ADHS und Hochbegabung, ADHS oder Hochbegabung

Ah ja, danke, dass du mich daran erinnerst! Denn ich wollte oben noch ergänzen, dass ich meine Gefühle sehr gut differenzieren kann und pathologisches Prokrastinieren von Faulheit bei mir sehr wohl zu unterscheiden weiß!

Faulheit ist ein „Ich könnte das jetzt tun, habe aber keine Lust dazu!“ während Prokrastinieren das Gefühl „Ich müsste das jetzt tun und will es eigentlich auch, aber schaffe es nicht und weiß nicht warum!“ ist.

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:clap: Glückwunsch. Können viele andere eben (noch) nicht so sehr gut.

Sehe ich auch so. Manchmal möchte ich halt lieber auf dem Sofa liegen anstatt irgendwas zu lernen.
Das hat nichts mit ADHS zu tun.

Prokrastiniere ich allerdings die Zettelarbeit welcher Art auch immer, obwohl ich es eigentlich angehen möchte, dann weiß ich, dass meine Psyche mir da wieder reingrätscht.

Mein Bruder hat es letztens sehr zutreffend zusammengefasst: Schwesterchen, ich weiß woher meine Angst vor Zetteln und Papierkram kommt (er ist Vermieter und hat deswegen sehr viel damit zu tun): früher wurde ich immer bestraft, wenn ich was falsch geschrieben oder gerechnet habe. Dann bekam ich Hausarrest und wurde als dämlich bezeichnet. Das sitzt so tief, ich bekomme das nicht mehr raus.

So zutreffend!!! Genau das wird bei mir auch eine Rolle spielen.

Ich hab dann zu ihm gesagt er soll die Zettelarbeit mit was Positivem verbinden und sich umkonditionieren. Das versuche ich auch. Tee dabei trinken, Kopfhörer auf, Musik und schon läuft das.
Übersicht schaffen baut Hemmungen ab.

Er macht sich immer Heavy Metal Musik dazu an xDDD

Ich halte das „schon läuft das (bei mir) → dann wird es auch bei anderen laufen“ nicht für logisch zwingend. Das ist die Wurzel von „Wenn ich mich zusammenreißen kann, kannst Du das auch“.

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@Elementary
Wie weit bist du denn mit der anderen Strategie gekommen?
Kannst du es jetzt, da du die biochemischen Prozesse im Hirn durchanalysierst hast?
Ist ja schön immer alles verstehen zu wollen warum man so tickt wie man tickt. Aber was hat dieses Wissen für Auswirkungen? Welche aktiven Strategien gibt es für den Alltag?

Ich versuche immer den Weg zu gehen, der mir hilft.

Man sollte Faulheit vllt auch nicht immer so verteufeln. Bis zu einem gewissen Grad ist das nämlich auch schützend.
Anstatt am freien Tag die Wohnung von oben bis unten zu putzen entscheidet man sich vllt für die Hängematte. So what.
Wenn Leute meinen mich verurteilen zu müssen, weil das Klopapier falsch gefaltet ist dann können sie sich gerne zum Teufel scheren.

Falls AD(H)S einschlägig ist, können Medis beim Test bis zu 10 oder 15 Punkte gutmachen. Bis zu meint: nicht im Schnitt. Andererseits berichtete ein Extremfall hier im Forum einen Unterschied von glatten 30 Punkten.

Und: Übung macht auch was aus. Böse Zungen berichten von Leuten, die ein halbes oder ganzes Jahr auf den Mensa-IQ-Test geübt haben…

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Nur im Kinderbereich? :wink:
Es braucht ja immer schon Motive, sich einem Verein anzuschließen. Und Hilfsbedürfnis ist ein starkes Motiv, auch wenn es noch andere gibt.

Lustig, wie ich mal zu emotional und mal zu analysierend bin. Selbst in diesem Thread wohl zu [Adjektiv nach Wahl, in dubio faul, von nun an].

