ADHS Kind trotz fehlender Auffälligkeit in Aufmerksamkeitstests?

Das ist einfach falsch und widerspricht dem Stand der Wissens über ADHS. Charakteristisch für ADHS ist, dass die Aufmerksamkeit sehr ungleichmäßig und motivationsabhängig ist und dies durch den oder die Betroffene/n nicht gesteuert werden kann. Im Gegenteil, eine immer abwesende Aufmerksamkeit würde eher für eine andere Störung sprechen als für ADHS.

Wir konnten leider nicht verhindern, dass ihr bisher an Fachleute geraten seid, die das nicht wissen oder wissen wollen. Aber vielleicht können wir deine Verunsicherung zerstreuen.

Vielleicht nicht, weil ich das schreibe (auch wenn ich mich seit 2000 sehr gründlich mit ADHS beschäftige), @UlBre , hast du ein paar fundierte Links?

Von ferne kann niemand hier sagen, dein Sohn hat ADHS. Aber: Wenn alles dafür spricht und nur ein Konzentrationstest nicht, dann ist es einfach falsch, ADHS auszuschließen.

Edit: Martin Winkler erklärt das hier gut: ADHS ist nicht einfach ein Konzentrationsdefizit, sondern eine Störung der willentlichen Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit.

Anders gesagt: Wenn dein Sohn in der Testsituation motiviert und der Test selbst spannend war, konnte er auch mit ADHS den Test gut absolvieren.

Und nicht jedes, aber viele ADHS-Kinder können auch mal fünf Minuten bei einem Arzt ruhig auf dem Stuhl sitzen. So wie mein jüngerer Sohn, der kann das (außerhalb unseres Haushalts) sogar viel länger. Wohin seine Gedanken wandern, fragt ja keiner.

Nochmal Edit: Guck mal hier:

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Hallo,

wir sind inzwischen einen großen Schritt weitergekommen. Mein Mann und die Kinder haben alle ihre ADHS-Diagnose und sind mehr oder weniger erfolgreich medikamentös eingestellt.

Unser oben beschriebener Sohn nimmt Elvanse und ist damit wesentlich ausgeglichener, kooperativer und weniger auf der Suche nach Dopamin. In der Schule kann er sich besser konzentrieren.

Aus verschiedenen Gründen sehe ich vieles inzwischen aber auch lockerer und mache mir weniger Kopf um gesundes Essen, gute Noten, gemeinsame Mahlzeiten, Erlebnisse, … Soll heißen, er isst immer noch sehr ungesund, hängt zu viel an irgendwelchen Geräten, schiebt Hausaufgaben und Lernen auf, verbringt weniger Zeit mit Freunden / draußen als ich mir wünschen würde.
Aber ihm geht es damit gut, und es hilft dem Familienfrieden. Und das ist inzwischen mein Hauptziel.

Ich drücke euch die Daumen, dass ihr beim nächsten Versuch bei einem Psychiater / Psychologen landet, der ADS diagnostizieren kann und will. Die Zeit bis dahin ist so zermürbend.

Alles Gute euch

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Ich danke Euch ganz herzlich für Eure Rückmeldungen. Das gibt mir wirklich Hoffnung und die Kraft, es weiter zu versuchen!
Ich habe dieses Forum erst vor wenigen Tagen gefunden und werde hier weiterlesen.
Mir war beispielsweise nicht klar, dass diese ewige Suche nach Dopamin zum Bild dazu gehört.
Das bestärkt mich auch nochmal, bei meinem Mann hinzuschauen. Er selbst möchte das derzeit noch nicht wirklich hören und traut sich für sich noch nicht wirklich, sich damit auseinanderzusetzen, ob vieles, was ihn in seiner Kindheit und Jugend belastet hat (und immer noch belastet) auch durch ADS erklärbar wäre.
Danke!! :folded_hands:t5:

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Ah ja, das war mir bisher gar nicht aufgefallen. Herzlich willkommen bei uns! :adxs_knuddel:

Und jetzt erst lese ich, dass dein großer Sohn noch einen ADHS-diagnostizierten kleinen Bruder hat. Also wirklich, bei der starken Erblichkeit von ADHS, was soll dein Großer denn sonst haben? Alle Fragebögen passen, Rechtschreibstörung (was eine häufige Komoborbidität bei ADHS ist) liegt außerdem vor, der Bruder ist ADHS-ler, nur der Konzentrationstest passt nicht, deswegen schließt die Psychologin ADHS aus, das ist ja schon bewusste Manipulation.

