Body Doubling bei ADHS

Hallo!

Habt ihr schonmal von diesem simplen ADHS-Trick gehört bzw ihn selbst angewendet?
Bei mir funktioniert das erstaunlich gut.
Bin ich alleine zu Hause vergammel ich meist den ganzen Tag mit Tagträumerei oder Smartphone.

Ist mein Freund hingegen anwesend, dann fange ich an Sachen zu machen, die ich sonst nicht mache.
Endlich mal etwas sortieren, Steuererklärung, Lernen, alte Sachen aussortieren…

Aufgefallen ist mir diese Effekt schon zuvor, jetzt nutze ich ihn ganz gezielt.
In der englischsprachigen ADHS-Googlesuche findet man auch einige spannende Artikel dazu.

Wie ist Eure Erfahrung?

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Bei mir ist es ähnlich.
Liegt aber eher am (wahrscheinlich berechtigtem) Gemecker meiner Mitbewohnerin und meiner „Eskalationsvermeidungsstrategie“ immer irgendwas zu tun anstatt sich beim prokastrinieren von wichtigen Dingen ertappen zu lassen.

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Habe mich mit dem Begriff so noch nicht beschäftigt, allerdings geht es mir anders.
Wenn mein Partner in meiner Bude rumhängt, hemmt mich das total die Dinge anzupacken, die an Reproarbeit anfallen.
Ich brauche viel Zeit für mich selbst, um mich mental darauf einzustellen die To Do Liste anzugehen.

Wobei ich in den Punkten, die du nennst Irrlicht, ein bisschen eine Gemeinsamkeit finde. Wenn ich groß Ausmisten muss, dann lade ich mir Marie-Kondo-begabte Freundinnen ein, die vielleicht direkt ein paar meiner aussortierten Klamotten übernehmen möchten…
Für sehr nervigen Papierkram, verabrede ich mich zum Coworken mit meiner Mutter.
Und bei künstlerischen Prozessen schwanke ich total. Einerseits ist es super zu einer Zeit ins Atelier zu gehen, in der einen niemand stört. Andererseits hilft mir auch da die Verbindlichkeit von Coworking-Verabredungen oder um an festgefahrenen Stellen einen kurzen Plausch zu halten und den Knoten im Kopf zu lösen.

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Hey, du machst auch Kunst? Ich kenne nämlich die Situation mit dem Atelier total. Einerseits mag man gerne für sich allein arbeiten und in seiner Welt versinken, andererseits motiviert es sehr, wenn man Input von Außen bekommt, und seien es nur Smalltalks, die an sich nichts mit der Arbeit zu tun haben.

Ich wollte dazu auch schreiben, dass ich das ebenfalls total gut kenne, aber ähnlich wie theunfedmind andersrum, als du es beschreibst, Irrlicht.
Ich kann nur effektiv alleine mit meinem Plan die Dinge gut angehen. Ist da nur ein einzelner Störfaktor (wobei ich meine Freunde, meinen Partner oder meine Familie ungern so nenne mag; aber rein vom Prinzip schreibe ich es mal so) kann ich das meiste schon wieder über den Haufen werfen, sofern mich da nicht aktiv jemand unterstützt und meinen Plan mit mir gemeinsam einhält. Das kann zum Beispiel auch klappen, wenn der Andere ebenfalls konzentriert an etwas Eigenem arbeitet.

Aber ich kenne auch dieses ‚Vergammeln‘, wenn man alleine ist. Besonders, wenn ich mir nichts Festes für den Tag vornehme. Dann wird meist auch nichts draus.

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das kenne ich auch nur zu gut. Leider. Aber mit „Habitica“ hab ich einen guten Weg gefunden, da trotzdem mit klar zu kommen denke ich.

Bei mir ist es übrigens auch so, dass ich die Dinge einfacher hinbekomme, wenn keiner daheim ist. Also wirklich keiner. Weder meine Schwiegermutter, noch mein Freund. Sobald die daheim sind und mir „dazwischenfunken“ oder mit mir reden wollen nebenbei, kriege ich nix mehr auf die Reihe bzw. brauche deutlich länger, bin dann schlecht gelaunt oder ich fange gar nicht erst damit an…

@Irrlicht kannst du mir den begriff „Body Doubling“ in dem Zusammenhang noch erklären? Das versteh ich irgendwie nicht so richtig.

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@Daydreamer

Es beschreibt einfach nur die Situation, dass noch jmd anderes im gleichen Raum wie Du bist während du etwas machst.

Ist im Englischen so als Copingstrategie aufgeführt.