Ja gut, nun hat UlBre eh schon geschrieben, ich c/p dennoch mal was ich noch abschicken wollte:

Also die Medikamente haben im Optimalfall einen Effekt auf das Arbeitsgedächtnis und damit auch eher mal den nutzbaren IQ (ganz, ganz vereinfacht jetzt, es spielt noch mehr rein, aber ich will keinen Aufsatz schreiben).
Es gibt sehr unterschiedliche bis vage Ergebnisse, da in Studien, in denen der IQ von ADHS-Betroffenen und Nichtbetroffenen erhoben wurde, nicht immer klar getrennt ausgewertet wurde, wer davon Medikamente nahm und wer nicht. Wohl gibt es viele Ergebnisse, die generell behaupten, dass gute ADHS-Therapie (durch Neurofeedback u.A.) die Ergebnisse im IQ-Test verbessert. Laut adxs kann man von einem Unterschied von im Schnitt 10 IQ-Punkten ausgehen, teils bis zu 20 oder mehr Punkten auch. (s. „2.2. IQ-Messungen bei AD(H)S“ f. und „8. AD(H)S-Testung durch Intelligenztests?“ auf adxs am Ende vor allem „Eine Wiederholung des IQ-Tests unter Medikamenteneinnahme nach ärztlicher Dosierungseinstellung sollte bei AD(H)S-Betroffenen im Arbeitsgedächtnisbereich einen signifikanten Unterschied aufzeigen. Dies wäre ein starkes Indiz für AD(H)S.“ Das hätte sich auch mit meinem gestrigen online-Mensa stark bestätigt - auch wenn das online-Quiz natürlich nur Hinweise gibt und keinen IQ-Test ersetzt, so hab ich mich dennoch gefreut und war ziemlich überrascht, denn solche Tests waren früher nicht meine Freunde und ich mein eigentlich immer noch, dass die Meds mir bei Konzentration und Co. eigentlich nicht geholfen haben bisher, im Gegenteil fast.)

Zum Ferieneffekt/das Sommervergessen:
Da geht’s halt darum, dass Schüer:innen wochenlang nichts machen, außer evtl. lesen (da sind sie auch eher mal besser nach den Ferien, auch wenn restliche Fähigkeiten (vor allem Mathematik) kurzzeitig abschmieren). Das alles ist stark schichtspezifisch; ob und wie wurden Schüler:innen in den Ferien zur kognitiver Stimulierung angehalten? Wird alles wieder aufgeholt in den ersten Tagen bis Wochen der Schule.

Und, das hast du nicht gefragt, aber Depressionen sowie ADHS haben Einbußen im Arbeitsgedächtnis (auch da nun wieder vereinfachend). Kognitive Defizite sind idR symptomatisch während einer Depression, längerfristige Defizite („cognitive scarring“) sind dann möglich, wenn a. ob und wie viele Komorbiditäten hinzukommen und b. wie stark/ wiederkehrend/ schwer die Depression ist/war. Da gibt’s aber unterschiedliche Ergebnisse (u.a. hier für Einbußen während der MDD oder hier für Langzeitfeffekte).

Man kann somit sagen, ja, im Optimalfall ist der IQ sicher relativ stabil, schon mit 7 Jahren, aber es gibt viele Faktoren (die über Tagesschwankungen hinaus gehen) die ihn zumindest kurzzeitig verzerren können.

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Ja liebe @Elementary

Also hätte das Faul vielleicht in Anführungszeichen setzen sollen.

Aber ich rede hier eigentlich besonders speziell über Mathe.

Ist mir klar, warum der Kerl keinen Bock hat. Weil er die Sachen ganz schnell kapiert hat und nicht einsieht, dass er das jetzt hundertmal in rot grün blau durchnudeln muss.

Es macht ihn wahnsinnig.

Das ist einerseits verständlich bei einem HB Menschen.

Andererseits ist es auch für einen HB Menschen wichtig, Bruchrechnen und Mal Geteilt ganz viel zu rechnen, der Routine wegen, die einen dann auch auf der Zahlenebene Lösungswege schneller erkennen lässt etc

Und wenn man sich dem stur widersetzt, darf man es dann nicht vielleicht doch auch Faulheit ohne Anführungszeichen nennen…?

Ich mein ansonsten führt er kein Hausaufgabenheft, vergisst alles, fährt ohne Badehose ins Schwimmbad, weil er die Hose vorhin anstatt ins Schwimmzeug in den Kleiderschrank geräumt hat…

Kommt immer dreimal vom Schulweg zurück, weil er noch was vergessen hat…

Nun und weil er bei Ausflügen keinen Rucksack tragen mag, verteilt er seine Sachen auf die Rucksäcke der Familienmitglieder… bzw. versucht es weiterhin, obwohl wir keinen Bock mehr haben, seinen Kram zu schleppen… ist es Faulheit oder Schlauheit, nicht selber tragen zu wollen…

So und da geht meine Frage los… wo hört das HB Underarousal auf und ab wo ist es ADS…?