Würde diese Psychologin in der Notaufnahme arbeitet, schließt sie dann auch offensichtliche Knochenbrüche aus, oder?

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Und gib deinem Mann Zeit, wenn du drängst, könnte es sein, dass er noch mehr abwehrt.

Wenn er sieht, wie die Behandlung deinem Kleinen und deinem Großen gut tut, fängt er bestimmt an umzudenken.

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Ganz lieben Dank!

Ich möchte dich ebenfalls ermutigen weiter zu schauen.. Hier ist unsere Geschichte.. https://adhs-forum.adxs.org/t/diagnose-falsch-bzw-unvollstaendig-naechster-gespraechstermin-in-drei-tagen/20192?u=wolkenbraut

Ich habe zwei Jahre kämpfen müssen, eben weil meine Tochter in der tap-testung immer wieder normal bis oftmals überdurchschnittlich abgeschnitten hat.. Ich glaube, ein einziger Test war mal so minimal auffällig, aber der zählte dann gegen die anderen nicht, obwohl eben die Fragebögen und die Zeugnisse auch total eindeutig waren.

Und bei meiner eigenen Diagnostik sagte die Psychologin beim klinischen Interview damals, dass sie es total ungewöhnlich findet, dass ich die Fragen so detailliert und überkorrekt beantworte - normalerweise würden adhs’ler eher irgendwann irgendwas antworten, weil sie gelangweilt sind.. Im Nachhinein betrachtet hätte das damals ein erster Hinweis auf den Autismus sein können.. Das habe ich dann im Laufe der folgenden Jahre genauso selbst rausfinden müssen, wie zuvor das mit dem ADHS..

Meine Kinder und ich haben übrigens alle drei dieses Zusatzfeatur.. Und meine Tochter und ich haben beide noch die PDA-Komponente.. Ich glaube mittlerweile, dass es genau diese ist, durch die die Gefahr falsch oder unvollständig diagnostiziert zu werden, extrem steigt.

Die Angst vor Kontrollverlust und das oberflächliche Verstehen von sozialen Regeln führt zu einem extrem effizienten masking..
Aber es ist auch die Reaktion auf „Fehler“ die für Außenstehende schwer auszuhalten ist. Ich sehe den Unterschied zu meinem jüngeren Kind. Man merkt dass er eigentlich will und nicht kann und das wiederum führt in der Reaktion dazu ihm helfen zu wollen.. Bei meiner Tochter und bei mir führt dieselbe Situation dazu, dass wir uns solange vor der Lösung unserer Probleme drücken, dass wir in unserem Gegenüber fast schon Widerwillen auslösen.. Die innere Not wird hinter so vielen Schichten von Abwehrmechanismen versteckt, dass sie kaum noch erkennbar ist, wenn man nicht genau weiß, wonach man sucht.

Und indem ich ihnen das aufgezeigt habe, habe ich die Leute (oder zumindest einen Teil davon) immer und immer wieder dazu gebracht habe, doch nochmal hinzugucken. Ich habe von ihren völligen Zusammenbrüchen erzählt.. Ihrer Verzweiflung, die sie selbst mir gegenüber ganz selten offen zeigt, weil es dafür zwei Dinge braucht… Tiefempfundenes Vertrauen ins Gegenüber und die Wand im Rücken, so dass man nicht weglaufen kann.. Letzteres entweder durch äußere Zwänge oder aber durch eine freiwillige Positionierung (was dann aber eben das Vertrauen ins Gegenüber absolut unabdingbar macht).

