Cannabis als Medizin - Selbstversuch

Hallo Hannes,

Kein Thema, war mir schon klar, dass ich dich da womöglich auf dem falschen Fuß erwische. :wink:

Offensichtlich meinst du mit Stress etwas anderes als ich, wir haben offenbar aneinander vorbeigeredet.

Du bist gerade in einer Situation, die beispielhaft ist für so viele AHDS-Patienten, die die positive Wirkung von Cannabis an sich erkannt haben. Sie haben ein hochwirksames Medikament gefunden und ihr Arzt weigert sich, es ihnen zu verschreiben sondern will lieber erst alle anderen Optionen durchprobieren anstatt eines Medikaments, bei dem Wirkung schon gesichert ist :shock:

So wie du es beschreibst ist wirklich ADHS dein Problem und medizinisches Cannabis die Lösung.

Zur Einnahme - ich nutze einen Vaporisierer, damit hält die Wirkung etwas länger an und es sieht aus wie eine E-Zigarette, sprich ich kann mich damit einfach unter die Raucher mischen. Es riecht auch bei weitem nicht so stark wie geraucht und zudem auch noch etwas anders.
Das Mundspray Sativex hast du ja schon aufgeführt, es gibt auch noch Tropfen für unter die Zunge in Form eines Extraktes von Tilray. Vielleicht ist dein Arzt gegenüber Sativex etwas aufgeschlossener. Er könnte zum Beispiel den Beipackzettel ansehen und dann mit dem von Elvanse vergleichen.

Falls er seine Meinung nicht ändert, würde ich auf Dauer einen anderen Arzt suchen, selbst für den Fall, dass du Elvanse probierst und dabei bleibst. Da kommen wir gleich zum nächsten Punkt. Wenn du Elvanse nicht probierst sondern gleich zu medizinsichem Cannabis übergehst, setzt du dich nicht den Gefahren der Nebenwirkungen von Elvanse aus und kannst deine Aktuelle Lebensqualität weiter halten während du bei einem Test von Elvanse in der Zeit auf das Cannabis unbedingt verzichten solltest (Amphetamine und Cannabis haben wenig erforschte Wechselwirkungen, Cannabis scheint die Wirkung von Amphetaminen jedenfalls zu verstärken). Da stellt sich die Frage, wie lange die Titrationsphase von Elvanse dauert. Falls es wirkt, dann hättest du den Joker, denn Elvanse gibt es als Pillen, also genau die für dich richtige Applikationsform und viel wichtiger - die Krankenkasse bezahlt es.

Wenn du Elvanse nicht probierst und gleich zu medizinischem Cannabis übergehst, wirst du wahrscheinlich keine Kostenerstattung der Krankenkasse erhalten. Sprich du wirst das medizinische Cannabis selbst bezahlen müssen und da stellt sich das Problem, dass es in Deutschland künstlich teuer gehalten wird. Ein Gramm kostet in Deutschland in der Apotheke ca. 24 Euro. Zum Vergleich: in den Niederlanden gibt es exakt das gleiche Präparat für weniger als 8 Euro das Gramm.
Sobald du medizinisches Cannabis erhälst, solltest du auf gar keinen Fall mehr Cannabis vom Schwarzmarkt konsumieren, denn wenn das rauskommt, bist du deine Verordnung los. Du bist mit Privatrezept also auf Gedeih und Verderb den deutschen Apothekenpreisen ausgeliefert.

Sativex und Extrake sind übrigens nochmals teurer :expressionless: Eventuell kannst du dem entgegenwirken, indem du Blüten beziehst und dann Kekse bäckst oder die Blüten in Öl auskochst.

Letztenendes stehst du jetzt vor der absurden Situation, deine Gesundheit (die möglichen Nebenwirkungen von Elvanse, vor denen du Angst hast) gegen Geld aufwiegen zu müssen. Falls solche Nebenwirkungen bei Elvanse auftreten, kannst du dir immer noch medizinisches Cannabis verschreiben lassen und verbesserst deine Aussicht auf eine Kostenübernahme (Strattera müsstest du auch noch probieren vorher).

