ADHS und Autofahren

Ich ziehe vor euch allen, die Verantwortung übernehmen und das Autofahren entweder sein lassen oder erst gar keinen Führerschein machen wirklich den Hut!!!

Ich wünschte, all jene Neurotypischen, die aus Altersgründen oder aufgrund von Nachtblindheit eigentlich fahruntüchtig sind, würden sich genauso verantwortungsvoll verhalten. Leider ist das nicht immer der Fall.

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Ich fahre wirklich nur, wenn es mir gut geht. Ansonsten bin ich mir auch nicht zu schade mal den Bus oder Zug zu nehmen. Das kommt schon mal öfters vor.

seh ich gar nicht so… diejenigen zugegeben nicht wenigen Personen mit ADHS, die nicht Autofahren oder es erst gar nicht versucht haben, den Führerschein zu machen… jeder davon hinterfrage sich mal, welche Rolle (unterschwellige Rolle im Hintergrund) dabei die eigene Sozialisation bzw. biographische Faktoren und aber am wichtigsten, der Faktor ANGST ! gespielt haben… subjektiv vs. objektiv, bei ADHS und Autofahren ist das oftmals ein deutlicher Unterschied… meine Omi ist fast 82 und fährt noch Auto, sie passt ihren Fahrstil ihrem Alter an, im Großen und Ganzen funktioniert das und bei der großen, großen Mehrheit der autofahrenden Senioren ebenfalls… wer ohne tatsächliche, objektive Not (subjektiv vs. objektiv) generell auf PKW-Führerschein verzichtet, der verpasst was im Leben… Auto ist Freiheit und trotz aller modischen Fahrrradfahrerkultur (ich lebe in Freiburg und weiß, wovon ich rede): mit dem Auto mal spontan runter bis nach Griechenland oder neulich bei mir an die Loire und in die Auvergne (waren 3300 km in knapp 7 Tagen), das ist etwas ganz anderes, ein ganz anderes Maß an Freiheit und Unabhängigkeit als auf Flixbus und Zug angewiesen zu sein…

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Ja klar, das hast du hier ja schon öfter geschrieben.

Aber genau wie deine Oma (und andere Senioren auch) hoffentlich auch mit 82 sicher Auto fährt, gibt es auch Jüngere, die aus gesundheitlichen Gründen besser aufhören sollten und es nicht tun.

Wenn das alles so harmlos wäre, gäbe es nicht so viele Verkehrstote, von denen ein nicht kleiner Anteil durch Impulsivität oder Unaufmerksamkeit verursacht ist.

Neben der Freiheit, die durch das Auto vermittelt wird, gibt es auch die Freiheit vom Auto fahren. Sicher sind Öffis und Radwege nicht überall so gut wie in Freiburg, aber man kommt in Deutschland und seinen Nachbarländern fast überall hin, ohne sich eingeschränkt fühlen zu müssen. Anders als in den USA, wo Autolosigkeit teils schlimmer empfunden wird als Obdachlosigkeit.

Ich habe übrigens sogar ein Auto, fahre es aber nur in unserer Gegend. Aber zugegeben, das vermittelt mir eine gewisse Spontanität im unmittelbaren Umfeld. Mit Zügen lege ich mindestens zehnmal so viele Kilometer im Jahr zurück. Mal eben 3.300 km? Und dann auch noch selbst fahren? Im Zug gibt es einen der den Job für mich macht. :smiley:

Es ist erwiesen, dass unmedikamentierte Menschen mit ADHS öfter in Unfälle verwickelt sind. Wen wundert‘s? Mit Medikation sollte sich die Aufmerksamkeit aber nicht groß von anderen Fahrern unterscheiden.

Nicht unterschätzen sollte man, was das Nicht-Fahren ggf. mit dem Selbstwert macht. Es ist etwas anderes, ob ich mich dafür entscheide, nicht zu fahren, oder ob ich aus der Welt der Fahrenden von vorne herein ausgeschlossen bin. Mal abgesehen von der zusätzlichen Belastung, nicht spontan ins Auto steigen zu können, sondern jeden Weg mit den Öffis planen zu müssen, was wiederum zu Reizüberflutung führen kann etc.

