ADHS-I bei weiblichen Teenager, wir haben die Diagnose nicht bekommen :-(

Hallo liebe Forumsteilnehmer,

ich bin hier wegen meiner 15jährigen Tochter.
Laut Abschlussgespräch in einer KJP hat meine Tochter wohl kein ADHS. Dies wird hauptsächlich mit den unauffälligen Grundschulzeugnissen und den Ergebnissen der durchgeführten Tests begründet. Beides finde ich aber gefühlsmäßig nicht richtig. Wobei die Sache schwierig ist, dann sie ist in jedem Fall auffällig, aber es könnte auch einfach „nur“ eine Depression vorliegen. Es spricht aber auch viel für ADHS, wie nicht nur ich finde (sondern auch Leute, die selber ADHS haben und sie eben kennen).
Meine Tochter war in der Grundschule womöglich nicht auffällig (bis auf die Tatsache, dass sie in der 4. Klasse eine sehr schwere Depression hatte). Aber sie ist nie als unaufmerksam aufgefallen. Allerdings, was soll das aussagen, sie war schlau und hatte daher gute Noten. Und wir haben daheim auch unterstützt und sie gemanged. Sie war und ist nicht von der unruhigen Sorte, wodurch hätte sie also auffallen sollen. Ob sie gedanklich bei der Sache ist, sieht ja keiner.
Und der Test, ja klar, das hat sie sich halt zusammengerissen, das kann sie schon auch mal.
Tatsächlich fand die Ärztin unsere Schilderungen beim Erstgespräch schon einschlägig und meinte, da gäbe es deutliche Hinweise auf ADHS. Beim Abschlussgespräch, nachdem sie also die Zeugnisse und die Testergebnisse vorliegen hatte, wurden die vorher einschlägigen Hinweise plötzlich relativiert. Die unordentlichen Hefte, die gravierende „Verpeiltheit“ im täglichen Leben, die geschilderten Abschweifungen im Schulalltag, teils auch mitten in einer Prüfung, die Schlafstörungen, die heftige Erschöpfung am Abend (mit regelmäßigen verzweifelten Weinkrämpfen) - alles typisch Teenager bzw. vielleicht auf der durchaus festgestellten depressiven Episode beruhend. Was ja auch sein kann, ich will meiner Tochter ja nicht um jeden Preis ein ADHS-Label aufdrücken. Ich will ihr helfen! Und sie braucht Hilfe, sie hat geweint beim Abschlussgespräch, weil es ihr schlecht geht und sie einfach nur Hilfe möchte.
Eben gerade hatte sie eine Englischex, Vokabeltests, total einfach, sie konnte eigentlich alles. Und nein, sie hat keine Prüfungsangst. Aber eben sagte sie mir, sie hätte plötzlich „gar nichts mehr gerafft“. Ihre Noten sind ok (Gym 9. Klasse), aber sie ist sehr schlau und die Noten könnten viel besser sein.
Und diese Nächte ohne ausreichenden Schlaf, weil sie nicht einschlafen kann oder dauernd aufwacht, sie ist die meiste Zeit völlig müde und erschöpft (und daher natürlich gereizt).
Die unzähligen Male, wo sie auf der Toilette vergisst zu spülen, im Prinzip passiert das einmal pro Tag. All die vergessenen oder verlorenen Unterlagen, die sie in der Schule hätte abgeben sollen.
Die vielen Male, wo sie mitten im Gespräch offensichtlich gedanklich abdriftet. Oder mitten während einer Prüfung, wo sie plötzlich „aufwacht“ und merkt, dass eigentlich schon gleich Abgabezeit ist und sie noch nichts zu Papier gebracht hat. Oder wo sie gleich die zweite Aufgabenseite „übersieht“.
Das ewige Wissen, dass man irgendwie „anders“ ist, das zieht sich durch ihr Leben wie ein roter Faden schon seit Kindergartenzeiten.
Kein Wunder, dass es ihr schlecht geht.

Ich bin jedenfalls mal froh, dass ich auf das Forum gestoßen bin, ich werde das alles aufmerksam lesen und mit ihr auch mal diesen Test machen.

Ich würde jetzt einfach noch mal einen anderen Arzt aufsuchen. Wenn der dann auch nichts findet, ja, dann weiß ich auch nicht.

Ich weiß jetzt auch nicht so genau, was ich eigentlich von Euch hören möchte. Ich wollte es einfach mal schildern, vielleicht hat ja jemand Ähnliches erlebt.

