Nachdem ich nach grad mal drei Wochen in der ersten Klasse von der Lehrerin einbestellt wurde weil das Hibbelchen ständig vom Stuhl fällt möchte ich euch um ein paar Denkanstöße bitten.
Glücklicherweise ist die Lehrerin sehr aufgeschlossen und die ersten allgemeinen Tips wie vorne sitzen, körperkontakt beim zurückholen in die Wirklichkeit und seehr viel positives Feedback setzt sie beherzt um, ist aber trotzdem wohl oft überfordert.
Habt ihr Ideen wie ich sie weiter briefen kann, Literaturempfehlungen für Lehrkräfte und ähnliches?
Danke euch schon mal!
Hallo Zingaro,
bei einem Kind hatte ich einen ganz ähnlichen Fall, Einbestellung nach drei Wochen in der ersten Klasse.
Lehrerin war leider nicht so erfahren und so waren wir als Eltern kurz darauf aus eigener Initiative bei der Erziehungsberatung.
Der Psychologe empfahl uns, die Lehrerin zu loben.
Da sagte ich dann z. B. mal zu ihr: ‚Als Sie Kind neulich gelobt haben, kam er total gut gelaunt nach Hause!‘
Die Lehrerin freute sich wirklich.
Also das Lob für das Verhalten der Lehrerin nicht vergessen. Es ist nicht selbstverständlich, dass sie so mitmacht.
Ich habe selbst mal als Lehrerin gearbeitet.
Lehrer (meine Meinung) lassen sich ungern belehren. Das mit dem Buch finde ich nicht so optimal.
Aber vllt kannst Du sie im Gespräch dahin lenken, dass sie von sich aus drauf kommt.
Z. B. das Buch erwähnen, und dass DU daraus gelernt hast, dass …
Die Frau hat noch etwa 20 andere Kinder in der Klasse, ich würde sie nicht überfordern.
Was sagt Dein Kind zur Schule?
Danke Hedwig
Genau das hatte ich mit ihr besprochen - da ich sie eben nicht bevormunden möchte. Von daher sind konkrete Tipps erwünscht und willkommen!
Für mein Kind ist es sehr anstrengend und Hausaufgaben sind leider auch ein Thema. Aber: noch kommt er gut gelaunt und gelöst nach Hause
ADHSler auch nicht. Ob es da wohl einen Zusammenhang gibt?
Womit ist die Lehrerin denn überfordert? Damit, dass das Kind vom Stuhl fällt? ADHS-Kinder arbeiten normalerweise nicht brav im Sitzen, sondern sie sitzen oft in der Hocke auf dem Stuhl, arbeiten im Stehen oder quer über dem Tisch liegend - und landen eben auch das eine oder andere Mal einfach auf dem Boden. Aber das kann ja nicht alles sein…
Bekommt dein Kind denn Medis?
Und was überfordert die Lehrerin denn konkret?
Ist es eine Integrationsschule?
Das sind alles Fragen, die eine Rolle spielen, um deine Frage zu beantworten…
Sorry, ich war nicht klar genug.
Es handelt sich um eine reguläre Grundschule.
Medikamente kann mein Sohn aktuell leider keine nehmen (hatte das hier vor kurzem mal thematisiert).
Dass mein Sohn vom Stuhl fällt ist jetzt nicht DAS Problem (die Kinder dürfen aufstehen und rumlaufen, das machen andere auch).
Es sind wohl eher die starken Konzentrationsprobleme und dass sie das Gefühl hat dass er komplett mit den Gedanken wegdriftet, völlig unorganisiert ist, nicht zuhört, von jedem Pieps abgelenkt ist und keine Sozialkontakte aufbauen kann. Sie hat mich wie gesagt um konkrete Tips gebeten und würde sich auch gerne belesen.
Vielleicht triggert das Wissen um die Diagnose den Blick dafür noch zusätzlich an aber ich weiss ja wie Mega anstrengend er sein kann…
Ohne Medikation ist es natürlich schwierig, denn so muss die nicht funktionierende Selbststeuerung durch die Lehrerin kompensiert werden
Damit die Lehrerin damit nicht überfordert ist:
- extreme Strukturierung des gesamten Klassenraums
- Klarer, ritualisierter, visualisierter Tagesablauf
- Routinen trainiern mit allen Kindern
- Visualisieren von Handlungsschritten (Verbale Anweisungen verpuffen bei ADHS meist)
- absolute Ruhe im Klassenraum bei Arbeitsphasen (klingt selbstverständlich, ist es aber nicht)
Im Grund muss sie alles an deinem Kind ausrichten, was den nicht betroffenen Kindern aber auch zugute kommt…
Liebe Zingaro
Du hast ja das Recht, in der Schule zu hospitieren und dir den Unterricht der Lehrerin mal anzuschauen.