Ich kann mich noch an die Zeit vor meiner Medikation mit Cannabis erinnern und ich muss sagen, dass der überwiegende Teil meines Stresslevels aus mir selbst heraus kam bzw. hausgemacht war. Dieser vollkommen unnötige Stress wird bei mir durch Cannabis ausgeschaltet und übrig bleibt, was wirklich Stress von außen erzeugt. Dadurch habe ich die Möglichkeit, die wirklichen Stressquellen gezielt anzugehen.
Um beim Beispiel von hannes zu bleiben - sollte es stressen, wenn man sich das Mittagessen aussucht? Nein, sollte es nicht. Wenn einen solche Dinge schon stressen bleibt einem keine Energie mehr für die wichtigeren.

Weiterhin war es bei mir so, dass Pausen, Entspannung, Regeneration eigentlich unmöglich waren. Ich dachte zwar, ich würde mich entspannen, aber in Wirklichkeit hatte ich eine Grundanspannung in mir, die nie wegging. Dazu kam, dass ich „Entspannung“ schnell als unangenehm empfand. Nach 5 Minuten am Strand liegen gleich wieder ins Meer. Seitdem ich medizinisches Cannabis nehme weis ich, was wirkliche Entspannung ist und wie sich Regeneration anfühlt. Meine Neurofeedback-Therapeutin meinte, dass mein Level an innerer Anspannung ohne Medikation sehr hoch sei, unter Medikation aber nur minimal über dem Bevölkerungsdurchschnitt.

Edit: @Addy_Haller Ich sehe du hast ja schon geantwortet. Hatte den Text vor dem Abschicken recht lange offen…

Wie gesagt, ich bin beim Thema Stress von Überforderung im Sinne von zu vielen äußeren Stressoren ausgegangen, also dass Anforderungen von außen als nicht bewältigbar wahrgenommen werden.

Das, was ihr beiden beschreibt, nenne ich bei mir selbst innere Unruhe, Anspannung, Unzufrieden- bzw. Genervtheit ohne ersichtlichen Grund. Man kann das aber natürlich auch als Stress, der von innen kommt, bezeichnen.

Dieses typische ADHS-Symptom minimiert sich bei mir durch MPH erheblich, wodurch auch meine Stresstoleranz insgesamt steigt. Es gibt da also offenbar einen Zusammenhang.

Richtig rund läuft es mMn, wenn neben der Stresstoleranz auch die Fähigkeit zur Entspannung steigt bzw. die Fähigkeit, die Grenzen der Leistungsfähigkeit richtig einzuschätzen und sich entsprechend zu verhalten.

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Oh, da war ich wohl undeutlich in dem, was ich geschrieben habe. Medizinisches Cannabis reduziert bei mir auch die Überforderung im Sinne von zu vielen äußeren Stressoren ganz massiv. Früher gab es so viele Tage in meinem Leben, in dem mir all die von außen gestellten Anforderungen einfach „zu viel“ wurden. Diese Zeit ist aber zum Glück vorbei.
Aber nochmal zurück zum Beispiel von hannes. Wenn es Stress erzeugt, wenn man sich überlegen muss, was man zu Mitagessen isst, dann ist der Stressor das Mitagessen. Ein neurotypischer Mensch würde ein Mittagessen wahrscheinlich nicht als Stressor empfinden und mit medizinsichem Cannabis verschwindet dieser Stressor bei ADHS ebenfalls.

Anderes Beispiel: Was mich früher stark gestesst hat und weswegen ich u.a. eine Ergotherapie angefangen hatte war, wenn ich bei meiner Arbeit unterbrochen wurde (z.B. wenn jemand zur Tür herein kam und irgendetwas wollte). Unter medizinischem Cannabis ist dieser Stress einfach weg. Nicht mehr vorhanden. Heute kann ich in so einer Situation ruhig reagieren, eine Antwort geben oder eben darauf verweisen, dass ich gerade arbeite und keine Zeit habe. Ohne dadurch gestresst zu werden.
Einkaufen mit meiner Partnerin? Früher großer Stress, heute ein Vergnügen. Es gibt so viele Dinge in meinem Leben, die früher äußere Stressoren waren und jetzt nur noch äußere, aber keine Stressoren mehr sind. Putzen, Aufräumen, Ordnung halten, Urlaubsvorbereitungen, Termine einhalten, von Mo-Fr täglich zur Arbeit fahren. Das alles, also das stinknormale tägliche Leben, sollte keinen Stress erzeugen. Den kann man sich für die wichtigen Dinge aufheben. Vielleicht sind ja Probleme mit den Kollegen oder dem Chef solche „echten“ Stressoren auf der Arbeit, die man viel besser angehen kann wenn der unnötige Stress durch Kleinigkeiten wegfällt.

