Liebes Forum!
Nachdem ich im vergangenen Jahr meine Adhs Diagnose erhalten habe, sich das Rätsel meiner Selbst aber dennoch nicht in aller Vollständigkeit erschlossen hat, bin ich kürzlich durch eine Netflix-Serie auf das Thema Autismus aufmerksam geworden. Zunächst wurde mir klar, dass mein Lebensgefährte deutliche Zeichen von ASS zeigt (er hat keine Diagnose, wurde aber als Kind mit Adhs diagnostiziert) … bei näherer Betrachtung (und Recherche, was bei Frauen als autistisch konnotiert gilt), fiel mir aber auf, dass ich durchaus auch Anzeichen habe. Bei mir äußert sich das in Kombination mit meinem Adhs wie folgt:
- ich kann keine Strukturen etablieren, merke aber wie verdammt gut es tut, dass mein Partner feste Routinen hat, die ich mit übernehme
- würde man mich fragen, ob ich mit Überraschungen gut zurechtkomme, würde ich intuitiv laut „ja!“ schreien, stünde aber jemand tatsächlich unangemeldet vor der Tür, würde mich das ehrlicherweise massiv unter Druck setzen (das äußert sich auch im Beruf, da ich zu abwechslungsreich anstrengend finde, zu routiniert aber auch)
- ich schaffe es schwer Ordnung aufrecht zu erhalten, wenn ich aber doch mal aufräume, entwickle ich Kleider-Faltttechniken und komplizierteste Sortier-Systeme (die natürlich für den Alltag absolut zu umständlich sind, was auf Dauer wieder zur Ausgangssituation führt)
- ich verstehe andere Menschen oft nicht, Redewendungen, die ich nicht kenne, verstehe ich oft wörtlich; ich komme mit den meisten Menschen nicht gut in eine kommunikative Schwingung und ich werde missverstanden bzw. missverstehe andere
- ich kann extravertiert sein und bin zugleich im Kern sehr introvertiert; oft kann ich selbst nicht einschätzen, ob ich gerade Action oder Rückzug brauche → das führt bei mir tendenziell zu Problemen im Energiehaushalt und ich bin rasch erschöpft
- ich bin sensorisch sensibel; trage im Winter Sonnenbrille und finde das Kratzen von Kleideretiketten oder Synthetik-Pullovern furchtbar; auch das morgens aufstehen oder duschen ist schlimm, da ich immer sofort schmerzhaft friere
- laute Geräusche (z.B. Staubsauger etc.) schmerzen körperlich
- ich habe ein kleines Datenfaible (schon seit Kindheit errechne ich Lebensalter von Menschen, wenn ich zB. über einen Friedhof gehe/ kann mir Daten sehr gut merken, da ich sie „farbig“ wahrnehme)
- habe Spezialinteressen, die allerdings in der Fokussierung oft „wild“ aufeinanderfolgen (jedoch nicht ganz verschwinden, sondern in zeitlichen Abständen rekapituliert werden) → dabei bin ich schon auch ein bisschen kategorie-affin, was zB. medizinische Erkrankungen, literarische oder künstlerische Epochen etc. angeht
- ich bin Literaturwissenschaftlerin und würde sagen, dass ich eine natürliche Begabung für analytische Prozesse habe; zugleich bin ich aber auch sehr kreativ und denke nicht stringent, sondern eher vernetzt und irgendwie parallel
- ich fühle schmerzhaft und intensiv mit anderen mit, das funktioniert aber nur, wenn mir die Personen nahestehen oder das Leid Fremder mich moralisch empört bzw. meinen Gerechtigkeitssinn tangiert; es geschieht auch nur, wenn ich selbst nicht überreizt bin … bin ich erschöpft kann ich leider sehr ich-zentriert und unterkühlt sein; Sachen wie Blickkontakt etc. musste man mir als Kind beibringen, subtile Zeichen von nicht nahestehenden Personen verwirren mich oft
Ich habe auch den differentialdiagnostischen Test hier gemacht, bei dem gestern 34 Punkte herauskamen.
Habt ihr ähnliche Erlebnisse bzw. gibt es hier auch Personen mit Adhs, die auch autistisch sind? Es wäre toll, weitere Infos zu bekommen, wie diese beiden Phänomene zusammenwirken.
Glg Chaosqueen