ADS im Erwachsenenalter OHNE Symptome als Kind?

Hallo,

ich bin neu hier und lese schon seit ein paar Tagen sehr viele verschiedene Beiträge.

Kurz zu mir: Ich bin 30, männlich und habe vor fast 5 Jahren mein MINT-Studium sehr gut beendet. Bis dahin hatte ich auch nie Symptome gehabt, die „typisch“ für einen AD(H)S’ler wären. Ich konnte mich immer gut konzentrieren, fokussieren und habe meine Aufgaben sehr ernst genommen. Auch in der (Grund-)Schulzeit war ich immer sehr interessiert an der Schule selbst, mir hat lernen einfach Spaß gemacht. Ich war aber immer ein sehr ruhiges, zurückgezogenes Kind und hatte nur 1 Freund, mit dem ich auch nur ab und zu etwas gemacht habe.

Seitdem ich nun aber in die Arbeitswelt eingetaucht bin, stelle ich immer mehr ADS-typische Eigenschaften fest (das „H“ lasse ich bewusst weg, da ich nie Tendenzen zur Hyperaktivität zeigte). Ich habe in den letzten 5 Jahren 8 Mal den Arbeitgeber gewechselt, kann mich seit dem ersten Job auch nicht mehr konzentrieren (egal, welche Aufgaben es sind), lasse mich sehr leicht ablenken und reagiere plötzlich sehr aufbrausend. Ich komme schlecht gelaunt nach Hause, motze sehr viel über banale Dinge und bin gefühlt immer gestresst. An jedem Tag denke ich an die Arbeit, Urlaub sorgt nicht für Entspannung, habe sogar schon auf Teilzeit umgestellt. Hat aber nicht geholfen.

Anfangs machen mir die neuen Aufgaben immer Spaß - bis ich sie zwei oder drei Mal „perfekt“ gemacht habe. Danach kotzt mich das nur noch an und ich resigniere; sogar bis Fristen überschritten werden. Dabei war ich schon in Behörden unterwegs (sehr schlimm, da es fast nie was zu tun gab), in Handwerksbetrieben und in Planungsbüros. Allen ist gemein, dass ich mich immer total ausgelaugt fühle, zu nichts mehr Lust habe, mich sehr schnell ablenken ließ, sehr viele Häufchen auf meinem Platz machte und überhaupt gar nichts mehr auf die Reihe bekommen habe. Ich musste teilweise sehr viele verschiede (kleine) Aufgaben erledigen. Andere taten dies einfach Step by Step - ich habe für Step 1 schon 5 Anläufe gebraucht und auch noch Fehler eingebaut. Hatte ich jedoch nur eine einzige Aufgabe, die mich selbst total interessiert habe, konnte ich auch tagelang hieran arbeiten und habe selbst Pausen durchgemacht.

Kann es tatsächlich sein, dass ich ADS zwar als Kind schon hatte - dieses sich aber nie offensichtlich gezeigt hat und es jetzt „durchbricht“? Ich suche auch schon nach Psychiatern speziell für AD(H)S im Erwachsenenalter. Mich (und meine Umwelt) nimmt das Ganze sehr mit. Seit den letzten 5 Jahren komme ich mir wie ein komplett anderer Mensch vor, der nur noch depressiv durchs Leben läuft und nichts Positives mehr sieht.

Ich bin dankbar für jede Antwort / Hilfestellung.

@Trompete
Willkommen hier im Forum.
Das ADS erst im Erwachsenenalter zum Problem wird sehe ich an mir selbst: männlich, 45J. Seit 4Monaten diagnostiziert und erst seit zwei-drei Jahren Probleme

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Hallo Trompete und herzlich willkommen,

ADS im Erwachsenenalter und gar keine Auffälligkeiten als Kind, das gibt es kaum. Aber es gibt viele Erwachsene, die als Kind gut kompensieren konnten. Die Schulleistungen sagen tatsächlich nichts, wenn du wie du selbst sagst immer Spaß am Schulstoff hattest.