Das würde ich unbedingt in Anspruch nehmen, da du dann ihr konkretere Tips geben kannst.
Dann siehst du auch, wie und ob es eine klare Struktur gibt, wovon ich allerdings ausgehe, da Lehrer Strukturen liiiiiiiiiieeeeeeeeben… (ich würde ja mal brennend gerne untersuchen, ob Lehrer auch oft neurodivergent sind oder eben nicht, aber das ist ein anderes Thema)
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Es kann sein, dass die Strukturen sogar dann den gegenteiligen Effekt haben, weil beispielsweise dann 10 Minuten alle Kinder ruhig warten müssen, bis eines von Ihnen aufhört, etwas zu tu, was es nicht tun soll (was wiederum alle anderen Kinder total hubbelig macht, also das warten müssen)
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Es kann sein, dass die vermeintliche Struktur und Ruhe auch mit immensem Druck erkämpft und erpresst wird (gerne auch mit Demütigungen) - darauf reagieren wir ja auch nicht so gut…Dann ist der Unterricht zwar in der Sichtstruktur ruhig, aber in der Tiefenstruktur gleicht das einem Vulkan kurz vor der Eruption.
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Es kann sein, dass sie sehr offen ist - es kann aber sein, dass sie sich aber auch einfach gar nicht in eine adxs-Denkstruktur hineindenken kann und dann wird es meiner Erfahrung nach sehr schwierig.
Was hat Struktur mit Druck und Demütigung zu tun? :o
Struktur gibt einem Kind mit ADHS vor allem eines: Orientierung und Sicherheit statt Chaos.
Dass Lehrer Struktur lieben würden, ist mir übrigens nicht bekannt. Es gibt genug, bei denen jegliche Struktur fehlt und bei denen es im Klassenraum darunter und drüber geht. Zum Nachteil insbesondere der Kinder mit ADHS…
Du hast natürlich vollkommen recht, dass Strukturen und Rituale (in der Schule) extrem wichtig sind für Kinder mit ADHS.
Aber: man kann selbige so oder so etablieren.
Ich erlebe es oft, dass die Versuche diese Strukturen (größere wie kleinere Strukturen, wie: ruhig sitzen, nach vorne schauen, ein Buch aufschlagen, ein Blatt einheften, einen Stift benutzen, aber auch Sitzkreis, Klassenregeln, durchs Schulhaus bewegen) aufzubauen, mit sehr viel Druck, einer sehr langen Dauer und irgendwann auch Demütigungen verbunden sind. Irgendwann merkt man dann, wenn man in die Klassen kommt, dass das die reinsten Druckkochtöpfe sind, auf deren Deckel eine Lehrerin mit still-face-Gesicht thront, die mit einer Verhaltensampel und einer Klangschale rudert.
Ich erlebe viele Lehrer die kleine Kinder ignorieren, bloßstellen und demütigen. Ich glaube, das ist sowohl für ein neurotypisches als auch für ein adhs kind schrecklich schwer zu bewältigen - und erzeigt zusätzlich Stress. Die oft noch sehr kleinen Kinder können das oft schwer greifen und vor allem nicht gegenüber ihren Eltern verbalisieren. Insofern würde ich tatsächlich die Behauptung aufstellen, dass es ein Gewaltproblem von Seiten der Lehrer gibt. Und wenn du in so eine Schule einen Adhsler tust … hat der nicht so wirklich Spaß.
Es ist teilweise schrecklich, was Lehrer und Erzieher zu Kindern sagen, wie sie über sie denken und wie sie sie behandeln, nachdem die Klassenzimmertür geschlossen ist. und das können - bei einem Schwatz auf dem Gang - sehr herzliche, freundliche Menschen sein. Die gar nicht merken, was sie da anrichten.
Vielleicht sind die Schulen, an denen ich gearbeitet habe auch alles wirklich Sonderfälle - allerdings höre ich ähnliches bis gleiches von vielen Kollegen.
Ich würde deswegen unterscheiden zwischen malignen (autoritären, stress triggernden) schulischen Strukturen und heilsamen, sicherheitsbildenden Strukturen. Und da wirklich genau hinschauen, wenn ich mein Kind irgendwo hinschicke.
Und ja: Lehrer lieben Struktur, das ist teilweise fast zwanghaft. Besonders Grundschullehrer. Ist vielleicht bei höheren Schulformen anders? Spannend, dass du das ganz anders erlebst.