Genau in diesem Bereich wirkt medizinisches Cannabis bei mir wahre Wunder. Zusammen mit der besseren Fähigkeit, für sich selbst einzustehen und Nein sagen zu können, reduziert das den Stress nochmal mehr. Denn wenn man seine Grenzen kennt und bei Dingen, die diese Grenzen überschreiten würden, Nein sagt, ist man gleich noch ein paar weitere äußere Stressoren erfolgreich angegangen.

Nein, ich habe dich schon richtig verstanden, denke ich. :slight_smile:

Das, was du beschreibst, ist das, was ich mit größerer Stresstoleranz insgesamt gemeint habe: Wenn der „innere Stress“ aufhört, sind auch äußere Stressoren leichter zu handhaben. Bei mir ist das mit der entscheidende Effekt bei MPH, da es natürlich auch positiv auf die Konzentration wirkt, wenn man sich nicht ständig kopflos im „Ausnahmezustand“ befindet, sondern stattdessen alles relativ ruhig angehen kann.

Ob man das jetzt mit MPH, Elvanse oder Cannabis hinbekommt, ist ja eigentlich wurscht.

Problematisch wird es aber, wenn durch diese höhere Stresstoleranz eine gewisse Euphorie entsteht und man meint, mehr äußeren Stress aushalten zu können als gesund ist und die Regeneration vernachlässigt, da man sowieso immer lieber in Aktion ist. Das ist das, was ich in meinem ersten Post eigentlich meinte.

Ja, das hatte ich mit MPH tatsächlich. Also dass ich so viel gearbeitet habe, dass ich einen Tinnitus bekommen habe. Mit Cannabis war genau das Gegenteil der Fall, im ersten Monat habe ich mich intensiv ausgeruht und all die Erholung nachgeholt, die ich mir selbst mein Leben lang verweigert hatte. Trotz oder gerade wegen all der Erholung war mein Quartalsergebnis in Sachen Arbeit sogar besser als im Vorjahreszeitraum.

In <URL url="Die gute alte Sucht - #19 von Falschparker]einem anderen Thread[/url] wurde der Unterschied MPH vs. Cannabis was Arbeit angeht sehr gut als „Verbissenheit vs. Begeisterung“ beschrieben.

An dieser Stelle würden mich die Erfahrungen anderer Patienten mit MPH interessieren - habt ihr auch das Problem, dass ihr zwar mehr und konzentrierter arbeitet, aber die Erholung zu kurz kommt?

Yes, ich bin mit MPH fast an den Baum gefahren vor einem Jahr, also nach drei Monaten mit MPH, wo ich vorher schon am Ende war mit den Kräften.

Bei Elvanse ist es besser, aber ich bekomme scheinbar davon Haarausfall. Ist nicht ganz gesichert. Aber da ich sowieso immer die Kapseln in drei Portionen (15-7,5-7,5) teilen musste, was nervig ist, bin ich jetzt glücklich mit Attentin, das ich zwar auch in 1/4 und 1/8 teilen mus, aber es ist wenigstens kein Puder. Bloß muss ich leider selber zahlen. Ich habe hier kürzlich was gelesen, dass man es vielleicht hinbekommen kann, dass die Kasse es übernimmt. Muss mal schauen, wie das geht…


Ja, das merke ich. :shock:
Man interessiert sich sehr und möchte sehr viel leiste. Dementsprechend kommt die Erholung zu kurz.

Viel kompensiere ich durchs Joggen, nur das Schlafen müsste mehr werden. Nur haben sich die Arbeitsleistungen sehr gesteigert.

Will ich nur auch nochmal gerade bestätigen. Hab’s ja auch beschrieben.

Nochmal ein anderer Vergleich:
MPH = Fokus der kognitiven Kapazität auf ein Ziel. Wach, keinen Hunger, Angespannt. Alles Hinweise auf stärkere Stressregulationssysteme.