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Ist es nicht sogar auch so (ergänzend zu deinem), dass body doubling noch besser klappt wenn man die gleiche/ähnliche Aufgabe macht? Also etwa: wenn mein Partner putzt, überwind ich mich auch eher zum putzen. Zusammen Laufen. Lernen/Arbeiten schreiben auch leichter zu zweit. Da ist der body double dann wie ein Spiegel, Vorbild, bringt eher Ruhe und Fokus rein. Hat das nicht sogar was mit Spiegelneuronen zu tun? Ist bei mir schon eine Zeit her, dass ich mich da eingelesen hatte…

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@Irrlicht das kann ich voll unterschreiben zum Beispiel am Arbeitsplatz funktioniere ich persönlich in der Regel so, das ich fast ein bisschen aufdrehe.

Jedenfalls, sobald ich sozusagen von jemandem einen Plan vorgelegt bekomme was ich abarbeiten soll kann ich es besser, als wenn ich den Plan selbst erstellen muss, deshalb funktioniere ich persönlich einfach am Arbeitsplatz viel besser als zuhause.

Zuhause mache ich nur mehr in Anwesenheit eines anderen, wenn diese Person jemand ist wo selbst motiviert ist, mit dem es Spass macht zusammen aufzuräumen, putzen, Büro Kram erledigen, ausmisten, kochen, backen, rum werkeln ect. .

Sobald ich mit jemandem zusammen arbeiten kann, der/die motiviert, positiv, fröhlich, lustig, freundlich zu mir ist wirkt sich das wie ein Power Booster aus.
Dann sprühen bei mir regelrecht die Dopamin Funken vor Begeisterung, dann gehe ich ab wie eine Rakete.

Habe ich hingegen mit jemand negativen, miesepetrigen, unfreundlichen, unmotivierten zu tun der/die nur rumnörgelt und kritisiert, dann ziehe ich mich in mich selbst zurück, oder ergreife wenn möglich gleich die Flucht.

Alles in allem, sobald meine Dopamin Ausschüttung positiv angeregt wird ist alles Super, dann mache ich vieles mit Begeisterung, bemühe mich wirklich mein bestes zu geben, freue mich wenn sich andere freuen, wenn ich etwas gut gemacht habe.
Fast wie bei einem kleinen Kind das sich auf die Weihnachtsgeschenke freut.

Wahrscheinlich bin ich einfach süchtig nach Lob, sobald ich Lob bekomme starte ich durch, kann ich plötzlich viel besser funktionieren, als ohne Lob.

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Wenn ich keine Lust habe, habe ich keine Lust, egal ob alleine oder mit meinem Mann. Das einzige vielleicht, wenn irgendwie mehrere Leute dabei sind, dann suche mir nach einer gewissen Zeit gezielt Arbeit, um abhauen zu können oder wenn jemand zu mir ins Büro zum Quatschen kommt, tue ich irgendwann super beschäftigt, um höflich zu sagen, dass man sich endlich verziehen soll.

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Das erklärt total diesen Prokrastinations-Bias mit Arbeit/Studium und Freizeit/Hobbies/Hausarbeiten (im Sinne von Putzen, Aufräumen, Ordnunghalten). Jedenfalls bei mir.
Denn im Studium funktioniere ich echt gut. Auch, wenn ich zuhause etwas dafür tun muss klappt das, weil ich ja für meine Hausarbeit oder meine Klausur konkrete Eckpunkte, Lerninhalte und Vorgaben habe, an denen ich mich orientieren kann. Dagegen ist ja meine Freizeit mir völlig selbst überlassen, ohne große Eckpunkte.

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Wenn jemand neben mir sitzt (ermutigend; nicht negativen Druck ausübend) kann ich eigentlich
alles. Meine Handlungsplanung ist dann irgendwie besser und ich habe nicht so viele Versagensängste beim Beginnen einer Tätigkeit. Leider bin ich dieser Tage sau einsam :sweat_smile: :joy:

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Ich kenne das Phänomen auch. Es gibt ja sogar ADHS-Buddys, mit denen man sich verabredet, um gemeinsam etwas zu schaffen. Tatsächlich hilft es mir manchmal schon, wenn ich ein Youtube-Video laufen lasse, indem jemand über mehrere Stunden konzentriert arbeitet. Verrückt…
Ich habe immer gedacht, es liegt daran, dass ich nicht so sehr in meine Innenwelt verschwinden kann, da ich durch äußere Reize immer wieder zurückgeholt werde.