Viele Grüße aus München :slight_smile:

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:raising_hand_woman: Huhu @ebelaw ,

Ich habe ähnliches erlebt. Meine Tochter hatte eine Testung im Sommer, die Hinweise auf ADHS aufzeigten, allerdings nicht ausreichend und den Computertest hat sie bestanden. Hinzu kommt, wie bei deiner Tochter, eine überdurchschnittliche Intelligenz.

Ihre Zeugnisse wurden nicht verlangt, wären aber auch unauffällig gewesen. Überhaupt, sagt meine Tochter, könne der Lehrer ihr nicht ansehen, woran sie denkt, wenn sie nach vorne schaut. Wie soll er da ihre Aufmerksamkeit bewerten, solange sie unauffällig ist.

Gerne hätte ich den Psychologen noch meine Beobachtungen geschildert, aber das wurde kurzerhand abgesagt, da sie alt genug war, das Interview selber zu geben.

Ich spiele mit dem Gedanken sie bei einer anderen Psychologin testen zu lassen.

Wollte aber genau aus dem Grund erstmal abwarten und beobachten.

Auch wenn viele die Pubertät gerne als Ursache sehen, gibt es Eigenheiten die in ihrer frühen Kindheit schon da waren.

Das ist schon grausam, dass eure Töchter aus relativ willkürlichen Kriterienkatalogen, die ruhigen Mädchen eben nicht gerecht werden, keine Diagnose und damit eben auch keine Hilfe kriegen. Was ihr beschreibt, sind doch sehr treffende ADHS-Charakteristika.

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Vielleicht lohnt es auch, kritisch nachzufragen, warum es zu keiner Diagnose gekommen ist, da die Kriterien a, b und c deiner Meinung nach wegen D, E und F erfüllt sind.

Ein bisschen habe ich auch mit der Hauptansprechpartnerin bei der Diagnose meiner Tochter hin und her diskutiert… Die Psych sah „nur“ ein ADS, explizit ohne ein H. Nachdem sich alle möglichen Leute (die ganze Familie, die Lehrerin und die Nachbarin) darüber scheckig gelacht haben, habe ich Contra gegeben und die Bestätigung bekommen, dass wohl auch ein H vorliegt.
Wenn das nichts gebracht hätte, wär’s auch nicht so schlimm gewesen, da die Diagnose ja trotzdem gegeben war. (Auch wenn die Trulla explizit unterschieden hat.)

Viel Erfolg noch, richtige Diagnosen sind so wichtig!

(Haben wir grad auch mit dem anderen Kind. Da geht’s allerdings um ASS)

Intelligente Mädchen und Frauen haben leider sehr schlechte Karten bei der Diagnostik, denn sie zeigen oft nicht die motorische Unruhe, die das Stereotyp von ADHS weiterhin bestimmt, sie können aufgrund ihrer Intelligenz schulische Nachteile kompensieren, und maskieren die Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion oft schon sehr früh. All das ist super-anstrengend, führt dann zu Erschöpfung und Depression. Leider sind die Tests, die bei der Diagnostik verwendet werden, bisher in keiner Weise an diese relativ neuen Erkenntnisse angepasst, so dass Mädchen auch in der Testung oft durchs Raster fallen. Ärztinnen und Psychologen sind leider auch nicht immer souverän genug, den Stellenwert solcher Ergebnisse zu relativieren und die Diagnose trotzdem zu stellen.

Lass Dich nicht verunsichern von denen, die hier schreiben, Du solltest Dich erstmal um die Depression kümmern statt nach ADHS zu kümmern - umgekehrt wird ein Schuh draus: Viele Frauen, die wegen Depressionen und Angststörungen behandelt werden, haben ein zugrundeliegendes unerkanntes ADHS, das ihr Selbstwertgefühl stark geschädigt hat. Natürlich muss man sich um das „ganze Kind“ kümmern und darf andere mögliche Ursachen nicht aus den Augen verlieren. Trotzdem deutet (offenbar ja auch nach Auffassung der KJP) bei Deiner Tochter vieles auf ADHS hin. Und Du kannst auch ohne offizielle Diagnose vieles unterstützende tun: Den Alltag entzerren, genug Ruhepausen einplanen, überforderung durch zu viel Trubel, zu viele Termine, laute Geräusche vermeiden - und ihr erklären, warum sie oft so erschöpft ist und warum ihr manches schwerfällt. Das hilft schon viel.