Wie kam es denn, dass du zurückgezogen warst und nur einen Freund hattest? Wie kamst du zurecht mit deinen Eltern? Warst du sportlich geschickt? Gab es in der Kindheit (Beinahe-) Unfälle? Hast du viele Gegenstände verloren oder Turnbeutel und Schreibzeug vergessen?

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Zunächst einmal Danke für eure Antworten :+1:

Als Kind war ich sehr introvertiert, hatte Angst, mich zu öffnen und wollte es immer vermeiden, irgendwie „anders“ zu sein. In meiner Parallelklasse hatten wir ein Mädchen im Rollstuhl. Als ich gesehen habe, wie oft sie ausgeschlossen wurde, eben weil sie anders war, wollte ich das bei mir immer vermeiden. Ich hatte immer Mitleid mit ihr. Eines Tages habe ich sie einfach Mal angesprochen und wir haben ab da oft zusammen gespielt.

Trotzdem ich versucht habe, so zu sein, wie die anderen, war ich genau so anders. Ich spielte immer lieber mit Mädels, als mich mit Jungs zu kloppen, baute Sandburgen, die nicht einfach nur aus einem Haufen Sand bestanden, malte gerne Bilder, bastelte viel und habe bei jeder Gelegenheit am Xylophon gesessen. Manche Lehrer fragten meine Mutter, ob ich das irgendwo Mal gelernt habe, weil ich Melodien oder Musik einfach nachgespielt habe.

Mit meinen Eltern kam ich immer gut zurecht. Obwohl sie sich getrennt haben, als ich in der 4. Klasse war. Komischerweise war ich da gar nicht traurig (oder ist das normal?) sondern habe es einfach so akzeptiert.

Sportlich war ich damals auch. Oder sagen wir eher: Ich habe vieles ausprobiert (Fußball, Handball, Badminton, Trampolin Springen). Mannschaftssport war aber nicht für mich. Ich dachte immer, wenn ich einen Fehler mache und damit das Team verliert, sind alle direkt böse auf mich und hassen mich dann. Als es nach der 6. Klasse keine für mich interessanten AG’s mehr gab, habe ich kein Sport mehr gemacht. Vereinen wollte ich auch nicht beitreten, da da zu viele Leute waren, die ich nicht kannte und ich sowieso immer Schwierigkeiten hatte, Anschluss zu finden.

An Unfälle kann ich mich - bis auf einen - nicht erinnern: Ich bin Mal etwas zu doll auf der Couch herumgehüpft und habe mir beim runterspringen eine kleine Platzwunde an der Stirn geholt. Das war aber schon alles. Turnbeutel habe ich bestimmt 5 oder 6 vergessen oder verloren. Schreibzeug mochte ich dagegen immer und hatte immer das bestsortierteste Etui der ganzen Klasse :smiley:

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Hallo @Trompete

Du bist für mich ein klassischer Fall, bei dem ganz dringend eine Hochbegabungs-Differentialdiagnostik ansteht. Denn AD(H)S ohne jegliche Anzeichen im Kindesalter ist sehr selten (wenn auch nicht ausgeschlossen - siehe late onset AD(H)S oder (ebenso sehr sehr selten) Folge von Gehirnverletzungen oder anderen Lebenserfahrungen / Infektionen).
Nur: was Du berichtest scheint mir irgendwie besser zu HB zu passen. Ja, muss es nicht zwingend, aber es passt einfach so viel, dass es grob fahrlässig wäre, das zu ignorieren.
Wenn ich damit richtig läge, könnten Deine Job-Probleme die schlichte Folge einer Unterforderung sein. Nun ja, vielleicht treffen diese auf eine leichte ADS-Disposition, die sich bisher nicht als Störung (= belastend) bemerkbar machte, aber die jetzt, wo es da draußen dicke kommt, hinzutritt.
Und auf der anderen Seite könntest Du mal den AD(H)S-Symptomtest auf ADxS.org machen und berichten, was rauskam.