Ja und dann hilf mir Elementary, was davon darf ich Faulheit nennen… denn man könnte sich den Kram ins Hausaufgabenheft schreiben… usw…

Ich faende es super, wenn man auf adxs.org einen IQ-Test machen koennte.

Wow, was für ein Thread… Danke für die vielen interessanten Informationen und Meinungen zu dem Thema.
:slight_smile:

Was ich ergänzen möchte: ich empfinde die Fähigkeit, schnell lernen zu können und komplexe Zusammenhänge zu verstehen (und sie gerne zu ergründen) als etwas total schönes. Ein Talent ist ja etwas, das zunächst einmal vor allem das Potential hat, die Zufriedenheitsportion im Leben zu vergrößern.
Irgendwie scheint HB zusätzlich zu ADHS das Risikoprofil im Lebensglücksspiel eines betroffenen Kindes nochmal zu potenzieren. Leben hochspekulativ.
Oder anders ausgedrückt: die Umweltfaktoren bekommen mit 2E in der Kindheit eine extremere Rolle, glaube ich.
Nicht unbedingt eine entscheidendere, aber eine extremere.

Ich selbst habe nicht mehr so viel Erinnerungen an meine Kindheit. Ich weiß dass ich Außenseiterin war, mich fremd und abgelehnt von Gleichaltrigen und in der Tendenz bei Erwachsenen sicherer gefühlt habe.
Die Grundgefühle meiner Kindheit sind Einsamkeit und Scham über mein Chaos und meine Faulheit, von der ich überzeugt war (bin - ich arbeite dran…).
Meine Intelligenz hat diese Grundgefühle verstärkt (alle anderen für doof zu halten ist nicht förderlich für Freundschaften, „wenn Du richtig lernen würdest, dann könntest Du…“) und gleichzeitig das Bewältigen der ADHS-Hürden erleichtert (Schul- und Studienabschlüsse trotzdem geschafft und genug Geld verdient, um Haushaltshilfe zu bezahlen).

Bei meinen Töchtern erlebe ich, dass die Jüngste aufgrund meiner Lernerfahrungen am ehesten die Chancen ihrer Besonderheiten mitnehmen kann.
Sie besucht trotz ADHS und Teilleistungsschwäche (Legasthenie) einen HB-Zug. Das war aber nur möglich, weil ich die HB bei ihr schon mit 6 habe diagnostizieren lassen und sie in der Grundschule daraufhin so gut differenziert unterrichtet wurde, dass sie die Freude an der Schule nicht verloren hat.
Dass sie (wie ihre Schwestern auch) große Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben hatte, fiel zunächst nicht ins Gewicht, weil sie einen so großen Vorsprung hatte (sie hatte sich das Lesen und Schreiben mit 5 selbst beigebracht).

In der HB-Klasse, in der sehr individuelle Kinder sind, fühlt sie sich verstanden und normal.
Sie kann sich weitgehend mit den Dingen beschäftigen, die sie interessieren (Mindcraft, manchmal Schach, immer irgendwelch YouTuber) und hat mehr Zeit, sich Lern- und Ordnungsstrukturen zuzulegen, weil sie von uns Eltern keinen Notendruck hat, mit ihren Noten zufrieden ist und sie erst jetzt in der 7. Klasse langsam anfängt, auf Klassenarbeiten zu lernen. Lateinvokabeln lernen ist eine Katastrophe, dafür kann sie (vom YouTube-schauen) sehr gut Englisch.

Sie versteht ihre ADHS und mir scheint es so, als nehme sie sich an, wie sie ist, ohne sich besonders auf- oder abzuwerten. Sie kennt ihre Stärken und sie kennt und versteht ihre Schwächen. Sie weiß, dass sie nichts dafür kann, dass sie ADHS hat, aber eben auch nichts dafür kann, dass sie hochbegabt ist.
Sie hat die Möglichkeit, Selbstwirksamkeit zu lernen, weil die Menschen um sie herum und mit zunehmenden Alter auch sie selbst, Anforderungen an ihr Tempo anpassen. In der Tendenz ist sie vermutlich trotzdem in Mathe, Informatik und generell beim Lerntempo eher unter- und in den Anforderungen an Selbstorganisation und Ordnung überfordert. Aber ich habe bei ihr den Eindruck, es geht ihr weitgehend gut.

