über meine Lippen zu bringen. Dann habe ich hier und da bemerkt, dass ich mich irgendwie ein bisschen leichter fühle ab und zu und dass mich manchmal äußere Reize nicht so doll treffen und bedingen wie sonst. Was besonders cool zu bemerken war, dass die Hemmung und die Hürde, irgendetwas anzufangen, nicht mehr ganz so groß scheint. Mir fällt es ein bisschen leichter, Sachen anzugehen und anzufangen, was sonst ein wirklich sehr großes Problem für mich ist. Das waren so die Sachen, die ich eher positiv (oder zumindest als Zeichen für ein gutes Wirken) bemerkt habe. Dazu muss ich aber auch sagen, dass mir all das nicht sehr konsistent vorkam/vorkommt und es vor allem so niedrigschwellig ist, dass ich mich gezielt stark darauf konzentrieren muss, um es wahrzunehmen und zu registrieren.
Was aber auch aufgetaucht ist, ist eine ganz seltsame Rigidität und Starrheit in meinem Denken, Handeln, Planen etc, fast schon mit Kontroletti-Zügen manchmal. Das ist was, was ich von mir ein bisschen kenne generell, aber ich habe es immer gut handhaben können, so dass ich gut teamfähig, flexibel und überhaupt arbeitsfähig war. Aber mit LDX bin ich dann oft in einem Modus, wo ich total in einer Sache dranhänge, überhaupt nicht mehr davon loskomme und vor allem überhaupt keine Anpassungsfähigkeit mehr habe gefühlt. Wenn ich ne Vorstellung von was habe, dann kann ich es nicht anders machen, oder nur mit extrem viel Überwindung, Kraftaufwand und Selbstüberredung. Ich habe mich jetzt schon so oft in Sachen verheddert, die einfach nicht mehr sinnvoll so weiterzumachen waren, aber hab nicht umlenken können. Und so krass habe ich das noch nie erlebt, wenn überhaupt. (Ums zu veranschaulichen, ich musste in meinem Studium einen Gruppenvortrag mit einer anderen Personen halten. Die waren leider super inaktiv und haben sich null beteiligt, weshalb ich dann einen Plan, ein Konzept, etc. überlegt und durchgedacht habe, der auch echt gut war. Dann habe ich aber nach einiger Zeit bemerkt, dass das alleine, so ausführlich und komplex und vernetzt, wie ich mir das ganze vorgestellt hatte, überhaupt nicht schaffen würde. Auch kamen dann die beiden anderen dazu und hatten natürlich eigene und andere Ideen und Herangehensweisen. Normalerweise hätte ich damit umgehen können, hätte sofort nen Kompromiss gefunden, hätte da dann weiter dran gearbeitet, aber eben etwas abgeändert/angepasst. Ich konnte das da aber einfach nicht. Fast als wäre in meinem Gehirn und Körper einfach eine ganz große Blockade. Und so erlebe ich dass in vielen Dingen, auch im kleinen.
Ich merke auch, dass ich zwar ein bisschen besser mich länger mit einem Thema beschäftigen kann, aber da auch einfach nicht mehr von wegkomme (siehe jetzt grade, es ist 4:30 Uhr nachts und anstatt zu schlafen, lese ich seit 20:00 Uhr hier Beiträge und schreibe diesen Beitrag. Und ich könnte jetzt einfach gefühlt physisch nicht aufstehen und was anderes machen.)
Dazu kommt auch, dass ich eine ganz seltsame Nervosität, Angespanntheit und Hibbeligkeit habe, die bis spät abends/nachts anhält, was runterkommen und schlafen schwer macht. Das fängt aber schon tagsüber an und ist noch mal eine andere Unruhe, als ich sie normal innerlich immer habe. Sie führt bei mir auch zu extrem dollen und dauernden Zähneknirschen, was ich sonst nicht wirklich mache (außer Zähne unbewusst zusammenbeißen ab und zu).
Vielleicht zur Info, ich bin seit ca. 1 Woche bei 70 mg, mit einer Pause vorher über Weihnachten, weil ich die Appetitlosigkeit da nicht haben wollte.
All das, ist irgendwie irritierend und verwirrend für mich. Was mir vom Psychiater und online etc. erzählt wurde, wie die media wirken würden, passt irgendwie nicht so richtig dazu, was ich erfahre. Und vor allem, dass so extreme Tendenzen bei mir hervorkommen (Starrheit, Nicht aufhören können, extreme Nervosität/Angespanntheit) verunsichert mich sehr und ich kann es garnicht einordnen. Von Freunden, die ADHS haben und Medis nehmen höher ich auch ganz andere Erfahrungen.
Warum hat das eine Medikament bei mir eigentlich garnicht gewirkt und das andere so seltsam?
Manchmal bin ich so verunsichert, dass ich denke, dass ich doch kein ADHS habe und es deshalb nicht wirkt, oder mich einfach seltsam unter Droge setzt…
Hat da vielleicht irgendjemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
Hat jemand dazu was gelesen, oder weiß irgendwas, hat irgendwelche Tips? Gibt es da Erklärungen für?
Was könnte ich machen/ändern?
Ich bin ein bisschen am verzweifeln, weil ich einfach super durch den Wind dadurch bin momentan, aber natürlich trotzdem funktionieren muss.
Ich bin für jeden Hinweis etc. super dankbar und hoffe, das kollektive Wissen hier nutzen zu können Vielleicht findet ja auch jemand anders hier was hilfreiches oder erkennt sich wieder?
Und auch ein dickes Danke, an alle, die meinen Wortschwall bis hierher überhaupt gelesen haben (ich kann mich momentan wie gesagt nicht sinnvoll zügeln, sorry )!
Vielleicht noch ein paar Angaben zu mir für Kontext:
1,78 cm groß
90 kg
Ich habe Hashimoto (dafür nehme ich 112mg L-Thyroxin täglich ein) und PCOS (da nehme ich eine östrogenfreie Pille ‚Linda‘ für, aber nur Symptombehandlung leider).
Ich ernähre mich hauptsächlich vegetarisch (ab und zu Fisch) und trinke seit 3 Jahren garkeinen Alkohol. Dafür rauche ich aber schon länger.
Ich studiere zwei Fächer und arbeite daneben 2,5 Jobs, habe also ein ziemlich stressiges Leben meistens. Ich fahre eigentlich fast jeden Tag Fahrrad und gehe 2 mal die Woche mit einem Hund länger spazieren.
Vielleicht sind die Infos ja irgendwie relevant.