Zur HB: Such mal unter ADxS.org die Seite zu Hochbegabung und AD(H)S und meld Dich dann gerne wieder.
Und: nein, nicht jeder Hochbegabte kann Gedächtniskunststückchen. Und die meisten HBs fühlen sich erst mal so was von AufkeinenfallHB, weil sie ja hier oder da zu doof zum geradeauslaufen sind, weil sie ja a, b und c nicht so gut können wie andere. Ihre Werte bei d bis z beachten sie in dem Moment nicht immer. Wie auch, sie fühlen sich ja nicht schlauer, sondern nur so, wie sie sich schon immer gefühlt haben.
Sollheissen: das kann man nicht so einfach von innen her fühlen.

Beste Grüße

UlBre

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Hallo @UlBre,

also den Test hier auf adxs.org mit den 205 Fragen habe ich schon gemacht. Das Ergebnis war ziemlich ernüchternd: Zwischen 18 und 25 Symptomen (von 46), die zutreffen, würde man eine starke AD(H)S-Symptomatik aufweisen. Meine Punktzahl lag bei 38… Außerdem habe ich scheinbar 145 der 205 Fragen so beantwortet, wie es für AD(H)S typisch ist.

Den Depressionstest habe ich direkt hinterhergeschoben und heraus kam, dass ich zu 100% melancholisch depressiv sei… Ups :hushed:

An HB habe ich noch gar nicht gedacht - eben aus den von dir genannten Gründen. Ich war in vielerlei Hinsicht zwar sehr gut in der Schule, aber das kam nicht von einmal zuhören, sondern von Lernen über Lernen und Lernen, bis ich es verstanden habe. Dabei war das immer mein eigener Antrieb. Ich wollte (und will immer noch) alles verstehen und nicht nur auswendig lernen.

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Hallo und herzlich Willkomme Trompete :grin:!

Dem würde ich mal nachgehen und eine Differentialdiagnose anstreben.
Schilddrüse?
Vit. D3 Mangel?

wobei mir das schon ziemlich nach Anpassungsdepression klingt.
Das ist beim Einstieg in die Berufstätigkeit nicht unüblich.
Gerade am Ende der Studienzeit ist man platt - und dann einach heute auch oft schlicht enttäuscht. Dann brechen Kontakte ab, man hat keinen Rhythmus mehr, zu wenig Sonne…
Auch unterschätzt man als Mensch mit wenigen Kontakten, wie wichtig das beiläufig-selbstverständlich Soziale ist. Das spüre ich grade sehr deutlich…

Vielleicht liegt ein Grund eher im Autismusspektrum begründet?
Aberzuvor würde ich die o.g. Dinge mal checken.

Machst Du Sport oder Musik?

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OK, 38 ist deutlich.
Dann bliebe HB als Komorbidität :wink:

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@Hibbelanna: Ja, das stimmt. Ich war mit dem Berufseinstig ziemlich geplättet. Der liegt aber schon 5 Jahre zurück. Während meine Kommilitonen das aber einfach hingenommen haben, habe ich bis heute Anpassungsschwierigkeiten. Daher auch mein sehr sprunghafter Lebenslauf. Ich dachte zunächst, ich sei „bloß“ hochsensibel (kannte ich bis dato auch nicht) und hätte eine Scanner-Persönlichkeit (immer auf der Suche nach etwas Neuem, bloß keine Monotonie, ständi8g etwas Neues beginnen und froh sein, wenn man das auch Mal fertig stellt. Meistens breche ich viele Dinge mitten drin einfach ab, weil ich kein Durchhaltevermöge haben oder mich direkt andere Sachen interessieren).

Über das Thema Hochsensibilität bin ich dann auf AD(H)S Aufmerksam geworden. Und jetzt lese ich was von wegen Differentialdiagnose, Kormobidität, Subtyp SLC (oder so ähnlich) und Hochbegabung - das sind ziemlich viele Infos :see_no_evil: Und alles klingt so ähnlich bzw. ich erkenne meine Persönlichkeit in jedem zu mind. 50% wieder. Da eine genaue Abgrenzung zu finden, ist sehr schwer (zumindest für mich).

