AD(H)S und die Arbeitswelt

Hallo Community,

ich weis nicht ob es euch auch mal so ergangen ist, oder es euch aktuell genauso geht !?!?!

Und zwar tu ich mich seit meiner abgeschlossenen Ausbildung sehr schwer, im Berufsleben Fuß zu fassen.
Habe in 5 Jahren bereits 5 mal den Arbeitgeber gewechselt, entweder weil meine Arbeitsleistung mangelhaft war, oder ich vom Job gelangweilt war. Vielleicht hängt das ja dann zusammen :smiley: .

Das Thema Arbeit beschäftigt mich aktuell sehr stark, weil ich mir mit meinen 26 Jahren eine berufliche Erfüllung wünsche. Aktuell hab ich aber keine Ahnung was mich begeistern würde und/ob es überhaupt etwas realistisches gibt wofür ich wirklich beruflich brenne. Bin aktuell seit 3 Monaten in einer neuen Arbeitsstelle und bin jetzt schon wieder am verzweifeln, komm mit den Kollegen nicht zurecht und bewerbe mich schon wieder wo anders.

Mein Wunsch wäre es einfach eine Tätigkeit auszuüben, die ich gerne mache, die mich mit/ohne Medikation begeistert und interessiert.
Ohne Medikation bin ich von 8 h Arbeit, mindestens 4h nur am Tagträumen und kriege nichts geschafft.

Ich hab die Befürchtung dass das ein grundlegendes Thema mit AD(H)S ist, eine kontinuierliche Begeisterung aufrecht zuhalten oder sich mit etwas zufrieden zu geben was einem nur halb Spaß macht.
Die ersten 1-2 Monate bin ich immer über motiviert und engagiert, dass lässt dann meistens ab dem 3 Monat nach und meine Arbeitsleistung sinkt sehr stark.

Das Thema beschäftigt mich aktuell schon stärker wieder.

Kennt ihr das ? Habt ihr das schon erlebt ? Wie habt ihr euch da beholfen ? Habt ihr hier Tipps für mich ?

Vielen Dank für Tipps.

VG
Christoph

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Das hier geht mir ebenfalls so. Ich glaube die eleganteste Lösung hierfür ist ein Hobby zum Beruf zu machen - oder irgendetwas, was einen kontinuierlichen Adrenalinpegel erfordert…

Was konkretes habe ich für mich selbst aber auch noch nicht gefunden. :person_shrugging:

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Arbeit im Homeoffice ist für mich ein Segen, dazu die ultra flexiblen Arbeitszeiten die ich habe (Arbeitsbeginn bis 10 Uhr). Aber auch da läuft mein befristeter Vertrag aus.

Man sagt, dass in der Arbeitswelt der soziale Faktor wichtiger ist als der fachliche/leistungsmäßige Faktor. Auch mein Struggle gewiss.

Meine Kollegen interessieren mich eher weniger. Ich gehe Arbeiten damit ich Geld auf dem Konto habe und nicht damit ich mit Arbeitskollegen gemeinsam zum Friseur gehe.

Hallo Pedro,

Homeoffice ist gar keine Option für mich.
Im HO mache ich alles andere als Arbeiten.
Zu viele Ablenkungen…….
Hat bisher noch nie richtig geklappt.
Hab leider auch einen Bürojob, das ist so das unpraktischste für einen ADHSler…….
Bin grad auf der Suche nach einer anderen beruflichen Herausforderung.

Ich arbeite aktuell als Informatiker.

VG
Chris

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Welchen Beruf hast du denn gelernt, bzw was machst du für eine Tätigkeit?

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Möchtest du darüber mehr schreiben? Ich hatte da nämlich auch meine Probleme.:face_with_diagonal_mouth:

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Hallo Justine,

ich habe Fachinformatiker für Systemintegration gelernt. Und arbeite aktuell in einem IT Unternehmen als IT Security Consultant.

Der Beruf ist aber leider nicht gut geeignet mit AD(H)S, es wird zu viel Selbstorganisation und Struktur abverlangt. Unter anderem zu viele Projektarbeiten und zeitliche Deadlines. Da passieren die meisten Fehler bei mir. Termine werden nicht eingehalten……komplexe Aufgaben immer aufgeschoben. Nur einfache schnelle Tätigkeiten werden erledigt. Bin deshalb schon sehr oft gekündigt worden, viele Dinge werden vergessen und Leichtsinnsfehler begangen. Das ist vor allem in der IT Branche sehr fahrlässig.