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@Unke Ganz genau so eine Person suche ich!
Jemand, der wie ich sich unglaublich überwinden muss, um die Buchhaltung zu erledigen, Rechnungen schreiben, Daten erfassen, einscannen, ablegen, digitalisieren.
Mittlerweile weiss ich auch, was mir helfen würde, habe nur noch niemanden finden können, der dasselbe Problem hat und von derselben Methode profitieren würde. Mit Check-Ups per YouTube vor Beginn der Aufgaben, zwischendurch und am Ende, mit klarem Zeitrahmen und der Notwendigkeit sich sehr glaubwürdig zu erklären :grimacing:, wenn man nicht in der Zeit fertig wird.
WER WILL BITTTTTEEEEEE? Ich riskiere echt meine Existenz mit der Aufschieberitis, die keine Grenzen finden will. Existenzbedrohend, weil ich auch keine Rechnungen rausschicke nach dem Motto: Arbeiten sehr, sehr gerne, Rechnungen stellen – NEIN. :face_with_head_bandage: Gibts ja nicht, bin ja kein ehrenamtlicher Verein, verhalte mich aber ganz genau so.

Was ist denn Deine (1.) Antwort auf die für mich extreeem schlau klingende Frage

„Hast du vor zu scheitern? Selbstsabotage, weil…“

Ich hätte ein bisschen Sorge, dass so ein „Weil“ stark genug ist, auch ein Body Double zu verjagen. Meistens haben diese Weils ja auch irgendwo Guerilla-Nahkampftechniken gelernt. Sieht man ihnen oft aus der Ferne gar nicht so an.

die kann ich leider nicht veröffentlichen, hat mit einem Amt zu tun

und Angst vor diesem Amt… bin ja nur eine Ausländerin in der rechts ausgerichteten Schweiz… da kommen einem schon Fantasien

Du hast recht - die Weil Frage ist gefährlich, aber eben diesem Guerillakämpfer muss ich mich stellen, weniger ist es in meinem Fall nicht. Suche keinen Body Double im eigentlichen Sinne sondern jemand der ebenfalls so einen Guerilla-Kämper zu besiegen hat und sich eben dieser Weil Frage stellen muss, nicht will. Sich gemeinsam stellen zu müssen ist irgendwie schon sehr viel entlastender, zumindest für mich.

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Übrigens war ich am Samstag ja allein daheim, hab nichts auf die Reihe bekommen.
Ein ganzer Tag für die Tonne!!! Dabei brauche ich jede verdammte Stunde.

Am Sonntag war mein Freund da: laufen, putzen, lernen, werkeln, Musik machen.

Body doubling kicked in.

Ja, kann sein.

Kann aber auch sein, dass Sonntag ging, weil sich Samstag die Batterien wieder aufgeladen haben.

Klar. Vielleicht wärst Du auch Samstag schon über Deine Reserven und Grenzen gegangen, wenn da jemand gewesen wäre, der es bezeugt. Aber hier sind, glaube ich, zu viele Leute ausgebrannt, um es noch mit Bunsenbrenner-Applaus in der Mitte zu befeuern, wenn jemand seine Kerze auf beiden Seiten anzündet (a Guerilla-technique formerly known als … Selbstsabotage).

Kann sein, dass Bernd, das deprimierte Brot, ein hohes Maß an Körperintelligenz zeigt, wenn seine Lieblingsfreizeitbeschäftigung ist, einfach mal die Raufasertapete anzustarren und ihr Muster auswendig zu lernen.

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Danke für deine Fürsorge, aber ich betreibe keine Selbstsabotage.
Die einzige Sabotage ist mein behinderter Job.

Umso besser.

Ich werde mich auch auf Selbstfürsorge verlegen. Selbstsabotage habe ich durchgespielt. Und Fremdfürsorge ist eine untaugliche Ersatzdroge.

Ein Body Double war m.E. nie leichter verfügbar als heute: https://adhs-forum.adxs.org/t/werkzeugkoefferchen-bei-prokrastination-und-lernhemmung/803/49?u=elementary

Ob die einflussreicher sind als das Finanzamt, das ggf. einfach das Konto einfriert, weiß ich nicht, aber vielleicht lassen sich Folgen aus der Zukunft so in die Gegenwart holen und Zeitblinde sehend machen.

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Ich kann das gerne machen, dann kannst mir aber auch gleich ein Rezept für Antidepressiva geben.

Was falsch verstanden wird, ist, dass ich es gerne mache. Ich liebe es für den Test zu lernen. Da bin ich bei mir. Bin ich selbst.

40h die Woche spiele ich eine Rolle im Job, verleugne mich selbst.