Diagnosenchaos

Hallo zusammen,

im alten Forum hatte ich (glaube ich) etwas über meine Diagnostik-Odyssee seit Kindheit geschrieben. An dieser Stelle möchte ich nun nicht alles wiederholen. Vielleicht ein anderes Mal, falls es von Interesse sein sollte oder es mir irgendwo passend erscheint.

Gerade geht es darum, dass mich all diese Diagnosen, die mir über die Jahre „angeheftet“ wurden total verwirren. :? Ok, das tun sie nicht erst jetzt, aber vor ein paar Tagen kam in der UKM-Ambulanz (wo ich ursprünglich auf Anraten meines Psychotherapeuten wegen Verdacht auf AS hin ging, und wo dann ADS als „Zufallsbefund“ herauskam) noch etwas neues hinzu. Und zwar neben ADS mit „autistischen Zügen“ (ja ich weiss, das ist keine Diagnose, aber so sagte man es mir) und Dysthymie auch eine Kombinierte Persönlichkeitsstörung (ängstlich-vermeidend/borderline).
Gerade die Borderline-Komponente schockiert mich, da ich mich selbst so nicht wahrnehme. Es ist vielleicht auch so, dass ich ein stereotypes Bild von Borderliner_innen im Kopf habe, denn ich habe mich damit nicht näher auseinander gesetzt bisher. Noch vor 1,5 Jahren sagte man in einer Klinik über mich, ich sei affektstarr. Nun soll ich also affektlabil sein? Das ist doch seltsam. Ich habe nicht dein Eindruck, mich innerhalb dieser Zeit sonderlich verändert zu haben. :stuck_out_tongue:

Bitte entschuldigt meine Wortwahl, aber irgendwie kotzt mich das alles an. Ich habe mittlerweile das Gefühl, nicht mehr zu wissen, wie ich denn nun wirklich bin. Was ist los mit mir? Ist überhaupt etwas los? Haben diese Leute eine verzerrte Wahrnehmung von mir? Oder habe ich die? Sollte ich das alles nicht allzu ernst nehmen? Sind es nur Verlegenheitsdiagnosen weil die alle auch keine Ahnung haben? Bin ich vielleicht doch recht normal und diese Leute machen mich mit ihren „Stempeln“ kränker als ich bin? Gebe ich Mediziner_innen zu viel Macht über mein Leben?

Kennt jemand von euch solche Gedankengänge? Hat vielleicht ähnliches erlebt? Über einen Austausch würde ich mich freuen.

LG,
schnuppi

Klar, Zweifel an der/den Diagnose/n halte ich für völlig normal. Bei ADHS und AS ist der Übergang zur Normalität ja auch fließend, insofern ist der Gedanke, du seist vielleicht völlig „normal“, auch ganz normal. :wink:

Die Frage wäre eher, welchen konkreten Leidensdruck du hast, der eine Diagnose diesbezüglich rechtfertigen würde.

Es gibt eine tolle Stelle von Gunther Schmidt in diesem (langen, aber insg. sehenswerten) Video über Würde in der Therapie, etwa bei 1 h 8 Minuten, direkt hinspulbar:

Symposium: Würde in der Psychotherapie - YouTube

Er sagt dort, er hatte eine Zeit lang einen Schaumgummiwürfel mit sechs gängigen Diagnosen, und die Patienten/Kunden durften würfeln, was sie auf das Kassenformular eingetragen haben wollten. Weil es ohnehin zu defizitorientierte Etiketten seien, die den individuellen Ressourcen nicht gerecht werden und die hinter den individuellen Symptomen liegenden Bedürfnisse nicht genug würdigen… Vielleicht hilft Dir das, Dich von ein paar Etiketten zu befreien, wenn sie Dir nicht weiterhelfen, sondern Dich eher durch Widersprüche verwirren und Dich einengen…

@Addy_Haller Ja, Leidensdruck ist auf jeden Fall vorhanden. Wobei der vor allem aus missglückten zwischenmenschlichen Kontakten resultiert. So ist zumindest mein Empfinden. Dieses Gefühl von „nirgends hin passen“ führte irgendwann zum Gefühl von permanenter Einsamkeit. Und dann kam durch die angesammelten schlechten Erfahrungen die Angst, mich überhaupt wieder auf Kontakte einzulassen, die über ein oberflächliches Bekanntsein hinausgehen.
Andererseits gibt es einen winzigen Kreis von Freund_innen, in deren Gegenwart diese Ängste und Schwierigkeiten nicht vorhanden sind. Für andere bin ich immer komisch, schwierig, falsch,… Von diesen Freund_innen habe ich sowas noch nie gesagt bekommen. Unser Verhältniss untereinander empfinden wir ganz im Gegenteil alle als sehr harmonisch. Warum das wohl so ist? Seltsam. Ich bin diesen paar Menschen jedenfalls sehr dankbar. Sie sind es, wofür sich mein Leben lohnt.

