Woher haben wir diese "Stehauf-Männchen" Mentalität?

Das erklärt zumindest warum ich früher (und auch teilweise immer noch) in gewissen Situationen nicht nur „überlebt“ bzw. die Situation überstanden habe sondern sie „beherrschte“ (oder auch „dominierte“) während viele andere gnadenlos scheiterten :thinking:
Demnach war meine frühere These dass ich diesen absoluten Stress brauchte um absolut Fehlerfrei (um nicht zu sagen perfekt) zu funktionieren und dass ich mit Ruhephasen zwischendrin nicht umgehen konnte gar nicht mal so falsch…

Ist es nicht eine positive Eigenschaft, immer wieder aufzustehen wie „Stehaufmännchen“?
ADHS/ADS ist ja von der Evolution nicht weggezüchtet worden, sondern war in den Zeiten, in denen die Welt nicht so geordnet und friedlich war wie unsere westliche Welt derzeit, eine sehr positive Eigenschaft.
Vergessen wir nicht, dass wir in Deutschland in einer historischen Ausnahmezeit von langem Wohlstand und Frieden leben.

ADHS ist ja auch eine Störung, die unter der viele Erfinder, Künstler und Unternehmer leiden ubd gelitten haben, die der Welt Fortschritt gebracht haben.

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Stimmt schon. Bspw. Elon Musk. Zwar kein ADHS, aber wohl Asperger… Neurodiversität bringt bzw. kann die Menschheit voran bringen.

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Bill Gates, Albert Einstein, aber auch Winston Chrurchill haben und hatten ADHS, Ebenso Richard Branson und Karl Lagerfeld. Prominente AD(H)S-Betroffene - adxs.org
ADHS/ADS scheint außerdem nicht selten zu sein. Es wird ja recht häufig diagnostiziert. Redet man mit Freunden darüber, sagen die „Ja, ich auch“ oder „mein Freund/ meine Schwester haben das“.

Daher finde ich diese Stigmatisierung mehr als nur fragwürdig.

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Toll finde ich ja auch diese Reportage von Arte zum Thema ADHS. Am Ende ab 25:20min sagt ein Facharzt während der dabei gefilmt wird, wie er Quad fährt, warum ADHS auch eine sinnvolle Ausprägung menschlicher Eigenschaften ist. Wir sind die Erfinder und Entdecker.

Ehrlich gesagt war ich sehr gerührt von dieser Darstellung unserer „Störung“.

Das setzt aber die Latte zu hoch für die restlichen Adxsler, die nichts erfinden oder entdecken, oder? Es ist eine Aussage wie alle Aspies sind Raymond Babbitt.
Ebenfalls guckt man sich die Statistiken bei u.a. Frauen mit Adxs, die Selbstmord begangen haben, würde man dieses Steheauf Mentalität anders sehen.

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„Ich habe zwar keine Chance, aber ich nutze sie!“

Es ist eben diese (Gottseidank) Naivität in Bezug zum Scheitern.
Und dieses Vergessen: aus den Augen, aus dem Sinn.
Und ja, es stimmt, auch diese Neugier auf das Leben.
Täglich grüsst das Murmeltier.
Und ich gewöhne mich ans Scheitern, und habe ich mal Erfolg, kommt sofort das Impostor-Syndrom: „was? das habe ich erreicht? Da muss was faul sein!“

Das hat mir auch niemand vorgelebt.

Mein Vater höchstens durch nonverbale Ablehnung, der überkompensierend ordendlich, sein eigenes ADS verfluchte und seine Scham auf mich projizierte.
Ich war ihm zu unangenehm änlich.

Meine Mutter war eher Autistisch kumpelhaft und wenig Mutterliebe gebend zu mir und gebot mir keine Grenzen oder Strukturen.
Mir hätte sehr geholfen, wenn jemand da gewesen wäre, der mir die Welt erklärt.

So habe ich wenig Ich-Bewusstsein, Ich-Identität, Authentitzität, nennt es wie ihr wollt, und sehe die Welt als Unübersichtlich, Chaotisch, und mit ADS als eigentlich Unbewältigbar.
Da bleibt ja nicht viel.
Nur die Flucht in die Naivität und das Verdrängen.
In zunehmendem Alter und weil die Welt immer komplexer wird duch die Digitalisierung wird das schwieriger.
Mein Wissenshunger (kenne mich in vielem aus, aber in nichts so richtig gut) steht da im Konflikt mit dem Grenzen setzen, eine Firewall, die mich schützt vor zu viel geilem Input.