Nein, Sport mache ich gar nicht (mehr). Habe zwischendurch immer Mal wieder das Joggen angefangen, sodass ich mich überhaupt Mal bewege. Aber nach 2 oder 3 Mal hatte ich (wieder Mal) keine Lust, weiterzumachen. Das kommt so alle halbe Jahre wieder. Kraftsport habe ich auch Mal gemacht - damit aber auch wieder aufgehört, als ich keine „schnellen“ Erfolge sehen konnte. Ich bin ziemlich dürr und habe einen sehr schnellen Stoffwechsel. Schilddrüsenüberfunktion könnte sein, habe mich darauf aber noch nie testen lassen. Vitamin D war Sonne, oder? :smiley: Ich bin eigentlich bei jedem Sonnenstrahl draußen bzw. im Garten oder auf dem Balkon - aber Kollegen sagen mir immer, wie blass ich doch aussehe :roll_eyes:

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Sport (mind. 45 Minuten Ausdauersport alle 2 Tage) ist die wirksamste nichtmedikamentöse Behandlungsmethode gegen AD(H)S. Bis zu 2/3 dessen, was Medis alleine bewirken können. Sinnvoll ist natürlich, Medis und Sport zu kombinieren, das macht dann wirklich was aus.

Im Sommer ja. Da reichen 15 Minuten in Badehose oder Bikini in der prallen Sonne. Im Dezember kannst Du Dich nackig den ganzen Tag in die Sonne stellen - da passiert gar nichts (außer dass Du erfrierst) weil die Strahlung zu schwach ist um die Umwandlung anzustoßen.
Daher: Von Oktober bis Mail ist in Deutschland D3-Einnahme Pflicht. Zumindest für jeden, der auch nur in die Nähe eines Stimmungstiefs kommt.

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Wenn Du Dich hier umliest wirst Du feststellen, dass das Du damit nicht alleine bist!
ich hatte, sorry, vorhin ungenau gelesen und mich darauf bezogen, dass die Symptome bei Dir erst seit dem Berufseinstieg vorhanden sind und meinen momentanen „Berufseinstiegsfrust“ einfach mal ganz steil übertragen …
Seufz.
So kommts, in diesem Zustand sollte man keine Ratschläge erteilen.

Hehe, vorschnelle Reaktion. Woher kenne ich das nur…? :grinning_face_with_smiling_eyes: Immerhin bin ich nicht der einzige, dem es mit dem Berufseinstieg so ging.

In werde dann demnächst Mal mit meiner Wollbadehose in die Sonne gehen, damit ich im Winter nicht erfriere. Oder ich nehme doch Mal Vitamin D Tabletten ein.

Sport kostet mich immer so dermaßen viel Überwindung. Selbst nach meinem jetzigen Teilzeitjob bin ich meistens immer K.O. und vegitiere bis zum Schlafengehen bloß dahin. Mein innerer Schweinehund ist zu groß. Den will ich zwar immer in den Zwinger stecken, aber bevor es dazu kommt, bellt und grunzt er mich an und bleibt dann einfach liegen. Ich mag halt Tiere :grimacing:

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PS: Habe jetzt einfach Mal ein paar Psychiater angerufen, die sich auf AD(H)S im Erwachsenenalter spezialisiert haben. Der früheste Termin wäre im Oktober 2022 frei. Na super… Viele haben auch gar keine Termine mehr vergeben.

Kennt jemand von euch noch andere Adressen? Ich hatte ja mit Mai oder Juni 2022 gerechnet. Aber fast 1 Jahr zu warten ist ja echt erstaunlich… Habe bisher im 100km Umkreis um meinen Wohnort geschaut (NRW/Niederachsen).

Schau mal hier:
EOS-Ambulanzen
Bei der online Anmeldung steht Wartezeit Adhs bis zu 8 Monate, d.h. im Juli könntest du dran sein. Ich habe nur drei Monate gewartet.
Viel Glück

@allmighty Danke für den Tipp, das werde ich mir Mal anschauen. Sind die auch auf Erwachsene mit ADHS spezialisiert? Wie war denn dein Besuch dort?