@Elementary Danke für den Link, das höre ich mir heute Abend an.
Die häufige Orientierung an Defiziten ist mir in Therapien/Behandlungen auch aufgefallen und ich finde sie kontraproduktiv. Es sollte mehr um Aktivierung vorhandener Ressourcen gehen. Die geraten meiner Meinung nach sonst schnell in Vergessenheit oder werden gar nicht erst entdeckt.

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@schnuppi: Hej, schau doch mal hier rein, das scheint eine verständliche und doch passende Erklärung für ängstllich-vermeidend zu sein: <LINK_TEXT text=„https://impulsdialog.de/wissen/pers�% … ?showAll=1“>https://impulsdialog.de/wissen/persönlichkeit%20entwickeln/persoenlichkeitsstoerung-teil-8-aengstliche-vermeidende-persoenlichkeitsstoerung?showAll=1</LINK_TEXT>

Eine Komorbidität mit Borderline ist wohl möglich, wenn hohe innere Spannung dazu kommt.
Das ist dann aber ne Kombi, die nicht so recht das typische Klischee von Borderline erfüllt.

Hi, ich kenne das auch, aber man sollte sich nicht reimsteigern. Was bei ADHS ganz automatisch passiert :slight_smile:
Es werden viele Komorbiditäten beschrieben, aber wenn mans genau anschaut, kann man das meiste mit ADHS erklären, oder eben alles.

Lass dich nicht verrückt machen, lies ein paar Bücher, verlass den Hyperfokus darauf… Etc… Mach was dir gut tut!

Ich kam auch genau deswegen in eine Krise… Das auch typisch ADHS…
Such dir doch mal einen ADHS Facharzt… Das ist sicher am besten, da der Facharzt einem nicht noch zusätzlich belastet

Hi @schnuppi ,

ich denke, das Chaos liegt nicht an deinem Kopf, sondern am Diagnostiksystem. Du bist absolut nicht allein, es gibt so manche, die zwischen die Schubladen fallen - da bin ich auch so jemand und mich hat es auch eine zeitlang extrem beschäftigt!

Bei mir war es so: ADS-Diagnose mit 7… dann kam ich mit 19 in Verhaltenstherapie und die Therapeutin hat bestimmt ein Jahr gerätselt, was ich denn habe :wink: (außer die Essstörung, die war recht eindeutig). Erst hat sie auf Zyklothymie getippt, dann auf ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, zwischendrin hat sie mir Skills für Borderliner beigebracht und es fielen auch Begriffe wie „narzisstisch“ und „abhängig“ (das ADS hat sie mir irgendwie nicht so ganz geglaubt, war mein Eindruck). Dann kam sie auf Schizotype Störung, was meinem Symptomgewirr wohl sogar am nächsten kommt. Mein Psychiater hat mir aber Autismus auch abgenommen, als ich ihm das vorgeschlagen habe, und die Psychiaterin davor hat was von „schizoaffektiv“ gesagt, die aus der Charité meinten dann nach sehr vielen Fragebögen und Interviews, ich würde gar keine Störung haben (!!!?), jedenfalls keinen Autismus, nur vielleicht eine Sozialphobie.

Oh man, was hab ich darüber gegrübelt, was ich denn habe :? :lol: !!! Soo viel Gegrübel, echt, meine Tagebücher sind voll davon.