Sorry, mir geht gerade mein Adhslerinnenhut hoch - nicht gegen dich Addy!
Argh.
Rita, ich fühle mit Dir und das sehr ähnlich.
Grundschule war die schlimmste Zeit was Lehrer angeht.
Ich hatte leider pädagogisch und menschlich unfähige Lehrer und fürchte, es wird in der neuen Generation auch nur minimal besser.
@Rita_Berlin
Hallo Rita,
Sorry, es war nicht meine Absicht, dich zu Triggern.
Offenbar ist das Ganze ein Missverständnis.
Mit Strukturen meine ich eine Lernumgebung, die einem Kind mit ADHS HILFT!, sich besser zu orientieren und zu steuern. Nur darum geht es erstmal.
Es geht meiner Meinung nach nicht darum, dass dadurch plötzlich perfektes Funktionieren möglich wäre. Das wäre absolut unrealistisch bei ADHS.
Es muss klar sein, dass ein Kind mit ADHS nicht so tickt wie ein neurotypisches Kind und zusätzlich besondere Maßnahmen, z.B. Zeiten zur Entlastung, braucht.
Als Lehrer muss man bei einem Kind mit ADHS auch vieles tolerieren, weil es einfach nicht besser geht. Und das ist auch ok, so lange kein Leidensdruck beim Kind selbst oder bei der Lerngruppe vorliegt.
Ist dem aber so, trotz aller schon etablierten Maßnahmen, wäre der Versuch einer Medikation mMn die richtige Entscheidung.
Hallo mit zwei Gedanken zu Deinem Anliegen:
1.) Die o.g. Idee zum Hospitieren möchte ich verstärken. Damals bei meinem Sohn tat ich das oft. Dadurch konnte ich mich selbst immer wieder ins Bild setzen, wie schwer ihm das „Beschulen“ wegen seiner starken ADHS-Betroffenheit fällt und hatte selbst beste Voraussetzungen, um jahrelang mit den Lehrern zusammenzuarbeiten. Das musste/habe ich gemacht, wie mir grade einfällt, von Anfang bis Ende, also, meinen Sohn schulisch sehr eng beleitet.
2.) Ich möchte Dir diese Seite empfehlen: <LINK_TEXT text=„https://www.adhs-institut-berlin.de/ind … %3Fid%3D10“>ADHS-Beratung Berlin</LINK_TEXT>. Wenn Du die Ideen erstmal selbst durchdenkst/durcharbeitest und die Lehrerin tatsächliches/ehrliches Interesse am Thema hat, könnt ihr vielleicht gemeinsam Strategien erarbeiten, die Deinem Kind helfen können.
Hi,
Ich bin jetzt mal ungeliebter Realist.
Es gibt Lehrer die setzten sich damit auseinander und welche die wollen das Kind abschieben, weil es zu anstrengend ist.
Aber auch der motiviertester Lehrer kommt an seine Grenzen. Da sind noch mal 24 Kinder mit individuellen Problemen. Grad während Corona popt das intensiver auf. Es wird kaum möglich sein, sich annähernd gut auf ein Kind einzustellen, dazu fehlt es an Zeit und Möglichkeiten.
Die erste Klasse ist sicher als AHSLer gut zu schaffen, auch wenn es viele Elterngespräche geben wird. Sobald die Noten in Klasse 2 dazu kommen, die unter Umständen nicht prickelnd sein könnten und man als Eltern merkt, das sich massiv Defizite aufstauen… hört der Spaß auf.
Wenn man auf Medis verzichten will und dem Kind mehr individuelle Förderung stattdessen gönnen möchte, sollte man sich gedankliche mit einer anderen Schulform auseinandersetzen. Die reguläre Grundschule ist nicht in der Lage, den Kindern das zu geben, was sie brauchen. In Corona Zeiten schon 3mal nicht.
Das ist meine persönliche Meinung, die ich mir in den letzten 3 Jahren Grundschule bilden konnte.
Noch eine kleine Anmerkung: Wir dachten auch, das wird schon irgendwie gehen. Lehrer mitnehmen, das Kind motivieren, mit Druck ohne Druck. Im Nachgang… wir waren so blind und naiv. Das Grundschulsystem ist knallhart, entweder du läufst mit oder du gehst unter. Es tat so weh zu sehen wie schwer er sich tat, das er Dinge einfach nicht verstehen konnte, weil er es nicht konnte. Es war nicht seine Schuld, aber die Schuld wog schwer auf seinen Schultern.
Nun ja , und dann gibt es auch noch die Lehrer, die selber ADHS haben :o
Wir werden für die Kinder nie immer die idealen Lehrer haben, sowie wir mit ADHS oder die ohne ADHS gute oder halt auch Grenzwertige Lehrer erlebt haben.