Bis vor ca. 4 Jahren hätten sowohl ich selbst, als auch meine Familie + enge Freunde, mir ganz klar bestätigt, dass ich als Kind völlig normal war (höchstens ein bisschen schüchtern und vergesslich) und als Erwachsene halt manchmal ein wenig verpeilt bin, aber sonst nichts…

Naja… ich bin 51, habe 2 erwachsene Kinder, ein Enkelkind und seit 7 Jahren einen Partner, mit dem ich seit 4 Jahren zusammen wohne…

Bingo :slight_smile: der erste Mensch in meinem Leben, der zwar einige Macken, aber ganz sicher kein AD(H)S hat und dem beim Zusammenleben mit mir ganz klar aufgefallen ist, dass vieles, was ich als normal empfinde, gar nicht so normal ist… (bin inzwischen mit AD(H)S diagnostiziert)

Wenn in der Familie einige selbst AD(H)S haben ohne es zu wissen und man sich selbst automatisch ein Umfeld mit ähnlichen Menschen sucht und zudem von Kindheit an das „Anderssein“ sehr gut zu kompensieren gelernt hat - vor allem gelernt hat, nicht aufzufallen - dann glaubt man, keine Symptome gehabt zu haben. Und das ist halt besonders typisch für ruhige ADS-Kinder.

Ich hatte ebenfalls in jeder Schule eigentlich immer nur eine Freundin. In größeren Gruppen konnte ich den Gesprächen nicht folgen, war irgendwann weggeträumt…

Im Unterricht war es lehrerabhängig, ob ich „da“ bleiben konnte oder mich „irgendwo anders“ hin geträumt habe…

Ganz bezeichnend: Mathe als Leistungsfach mochte ich wirklich gern, nur im Unterricht war es so langweilig, dass ich nie aufpassen konnte… zu Hause habe ich mir den Stoff dann autodidaktisch beigebracht und gute Noten geschrieben.

Was gar nicht ging: Lernfächer… langweilig!

Alles, was man „verstehen“ musste, hat mich interessiert. Da konnte ich die Aufmerksamkeit stundenlang halten und mich fokussieren, sprich lernen.

Ah ja… Flöte habe ich mir auch einfach nach Gehör beigebracht (mein Sohn dasselbe mit E-Piano)

Dass du nicht traurig warst, als sich deine Eltern getrennt haben, spricht dafür, dass du nicht so gut in Kontakt mit dir selbst warst (bist?)… dich nicht gespürt hast, nicht wirklich „bei dir“ warst. Das kann auch ein Teil der Wahrnehmungsstörung sein. Manchmal wollen Kinder aber auch den Eltern einfach (unbewusst) nicht noch mehr „Probleme machen“ und funktionieren dann einfach - scheinbar emotionslos - weiter. Weil du dich selbst fragst, ob das normal ist, könnte ich mir vorstellen, dass es gut für dein heutiges Leben sein könnte, da mal genauer drauf zu schauen.

Das Sortieren von deinem Schreibzeug :joy:… Also meine Kinder und ich sortieren auch manches ganz akribisch… Was soll ich sagen… bei so viel Chaos im Kopf muss es „außen“ aufgeräumt sein, um arbeiten zu können :wink:

Was du seit dem Eintauchen in die Arbeitswelt beschreibst, das ist bei mir eingetreten, als ich plötzlich die Verantwortung für 2 kleine Kinder und einen funktionierenden Haushalt hatte.

Der Knackpunkt war, dass ich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr einfach im Flow ungestört meine Arbeit erledigen konnte, sondern ständig aus meinen Gedanken gerissen wurde und vor allem ständig „aufmerksam“, sprich „im Hier und Jetzt“ sein musste.

Das hat mich mega gestresst, ich war nur noch „am Rennen“, nichts mehr übrig von meiner (zu) ruhigen Art als Kind. Ich wurde gereizt und aufbrausend…

Und, naja, der Haushalt… andere Mütter haben einfach ihre to-do-Listen abgearbeitet, während ich mich überhaupt nicht aufraffen konnte zu all dieser langweiligen Arbeit… hab überall Häufchen gestapelt, statt die Dinge gleich weg zu räumen und dafür lieber ein Buch gelesen oder irgendeine neue, kreative Deko-Idee umgesetzt…

Also: Ja! Es kann sein, dass du ADS als Kind schon hattest, es nur niemand bemerkt hat. Und UlBre hat sicher auch Recht, HB kann gut sein, zumindest sind es eher die intelligenten Kinder, die ihr „Anderssein“ besonders gut kompensieren können.

