Diagnose ohne Beitrag der Eltern?

Hallo zusammen,

ich möchte mich gerne einer ADHS-Diagnostik unterziehen. Meine Halbschwester (väterlicherseits) ist seit ihrer Kindergartenzeit diagnostiziert , mein Vater ist auf dem Weg zu eine Diagnose (recht „klassische“ ADHS Laufbahn). Nach dem ich hier den Test gemacht habe (40 von 43 Symptomen) und vielen Problemen, die bisherige Therapien maximal lindern, aber oft nicht erklären oder lösen konnten, habe ich das Gefühl der „Wahrheit“ so langsam näher zu kommen.

Nun habe ich tatsächlich einen Termin bekommen (März 2024… das ist etwas demotivierend) und die durchführende Psychologin hat mir eine Art To-Do geschickt, die mich vor einige Herausforderungen stellt. Insbesondere der Fragebogen sowie die bitte um einen Entwicklungsbericht der Mutter ist stellt für mich ein großes Hindernis dar. Meine Eltern sind seit ich 3 bin getrennt. Meinen Vater habe ich nur in dem Ferien gesehen, da er weit weg wohnt. Nun habe ich zu meiner Mutter seit 2013 keinen Kontakt mehr, da wir aufgrund ihrer Alkoholsucht und weiteren Dingen ein völlig kaputtes Verhältnis haben, von dem ich mich distanzieren musste. Selbst wenn ich Kontakt aufnehmen könnte oder wollte bezweifle ich zudem, dass sie ein valides Bild meiner Entwicklung zeichnen könnte, da sie mehr mit sich und ihrer Sucht als mit ihren Kindern beschäftigt war. Außerdem hat sie meine Grundschulzeugnisse… hier werde ich versuchen herauszufinden, ob diese in der Schule noch vorhanden sind.

Mein Vater füllt die Fragebögen sicher aus… aber er hatte mich maximal 4 Wochen im Jahr. Nun habe ich Angst, das eine Diagnose ggf. Nicht möglich ist, weil meine Selbsteinschätzung von mir als Kind nicht ausreicht. Andererseits bin ich sicherlich nicht die Einzige, die keinen „Zugang“ zu ihren Eltern hat? Mein Partner und ich sind 14 Jahre zusammen, der wird ein gutes Bild von dem zusammen leben mit mir zeichnen können, allerdings erst seit ich 19 bin.

Mich würden eure Erfahrungen sehr interessieren!

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Ich musste Nichts von Eltern oder Freundinnen ausfüllen lassen für die Diagnose.

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Ich auch nicht, klar bin auch schon über fünfzig, von daher wäre es sogar möglich das die Eltern garnicht mehr leben, und „Freund:innen“ zu befragen?, ganz ehrlich?, zum Glück hatte ich eine Psychologin die genug erfahren war um auf solchen Bullshit zu verzichten.
Also nichts gegen Freund:innen, aber ein Arzt* oder Psychoge* der meinen wahrheitsgetreuen Angaben nicht traut, der kann mir gelinde gesagt den Buckel runter rutschen.

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Ich musste weder von Eltern, Freunden oder der Familie Bögen ausfüllen lassen, noch musste ich Zeugnisse der Grundschule vorlegen. Und ich bin in einem renormierten Zentrum bei der Diagnose von Psychologen und Psychiatern gleichermaßen befragt worden.
Also, sei unbesorgt, das ist echt nicht überall so.

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Ich habe auch das Glück, eine sehr erfahrene Ärztin zu haben, ich wurde auch nicht nach Zeugnissen oder Fremdbeurteilung gefragt.

Ich hätte auch von meinen Eltern keine brauchbaren Aussagen bekommen und in den Zeugnissen war überhaupt nichts auffällig - soll ja Menschen geben, die es mit ihrer Intelligenz ausbügeln können…

In der Grundschule hatte ich fast nur Flüchtigkeitsfehler, für eine Zwei hat es immer noch gereicht und damals gab es keine Bewertung mit Freitext.