Nicht nur die mit ADHS haben es schwer , sondern auch die wo dem Lehrer die Nase nicht passt , oder die Eltern oder sonst was.
leider ist es immer auch ein wenig ein Glückspiel an welche Lehrer man gerät und davon hängt dann so viel ab :roll:
Wie sieht es denn aus mit einer Schulbegleitung wäre das eine Alternative ? Das kann Lehrer und Schüler enorm entlasten und vor allem das Kind schützen , aber es kann darunter auch lernen wie es ist ungünstigen Lehrkörpern klarkommen kann.
Ich möchte noch was zum Hospitieren sagen:
es gab in meiner Zeit als Lehrerin nichts Schlimmeres als beim Unterrichten beobachtet und bewertet zu werden. Und das geht fast allen Lehrern so.
Klar, haben Eltern ein Recht drauf.
Aber ich würde da auf eine Einladung der Lehrerin warten bzw sie da hin lenken und keineswegs auf mein Recht pochen.
Vielleicht bin ich da auch immer etwas zurückhaltend gewesen, weil alle meine Kinder an einer Schule waren und ich es nicht gleich bei den Lehrern versauen wollte, weil noch Geschwister damit leben mussten.
Schule ist für mich auch ein Ort wo die Kinder lernen, mit Ungerechtigkeiten und unterschiedlichen und schwierigen Menschen umzugehen.
Wenn sie dann noch was lernen und sogar gute Noten bekommen - Jackpot.
vielen Dank, genau solche Hinweise habe ich gesucht! (Das mit dem Hospitieren ist aktuell eher schwierig)
Eine Schulbegleitung habe ich beantragt, leider ist das ein langer Weg dahin und ich muss auch ins ungeliebte SPZ noch dass mich damals nicht ernst genommen hat.
Ich würde meinem Kind sehr gerne Medikamente geben, leider ist das nur (aktuell) aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.
Die nächste E-Förderschule ist zudem recht weit weg und im Ganztagesbetrieb, d.h. mein Kind würde erst um 17 Uhr nach Hause kommen. Da es auch noch ein Kind mit großem Liebes- und Nähebedürfnis ist (keine Nacht vergeht in der es sich an mich klammert) würde das mein Kind totunglücklich machen.
Danke an Alle für eure Gedanken zum Thema!
Es war ein realistisch gemeinter Hinweis. Es wird kein Zuckerschlecken… die Illusion kann ich dir nehmen. Natürlich ist auch jedes ADHS Kind anders, aber uns ging wirklich die Düse als wir merkten das er beim Stoff gar nicht mehr ansatzweise hinterher kam und lernen daheim mit 2.5 h Hausaufgaben auch nichts mehr war. Das geht an die Substanz.
Mein junior wird jetzt 10 und brauch die Nähe und das Kuscheln beim Schlafen. Die brauchen das wirklich…Geborgenheit, Nähe, Wärme. Auch wenn er sonst sehr selbstständig ist.
Mal ganz ehrlich: Das mit der „E-Förderschule“ würde ich mir sehr genau überlegen, Stichwort Stigmatisierung. Vorher würde ich versuchen, wirklich alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Medikamente sind bei ADHS natürlich das Mittel der Wahl. Warum kann dein Sohn nochmal keine nehmen? Das ist nämlich ein harter Schlag, da Medikation meiner Erfahrung nach das einzige ist, das wirklich hilft - von leichten Fällen mal abgesehen, aber da gibt es ja auch keinen nennenswerten Leidensdruck.
Klar, Schule kann an vielen Stellschrauben drehen, wenn es um die bessere Förderung von ADHS-Schülern geht, aber die Verbesserung der Selbststeuerungsfähigkeit des Schülers selbst sollte im Zentrum aller Bemühungen stehen.
Meiner Meinung nach…
Edit: Eine E-Förderschule bis 17 Uhr? Kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich funktioniert bei ADHS…
Das ohnehin sehr untergewichtige Söhnchen hat unter der Medikation sehr stark abgenommen. Da er aber wieder gut reinhaut hoffe ich sehr dass er bald wieder Medikamente bekommen kann. Gewirkt hatten sie ja schon gut.
Diese E-Schule wird wohl vor allem von Kindern mit dissozialen Verhaltensstörungen besucht und arbeitet mit Tagesgruppen bis 16.30h.
Da mein Sohn keine anderen „Baustellen“ hat kamen Förderschulen aber generell nicht in Betracht. Wir waren jahrelang in der Frühförderung und die riet uns zur Regelschule.