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Auf Erwachsene sind sie spezialisiert. Ich bin zufrieden mit dem Ablauf der Diagnostik. Ich war einen ganzen Tag da. Ruf einfach an und versuche dein Glück.

@allmighty: Ich habe gestern direkt einen Online-Termin gebucht. Vielen Dank für den Tipp :slight_smile: Bzw. eine Anfrage gestartet. Ich soll demnächst dann einige Online-Fragebögen ausfüllen und erhalte dann danach einen Termin (stand zumindest so in der Mail).

@Traumtänzerin: Danke für deinen ausführlichen Beitrag. Mir ging es in der Schule ähnlich. In der Grundschule hat mich noch alles interessiert und ich war da eigentlich immer „bei der Sache“. Mag aber - wie du sagst - sicherlich auch an den Lehrern gelegen haben. Auf der weiterführenden Schule (Realschule) war ich meistens unterfordert. Ich hatte eigentlich die Empfehlung fürs Gymnasium, wollte da aber nicht hin, weil ich da niemanden kannte (Nachbarstadt) und meine Mutter „Angst“ hatte, ich würde damit nicht klar kommen (da ich sehr zurückhaltend und schüchtern war). Sie hat sich immer vorgestellt, ich wäre der erste an der Bushaltestelle, würde dann aber alle anderen vorbeilassen und ich selbst steige am Ende nicht ein, weil der Bus zu voll ist.

Danach gings Richtung Vollabitur (sehr gut), erstes Studium (abgebrochen, da viel zu theoretisch und nur auswendig lernen für Klausuren), zweites Studium (sehr gut, da Fachhochschule mit vielen Praktika und Themen interessant). Danach Masterstudium angefangen (wieder im 1. Semester abgebrochen, da sehr viel BWL und Recht → stinklangweilig für mich). Also einfach Mal den Berufseinstieg versucht. Und da stehe ich aktuell (nach 8 Arbeitgebern) seit 2016…

Ich habe mir ebenfalls ein E-Piano geholt, als ich 18 war. Habe einfach nach gehör gespielt und recht schnell „schöne“ Melodien gefunden. Hier hat mir auswendig lernen sogar Spaß gemacht, denn Noten kann ich immer noch nicht lesen.

Ich stelle mir das in deiner Situation wirklich sehr anstrengend vor: 2 Kinder, Haushalt, Job, etc. Das hört sich erst einmal „ganz normal“ an. Aber mit ADS ist eben nichts ganz normal :smiley:

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Wünsche dir ganz viel Erfolg und dass du schnell Hilfe bekommst. Bin sicher, bis zum Test-Termin wirst du so viel über das Thema gelesen haben, dass du selbst schon Experte bist :wink:

Es ist nicht ganz unwichtig für die Diagnosestellung, dass du weißt, inwiefern du „anders“ warst als Kind, gerade auch schon in der Grundschule. Auch wenn damals scheinbar alles reibungslos gelaufen ist und sich niemand über dich beschwert hat, hast du vielleicht doch Erinnerungen, was bei dir „anders“ war, als bei den anderen Kindern…

Ich bspw. war ganz oft in meiner „Nebelglocke“… allein mit meinen Gedanken… und hab dann um mich herum die Geräusche nur ganz abgeschwächt gehört. (Super stressfrei übrigens da drin :joy:)

Als Kind „ist es halt so“… es ist „normal“, weil es schon immer so war. Obwohl einem da schon (un-)bewusst ist, dass andere Menschen die Welt irgendwie anders sehen.