Ja also ich bin recht gut durchgekommen, habe auch mein Studium abgeschlossen, OK, das hat 22 Semester gedauert… das ist dann vielleicht doch etwas auffällig… Hausarbeiten prokrastiniert, Abschlussarbeit prokrastiniert und Termin mit Attest verschoben…

Diagnose habe ich dann auch erst mit 50 gebraucht… als ich schon lange auf dem Zahnfleisch ging, aus einem Vollzeitjob freiwillig in Teilzeit gegangen war, weil ich Vollzeit gar nicht mehr konnte. Im Urlaub nicht mehr verreist, abends und am Wochenende und an langen Wochenenden einfach in meiner Wohnung gesessen und versucht, Anlauf für die nächsten Arbeitstage zu nehmen. An Verabredungen oder Kulturprogramm war überhaupt nicht mehr zu denken.

Achja und jahrelange Durchschlafstörung…

Demnach sollte es genug andere Argumente geben für eine Diagnose…

Ich wurde zwar gefragt, musste aber im Endeffekt keine Bewertungen meiner Eltern vorlegen.
Wollte nicht dass die davon erfahren.

Sollte es dann halt teilweise selbst nach bestem Wissen und Gewissen ausfüllen.

Zudem hat meine Partnerin einen Fremdwahrnehmungsbogen ausgefüllt.

Inwieweit meine Grundschulzeugnisse den Ausschlag gegeben haben weiß ich leider nicht.

Was jedoch hilfreich ist, weiß nicht ob das bei dir bereits war, im Vorfeld Notizen zu machen über Probleme und Symptome.
Diese solltest du dann bei dem Termin dabei haben um deine Aussagen zu unterstützen.

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Ich würde dir empfehlen, dich noch bei anderen Ärzten um eine Diagnose zu bemühen. Da sollte such früher etwas gehen. Im Zweifel lohnt es sich sehr, auch eine privat bezahlte Diagnose zu erwägen (300 - 400 €). Den Termin kannst du js solange noch stehen lassen und erst absagen, wenn du schon vorher eine Diagnose bekommen hast.

Weiss die Ärztin von den beschriebenen Problemen, Elternberichte zu bekommen?

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Definitiv!

Bring für die Standardsymptome individuelle Beispiele, wie es sich bei dir zeigt.

Ideal ist eigentlich der ADXS-Symptomtest - bei jeder Frage kannst du dir aufschreiben, was dir als für Dich typisch einfällt.

Wer bloß klagt, er könne sich nicht konzentrieren, sei vergesslich, zappelig und emotional labil, bekommt davon eher noch keine Diagnose.

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Korrekt!
Bevorzugt Beispiele aus dem täglichen Leben, der Arbeit usw.

Und schildere ruhig was du alles damit in Verbindung bringst und warum.

Hat mir bspw sehr geholfen :wink:

Wichtig ist im wesentlichen, dass du das über einen gewissen Zeitraum machst.
Also nicht alles auf einen Schlag sondern nach und nach.

Hab damals ein paar Wochen immer wieder Notizen gemacht.

Entsprechend umfangreich war das ganze am Ende.

Und mach dir bitte keine Sorgen ob das ordentlich genug ist oder nicht.

Wenn es nicht so ordentlich ist, wird die testende Person entsprechend die (vermutlich) richtigen Schlüsse daraus ziehen :slight_smile:

Ja wenn es profess und von vorne bis hinten ordentlich ist, spricht es eher nicht für ADHS.

Aber es sollte trotzdem erkennbar sein, dass Du es eigentlich ordentlich machen wolltest, aber eben dann nicht so ganz funktioniert hat…

Ich habe ja meine 4 A4- Seiten erstmal zu Hause liegen lassen…

Definitiv, das habe ich auch gemacht, nachdem ich das hier im Forum gelesen habe.

Oft läuft nach der Diagnostik der ganze Rest dann über die Kasse - am besten das genau erfragen. Da wird jeder Verständnis für haben.

Es ist auch keine Geldgier der Ärzte, sondern die Kassen zahlen für diese Diagnostik einfach fast nix.

Insofern finde ich es gut, dass es diesen Zwischenweg überhaupt gibt. Diese Investition in Dich selbst es wirklich, wirklich wert, wenn Du das Geld irgendwie abzwacken kannst.

