Guten Tag zusammen,
ich nehme nun seit drei Wochen Bupropion und möchte hier in diesem Thread über meine Erfahrungen berichten und von euren Erfahrungen hören. Ich bitte darum, dass sich wirklich nur Leute äußern, die selbst Bupropion einnehmen oder das getan haben.
Erst mal zu meinem Hintergrund:
Ich bin etwas über 40 und seit Corona läuft es bei mir nicht mehr gut, geschäftlich und emotional. Zudem hat sich bei mir ein sehr belastendes körperliches Leiden entwickelt und sämtliche bisherigen Diagnoseversuche liefen ins Leere. Natürlich wird dann schnell die Diagnose Somatisierungsstörung gestellt. Das hat mich ziemlich (zusätzlich) belastet und ich versuchte, mit Kiffen und anderen Substanzen irgendwie meinen Alltag zu bewältigen. Zumindest hatte ich damit zeitweise ruhe vor meinem Leiden. Ich wurde immer antriebsloser und fing an, mein ganzes Leben zu hinterfragen.
In dieser Zeit erschienen immer mehr Artikel über ADHS im Erwachsenenalter und bei meinem Kind entstand der Verdacht auf ADHS. Ich habe viel recherchiert und reflektiert und herausgefunden, dass ich da deutlich ins Raster passe und sich damit auch viel Shit erklären lässt, der mir in meinem Leben so widerfahren ist und erklären könnte warum ich dem Cannabis und anderen Dingen so zugeneigt war.
In der Grundschule war ich auch verhaltensauffällig, was sich aber irgendwann legte, vermutlich wegen Maskierungstechniken, die ich erlernte.
Ich bin dann letzten Herbst zum Psychiater wegen einer ADHS Diagnostik. Zu der Zeit hatte ich vor allem wegen meines Halsleidens eine Phase, in der ich sehr schlecht schlief. Mein Psychiater nahm mich vermutlich vor allem deswegen als mittelstufig depressiv wahr und als er erfuhr dass ich kiffte, schob er meine ADHS Symptome darauf.
Ich war ziemlich down und entwickelte dadurch nun wirklich eine Depression. Ich suchte einen anderen Psychiater aber auf den Termin warte ich immer noch. Ich entschied mich deswegen, so lange weiter zu dem bisherigen zu gehen und mich von ihm gegen Depression behandeln zu lassen. Und in der Hoffnung, dass er vielleicht doch die tieferliegenden Dinge dahinter erkennen würde.
Der Psychiater wollte mir unbedingt ein SSRI verschreiben, wogegen ich mich aber mit Händen und Füßen wehrte und nach langem Kampf bekam ich dann endlich Elontril 150 mg verschrieben.
Ich versprach mir von dem Medikament eine leichte Besserung meiner ADHS Symptome, Linderung meiner Depression, Antriebssteigerung und vielleicht als Bonus ein vermindertes Substanzverlangen.
Vor der Behandlung habe ich die Einnahme sämtlicher anderer psychoaktiver Substanzen eingestellt, auch Alkohol und Kaffee.
Und jetzt kommt mein Erfahrungsbericht damit bis jetzt:
Wie ihr wisst ist Bupropion ein Amphetaminderivat und ein atypisches Antidepressivum, dass im Unterschied zu anderen ADs (Antidepressiva) nicht serotonerg wirkt. Die Wirkung setzt laut Internetrecherchen nach drei bis sechs Wochen ein. Antriebssteigerung lässt sich schon früher bemerken. Eventuell würden schnell Nebenwirkungen auftreten.
Bereits am ersten Tag spürte ich eine deutliche Wirkung, vergleichbar mit MDMA, nur ohne das körperliche Hochgefühl und ohne Euphorie. Aber ich hieß es willkommen, denn ich mag den Baseline Zustand meines Geistes nicht. Ich fühlte mich wie unter Wasser oder auch wie im Nebel, aber auf angenehme Weise. Am zweiten Tag war das Gefühl während der pharmakodynamischen Phase wieder ähnlich. Beim Einkaufen bemerkte ich, dass der Lärm im Supermarkt überhaupt nicht mehr auf mich einschlägt. Ich war entspannt, wo ich sonst gestresst war. Ich war zwar etwas betäubt aber ich war zufrieden mit diesem Zustand.
Des weiteren fiel mir auf, dass ich mit Menschen anders umgehe. Ein Effekt, den ich bereits früher mit Amphetaminen fest stellte ist, dass ich nicht mehr so stark maskiere. Ich denke nicht mehr ständig drüber nach wie ich auf andere wirke und dass ich z.B. Augenkontakt aufnehmen soll. Das alles passiert dann viel natürlicher und entspannter. Und so war es auch mit Bupropion und ist es immer noch. Eine sehr willkommene „Nebenwirkung“. Ich bin nun viel freundlicher zu den Menschen und kann ihnen ein ehrliches Lächeln schenken.
Ein weiterer Effekt von Amphetaminen bei mir ist, dass ich mein somatisches Leiden kaum mehr wahrnehme. Die Reize sind zwar wenn auch abgeschwächt noch da aber ich reagiere nicht mehr zwingend darauf, so dass ich nicht mehr so leicht in den Teufelskreis aus Reizreaktion und damit einhergehender Reizverstärkung gezogen werde.
Und auch hier zeigte sich Bupropion bei mir wirksam, obwohl fast alle Informationsseiten zu dem Medikament sagen, dass das Medikament erst später zu wirken anfängt.