So sehr man das Auto angesichts der Umweltproblematik auch geißeln mag: Für viele ADHSler bringt das einsame Fahren im eigenen Auto zusätzliche Lebensqualität und eine Möglichkeit, sich zu fokussieren, was besonders bei der morgendlichen Fahrt zur Arbeit sehr hilfreich für den Verlauf des restlichen Tages sein kann.

Ich werde daher, jetzt, wo ich wieder Medikamente nehmen, auch wieder ins Auto steigen…

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Dem kann ich mich nur anschließen. Ich bin durch die Medikamente auch bedeutend ruhiger beim Autofahren geworden.

Und wie soll man bitte seinen Fahrstil anpassen, wenn man so abgelenkt und überfordert ist, dass schon an jeder größeren Kreuzung die Jalousien runterrasseln und nichts mehr geht? Einfach keine Kreuzungen mehr fahren? Wie soll das bitte gehen?

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Ich hatte damals Fahrschulunterricht vor der Arbeit und war nicht fokussiert, sondern fix und fertig, als ich auf der Arbeit ankam. Das habe ich auch nur zweimal gemacht, weil ich danach erst mal eine Weile nicht arbeiten konnte, weil ich so fahrig war und erst mal wieder runterkommen musste. Da war mir sogar die Fahrt mit dem vollen Schulbus zur Arbeit noch lieber. Da konnte ich wenigstens Kopfhörer und Cappy aufsetzen, dadurch einen Teil der Reize wegfiltern und musste nicht auf alles Mögliche zeitgleich achten.

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Genau so ging es mit auch - ohne Medis.

In deiner Signatur steht, dass du noch keine Diagnostik gemacht hast. Entsprechend gehe ich davon aus, dass du deine Erfahrungen auch unmedikamentiert gemacht hast?

Ja, das stimmt (Sorry, falls meine Wortmeldung deswegen unerwünscht sein sollte). Führerschein machen käme aber auch nicht mehr für mich infrage. Selbst dann nicht, wenn ich die Diagnose bekomme und dann Medis nehmen sollte (was ich aber wegen der Nebenwirkungen und oft paradoxer Wirkungsweisen von Medikamenten nur ungern tun würde). Da ich in absehbarer Zeit wohl eh in der EM-Rente landen werde, wäre der Führerschein sowieso viel zu teuer und ein Auto könnte ich mir auch nie im Leben leisten. Naja, wenn ich irgendwo hinwill, dann fährt meine ABW-Kraft mit mir dahin. Und notfalls gibt es hier ein sogenanntes Anruf-Sammeltaxi. Das fährt nach festem Fahrplan alle zwei Stunden auf Abruf. Kostet zwar ein paar Cent mehr als der Bus, aber dafür ist man meistens der einzige Fahrgast und man wird meistens zuhause abgeholt und immer zuhause abgesetzt. Und beim Einkauf reintragen wird einem auch noch geholfen. Ich bin aber sowieso am liebsten zuhause in meiner kleinen, geschützten Welt, die mir Ruhe und Sicherheit gibt. Urlaubsreisen sind für mich nur Stress, aber keine Erholung.

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Nein, deine Wortmeldung ist natürlich nicht unerwünscht, aber es ist eben ein himmelweiter Unterschied, ob man mit oder ohne Medis fährt.

Ich kann deine Bedenken bzgl. Medikamenten grundsätzlich verstehen, glaube aber, dass es sich lohnt, selbst zu auszuprobieren, was mit Medis passiert. So manch einer hat die Welt mit völlig anderen Augen gesehen und konnte dann ein völlig anderes Leben führen. Diese Chance würde ich mir nicht entgehen lassen.

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Hi Windtänzerin,

das ist ja das schöne an den AD(H)S-Medikamenten, dass sie eben das, was Du als Deine Probleme beschreibst, sehr deutlich verringern.
Erinnere Dich an diesen Moment, wenn Du das erste mal eine Urlaubsreise geniesst :wink:

Durch Selbstkonditionierung!.. Selbstwirksamkeit statt Erlernte Hilflosigkeit.