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Oje, auch gut… sehr authentisch auf jeden Fall :wink::sweat_smile:

Wie lief es dann?

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Fühle ich absolut!

Ich hatte es geschafft trotz meiner keine Ahnung wie viel Seiten mich dauernd zu verhaspeln und zu vergessen was ich eigentlich sagen wollte :rofl:

Heute kann ich irgendwie darüber lachen.
Damals ging es mir Hundeelend deswegen…

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Ich…heute… mündlich immer… schriftlich kann ich es ja wenigstens nochmal nachbearbeiten…

Bevorzugt in Besprechungen oder wenn ich versuche irgendwas zu erklären…

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Es ging erstmal damit los, dass ich im Behandlungszimmer zärtlich und fasziniert eine Holzstatue streichelte, als die PsychiaterIn reinkam.:crazy_face:

Nachdem ich mich umständlich dafür entschuldigt hatte, dass ich zwar meinen kompletten fetten Zeugnishefter inklusive Scheinen aus der Uni dabei hatte ( ich wollte nichts ausheften, damit ich nichts verliere oder nicht wieder einhefte), aber leider leider meine thematisch unterteilten Notizen zu Hause liegen ließ,
hat sie mir grinsend gesagt, dass ich heute nichts von beiden bräuchte und gerne beim nächsten Mal mitbringen könne.
Beim nächsten Mal hatte ich die dabei, brauchte sie aber nicht. Das Sortieren und Nachdenken im Vorfeld hat da ausgereicht, um mit Beispielen aufwarten zu können.

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Wenn du nicht an die Sachen kommst, erzähl ein bisschen was aus deiner Familiengeschichte. Das was du im Anfangspost schon geschrieben hast, über deine Familie, sind schon recht eindeutige Hinweise.

Deine Halbschwester väterlicherseits, gesicherte Diagnose, dein Vater bemüht sich drum. Schwieriges Elternhaus, Mutter Alkoholkrank, keinen Kontakt.

Mach dir Notizen über Anekdoten, die dir passiert sind, die zur Symptomatik passen.
Erzähl von deinem Vater und versuch ein paar Geschichten aus der Kindheit zu schildern, auch besonders über die Grundschulzeit. Da solltest du genug Hinweise haben.

Ich hatte zwar meine Zeugnisse dabei und die waren auch hilfreich, aber letztendlich hat der Psychologin meine Erzählungen über die Grundschule mehr Infos geliefert.
Meine Zeugnisse waren zwar mit Hinweisen bestückt, aber so eindeutig waren die nicht. Eine Diagnose nur aufgrund von Zeugnissen ist irgendwie nicht zielführend.
Ich habe einen Fremdfragebogen bekommen, den mein Mann ausgefüllt hat und der hat ordentlich ausgeschlagen. Meine Eigenbeurteilung war auch recht eindeutig.

Sie können dienlich sein. Aber es ist manchmal nicht möglich. Also mach dir stattdessen Notizen über die oben genannten Sachen.

Vielleich findest du noch einen früheren Termin. Ich drücke dir die Daumen! :heart::smiling_face:

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Ich musste bei meiner Diagnose auch nichts vorweisen. Der Ersttermin hat knapp 1 Stunde gedauert und ich wurde über mein Leben usw. ausgefragt.
Da meine Psychologin selbst ADHS hat und ihr Ehemann auch scheint es mir war es für Sie „relativ“ leicht zu erkennen ob ich ADHS habe oder nicht.

Interessant fand ich, das sie im Prinzip ohne jegliche Vorkenntnisse von mir (ich bin dort ohne Befunde des Hausarztes hin, nur ein Blutbild wollte sie haben) sondern rein auf die Beobachtung in dieser Stunde sämtliche von ihr gestellten Diagnosen ein Volltreffer sind.
(ADHS mit Persistens im Erwachsenenalter, motorische Tic Störung, rezidivierende depressive Störung usw…).

Also: mein Bauchgefühl sagt mir, das ein guter Psychologe keine Unterlagen benötigt um ADHS zu erkennen. Dementsprechend sage ich ich drücke die Daumen und hoffe du findest einen früheren Termin. Im Zweifel würde ich wirklich mal überall als sogenannter „Selbstzahler“ anklopfen.