Schöne Grüße
Christoph

Hallo Pedro,

Danke für dein Interesse. :slight_smile:

Entweder erzähle ich meinen Kollegen zu viele private Dinge die nicht erzählt werden sollen, und im worse case gegen einen verwendet werden. Mir fällt es schwer zu erkennen was kritische Informationen sind. Teamarbeit fällt mir teilweise echt schwer. Finde keinen Anschluss bei den Kollegen. Mir ist es unangenehm mit Kollegen zusammen Pause zu machen und erzwungene Gespräche zu führen. Bin generell eigentlich schon eher extrovertiert und kann reden wie ein Wasserfall. :smiley:
Wenn die gewisse Harmonie zwischen den Kollegen nicht herrscht, eher neutral ist, ziehe ich mich eher zurück und vermeide soziale Interaktionen…….
Ist aber in fast allen Bereichen in sozialen Interaktionen so. Außerdem hab ich viele Unsicherheiten und brauche viel Feedback von anderen Menschen. Positives und negatives Feedback brauche ich um mich wohlzufühlen und mich in meinen Verhalten sicher zu sein.

VG
chris

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Kenne ich. Aber wenn die Situation untereinander eh kühl ist, hast du keinen Grund da groß gesprächig zu sein. Leb dein Leben. Du redest mit denen vermutlich, weil du gemocht werden willst. Das funktioniert aber nie. Und man muss nicht von jedem gemocht werden.

Konzentriere dich auf die Arbeit, nicht an den Anschluss an Kollegen. In der IT gibt es doch eh immer Einzelgänger, Individualisten und schräge Gestalten. Versuch es zu akzeptieren. Scheiß drauf was andere denken.

Andere halten auch Termine und Deadlines nicht ein. Nur gibst du den Kollegen zu viel Angriffsfläche, auch durch die gelebte Offenheit. Selbstorganisation und Struktur wirst du immer brauchen. Nur werden die Methoden von Nicht-ADHSlern bei dir als ADHSler nicht funktionieren. Du musst Methoden entwickeln und entdecken, die für dich funktionieren. Das geht auf jeden Fall. :grinning:

Da hast du die Lösung doch schon selbst geschrieben. Du siehst einen riesigen Berg (komplexe Aufgaben) und fühlst dich ohnmächtig und handlungsunfähig. Nimm eine Spitzhacke und nehme den riesigen Berg in Steine auseinander. So machst du aus einer komplexen Aufgabe mehrere kleine Teilaufgaben. Die notierst du dir. Und gehst sie wie eine Checkliste durch. Mit den Teilaufgaben bist du schneller durch, fühlst dich dabei gut und motivierter weiter zu machen. :wink:

Das ist typisch ADHS. Wir sind sehr feinfühlig und merken Nuancen von Stimmungen zwischen Menschen. Aber das kann dir egal sein, die haben diese Probleme halt. Nicht dein Ding dir damit die Stimmung zu verderben.

Wer zwingt dich im Pausenraum zu sitzen? Gehe raus und drehe eine Runde. Das tut deinem Kopf gut. Nimm ein Buch mit und lese. Du kannst währenddessen auch Kopfhörer einstöpseln und Musik laufen lassen, damit sie sehen, dass du nicht gestört werden willst. Damit entgehst du auch schon Deiner Mitteilungsbedürftigkeit. :joy:

Du könntest gezielt nach einer Art Workbuddy schauen und dir da etwas aufbauen, aber natürlich mit der Distanz nicht alles erzählen. Denn auch der kann auf Vorteile aus sein und sich verraten. :wink:

Feedback in welchem Sinn? Zur Arbeit? Dann frag gezielt danach, aber bitte nicht jedes Mal und bei Kleinigkeiten. Du bist erst 3 Monate da, Unsicherheit ist normal und Feedback hilft dir. Damit kannst du Stärken zeigen. Sei hilfsbereit wenn es bei euch üblich ist, aber nimm nicht zu viel Arbeit anderer auf.

Falls es ums Verhalten geht: Da wirst du kein regelmäßiges Feedback erhalten, das ist atypisch. Ich würde Reaktionen anderer auch nicht überinterpretieren. Das ist bei denen nach 10 Minuten aus dem Kopf und unwichtig. Und falls dir jemand regelmäßig Honig um den Mund schmiert, kann es auch gezielte Manipulation sein. :confused:

Gibt es da klare Rollen? Jemand der schaut dass Deadlines eingehalten werden? Jemand der die Aufgaben verteilt oder ist es Chaos?

Falls du Verbesserungen vorschlagen willst, warte ab und sei still. Deine Vorschläge werden sowieso nicht akzeptiert in den ersten 6-12 Monaten. Wenn es so weit ist: Denke es zu Ende, mache Notizen. Schlage vor, begründe, verkaufe den Vorschlag mit Vorteilen die er den Personen bringen würde. So lang wie nötig und so knapp wie möglich, ansonsten überfordern wir Menschen wenn wir einen wirren Monolog anfangen, dem nur wir folgen können. :smile:

Du kannst die aktuelle Arbeitsstelle als Testlauf sehen wie du gewisse Defizite bei dir optimieren kannst. Vielleicht entwickelt es sich dann doch ganz gut. Ich lese bei dir viele Selbstzweifel, aber weglaufen hilft selten und Probleme holen einen immer irgendwann ein. Also lieber am Problem ansetzen („Das Problem bin ich“) und es korrigieren („Und ich kann das Problem korrigieren“).

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Haha oh man, genau das gleiche bei mir - kann ich so unterschreiben :smiley:

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Hallo @crizzledizzle ,

es ist einige Jahre her, aber wenn ich lese was du schreibst sehe ich meinen Mann oder mich.

Ich habe die Schule schon immer total langweilig gefunden, mit 17 Jahren wollte ich Geld verdienen um mir den 18 Geburtstag selbst zu bezahlen. Der Job mega langweilig. In einer Fabrik teile zusammen bauen. Meine Ablenkung war jeden Tag herauszufinden wie ich schneller werde um mehr Premie zu bekommen. Das macht einen nicht sehr beliebt, kann ich dir sagen.

Nach der geilsten Feier meines Lebens wollte ich ne Ausbildung machen. Hotellfachfrau. Aber die Chefin war ne Kuh. :laughing: Das Gefühl kann ich immer noch spüren.

Dann beschloss ich herauszufinden was noch geht. Also machte ich 3 Jahre nichts anderes wie laufend Jobs wechseln.

Prototypenbau, Clown, Luftballon Verkäuferin… bis ich in eine Spedition kam und ein Lager voller Metall Collies.

Ich beschloss eine Ausbildung zu machen zu Informatikkauffrau. Da waren einige leute die genau so wie ich anders waren. Nach 5 Jahren Außendienst wollte ich was anderes machen.

Kindermädchen zum Beispiel. :innocent:

Bis ich irgendwann auch im Callcenter saß und eine Anzeige lass; Städtischer Vollzugsdienst sucht.

Nun und heute habe ich eine kleine Firma und vermiete unser ERP&CMR System.

Also, gib nicht auf. Du bist halt besonders. Finde heraus was dich glücklich macht. Nur weil man was gelernt hat, muss es einen nicht glücklich machen.

Ach und Home Office geht für uns auch nicht.

LG
Mona

P.S.
Der Coolste job den ich je gemacht hatte war: auf Messen in einem Aerotrim die Leute zu unterhalten. :vulcan_salute:

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UUh, ja das mit nichtkompatibel, kann ich gut verstehen. Wenn da etwas nicht 100%ig genau ist, kann es zu Problemen führen. Das Thema an und für sich ist sicher spannend, doch die Fehlertoleranz ist klein. Ich denke es ist für viele ADHSlern schwierig vereinbar, insbesondere wenn die Person oft vermeidbare Flüchtigkeitsfehlern begegnet. Klar auch andere machen Fehler, aber wenn ich da an meine ab und zu doofen Fehlern denke, kann das schon Auswirkungen haben…

Wo siehst du deine Stärken? Was tust du gerne an deiner heutigen Tätigkeit und was nervt dich, oder braucht viel Energie?
Ich brauchte lange, meinen Weg zu finden. Bei meinem Arbeitgeber durfte ich so ein Stärkencamp durchführen, das hat mir sehr geholfen und konnte meine Arbeit verändern. Mittlerweile geht es gut und ich fühle mich wohl. Insbesondere wenn ich das Tun darf, was ich liebe :wink: nämlich Disruption/Innovation ausleben, Regeln brechen, neu Denken. Das Verhältnis Spass:Unlust funktioniert bei mir 80:20 gut. Nimmt der unlust Teil zu viel Platz ein, blockiert es mich.

Es gibt hier dazu ein Thread zu Strukturierungshilfen oder Aufgaben jeder muss da aber sein Modell finden und in meinem Fall hat es sehr viel Zeit, hardnäckigkeit und Disziplin gebraucht. Mittlerweile geht das automatisch… Oder auch das Buch von Lachenmeier: Erfolgreich im Beruf mit ADHS Ist lesenswert und half mir sehr im Verständnis mit ADHS und warum ich oft angeeckt bin.

Ja kenne ich, ab und zu bin ich auch zu offen. Macht bei mir nichts, da wir im Team sehr „menscheln“. In einem anderen Setting wäre es sicherlich schwieriger…

Drück dir die Daumen für deinen Werdegang. Gib nicht auf! In der IT gibt es tolle Jobs für ADHSler :smiley:

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Danke für deine ausführliche Antwort.
Das hat mir gestern beim Durchlesen schonmal gut getan. :slight_smile:

Ich versuch mal auf deine Fragen zu antworten.