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@Hypoborea ich fühle mich offen gesagt nur dazu im Stande vor anderen zuzugeben: „ich weiss das ich nichts weiss“, immerhin weiss ich aber das ich nichts weiss während andere über sich behaupten das sie über Wissen verfügen, in Wahrheit dann aber oft auch nicht viel mehr wissen, sich aber besser in Worte fassen können, oder ihr Halbwissen so gut verpacken können das es zumindest so aussieht als handle es sich um Wissen.

Ich sehe mich selbst als Suchende, ab und zu glaube ich dann Wissen gefunden zu haben, der Wahrheit ein bisschen näher gekommen zu sein, nur um kurze Zeit später erneut mit der Suche beginnen zu müssen weil die Antworten für mich wieder nicht ausreichend waren.

Aber ist das nicht wieder „mein Adhs Problem“ mich nicht endlich mal auf eine Sache konzentrieren zu können um einen einzigen Weg einzuschlagen und diesen Weg auch zielstrebig verfolgen zu können?.

Aber waren es nicht meine Eltern die mir sowas nicht beibringen konnten statt die Schuld einzig und alleine nur bei meinem Adhs zu suchen?.

So wie viele andere Dinge im Leben die sie mir nicht beibringen konnten, was also auch wieder nicht an „meinem“ Adhs liegt, sondern wenn schon an ihrem „vielleicht“ Adhs?.

(Ich bin übrigens die einzige in unserer Familie mit Adhs Diagnose, ansonsten gibt es bei niemandem aus der Familie bekannte psychischen Krankheiten.)

Am Ende komme ich immer wieder an den Anfang zurück, manches lässt sich in meinem Leben durch „mein“ Adhs erklären, anderes aber eindeutig am „vielleicht“ Adhs meiner Eltern, die im Grunde beide dringend mal eine Psychotherapie gebraucht hätten.

Da aber beide sehr überzeugt von sich waren was sie doch für tolle Menschen sind, sind sie nie auf die Idee gekommen das bei ihnen was nicht stimmen könnte, nur wir Kinder waren halt „schwierig“.

P.s.: heisst meine Eltern haben nie auch nur einen einzigen Gedanken darüber verschwendet das sie so wie sie sind nicht in Ordnung sein könnten, wenn jemand nicht in Ordnung war dann immer nur die anderen, und natürlich wir, ihre Kinder.

Deshalb haben sie sich auch nie Vorwürfe oder Kopfzerbrechen darüber gemacht, dass sie uns Kindern vielleicht durch ihre „Erziehung“ Schaden zugefügt haben könnten.

Solche Gedanken wiesen sie immer weit von sich, stattdessen hiess es nur wir Kinder seien „schwierig“ gewesen, und meine Brüder wären sogar „schwer erziehbar“ gewesen.

Das sie aber durch ihre körperlichen Misshandlungen die sie meinen Brüdern antaten verantwortlich dafür waren das diese „schwer erziehbar“ wurden, so eine Vorstellung war undenkbar für sie, sie sahen sich immer als vollkommen unschuldig.

Meine Mutter rechtfertigte ihre Gewalt damit das sie es ja auch nicht anders erlebt habe, ab und zu mal Schlagen sei doch nicht schlimm und ganz normal.

Deshalb bin ich zu hundert Prozent überzeugt davon, dass ein gewalttätiges Elternhaus nur extrem schlechte Start Bedingungen für jedes Kind mit sich bringen kann, besonders auch dann wenn ausserdem noch Adhs in der Familie vorkommt.

Aber eines ist klar, dass Gewalt im Elternhaus die Zukunft solcher Kinder entweder extrem erschwert oder sogar total ruiniert, Adhs spielt dann kaum noch wirklich eine bedeutsame Rolle.

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Hallo Hypoborea

Nein, ich denke nicht, dass es vom vergessen kommt, sondern daher, dass wir von klein auf gelernt haben, dass wenn man was will, auch dafür einstehen muss und dadurch grosse Ressourcen und Resillienzen aufgebaut haben und darum immer wieder aufstehen.

Gruss Stepbystep

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Ich würde das Leben neurotypischer Menschen nicht überschätzen. Habe bspw. das Studium abgebrochen und dachte, „jetzt hat mir Adhs mein Leben versaut“, aber es gibt noch einige andere Faktoren die dazu kommen und es gibt viele neurotypische die das Studium auch abbrechen.

Zu dem „Stehauf-Männchen“ fällt mir oft ein, dass, die Gefühle sehr intensiv sind. Die Tiefs sodass man am Boden zerstört ist und die Hochs sodass man über den Wolken fliegt. Man ist schon stark denke ich, wenn man das bei sich erlebt hat.
Mit Medi nicht so extrem und schnell schwankend, aber habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es wieder besser wird, selbst wenn ich nicht dran geglaubt habe. Innerhalb wenig Zeit, könnte man das Leben wieder aus einer ganz anderen Perspektive betrachten und ich finde es lohnt sich nicht aufzugeben um das zu erkunden, es bleibt spannend.
Ohne Tiefs könnte man Hochs nicht spüren und der Glaube an die Hochs macht die Tiefs bewältigbarer. Ich bin oft im Jetzt und dann ist mir manchmal nicht ganz klar, dass es auch wieder besser/ schlechter werden kann. Trotzdem lebe ich dann im Jetzt meine Gefühle aus, darauf kommt es doch auch oft an oder? Stellt euch vor es gäbe keine Schwankungen, eine gerade Linie. Dann wäre man tot …
Vllt. ist es Vergessen oder mir ist manchmal nicht bewusst, wo ich gerade stehe, oder die Gefühle sind manchmal so intensiv, dass ich, selbst wenn mir die Höhen- und Tiefen irgendwie bewusst sind, ich diese ausblende. Aber letztendlich lohnt es sich immer wieder, ich bin regelrecht getrieben dazu, wieder aufzustehen und Entscheidungen zu treffen für das was mir wichtig ist, denn ich weiß dass ich mich dann wieder ganz anders fühle. Trotzdem habe ich auch Phase oder Momente wo ich einfach mal aufgebe, allen Frust rauslassen will, und ich glaube, dass das dazu gehört. :smiling_face:

Vllt. passt das zu dem Thema:

Trotzdem wundere ich mich immer wieder, dass ich je nachdem wie ich drauf bin, das Leben jetzt und die Vergangenheit dementsprechend betrachte. Also negativ oder positiv. Ich glaube ich kann jetzt öfter beide Seite/ die Mitte besser betrachten, aber trotzdem verwundert es mich manchmal. Vllt. hat das mit dem Vergessen oder dem Fokus auf eine Sache, wo dann kein Platz mehr für anderes ist, zu tun. Ich möchte versuche zu akzeptieren, dass es okay ist nicht alles wissen und nicht alles auf dem Schirm zu haben. Vllt. wehre ich mich dann nicht mehr so sehr gegen den natürlichen Lauf der Schwankungen. :sweat_smile:
Manches verdränge/vergesse ich aber auch, jedoch kommt es irgendwann auch wieder hoch. Ich denke dann, wenn man es verarbeiten kann oder auch in schönen Erinnerungen schwelgt.
Mir ist vor kurzem aufgefallen, dass ich manche Lebensphasen als negativ abgestempelt habe, aber irgendwie erinnere ich mich jetzt auch wieder mehr an die positiven Momente dazwischen.
Wie auch immer. Vllt. werde ich gerade erwachsener/lerne Neues oder auch mich von anderen Seiten kennen. Vllt. ist bei mir vieles stärker ausgesprägt als bei neurotypischen und fällt mir deshalb mehr auf, oder ich achte einfach („zu“) sehr darauf und es ist alles ganz normal. Vllt. ist es auch normal darauf zu achten. Vllt. bin ich auch bloß vergesslich und habe diese Erfahrungen schon öfter gemacht oder man macht diese (Lern-)Erfahrungen öfter bis sie sich manifestieren und einem bewusster werden :thinking: :smiley: denke wahrscheinlich zu kompliziert :roll_eyes:

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Also ich empfinde dieses auf und ab seit einiger Zeit einfach nur noch als extrem anstrengend und kräftezehrend…

Ja, es ist mit Medikamenten (insbesondere Elvanse) teilweise deutlich besser geworden.
Jedoch habe ich das Gefühl dass es außerhalb der Wirkdauer umso anstrengender ist.

So wie vieles deutlich anstrengender ist.

Von der einfachen Unterhaltung bis zum Auto fahren (was ich dann strikt versuche zu vermeiden).

Aber ganz allgemein: Ja, aufgeben ist keine Option.

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