Wie schon gesagt, ADHS-Kinder hat man meist schneller identifiziert und viel öfter auch schon als Kinder diagnostiziert…

Und übrigens… weil du aktuell auch von Depression gesprochen hast… das kenne ich definitiv auch, diesen Zustand, sich zu absolut nichts aufraffen zu können, Laune im Keller über Wochen und Monate…

Echte Depression ist eine eigene Krankheit oder Komorbidität im Zusammenhang mit ADxS

Depressive Verstimmungen dagegen kennt eigentlich jeder: Dunkle Jahreszeit, Stress mit Partner, auf der Arbeit, Schicksalsschläge oder ähnliches. Da kommt man aber alleine wieder raus.

Dieser Zustand, den du beschreibst, könnte aber auch einfach daher kommen, dass deine „grauen Zellen“ nicht genügen Futter haben, nicht aktiviert, nicht genügend stimuliert werden (Dopamin-, Noradrenalinmangel…)

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Danke für deine positiven Worte.

Stressfrei habe ich mich als Kind auch gefühlt. Ich war immer glücklich, wenn ich alleine war. Ich konnte mich immer gut selbst beschäftigen (Lego, Playmobil, Bilder Malen, Musik hören und machen, Basteln, mit Modellautos und -zügen spielen, Ballspiele, Klettern, Buden bauen, Spielplatz, usw.). Kamen andere Kinder dazu, habe ich direkt Unbehagen gefühlt. Es dauerte immer seine Zeit, bis ich mit ihnen „warm“ wurde.

Ich wollte mich vor einem halben Jahr schon Mal auf eine Depression hin untersuchen lassen. Der Arzt hat nach ein paar Fragen aber gesagt, ich sei nicht wie „die anderen Depressiven“, die er sonst kennt. Hat mich dann zwei Tage krank geschrieben und danach durfte ich wieder zur Arbeit. Mehr konnte ich gar nicht erläutern, da war ich auch schon wieder aus dem Behandlungszimmer entlassen. Es war aber auch „nur“ mein Hausarzt, muss ich dazu sagen.

Danach kam zwar personelle Unterstützung auf der Arbeit, aber drei Mal darfst du raten, wer diese neue Person einarbeiten durfte UND sein eigenes Tagepensum trotzdem noch schaffen sollte. Chef meinte zwar, dass diese neuer Person ja genug lernt, wenn sie einfach nur neben mir sitzt und mir zusieht, aber ganz ehrlich: Wer lernt denn so überhaupt etwas? Man muss die Dinge selber machen (und vorher auch gut und ausführlich erklärt bekommen). Zumal ich in einem sehr technischen Beruf arbeite und die Person aus einem kaufmännischen Bereich kam. Dementsprechend viele Fragezeichen waren (und sind immer noch) in seinem Gesicht.

Meine Arbeit staute sich trotzdem unentwegt an und ab da wurde mir auch klar, dass ich überhaupt nicht priorisieren kann. Ich sah immer nur den wachsenden Berg an Arbeit, alles gleich wichtig für mich. Hatte ich endlich Mal eine Sache erledigt, sind schon wieder drei neue Sachen hinzugekommen. Ab da konnte ich noch so sehr versuchen, mit einer weiteren Aufgabe zu beginnen (z.B. nur eine Adresse raussuchen und diese per Mail abschicken) - aber selbst das habe ich erst widerwillig nach 10 Anläufen erledigt und 2 Stunden dafür gebraucht. Der Rest bestand aus in die Luft starren, am Handy spielen, auf Google Maps surfen oder Kopf schütteln, wenn Kollegen ins Büro schauten. Dann klingelt wieder das Telefon, dann ploppt eine neue Mail auf, dann kommen Kollegen rein und wollen was wissen oder ganz toll: Kunden, die einfach persönlich vorbeikommen und direkt beraten werden wollen (denen ich aber zuvor am Telefon sagte, ich habe aktuell keine Kapazitäten mehr frei und könne erst in den nächsten zwei Wochen wieder Termine anbieten). Ich bin einfach heillos überfordert mit diesen ganzen verschiedenen (teilweise aber wirklich einfachen) Sachen.

So. Genug beschwert (für heute) :smiley: