Antidepressivum und ADHS

Ich dachte jahrzehntelang, dass ich Depression hätte. Aber anscheinend es sei ADHS gewesen. Ich sehe jetzt, dass ich die Dysphorie bei Inaktivität mit Depression/Dysthymie verwechselt habe. Anscheinend mein Arzt hat auch verwechselt. Aber ich kann ihm allein nicht die Schuld geben weil ich sehr gut kompensiert habe, wenigstens in manchen Aspekten.

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Na ich war auf jeden Fall in einer depressiven Phase als ich angefangen hab ADHS-Medikamente zu nehmen, damals Ritalin. Das hats eher schlimmer gemacht… und es ist dann besser geworden seit ich Elvanse nehm. Allerdings seit einigen Wochen auch eher wieder schlimmer geworden (allerdings privat auch echt viel um die Ohren, mein Freund hat gerade eine Suchttherapie angefangen und ist auch depressiv) – jetzt, seit einigen Tagen (habe mal den Mund aufgemacht und mit den Menschen, die mir nah sind, darüber gesprochen, gehts echt wieder ziemlich gut. Auch deshalb habe ich jetzt auch bisher „doch nicht“ angefangen mit Elontril.

Steht dennoch auf meinem Schreibtisch :wink: mal schauen, wie sich mein Stimmungsbild weiter entwickelt.

Ich habe Citalopram fast 17 Jahre lang genommen. Ich habe die Dosis selber angepasst und fast nie wieder zum Arzt gegangen, nur wg. Rezepten habe ich angerufen. Es gab kurze Zeiträume, währenddessen ich 20-30-40 mg/d genommen habe. Aber inzwischen, eigentlich meistens während dieser 17 Jahren, nur 5-10mg zum Einschlafen. Ich habe auch mehrmals selber abgesetzt aber max. nach 2 Monaten musste ich wieder nehmen. Damals wusste ich nicht dass ich ADHS hätte. Ich dachte die ganze Zeit, ich habe milde Depression, die ab und zu sich verschlechtert oder Dysthymie. Aber in der Tat, hatte ich die ganze Zeit ADHS und Citalopram hat die „Dysphorie bei Inaktivität“ bei ADHS gut behandelt und das hat mich getäuscht. Das Problem ist: Unter Citalopram, sind vieles schlimmer geworden:
Konzentration, Gedächtnis (reversibl), Sex (Libido weniger), oft Wasserlassen zu müssen, Mundtrockenheit…Tagsüber musste ich 1.5-2 Std extra schlafen, wie kann man so arbeiten? Deshalb habe ich Schichtarbeit gemacht (übrigens das passt ADHS auch gut und ich kam damit gut klar).
Und auf vieles hat Citalopram keine Wirkung gehabt, z.B. Antrieb, emotionale Dysregulation usw.
Lange Rede kurz: Weil Citalopram die Dysphorie gut behandelt hat, und weil ich ADHS in manchen Aspekten irgendwie gut kompensiert habe, habe ich mit Citalopram weiter gemacht. Natürlich alles hat auch damit zu tun, dass ich aus einem Drittstaat komme. Da sind die medizinische Leistungen viel knapper. Aber ich bin auch daran Schuld, klar. Hätte ich Ahnung von Dysphorie, paradoxe Reaktion bei ADHS auf manche Medis usw. Aber vor 17 Jahren, ich glaube, ADHS bei Erwachsenen war gar kein Thema. Also, ich bin Schuld, der Arzt ist auch Schuld und die ganze Mediziner sind auch Schuld. :slight_smile:
Und nein, seitdem ich Stimulanzien nehme, meine Depression (!) ist nicht schlimmer geworden weil es nie eine Depression war. :slight_smile:

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Das wüsste ich nicht, habe von einem Arzt gehört, dass Escitalopram 2-4x wirksamer ist und wie du gesagt hast, weniger Nebenwirkungen hat.

Ich kenne das anders. Bupropion soll eine geringere Wirksamkeit haben aber ist schon wirksam. Ich habe eine Studie gesehen, Effektstärke ist bei Bupropion 0.30 wobei bei Stimulanzien 0.8-1.2 sein soll.
Also, es mag sein, dass die weniger betroffene ADHSler allein davon profitieren.
Ich habe Bupropion auch gehabt und es hat etwas gebracht. Aber Konzentration mit Stimulanzien ist viel besser.

Escitalopram ist gegenüber Citalopram tatsächlich erstaunlich wirksamer bei Depression:

https://www.ppt-online.de/heftarchiv/2011/04/wirksamkeitsunterschiede-zwischen-escitalopram-und-citalopram-eine-systematische-ubersicht.html

Wenn die Reduktion des Wirkstoffs auf das wirksame Enantiomer so viel bringt, wäre es ja schön, das mal auf MPH zu übertragen… Alle üblichen MPH-Medikamente sind racemisch (haben beide Enantiomere). In der Schweiz gibt es ein MPH nur mit dem pharmakologisch wirksamen Enantiomer, Focalin.
Hat jemand damit Erfahrung?

Ich denke, dass ich momentan gar nicht depressiv bin, sondern sich die ADHS ohne Dämpfung durch AD stärker bemerkbar macht. Bei der Diagnose Burnout war ADHS noch gar kein Thema, das kam erst durch die Diagnose meines Sohnes. Seitdem geht es mir wie vielen hier, das fehlende Puzzleteil ist gefunden.

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Weshalb ich denke, nicht mehr depressiv zu sein:
Ich konnte damals meinen Gedanken und Gefühlen nicht mehr trauen. Alles war schwer, grau und verwirrt. Ich hatte eigentlich nur negative Gefühle, habe nichts schön finden können, war so im Elend. Wollte, das dieses Nichts aufhört.
Das ist seit mindestens 2Jahren nicht mehr da. Irgendwann ist mir bewusst geworden, dass ich nicht mehr an der Wahrheit meiner Gefühle zweifle. Das war so unglaublich schön und befreiend. Die AD sollte ich aber dennoch weiter nehmen, insgesamt sind es jetzt 4Jahre mit AD. Ab nächster Woche die ersten Tage mit MPH

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Hast Du D3 aktuell testen lassen?
Jetzt war zwar grad Sommer, aber es war so heiss, das viele Leute nicht aus dem Haus gegangen sind. Ergebnis: zu wenig Sonne auf der Haut, um D3 zu bilden…

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Nein. Medikinet und Ritalin adult sind beides halbtagesretardierte Präparate mit identischer Wirkdauer von 5 bis 6 Stunden (im Schnitt).

Das ist ja spannend. Die Ärztin (Bad Münder) meinte, dass Medikinet adult nur ca 3-4 std wirken würde und ritalin 5-6…
Bei mir käme es mit Medikinet hin. Bin werde so nach 3-4 std müde und bekomme Kopfweh.
Aber wenn es sich von der Wirkdauer nichts nimmt, bringt ein Wechsel ja nichts.

Mittlerweile schätze ich, dass die Ärztin mir Venlaflaxin angeraten hat, da sich Escitalopram mit Elvanse nicht vertragen würde.
Von Medikinet habe ich nämlich einen hohen Puls und merke bisher keine riesige Wirkung.
Vielleicht wollte sie nicht, dass ich Escitalopram beginne und dann ggf. bei einer Umstellung auf Elvanse auch das AD wechseln muss.
Nachdem ich mich über Venlaflaxin informiert habe, kommt es jedoch aber für nicht aufgrund der NW und der Absetzerscheinungen eh nicht in Frage.

Ja, Vitamin D3 habe ich gerade erst vor wenigen Wochen testen lassen. War auch danach noch viel im Urlaub und in der Sonne.

Weiss sie, was sie tut?
Venlaflaxin wird genau so abgebaut wie Amphetaminmedikamente und erhöht daher die Wirkung von Elvanse - was zu einer Überdosierung führen kann.

Kluge Entscheidung :wink: Venlaflaxin ist schon ziemlich heftig…

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Venlaflaxin kommt ja für mich auch nicht infrage.
Die Ärztin kennt mich gar nicht, ich habe sie nur ein einziges Mal zur Diagnostik gesehen.
Mittlerweile überlege ich schon, das Medikinet einfach zu lassen und nur mit Escitalopram zu beginnen… habe einfach das Gefühl, dass sich mein Psychiater (der mich ganz gut einschätzen kann) leider nicht gut mit ADHS auskennt und die Ärztin in der Klinik hat mich komplett durcheinander gebracht.

Es gibt auch ein unretardiertes Medikinet. Vielleicht meinte sie das - das käme auf 2,5 bis 3,5 Stunden im Schnitt.
Ritalin adult ist retardiert, das kommt auf 5-6 Stunden.

Ritalin adult hat seinen Höhepunkt später als Medikinet adult - vielleicht ging es auch um das…
Link auf die Verläufe: Datei:Methylphenidat-Spiegelverlauf.jpg – ADHSpedia

@UlBre und @Userin Es ist schon richtig, dass Ritalin Adult länger wirkt als Medikinet Adult. Aber nicht viel, bei mir ist es eine 3/4 bis 1 Stunde.

Stimmt, der Hersteller von Medikinet gibt 6 bis 8 Stunden an, der Hersteller von Ritalin Adult 8 Stunden.
In der Praxis liegt der Schnitt 2 Stunden niedriger.
OK, wieder was gelernt…
Thx :slight_smile:

Gilt das auch für Duloxetin? Mir wurde ja Elontril verschrieben als AD. Allerdings ist der Push vom Elontril + Elvanse bzw. Attentin ein bisschen zu doll (sitzen ganz schwierig :D) - hatte überlegt, ob ein Switch daher sinnvoll wäre. Grundsätzlich vertrage ich das Elontril aber sehr gut (nur nehme ich aufgrund des gegenseitigen Aufschaukelns kein AMP dazu, daher ist das mit dem Fokus gerade schwierig :D)

Ein gut gemeinter Rat von mir: tue das bitte nicht!

Ich nehme seit 2017 ADs, zunächst Sertralin, seit 2020 Duloxetin. Habe damit angefangen bevor ich mit Adhs diagnostiziert worden bin und ich komme leider nicht davon los, da ich die Absetzerscheinungen nicht aushalten kann. Dazu sind der Antrieb und die Disphorie auch mit AD immer unverändert. Besonders der Antrieb ist bei mir unter AD noch schlechter geworden. Würde ich kein Elvanse nehmen, könnte ich den ganzen Tag nur pennen, auch wenn Duloxetin ein SNRI ist.

Für mich hört sich deine Schilderung tatsächlich weniger nach einer Depression als eher nach typisch Adxs. Und Venla ist was das Absetzen angeht, so die Erfahrungen von Menschen, die ich kenne, wirklich nicht ohne. Wobei man hier natürlich nicht pauschalisieren muss.

Ich an deiner Stelle würde ich lieber mit Elvanse anfangen und/oder Elontril/ Strattera. Ein Mensch mit Adxs ein AD als Hauptmedikation unterzubügeln anstatt ihn wirklich auf alle mögliche Adxs Medis zu testen, ist für mich pure Unfähigkeit. Und deine Thera macht sich ebenfalls das Leben ziemlich einfach, in dem sie dir davon rät. Hat sie überhaupt Ahnung von Adxs?

Und zuletzt finde ich es ziemlich komisch, wenn jemand mit Depressionen Medikinet nur ein Mal täglich nimmt. Der Rebound ist echt nicht ohne, u.a. depressive Verstimmung kann extrem werden.

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