„Wahrscheinlich wäre das heute nicht überlebt worden.“… „diese Härte und Robustheit, die gibt es heute so nicht mehr…“…das ist ein Zitat von Reinhold Messner, das er bei Markus Lanz über die laut ihm schier unglaublichen Strapazen und den eisernen Wille zu überleben der in der Antarktis ca. 1912 gestrandeten Männer der „Endurance“ getätigt hat… ich selbst bin auch geprägt von Youtube und Generation Y, ich bin genauso wenig tauglich für die „Endurance“ wie die hedonistischen Millenials auch… gestern war ich im Kino in „1917“, ich hätte es auch wohl vorgezogen bei der Frau im Keller zu bleiben statt wegen den 1600 Soldaten, die sonst in die Falle laufen, wieder raus in die Todesgefahr zu gehen… „Ich kann das nicht.“, der Satz hat auch viel mit Kultur und Prägung und Sozialisation zu tun…

@Overthesky
Meinst du nicht, du schießt hier mal wieder über das Ziel hinaus!?
Das hat nicht immer etwas mit erlernter Hilflosigkeit zu tun, sondern mit der Unfähigkeit zur Konzentration und mehrere Dinge gleichzeitig zu handeln. Solche Symptome sind bei einigen ADHSlern mit schwerer Ausprägung absolut normal. Da frage ich mich wirklich, warum du hier von dir auf andere schließt und Windtänzerin absprichst, sich korrekt einschätzen zu können.

Bei mir spielt es fast keine Rolle, ob ich mit Medis oder ohne fahre. Das dürfte aber durch meinen Hyperfokus eine Ausnahme darstellen. Mit Medis fahre ich lediglich etwas entspannter, aber auf meine Konzentration haben die Medikamente keinen Einfluss. Ebensowenig dürften die Medikamente bei durch schwere Ausprägung begründeter Fahruntüchtigkeit diese einfach „verfliegen“ lassen.

Jeder, der sich im und durch Straßenverkehr überfordert fühlt, hat hinterm Steuer eines PKWs nichts zu suchen. Freiheit hin oder her!
Und ich bin um jeden froh, der seinen Selbstwert nicht daran festmacht, ob er einen Wagen durch diese verrückte Welt lenken kann oder nicht.

Wie gesagt, ich denke, dass Führerschein für PKW erwerben und Autofahren selbst bei ADHS in maximalen Schweregrad prinzipiell machbar ist… wer mit ADHS das nicht schafft, nur ADHS in Kombination mit Komorbiditäten wie Angststörung, Depression, eben erlernte Hilflosigkeit bzw. eine entsprechende Sozialisation ergibt sich diese eher subjektive Unmöglichkeit, Auto zu fahren… ADHS allein ist ein Faktor, der Führerschein und Autofahren erschwert, aber mitnichten in dem Ausmaß, dass es insgesamt nicht möglich wäre…

Ansonsten drehen wir uns bei dem Thema langsam im Kreis.

Es ist DEINE Ansicht, die aber nicht zwingend der Lebensrrealität anderer ADHSler entsprechen muss! Und im Kreis dreht sich hier nur einer, nämlich du um deine eigene Meinung. :wink:

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Danke! Es ist keine erlernte Hilflosigkeit, sondern schlicht mangelnde Konzentrationsfähigkeit, fehlende Multitaskingfähigkeit und Reizüberflutung. Bei mir kommt ja schließlich auch noch mein Asperger-Autismus (hätte ich vielleicht erwähnen müssen; ich habe es jetzt in meine Signatur geschrieben) zum Tragen und beides zusammen ist eine sehr ungünstige Konstellation, da AS und ADS sich in manchen Bereichen gegenseitig sehr negativ beeinflussen.

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:frowning:

Kann ich leider bestätigen. Das ist echt 'ne Sch…-Kombination. :roll:

Hallo zusammen,

ich habe meinen Führerschein erst mit 30 gemacht, da ich vorher kein Interesse dran hatte. Meine ADHS-Diagnose kam erst ein Jahr danach.
Ich habe 2 Versuche gebraucht. Beim Ersten war ich zu unaufmerksam beim Rückwärts fahren, weshalb mein Fahrlehrer bremsen musste.
Allgemein war mein Fahrlehrer während der Fahrstunden die ganze Zeit lang sehr genervt, dass ich gesagtes nicht schnell genug verarbeitete und unaufmerksam war.

Heute fahre ich nur noch mit Medikament, da ich damit viel mehr Details sehe und es sich auch so anfühlt, als wenn ich mehr „Frames per seconds“ hätte.
Ich fahre kurze Stecken ohne, aber sehr ungern.

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