Das Diagnostiksystem geht davon aus, dass Kategorien von psychischen Störungen existieren, die klar abgrenzbar sind - aber es ist einfach ein Konsens, eine Übereinkunft basierend auf empirischen Daten und rein phänomenologisch - Störungen werden nach ihrem Äußeren klassifiziert, nicht nach ihrer Entstehung (Ätiologie). Und ich denke, es ist logisch, etwas, was dieselbe Ursache hat, auch ganz unterschiedlich aussehen kann… und dann wird es vielleicht unterschiedlich eingeordnet (ADS ist da ja der Klassiker). Diese Nichtbeachtung der Ätiologie ist aber keine böse Absicht, sondern liegt einfach daran, dass wir unglaublich wenig darüber wissen, wie psychische Besonderheiten/Störungen entstehen. Die paar genetischen Marker sagen auch nicht soo viel aus, das aktuelle Klassifikationssystem bleibt für die Praxis am praktischsten. Nur bringt es leider auch so Fälle wir uns zustande, die am Ende so viele verschiedene Diagnosevorschläge haben, dass sie nicht mehr wissen, womit sie sich identifizieren oder beschäftigen sollen…

Ach ja und ein wichtiger Punkt ist das Komorbiditätsprinzip: Es sollen so viele Diagnosen vergeben werden, bis das Störungsbild in all seinen Aspekten beschrieben ist. Das ist ein weiterer Grund, warum man in der Regel mit mehreren Diagnosen gleichzeitig aus der Sprechstunde kommt :slight_smile:

Es gibt da einen ganz (meiner Meinung nach) interessanten alternativen Ansatz, zumindest für die Forschung. RDoC (Research Domain Criteria) basiert auf Ätiologie und biologischen Markern und teilt so die psychischen Besonderheiten/Störungen ein auf verschiedenen Dimensionen. Damit soll die Validität von Diagnosen erhöht werden; die klassischen Systeme setzen viel auf Reliabilität (Messgenauigkeit) und weniger auf Validität (Gültigkeit).

Aber selbst bei der Reliabilität habe ich so meine Zweifel, weil ja jede Fachperson bei mir was anderes gesagt hat, und ich denke mal, hätten sie alle standardisierte Testverfahren wie SKID oder DIPS oder CIDI verwendet wäre das vielleicht so nicht passiert… (ich hab gerade meine Prüfung in klinischer Psychologie geschrieben, sorry für die vielen Fachbegriffe).

@schnuppi ,
Auch hier hilft denke ich am besten die Kenntnis des Störungsbildes: Die „Basisdiagnose“ ist ja letztlich das Störungsbild ADHS.
Alles andere könntest Du theoretisch unter „schiefgelaufene inidivuduelle Bewältigungsstrategien“ oder Komorbiditäten verbuchen - oder auch als Informationen darüber, wie man Dein Verhalten, Deine Denkweise einordnen könnte und wie man Dir helfen könnte, es in den Griff zu bekommen. So wirklich relevant sollten sie für Dich persönlich nicht sein, diese Diagnosen bieten lediglich Handlungsansätze UND vor allem: Kriterien für die Rechtfertigung therapeutischer Interventionen ggü. der Kasse. Das sollte man sich immer wieder vor Augen führen.
Nur neigen „wir“ ja gerne dazu, uns jeden Stiefel anzuziehen, den man uns hinstellt - das ist durchaus ein Punkt, an dem man arbeiten könnte, dann hat die Seele wieder Ruhe.
Theoretisch kann da eine Anpassungsdepression diagnostiziert, zu deren Therapie Mittel aus der Borderline-Therapie eingesetzt werden. Der Stempel „Borderline“ ist dann lediglich für die Auswahl ihrer Werkzeuge relevant - um dann zu sehen, wohin es führt und entsprechend weiterzu"forschen".
Es ist schon so, wie @julai so schön feststellt, diese „Diagnosen“ nicht immer klar voneinander abgrenzbar sind (wobei „narzisstisch“ und „autistisch“ schon irgenwie schwer widersprüchlich ist, oder?).
Zumal uns Ältere diese komischen „komorbiden“ Verhaltensweisen, Wahrnehmungs- und Reaktionsmuster sehr stark prägen - die muss man sich echt mit viel Arbeit austreiben… viel Zeit, über die einzelnen Aussagen der PsychologInnen und PsychiaterInnen zu hirnen, bleibt da nicht.

Glaubt man Experten wie Neuhaus oder Barkley, dann wird ADHS das Psychiatriethema der nächsten Jahre - muss es meiner Meinung nach auch, denn es gibt wohl kaum eine psychische Störung, die mit so ziemlich allem anderen komorbid sein kann und oft auch ist.