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Na ja sie wollte der Tochter mit der Diagnostik helfen. Das finde ich nicht so fair von dir.
Und es wird oben ja auch geschrieben, dass es vor allem um Hilfe geht auch wenn es keine ADHS ist.

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Die Unterscheidung von ADHS und ADS ist veraltet, sie wird nicht mehr vewendet. Es gibt nur noch ADHS vom unaufmerksamen Typ und ADHS vom hyperaktiv-impulsiven Typ. Und natürlich alle Mischformen dazwischen - wenn keins von beidem vorherrscht wird ADHS mit kombiniertem Erscheinungsbild diagnostiziert.

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Es ist nicht einfach für euch.
Mein Tipp: Nehmt euch in den Arm, trinkt einen warmen Kakaao, schaut gemeinsam einen Film, tankt Kraft und wenn ihr soweit seid, dann geht ihr wieder auf die Suche, bis ihr die Hilfe bekommt, die ihr braucht.
:coffee: :teapot: :heart:

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Ich mache keinen Aufriss, ich versuche, ihr zu helfen. Immerhin kann ein unerkanntes ADHS ja ursächlich für eine Depression sein, dann wäre es ja schon sinnvoll, an der Ursache zu arbeiten.
Damals in der 4. Klasse wurde in der Tat eine schwere Depression diagnostiziert und sie ist seitdem auch in psychologischer Behandlung. Ich hätte sie damals auch gerne stationär gegeben, das ging aber nicht. Denn sie hätte alleine gehen müssen und das fanden wir für ein 9jähriges Kind nicht passend. Und eine stationäre Aufnahme MIT Elternteil ist anscheinend vom System nicht vorgesehen, das ging nämlich auch nicht, ich habe damals in ganz Deutschland herumtelefoniert. Also ging sie nicht, bekam aber, wie gesagt, eine sehr liebe KJP an die Seite gestellt und es geht ihr zum Glück auch viel besser.
Aktuell wurde nun „lediglich“ eine nicht sonderlich schwere depressive Episode festgestellt, die aber laut Aussage der Ärzte in der Kinder- und Jugenpsychiatrie nicht mal eine psychologische Reha rechtfertigen würde (ich hatte das mal angesprochen im ADHS Abschlussgesprächs), geschweige denn eine stationäre Aufnahme. Sie meinten, es würde völlig genügen, dass sie aktuell eine Einzeltherapie macht plus Gruppenstunde. Immerhin hat sie sehr ordentliche Noten in der Schule, macht viel Sport, trifft sich viel mit Freunden - es ist nach den ärztlichen Kriterien keine schwere psychische Instabilität vorhanden, die eine intensive mehrmonatige Therapie rechtfertigen würde. Wobei es ihr bestimmt gut tun würde, da gebe ich Dir schon Recht. Daher hänge ich immer noch an meiner Reha-Idee, denn für eine normale Jugend-Reha würde der gegebene Zustand mit den vorhandenen Diagnosen bestimmt ausreichen.
Unabhängig davon würde ich einfach gerne dieses ADHS als Ursache ausschließen oder bestätigen wollen, denn das bestimmt ja das weitere Vorgehen. Keiner ist doch einfach so depressiv, das muss doch einen Grund haben. ADHS wäre halt ein möglicher (der auch vom Drumherum einfach passen würde), der offenbar gar nicht mal so selten zu sein scheint, was man hier so liest.

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danke, ja, das ist dann ja tatsächlich eine sehr ähnliche Situation. Ich werde sie jetzt auch noch mal testen lassen, mich aber vorher besser vorbereiten und mir eine Liste schreiben von Dingen, die mir aufgefallen sind. Der Test, den ich da zum Ankreuzen bekommen habe, war schon sehr kurz und hat halt auch nicht alles abgedeckt. Und mein Gespräch mit der Ärztin war sehr kurz, sie hat hauptsächlich mit meiner Tochter alleine geredet. Aber ob die Tochter dann so spontan alle Dinge auf den Tisch bringt - ich glaube es nicht. Und außerdem weiß ich auch nicht, ob ihr alle Dinge eigentlich auffallen, worin sie anders ist als andere, das sieht ein Außenstehender vielleicht noch mal deutlicher.

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danke, das finde ich halt auch. Und in der Tat hat mich die Mutter ihrer Freundin drauf gebracht, die selber Psychologin ist und selber (neu diagnostiziert) ADHS hat ebenso wie ihre Tochter. Ohne sie wäre ich auf die Idee gar nicht gekommen, denn ich hatte halt auch die alte Definition vom Zappelphilipp vor Augen, was sich mit meiner Tochter so gar nicht in Einklang bringen lässt.