Weiter positiv zu berichten ist, dass ich fast von Anfang an wirklich mehr Antrieb hatte. Ich musste mich zwar immer noch überwinden anzufangen aber wenn ich mal dran saß an der Arbeit fiel mir das Arbeiten viel leichter als zuvor.
Ich muss vielleicht kurz einwerfen, dass diese Effekte generell auch von der Cannabis Abstinenz herrühren könnten. Auch mein gesteigerter Appetit wurde von meinem Psychiater auf den Cannabis Entzug geschoben. Allerdings hatte ich auch schon früher im Jahr eine Phase ohne Cannabis mit keinem dieser Effekte.
Allerdings wurde bei mir in der Praxis ein erhöhter Blutdruck gemessen, was mich ziemlich besorgte. Ich lieh mir ein Messgerät und startete in Woche zwei eine Reihe von Messungen, die aber im Normalbereich lagen.
Schlafstörungen sind eine häufige Nebenwirkung und ich habe auch immer mal wieder Probleme damit gehabt. Allerdings kann ich das nicht eindeutig auf das Bupropion schieben, da mich meistens mein somatisches Leiden vom Einschlafen abhielt, da die Dämpfende Wirkung des Bupropions darauf generell gegen Abend nachlässt. An einem Morgen nach einer nicht so guten Nacht gönnte ich mir mal einen Kaffee. … Der Tag war der beste seit Langem! Die Wirkungen der beiden Stoffe verstärken sich gegenseitig. Leider konnte ich dann in der darauffolgenden Nacht schlecht schlafen und wiederholte das ganze. Diesmal war der Effekt aber ganz anders und ich fühlte mich extrem agitiert. Eine Blutdruckmessung ergab einen viel zu hohen Wert. Ich habe das deswegen nicht wiederholt und rate vom Kaffee-Konsum mit dem Medikament ab, so wie auch zahlreiche wissenschaftliche Artikel.
Das Empfinden, im Nebel zu sein ließ übrigens in der zweiten Woche deutlich nach und ich fühlte mich wieder normaler. Arbeiten klappte ziemlich gut.
Nun in der Dritten Woche habe ich das Gefühl, dass sich alles weiter normalisiert hat. Ich schlafe zwar insgesamt nicht besonders gut aber ausreichend. Eine antidepressive Wirkung stelle ich bislang noch nicht fest aber ich habe viel mehr Energie zur Verfügung und kann meine beruflichen und häuslichen Pflichten viel besser erledigen.
Allerdings muss leider sagen, dass bis auf die Verbesserung in meinem Reizfiltersystem und meiner sozialen Phobie ich keine Verbesserung meiner ADHS Symptome feststellen kann. Meine ToDo-Listen werden gerade wieder jeden Tag länger und ich schaffe es kaum , die Punkte abzuarbeiten weil ich mich verzettle.
Insgesamt würde ich mir eine höhere Dosis wünschen aber erst einmal muss ich die Wartezeit bis zur antidepressiven Wirkung abwarten und ich habe Zweifel, dass mein Psychiater sich damit einverstanden erklärt da er starke Vorbehalte gegen diese Medikation geäußert hat.
Insgesamt ziehe ich aber nach nun drei Wochen eine äußerst positive Bilanz. Auch zu erwähnen wäre noch, dass ich so gut wie kein Substanzverlangen mehr habe und auch mein gelegentliches Binge-Eating von Süßigkeiten hat fast komplett aufgehört. Wenn mir jetzt jemand einen Joint hinhalten würde dann würde ich ablehnen weil ich schlicht keine Lust darauf habe.
Allerdings weiß ich von jemand anderem, dass er seinen Alkoholkonsum unter dem Medikament nicht eingestellt hat. Ich vermute, dass da ein gewisses Mind-Set schon dazu gehört.
Letztendlich fühlt es sich für mich schon auch so an, dass da noch was mehr passieren muss, dass ich langfristig nicht gefährdet bin in alte Verhaltensmuster zu fallen. Meine ADHS Symptomatik hat sich ja auch nicht sonderlich verbessert.
Ich strebe also weiter eine Diagnose an und hoffe, irgendwann das Bupropion durch Methylphenidat ersetzen zu können, welches bei mir schon bei 10mg einen stärkeren Effekt hatte als das Bupropion mit 150 mg pro Tag wenngleich die Wirkung des Bupropions bei mir länger anhält.
Negative Wirkungen wurden jetzt noch nicht wirklich genannt und ich habe auch fast keine. Ab und zu kommt es vor, dass auf einem Ohr ein Tinitus aufkommt mit vorübergehendem Hörverlust. Das geht aber immer nach ca zwei Sekunden wieder weg. Generell empfehle ich bei solchen Effekten, tiefes kräftiges Armen. Damit kriege ich jeden temporär auftretenden Tinitus weg.
Des Weiteren habe ich seit ein paar Tagen sehr eigenartige Gefühle wenn ich mir bewusst mache, was ich schreibe oder sage. Ich kann es schlecht beschreiben. Ein ähnliches Gefühl hatte ich bislang nur auf Changa.
Das Gefühl ist nicht per se unangenehm, sondern nur ungewohnt und ich möchte es nicht unerwähnt lassen, denn ich glaube, dass dies eindeutig dem Bupropion zuzuordnen ist, das irgendwas in meinem Gehirn bewirkt.
Ich werde sobald ich eine antidepressive Wirkung verspüre ein Update schicken und freue mich auf jeden weiteren Bericht hier.