- Feedback in welchem Sinn? Zur Arbeit?
Ich frage in fast allen Lebensbereichen folgende Fragen sehr oft:
z.B „Hab ich was falsch gemacht?“, „Bist du jetzt wegen mir genervt?“, „Ist alles in Ordnung?“
Leider beziehe ich viele Launen und Stimmungen von vor allem engen Mitmenschen (Partnerin, Eltern, Freunde) auf mich. Da ich mir sehr oft in meinem eigenen Verhalten unsicher bin.
Genauso geht es mir auch in der Arbeit, ich frage zwar hier nicht so nach, aber ich verspüre diese Unsicherheit innerlich.
Bin grundlegend eher der selbstbewusste Typ Mensch, es gäbe auch keinen Grund Dies nicht zu sein, durch mein AD(H)S wurde mir aber in der Kindheit oft das Gefühl gegeben ich wäre Schuld an vielen Dingen. Daher hab ich jetzt als Erwachsener immer noch Unsicherheiten in meinem Verhalten.

Gibt es da klare Rollen? Jemand der schaut dass Deadlines eingehalten werden? Jemand der die Aufgaben verteilt oder ist es Chaos?
In meinem Tätigkeitsbereich (üblich in der IT), wird vor allem sehr viel eigenständiges Arbeiten verlangt.
D.h vor allem Selbstorganisation und Struktur. Aufgaben muss man sich selber nehmen und suchen. Deadline müssen selbst gesetzt werden und eingehalten werden.
Wenn ich das hier so niederschreibe fällt mir auf, dass das total unpraktisch ist mit AD(H)S, und sehr viel Disziplin und Selbstbeherrschung abverlangt. Soweit bin ich aber noch nicht mit meiner Therapie.

VG
Christoph

Hallo Mona,

vielen Dank für die motivierenden und aufbauenden Worte. :slight_smile:

Für mich ist es erstmal beruhigend zu Wissen, dass ich nicht der Einzige bin der dies durchmacht/durchgemacht hat.
Mich verzweifelt im Großen und Ganzen einfach der Gedanke, ich muss etwas finden was mich erfüllt, wo ich lange und kontinuierlich dran bleiben kann.
Ich glaube als AD(H)Sler wird man niemals an den Punkt kommen.
Man muss das akzeptieren, dass man sehr wahrscheinlich beruflich mehrere Passagen durchlaufen wird.
Natürlich wäre es das Beste, das Hobby zum Beruf zu machen.
Nur sind meine Hobbys leider nur sehr schwer beruflich auszuüben.

Kennt ihr Anlaufstellen, Organisationen, etc. wo man evtl. sich da Unterstützung holen kann, evtl. das „Richtige“ bzw. einen Bereich herauszufinden.

Vielen Dank.

VG
Christoph

Hallo Disear,

danke für deine Hilfe und netten Worte. :slight_smile:

Ich versuch dir mal auf deine offenen Fragen zu antworten.

Wo siehst du deine Stärken? Was tust du gerne an deiner heutigen Tätigkeit und was nervt dich, oder braucht viel Energie?

Diese Fragen hab ich mir noch nie gestellt. :smiley:
Fällt mir auch sehr schwer Diese zu beantworten.
Meine Stärken sind unter anderem, Kommunikation, Überzeugung (Manipulation), Kreativität, Zwischenmenschlichkeit.

An meiner Tätigkeit nervt mich, das ewige rumsitzen vor allem.
Bürotätigkeiten sind halt echt langweilig. :smiley:
Körperliche Bewegung im Job wäre vorteilhaft.
Deshalb suche ich aktuell im IT Bereich Außendienst Tätigkeiten.
Viel Energie braucht vor allem die ewige Konzentration auf Projekte und den Bildschirm. Davon werde ich sehr müde.
Soziale Interkationen (mit Kollegen in der Pause wo sitzen und reden) verlangen viel Energie ab und sind mir teilweise unangenehm. Kann die Pause dann gar nicht als Pause sehen. :smiley:
Dennoch rede ich gerne viel und verliere mich sehr oft in Gesprächen.

VG
Christoph

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Ha ha,… bist der Perfekte Motivationstrainer?

Aber in einem hast du halt recht. Selbst Akzeptanz, dass braucht es. Ich habe viele Jobs kurz gemacht. Einige länger und den jetzigen 8 Jahre, die längste Zeit. Heißt nicht das es für immer sein wird.

Persönlich kenne ich keine Bücher zum Thema. Habe aber in Stuttgart eine gute Adresse für Coaching: PI Kaupp

Schönen Abend noch

Gruß Mona

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Das ist doch die, bei der man alles selber zahlen muss oder nicht?

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