Bei der Ältesten gab es am Ende der 2. Klasse schon die Aussage, dass sie eine Hauptschulempfehlung bekommen wird. (Ich fiel aus allen Wolken, wir hatten überlegt, sie vorzeitig einschulen zu lassen.) Sie hatte wirklich eine harte Zeit in der Grundschule. Das wirkt sich auf den kompletten Bildungsweg aus. Auch die Mittlere hatte und hat es schwer mit sich und braucht viel Mut und Kraft, ihren Weg zu gehen.

Was ich sagen will: Zweifach anders zu sein kann potenzierte Herausforderung bis zur kompletten Selbstwertzerstörung bedeuten oder das Glück, mit der einen Besonderheit eine Hilfe für die andere Besonderheit an die Hand zu bekommen. Und weil der entscheidende Faktor dabei die (informierten!) Erwachsenen sind, die ein Kind begleiten, finde ich es großartig, dass es Seiten wie diese hier gibt.

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Diggi, du sprichst mir aus der Seele.

Meinst du wirklich schnell lernen oder doch eher nur schnell verstehen?

Schnell verstehen ist bei mir eher häufiger der Fall. Das gelernte dann auch zu behalten fällt mir oft unglaublich schwer, da ich es im realen Leben kaum anwende. Wie so ca. 70% der schulischen Lerninhalte anno dazumal.

Naja schon, aber die Qualität desselbigen wäre aufgrund des Verwaltungsaufwandes bestimmt nur was zum Ego streicheln. Ordentliche belastbare IQ Tests kosten halt einfach mal ordentlich was. Da die Fragenzusammenstellung eine hohe Varianz aufweisen muss.

Ich hatte einen mit 15 im Jugendamt da hatte ich nur 91 Punkte und dann ein halbes Jahr später noch unmedikamentiert einen als Eintrittsbedingung für die „Hochbegabtenabteilung“ im CJD Rostock, da waren es dann auf einmal 134.

Danach dann die Diagnose ADHS .

In Betracht auf die Feststellung meines Grades der Behinderung in Folge des IQ Tests im Jugendamt (50%) und späterer Bescheidabänderung auch durch das Ergebnis des 2ten(40%) , ist für mich manchmal fraglich was mir lieber gewesen wäre.

Würde mir heute einiges leichter machen, zwecks Finanzamt und Vergünstigungen im Öffentlichen Verkehr aber eben auch mit der realistischen Erwartung an mich selber. :face_exhaling:

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Da muss ich erst mal drüber nachdenken. Aber doch, ich lerne schnell. Ich vergesse auch schnell. Widerspricht sich das denn? Also ich hab zum Beispiel relativ schnell programmieren gelernt, als ich das mal lernen wollte. Ich hab das dann auch wieder vergessen, weil ich die Kenntnisse dann nicht dauerhaft genutzt habe. Aber ich hatte es mal gelernt (und es lässt sich dann relativ schnell auch wieder aktivieren - bzw. die Grundstrukturen bleiben schon abrufbar).

Hmm. Die Grundstrukturen ändern sich auch wieder schnell. Zwar nicht innerhalb einer Hochsprache aber dazwischen.

Naja, ich werde wohl noch einiges über Lernen lernen müssen. :face_with_head_bandage:

Die (z.T. großen) Unterschiede bei den Ergebnissen von IQ-Tests finde ich auch interessant.
Dass die Ergebnisse bei Menschen mit ADHS höher sind, wenn Medikamente genommen werden, finde ich sehr nachvollziehbar.

Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass sich eine angepasste Umweltsituation sehr stark auswirken kann.
Das Waldkindergartenkind hat sich am Vormittag ausgetobt und sich am Nachmittag, geschützt und gefördert, intellektuell nur und wirklich fast ausschließlich mit Dingen beschäftigt, die ihr Spaß gemacht haben und war dabei oft im Hyperfokus.
Dann kam sie in die Schule.
Im ersten IQ-Test mit 6 Jahren, kurz vor der Einschulung, hatte sie über 20 Punkte mehr als in dem (Gruppen-)Test nach vier Jahren Grundschule, den sie für den HB-Zug gemacht hat.
(Sie nimmt noch keine Medikamente.)

Ich finde das einerseits traurig, dass die gesellschaftlichen Bedingungen sich so ungünstig auf die Entwicklung auswirken, wenn man ADHS hat. Andererseits zeigt es auch sehr deutlich, dass ADHS an sich nicht die Einschränkung ist, sondern durch die unpassenden Anforderungen erst zur Einschränkung wird. Und das hat Potential auf Hoffnung, finde ich.

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Oh ja, Christina Heil ist super. Sehr lesenswert.