Ich möchte übrigens damit nicht sagen, dass es nicht auch andere Faktoren geben kann, die eine Diagnose unwahrscheinlicher machen.. Ich gucke mir da zum Beispiel meinen Mann an.. Selbst ich habe Jahre gebraucht um das ADHS in ihm zu erkennen, obwohl ich sonst recht gut darin bin.. Er ist ein klassischer people pleasure und war früher das Glaskind… Auch dort sind es also die extrem guten masking Fähigkeiten, die eine Diagnose extrem erschweren, weil die Diagnostik nicht darauf ausgelegt ist, überhaupt danach zu suchen..

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Achso: die Diagnostik-Leitlinie ist übrigens total eindeutig.. Tap-testung darf niemals alleiniges Entscheidungskriteritum für oder gegen die Diagnose sein.. Insbesondere nicht, wenn sie zum Rest nicht passt.
Also sie ist mehr als Verstärker zu werten und gerade nicht als Ausschlusskriteritum..

Wenn also alles unauffällig ist und die tap-testung auch, dann würde es dafür sprechen, dass wahrscheinlich kein ADHS vorliegt. Genauso andersherum.. Überall Auffälligkeiten und auffällige tap-testung Macht es einfach..

Aber wenn der Rest schon uneindeutig ist, dann kann man sich den Bums sparen, eben weil sie nur ein möglicher Hinweis und eben kein Beweis dafür oder dagegen ist…

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Lies Dich in Ruhe durch die Beiträge hier. Ich bin mir sicher, dass Du noch einiges finden wirst, was Dich überrascht. :adxs_zwinker:

Nicht drängen und nicht „totquatschen“. Das kann auch erst mal erschreckend sein, wenn man realisiert, dass man selbst auch betroffen sein könnte. Dann braucht es Zeit, um sich langsam an den Gedanken zu gewöhnen und heranzutasten. Ich hatte meinen Mann recht schnell im Verdacht, aber er wollte auch nichts mehr davon hören, als er sich in einigen Punkten selbst wiedererkannt hat. Hat ne Weile gedauert, bis er dann doch mal nachgefragt hat. So ganz kann er sich halt auch nicht entziehen, wenn 3 von 4 in der Familie nach und nach ihre Diagnose bekommen. :upside_down_face:

Inzwischen ist er sich sicher, dass er auch ADHS hat (ohne Hyperaktivität), will aber keine Diagnostik machen, weil er die Medikamente für sich ablehnt. Das ist seine Entscheidung. Da rede ich ihm auch nicht rein. Aber er ist viel nachsichtiger mit den Kindern, mir und sich selbst geworden, wenn ADHS mal wieder verhindert hat, dass etwas so läuft, wie es laufen sollte.

Was für ein Vollhorst. :enraged_face:

Lass mich raten: Alter weißer Mann?
Traurig, dass bei dem als Facharzt(!) immer noch nicht angekommen ist, dass es ADHS auch „ohne H“ gibt. Das ist ja nun keine Neuigkeit mehr. Und dass auch die „mit H“ in der Lage sind, sich mal 5 Minuten zusammenzureißen - insbesondere, wenn es gerade eine neue, spannende Situation ist, sollte ein Facharzt durchaus auch wissen.

Die Konzentrationsstörungen zeigen sich nicht der Hyperaktivität. Das sind zwei völlig verschiedene Symptome. „Kann still sitzen“ ist nicht gleichzusetzen mit „kann sich konzentrieren“ - und genau so wenig umgekehrt. Nicht still sitzen können, ist Hyperaktivität. Konzentrationsstörung ist, nicht beim Thema oder bei einer Tätigkeit bleiben zu können. Mit den Gedanken woanders hin zu wandern, statt zuzuhören. Träumen, aus dem Fenster schauen, malen, quatschen, Blödsinn machen… statt dem Lehrer (oder den Eltern) zuzuhören.

Konzentrationsstörung heißt aber nicht, dass sich ADHSler überhaupt nicht konzentrieren können. Wenn ein Thema spannend ist und sie begeistert, dann können sie sich sehr gut konzentrieren. Oft viel zu gut - weil sie dann tief in ihrer Tätigkeit versunken sind und alles um sich herum vergessen (auch essen, schlafen, aufs Klo gehen…). Das nennt man dann Hyperfocus. In dem Zustand verliert man auch die Körperwahrnehmung und merkt nicht, dass man Hunger hat, die Blase voll ist, man müde ist… Wenn man da unvermittelt rausgerissen wird, reagiert man oft sauer und kann auch „explodieren“.