Cannabis = Garnicht erst in Stress geraten.

Aber nicht zu unterschätzen: An Cannabis musste ich mich sehr lange gewöhnen, auch in geringen Dosierungen. Mit der richtigen Aufklärung und Anleitung durch fachkundige Ärzte geht das bestimmt besser. Aber vielleicht ist es auch nicht für jeden was. Wie gesagt, auch Ängste haben sich verstärkt.

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Das heißt dann ja quasi, dass je nach Person es nur Monate bis wenige Jahre genommen werden kann?

Ich finde, dass man öfter wöchentlich Sport machen sollte (kein Fitnessdtudio), sondern Bewegung in der Natur oder in einer Sporthalle, damit sich nicht nur dir Stresshormone regulieren und die Toleranz steigt, sondern auch das Gehirn erholt. :wink:

Gerade im Beipackzettel von Medikinet adult gefunden:


Das beste Beispiel hierfür wäre zB @Falschparker .
Er nimmt es ja auch Jahre im 2 stelligen Bereich ohne Vorkommnise.


Was sind denn so die wesentlichen Unterschiede von MPH zu Elvanse und Attentin?
Hinsichtlich Wachheit, Konzentration, Aufmerksamkeit, Organisiertheit und „das lange am Ball bleiben“.

Die Konzentration ist leider nicht so gut… aber entweder - oder… scheinbar…

Bei meinem Sohn mit ADHS und ASS bewirkte Elvanse, dass er menschlich zugänglicher und irgendwie offener, gelöster war im Vergleich zu MPH.


Ich meine, dass hier mal jemand gesagt hat, dass Elontril als Elvanse Light anzusehen ist.
Dies würde nach deiner Aussage dann auch zu treffen.
Bitte verbesser mich wenn dem nicht so ist.

Elontril sorgt für guten Antrieb, für eine leichte Verbesserung bei Durchhalten, als auch beim Zentriert denken bzw Organisiertheit.

Hm zu Elontril kann ich leider nicht sagen.

Aber was sind denn bei dir die Unterschiede in der Wirkung von LDX oder DX zu MPH?

Naja, wie oben beschrieben…

MPH bringt viel Fokus, aber man ist schnell zu verbissen und ich habe mich nicht genug ausgeruht und bin immer weiter ausgebrannt.

Ich fühlte mich wie ein Oldtimer mit platten Reifen, dem man einen Porschemotor eingebaut hat… oder so…

Außerdem habe ich blöde Nebenwirkungen bekommen, gereizte Schleimhäute im Nasen-Rachenraum, ich hatte seit Beginn der Einnahme einen vermeintlichen „Dauerinfekt“. Ich hatte dann Sorge, dass es irgendwann mein Asthma triggern könnte. Meine Ärztin sagte dann, das sei eine bekannte Nebenwirkung… und verschrieb mir Attentin, dann ab Mai Elvanse, was ich dann aber lästig zu dosieren fand und eben den Verdacht habe, dass es zu Haarausfall führte.

Attentin und Elvanse empfinde ich als sehr ähnlich, beide viel sanfter und gleichmäßiger in der Wirkung, wobei Attentin bei mir nur gut 4 Stunden wirkt… muss also öfters nach nehmen.

Wollen wir dafür vielleicht einen Extra-Thread aufmachen und hier wieder die Kurve zu ‚Cannabis als Medizin‘ kriegen? :wink:

Nein. Ich arbeite effektiver mit MPH. Ich bin auch nicht zu verbissen.

Den Fehler machen manche Betroffene zu Anfang, die Erholung hinten rüber fallen zu lassen, ich habe das auch schon in Foren gelesen, bei mir war es nicht so. Ich denke man muss sich an den Zustand mit MPH eben gewöhnen, und dazu gehört auch dass man Fehler macht.

Gute Idee. Magst du die betreffenden Teile abtrennen?

16 Jahre genauer gesagt, seit Ende 2003. Hm, ich vermute eigentlich, dass das nichts Besonderes ist. Ich habe eben das richtige Medikament für mich gefunden und bleibe dabei.

Ich wüsste auch nicht, welche Vorkommnisse es geben sollte.