Elvanse ist kein Spiegelmedikament (wie z.B. Antidepressiva). Bei denen setzt die Wirkung erst ein, wenn ein gewisser Spiegel im Blut erreicht und konstant ist. Elvanse wirkt dagegen sofort.
Aber:
Elvanse hat eine Halbwertszeit von ca. 11 Stunden, was dazu führt, dass es nach 24 Stunden noch nicht komplett abgebaut ist wenn die nächste Dosis genommen wird. Der Rest vom Vortag addiert sich also zu der neuen Dosis. Bis man bei +/- 0 nach der Einnahme landet, dauert es 3-5 Tage. Dann ist immer so viel abgebaut, wie „nachgefüllt“ wird (nennt sich dann steady state).
Klick: Abbau von Elvanse vereinfacht erklärt
Der Abbau erfolgt nicht linear, sondern exponentiell. Das heißt, nach ca. 11 Stunden ist die Hälfte abgebaut, nach 22 Stunden ist aber nicht die zweite Hälfte abgebaut, sondern wiederum nur die Hälfte von der übrig gebliebenen Hälfte (1/4 der ursprünglichen Dosis) - und 1/4 ist immer noch im Körper.
So halbiert sich jeder verbliebene Rest alle 11 Stunden. Und wenn man nach 24 Stunden eine neue Dosis nimmt, addiert sich der Rest der vorherigen mit der neuen Dosis.
Je nachdem wie schnell oder langsam man verstoffwechselt, kann die individuelle Halbwertzeit auch länger oder kürzer sein.
An Tag 3-5 erreicht man dann den Punkt, an dem sich neue Dosen nicht mehr „aufaddieren“, weil gleichzeitig genau so viel abgebaut wird, wie dazu kommt.
Deswegen soll man 3-5 Tage warten, um die Wirksamkeit zu beurteilen. Wenn 30 mg am ersten Tag o.k. sind, kann es am 2. oder 3. Tag schon zu viel sein, weil eben mehr Wirkstoff im Körper ist, als man am Morgen genommen hat:
Beispielrechnung bei 30 mg (mit 12 Stunden Halbwertszeit gerechnet, weil einfacher):
Tag 1: 30 mg
Tag 2: 30 mg + 7,5 mg (=Rest von Tag 1) —> 37,5 mg
Tag 3: 30 mg + 7,5 mg (von Tag 2) + 1,875 mg (von Tag 1) —> 39,35 mg
Tag 4: 30 mg + 7,5 mg (Tag 3) + 1,875 mg (Tag 2) + 0,47 mg (Tag 1) —> 39,85 mg
Tag 5: 30 mg + 7,5 mg (Tag 4) + 1,875 mg (Tag 3) + 0,47 mg (Tag 2) + 0,12 mg (Tag 1) —> 39,97 mg
Tag 6: 30 mg + 7,5 mg (Tag 5) + 1,875 mg (Tag 4) + 0,47 mg (Tag 3) + 0,12 mg (Tag 2) + 0,06 mg (Tag 1) —> 40,03 mg
Tag 7: 30 mg + 7,5 mg (Tag 6) + 1,875 mg (Tag 5) + 0,47 mg (Tag 4) + 0,12 mg (Tag 3) + 0,06 mg (Tag 2) + 0,015 mg (Tag 1) —> 40,045 mg
Ab Tag 4-5 wird die Differenz so gering, dass kaum noch ein Unterschied zum Vortag zu merken ist (und bei den tatsächlichen 11 Stunden Halbwertszeit ist sie noch geringer). Manche spüren den Unterschied aber trotzdem und außerdem soll die Wirkung einer Dosis ausreichend beobachtet werden, bevor erhöht wird. Deswegen wird empfohlen, erst nach einer Woche die Dosis zu erhöhen.
Wegen der langen Halbwertzeit (im Vergleich zu MPH mit 2-3 Stunden) eignet sich Elvanse nicht unbedingt als Bedarfsmedikament, trotzdem kommen einige damit klar.
Wenn man Elvanse absetzt, dauert es halt einige Tage bis es komplett aus dem Körper raus ist und es kann negative Wirkungen auf den Körper geben.
Das hat aber nichts mit einem Entzug zu tun, sondern ist eine ganz normale Reaktion des Körpers beim Absetzen von Medikamenten mit langer Halbwertzeit. Das passiert auch bei Betablockern oder Antidepressiva. Bei denen sagt auch niemand, dass man abhängig ist oder einen Entzug macht, wenn man es absetzen (bzw. ausschleichen) will/muss.
Zum Absetzen nach einem Jahr. Das hat nichts mit einer Abhängigkeit oder Sucht zu tun:
Quelle:
Elvanse 20 mg/30 mg/40 mg/50 mg/60 mg/70 mg Hartkapseln (fachinfo.de)
Es soll geprüft werden, ob die Medikation noch notwendig ist. Das nennt sich dann „Auslassversuch“.
Wird überwiegend von den Krankenkassen gefordert, weil die nicht ewig Medikamente bezahlen wollen, die man evl. gar nicht mehr braucht. Das wird auch auch bei anderen Medikamenten gemacht, z.B. bei der Pille, wenn sie wegen starker Menstruation genommen und von der Kasse bezahlt wird. Wenn man den Auslassversuch verweigert, wollen die Kassen nicht mehr zahlen.