Wenn Dein Sohn also 3 Stunden ohne Pause voll konzentriert mit Lego spielen kann und Dich dann anpampt, weil Du ihn zum Essen holst, dann ist das kein Anzeichen gegen ADHS, sondern dafür. So ein Hyperfocus ist extrem anstrengend. Aber das merkt man erst, nachdem man wieder in der realen Welt angekommen ist. Dann muss man plötzlich sofort aufs Klo, am besten direkt mit irgendwas zu Essen in der einen Hand und ner Flasche Cola in der anderen, die man sich auf den 5 Metern bis ins Bad reinschüttet.

So wie ich das lese, hat Dein Sohn doch Probleme in allen Bereichen (Schule, Familie, soziale Kontakte). „Alle Bereiche“ heißt nicht „immer“, sondern nur, dass eben alle Lebensbereiche betroffen sind. Die müssen auch nicht alle gleich stark betroffen sein und nicht jedes Symptom muss in jedem Bereich zu Problemen führen.

Versucht es auf jeden Fall weiter! Aus eigener Erfahrung und auch aus dem, was ich hier im Forum lese, haben es besonders die „Nichthyperaktiven“ schwer, ihre Diagnose zu bekommen.

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Du berichtest von Erfahrungen mit einem Arzt / Therapeuten, die wir allen Betroffenen gerne ersparen würden.

Wenn du sicher bist, dass das nicht auf einem Missverständnis beruht, hilf bitte anderen Betroffenen, indem du unter dem folgenden Link deine Erfahrungen mit diesem Arzt / Therapeuten einträgst. Das kann anderen Schaden ersparen.
Herzlichen Dank!

Und natürlich freuen wir uns immer über jede Information zu ADHS-kompetenten Ärzten und Therapeuten.

Hi @Lemonie,

wie die Vorredner schon schrieben, ist dringend ein anderer Diagnostiker zu suchen.

Diese „Konzentrationstests“ sagen ziemlich wenig über AD(H)S aus. Da bereits bekannt sein müsste, dass bei diesen die Aufmerksamkeit und Konzentration nicht komplett fehlt, sondern die Regulation gestört ist.

Unter „Laborbedingungen“ konnte ich bei einem solchen Test eine hohe Punktzahl erreichen.

Wenn Menschen in meinem Umfeld aber nur leise miteinander reden, kann ich mich gar nicht konzentrieren.

Seit ein paar Jahren nutze dafür verschiedenste Ohrstöpsel, je nach Bedarf.

Vor dem Bewusstsein meiner eigenen Neurodivergenz dachte ich noch, dass die Welt für andere Menschen genauso laut sei.

(HSP, ADS, ASS)

VG

Guten Morgen,

und ganz lieben Dank für die detaillierten Rückmeldungen nochmal.

Vor allem, lieber Suchender, finde ich es interessant, dass diese von jemandem kommt, der von ADS und ASS betroffen ist. Dies denke ich nämlich von meinem Sohn mittlerweile auch.
Die Therapeutin hat mittlerweile auch eine Gefühlsblindheit bei ihm festgestellt und uns nochmal eine Adresse einer Psychiaterin gegeben, die auch Autismus-Diagnostik macht.

Ich selbst bin auf jeden Fall hochsebsibel. Mein Sohn ist dies sicherlich auch. So kommt also einiges zusammen.

Momentan bemühe ich mich, sehr darauf zu achten, zu verstehen, welche Situationen ihn überfordern (zum Beispiel war jetzt aktuell im Urlaub der Besuch eines Ortes mit ziemlich vielen Menschen an einem ziemlich warmen Tag eine völlige Überforderung für ihn, er „kollabiert“ dann einfach in emotionaler Hinsicht…ich weiß nicht, wie ich das anders ausdrücken soll). Ich bemühe mich nun, anzuerkennen, dass er neurodivergent ist und einfach bes. Bedürfnisse und Schwierigkeiten hat…auch wenn ich bisher keine richtige Diagnose habe.

Also wir versuchen es weiter. :smiling_face:

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