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Danke Dir, das sehe ich eben ganz genauso. Das würde so gut passen und auch ihre abendlichen Weinkrämpfe erklären, sie ist einfach total erschöpft nach Schule und Training (und Schlafmangel).
Und ja, ich habe an anderer Stelle auch schon geantwortet, was wenn die Depression vom unbehandelten ADHS kommt? Diesen Zusammenhang haben womöglich die meisten KJPs auch nicht auf dem Radar, ich selber habe mir das jetzt erst angelesen. Deshalb hätten wir so gerne eine ADHS-Diagnose gehabt, obwohl das auch nicht schön ist. Aber ich habe lieber eine einleuchtende Erklärung, mit der ich dann, auch wenn sie unschön ist, umgehen kann.

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danke, sie hätte dann ganz eindeutig ADHS vom unaufmerksamen Typ. Aber ich dachte, das wäre denn ADHS-I? ADS hatte ich ja auch nicht geschrieben :slight_smile:

danke, so werden wir das machen :slight_smile:

Von meiner Späti Warte aus, merke ich immer wieder, wie hilfreich gerade diese Gespräche während der Diagnose waren.

Aber es muss auch passen, vor allem hätte ich als Kind das noch gar nicht geblickt.

Für mich immer noch eins der besten Beispiele, die Sache mit der Pünktlichkeit aka Termine einhalten. Klar, bekomme ich hin, aber niemand sieht den Struggle, den ich bis dahin durchlebe und damals war das für mich normal, ist eben so…

Das es nicht allen so ergeht, lerne ich ja jetzt erst, viele Jahrzehnte später :adxs_ai: und staune immer noch.

Alles Gute für euch :four_leaf_clover: die Kakao Idee von @Florjetzt möchte ich hiermit unterstützen und weiter geht’s…

Hallo,

um eine Idee zu bekommen, ob, wie stark und mit welcher Ausprägung deine Tocher DHS haben könntest, kannst du den ADHS-Symptomtest (aus ihrer Sicht) auf ADxS.org machen. Es handelt sich um ein Onlinescreening. Eine richtige Diagnostik kann immer nur ein erfahrener Arzt oder Therapeut machen.
Viele User hier im Forum kennen den Test, sodass das Ergebnis hilft, deine Beschreibung besser einzuordnen.

Viele Grüße

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Wow, als ich das gelesen habe hat mich soooo vieles an meine 16-jährige Tochter erinnert!!! Sie war zwar immer eher ein lebhaftes Kind, war aber auch lange Zeit eine gute Schülerin. Sie ist hochbegabt. Schlafprobleme kenne ich auch von ihr und dass sie der ganze Alltag wahnsinnig viel Kraft kostet. Sie war quasi immer k.o.
Letzten Sommer ist es eskaliert, da konnte sie fast gar nicht mehr schlafen. Sie hatte Depressionen incl Suizidgedanken.
Zum Glück hatten wir schon einen Testtermin bei einem ganz tollen Arzt, der uns super betreut. In LA, falls das für euch in Frage kommt. Ihre Tests waren nicht so klar, allerdings meinte er, dass es keine normierten Tests für ADHS gibt und das immer eine Einschätzung des Arztes ist. Da ihr Bruder ADHS hat hat er dann vorgeschlagen, zu testen, ob Medikamente anschlagen. Und wenn sie anschlagen, hat sie ADHS. Moments befinden wir uns noch in der Testphase, was es für meine Tochter nicht einfach macht. Sie leidet definitiv. Ich hoffe deshalb, dass wir bald das richtige Medikament in der richtigen Dosierung finden.
An eurer Stelle würde ich mir definitiv nochmal woanders eine Meinung einholen und mich dabei z.B. an der Liste hier aus der Gruppe orientieren.

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Danke, der Test steht bereits auf meiner Agenda für das Wochenende. Ich habe ihn mir bereits gestern mal angesehen, er ist wirklich gut und viel ausführlicher als der Test, den der Arzt durchgeführt

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Danke Dir, ja, das klingt sehr ähnlich. Die Suizidgedanken hatten wir hier auch schon - in der 4. Klasse! Ich werde definitiv noch mal bei einem anderen Arzt vorsprechen, zum Glück habe sogar noch einen Termin im Januar, der steht schon seit einem halben Jahr und ich hatte ihn daher schlichtweg vergessen gehabt. Gut für uns bei den Wartezeiten…

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