Erschreckenderweise hat man in den wenigsten Kliniken irgendeinen Plan davon und therapiert dann fröhlich in Richtung Kindheitstrauma etc. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, dass ADHS dort in der Regel keine Rolle spielt (es sei denn, man ist darauf spezialisiert), wogegen deutlich mehr Patienten für eine Verdachtsdiagnose in Frage kämen als im Bevölkerungsdurchschnitt, ich würde mal von ca. 30% ausgehen.

Es darf einen also nicht wundern, wenn man außer ADHS noch alles mögliche andere hat.

Ja sicher, aber das wussten Neuhaus, Barkley und Martin Winkler schon vor mindestens 15 Jahren, ohne dass davon in der Psychiatrie, jedenfalls der stationären, etwas angekommen ist.

Ich will nicht hoffen dass das in weiteren 15 Jahren auch noch so ist, aber möglich ist es. Die Fachleute dort sehen nur was sie sehen wollen.

Möchte hier mal noch Rückmeldung geben, dass meine Borderline PS Diagnose nun vom ADHS Facharzt offiziell wiederlegt wurde, dafür habe ich ADHS in starker Ausprägung. Ich erfülle nicht die Kriterien einer PS.
Auch wiedermal der Hinweis von ihm, was ich nun von mehreren Ärzten gehört habe: Dass oft in der Erwachsenensychiatrie ein Borderline daraus gemacht wird, auch wenn das ADHS schon seit der Kindheit bestand.
Die Symptome der ADHS können so ausgelegt werden, dass sie für Borderline passen. Das heisst noch lange nicht, dass man die Kriterien für eine PS tatsächlich erfüllt. Das muss als erstes sein, erst danach kann man BL in Betracht ziehen.

Der Arzt hat mich nun auch schon einige Stunden erlebt.

@schnuppi

LG Zoraya

Warum statt ADHS gerne Borderline diagnostiziert wird, hat zwei Gründe:

  1. Der Arzt hat keine Ahnung von ADHS, so dass die Symptome so zurechtgebogen werden, dass etwas draus wird, das er kennt: bipolare Störung, Borderline, atypische Depression…

  2. Der Arzt lehnt die Diagnose ADHS grundsätzlich ab, so dass die Symptome so zurechtgebogen werden, dass etwas draus wird, das er akzeptiert: bipolare Störung, Borderline, atypische Depression…

Leider betrifft dies immer noch die meisten Ärzte. :frowning:

Und bei den Psychologen ist es noch schlimmer…

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Borderline und AD(H)S unterscheiden sich mE neurophyysiologisch.
Boderline hat wohl einen erhöhten, AD(H)S einen verringerten Dopaminspiegel im Striatum.

Das bedeutet, dass Stimulanzien bei Borderline (zumindest im dopaminergen Bereich) nicht so wirklich helfen, weil DA weiter erhöht wird.


Würde es bedeuten, dass jemand mit beiden Diagnosen nicht mit Stimulanzien behandelt werden sollte?
Oder das eine falsch ist?
Ich frage nur Interessehalber, weil ich es nicht weiß.
Ich habe bisher nur 2 Menschen in meinem Leben kennengelernt, die beides diagnostiziert haben. Und eine die Medikinet bekommen hat. (Letztere hatte aber auch noch mehr Diagnosen.)

Beide Diagnosen plus noch einige mehr - da wurde offenbar einiges über die Jahre, womöglich bei verschiedenen Ärzten, angesammelt. Vielleicht wäre es da sinnvoll, noch einmal ganz bei null anzufangen.

Borderline und AD(H)S können durchaus gemeinsam auftreten. Es gibt ja noch mehr neurophysiologische Marker.
Aber bei Borderline sind AD(H)S-Stimulanzien jedenfalls mit Vorsicht einzusetzen - aus genau diesem Grund.

Ich stelle fest, dass bei mir sowohl Ritalin als auch Elvanse lediglich auf meine Reizfilterung Einfluss haben. Alle anderen ads-Schwierigkeiten sind noch genau so wie ohne Medis. Kann das also einen Zusammenhang mit meiner angeblichen Borderlinestörung haben?

Welche ADS-Schwierigkeiten meinst du denn konkret?


Gute Frage.

@schnuppi eigentlich sollte Ritalin die Konzentration verbessern, egal ob ADS oder „Normalo“.
Eventuell überwiegen die Symptomatiken einer anderen Krankheit.
Ohne dir was unterstellen zu wollen, könnten depressive Verstimmungen, Ängste, etc. dominieren.

Natürlich könnten auch schon andere Ansatzpunkte helfen die Wirkungsweise der Medis voll auszuschöpfen, wie beispielsweise Achtsamkeitstraining, Sporteinheiten an der frischen Luft, etc.

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ACHTUNG „[size=150]SCHREIBDURCHFALL!!![/size]“ :mrgreen:

Das mit dem Diagnosechaos kenne ich auch
aber auch das mit Diagnosen gepokert wird

So diagnostizierte ein Psych mir eine PS-Diagnose damit ein bestimmter Leistungsträger nicht zahlen muss :roll:
Ein andere nutze die Diagnose um was zum abrechnen zu haben :roll:

In einem Gutachten steht zu meiner vorhandenen ADHS Diagnose. Das die Existenz einer ADHS im Erwachsenenalter durchaus kontrovers diskutiert wird und ich im Gespräch ja konzentriert gewesen sei. In Frage wird gestellt ob die Symptomatik nicht durch strukturelle Vulnerabilitäten , mit Blick auf ein verminderte Steuerungsfähigkeit von Impulsen und Gefühlen sich ausdrückt. Trotz vorhandenen ADHS Befund und AHDS Diagnostik hätten sie es dann nochmal testpsycholgisch und Verhaltensdiagnostisch abgeklärt. Im Bezug zum Gutachten bestand aber keine weitere Notwendigkeit dies erneut abzuklären.

Ählich wurde es in einer Reha gesehen und die Diagnostik wurde gestartet um ADHS quasi auszuschließen. Damals war nur noch der Kindheitsfragebogen möglich da es in der letzten Woche war und da zeichnete es sich schon ab. Mein neuer Psychologe zu Hause machte dann die richtige Testung und Volltreffer :wink: Er war gar überrascht, dass es in der Reha überhaupt Thema war.

Es zeigt sich einfach wie wichtig eine differential Diagnostik und die Beachtung von Komorbitäten notwendig ist.

Bei mir kam noch eine PTBS (Ereignis als Erwachsene) dazu, die auch erfolgreich behandelt wurde. Im Gutachten wird dies wiederum ausgeschlossen weil ich keine passende Symptomatik mehr zeige. :?: logisch nach erfolgreicher Behandlung oder :lol:
Auch hier wurden meine psychischen Probleme mit strukturelle Vulnerabilitäten begründet.
Die Diagnosen der letzten zwei Jahre werden im Gutachten benannt es wurden aber auch keine psychische Diagnose betätigt bzw. neu gestellt, was mich anderseits auch erleichtert hat.

Durch die ADHS-Diagnostik und die Medikation gelang es mir letztendlich die PTBS herauszufiltern, da die Medikation von einem zum anderem Tag nicht mehr bzw. kontra wirkte. Vor allem das Hyperaurosal wenn ich ins PTBS-Thema kam wurde durch die Medikation noch erhöht. Ist ja irgendwie auch logisch da bei der PTBS-Symptomatik auch andere Gehirnareale am werken sind.
Ebenso gibt es bei mir auch die strukturelle Vulnerabilitäten und eine verminderte Steuerungsfähigkeit von Impulsen und Gefühlen wo ich hochgefahren bin. Genau da wirken die Medis nämlich auch nicht oder dann kontra.

Bestes Beispiel. Medikinet Adult hat sehr gut gewirkt, angenehme Ruhe in mir gar ein leichter Hyperfokus im Homeoffice.
Dann flatterte das Gutachten herein und zack war vorbei.

In den letzten drei Jahren habe ich sehr deutlich gemerkt das man mich und meine Symptomatiken von vielen Seiten betrachten kann und vor allem wenn man keine einfache Kindheit hatte, man automatisch gleich einen ersten „Stempel“ bekommt.
Das mit der PS ohne ausreichende Diagnostik fand ich schon krass zumal beide nicht wirklich abgefragt haben wie meine zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Kontakte sind. Zugleich hatte man mir nicht mal gesagt woran man das konkrekt fest macht.
Das finde ich dann schon wieder nicht sonderlich hilfreich, weil ich dann ja nicht mal eine Chance habe was zu ändern.

Die Ärztin, die die PTBS diagnostizierte, hatte keine Erfahrung mit ADHS, hat die Diagnose aber ernst genommen und nicht hinterfragt sondern gar versucht ein paar Dinge zu beachten. Mögliche strukturelle Vulnerabilitäten hatte sie mit im Blick , konnte diese aber von der PTBS abgrenzen. Vor dieser Frau ziehe ich echt meinen Hut ab !!! :slight_smile: :slight_smile: :slight_smile: :slight_smile:

Auch habe ich festgestellt wieviel von der Fachrichtung und auch Lebenseinstellung eines Therapeuten abhängig ist und wie er aus dieser Sicht Dinge bewertet. Von der Chemie zueinander will ich mal gar nicht sprechen. Auch die Reflektiertheit auf eigene Dynamiken und der Umgang mit Übertragungen des Therapeuten spielt eine große Rolle. Auch hier wird einem mal schnell ein Problem angedichtet was sich jedoch auflösen würde wenn der Therapeut auch seinen Anteil sehen könnte.

Ebenso ist die Sichtweise eines Psychologen in einer Begutachtung eine Andere als wenn er mich als Klienten „normal“ behandelt.

Eine Zwangsstörung hatte ich plötzlich, weil der Scanner der Krankasse eine AU falsch eingelesen hatte . Diese Fehler seitens der Krankekasse wurde mir gar schriftlich bestätigt.

Doch was mache ich nun mit den ganzen Diagnosen.

Mein ADHS-Wissen hilft mir nun dabei zu differzieren was gerade mit mir los ist.
Die ADHS-Diagnose half mir vor allem meine damals nicht gewussten ADHS-Symptome nicht weiter nur psychsich (biografsich) zu analysieren sonder die neurologischen Aspekte zu akzeptieren. Das hat im wesentlichen meinen Selbstwert erhöht und mir andere Handlungstrategien ermöglicht. Wenn sinnbildlich von 10 angeblich gedachten psychischen Problemen 5 eher neurologisch bedingt sind, dann sieht ja alles schon wieder ganz anders aus.
Die Auseinandersetzung mit meinem Burnout hat geholfen zu erfassen das es nicht nur eine „strukturelle Vulnerabilität“ war, die dazu geführt hat ,sondern sich auch aus dem PTBS Thema ergab.

Sagen will ich damit, dass ich versuche herauszufiltern warum ich eine Diagnose bekam oder andere Fachleute diese wiederum nicht anerkennen und wo es auch dem System geschuldet ist.
Dann schaue ich wo ich mich wirklich in den Diagnosen wiederkenne und welche Rückschlüsse ich daraus ziehen kann. Vor allem was ich hilfreiches für mich herausfiltern kann um etwas zu verändern oder anders zu betrachten.

Bei der Diagnose PS fand ich z.B. ein paar mögliche Dinge wo es passen könnte aber nirgendwo einen Ansatz was ich an hilfreichen Rückschlüssen daraus gewinnen könnte. Freunde denen ich davon erzählte haben gar eher darüber gelacht das man mir sowas diagnostizieren wollte.

FAKT ist definitiv, das einige Symptome oder Verhaltensweisen als alles bei mir zusammenbrach, bei ADHS, PTBS, PS, Burnout und Depression auftauchen und da zu differenzieren ist ja auch wirklich schwer.

Grundlegend finde ich, ist eine differential Diagnositik und der Abgleich von Komorbitäten unabdingbar weil einem ja dann besser geholfen werden kann. Aber das muss erstmal einer wirklich können und sich dafür die Zeit nehmen.

Passend fand ich zu diesem Thema den Beitrag


und der analytische Tiefenpsycholge bekommt eine Krise wenn trotz langer Therapie plötzlich mit der Einnahme eins ADHS-Medikamentes bestimmte Problem verschwinden :lol:

und der Link von Elemetary hat mich noch mal sehr berührt

Denn genau der ressourcenorientierte Ansatz, dem erkennen einfach nur von Gründen warum man manchmal so gehandelt hat. Dem begegnen auf Augenhöhe, das gesehen werden als Mensch und nicht als Diagnoseetwas und dem Bereitstellen eines individuellen Rüstzeugs das war das was mir wirklich geholfen hat.

und was es psychisch, sachlich und für die Heilung eine nicht passende Diagnose bedeuten kann , der Sache und Verantwortung ist sich glaube ich längst nicht jeder bewusst.

Mir hat das Diagnosechaos so manches auch echt erschwert und ich war länger arbeitsunfähig wie es nötig gewesen wäre.