Diagnostik – unklare Kindheit

Hallo zusammen :slight_smile:

Ich habe hier im Forum jetzt schon ein bisschen quer gelesen, und möchte nun selbst berichten und ein paar Fragen stellen. Kurz zu mir: Ich bin weiblich, Anfang 30 und wohne in NRW.

Ich bin über Social Media mit dem Thema ADHS vermehrt in Berührung gekommen, und konnte mich in so vielen Beschreibungen wiedererkennen, dass ich mich auf den Weg einer Diagnostik gemacht habe. In meiner Stadt war kein Termin zu bekommen, also nahm ich einen Termin weiter weg an, etliche Monate später.
Dieser erste Termin war im Dezember, ich fuhr 150km hin – und sprach 10 Minuten mit einer Psychiaterin. Sie nahm kurz meine Lebensgeschichte auf (ich bin nur dazu gekommen, die groben Sachen zu erzählen), und dann wurde ich auch schon auf einen neuen Termin verwiesen, „zur Testung“. Der nächste Termin war dann jetzt im März (ich verstehe bis heute nicht, warum 3 Monate später…), und dort durfte ich eine halbe Stunde lang Fragebögen am PC ausfüllen. Alleine. Das war also die „Testung“, für die ich erneut 300km gefahren. 2 Wochen später dann wiiieder da hin, zur Besprechung. Die dauerte ganze 5 Minuten und lautete „Die Diagnose wird nicht gestellt“. Auf meine Nachfragen, dass ich den Fragebogen schwer fand und mich an meine Kindheit nicht gut erinnern kann, ob man da nicht mal zusammen drüber sprechen könne, kam nur ein „ja nee, ich kann ja nicht allen ne Diagnose stellen, das dauert zu lange, die Krankenkasse zahlt nicht, blablabla“ (weiß nicht mehr genau, was sie alles gesagt hat, war da schon zu „geschockt“ um noch richtig zuzuhören).
Hab nach dem Termin dann erstmal geheult :roll_eyes: Ich bin zig kilometer gefahren für so eine lausige „Diagnostik“… Denn wirklich ausgeschlossen hat das für mich einfach nichts.

Zum Glück hatte ich mich schon um einen Termin bei einem Psychiater hier in der Stadt gekümmert, der halt eigentlich keine Diagnostik macht. Der erste Termin dort war vor diesem Besprechungstermin. Ich hatte bei ihm sofort ein besseres Gefühl, ich konnte viel mehr erzählen. Nach dem Besprechungstermin war ich erneut bei ihm, er war auch sichtlich verärgert über das Vorgehen der anderen Praxis, und meinte dann macht er jetzt halt nochmal die Diagnostik selbst, wofür ich ihm sehr dankbar bin!

Um zu meinem eigentlich Problem / meinen Fragen zu kommen: Ich kann mich selbst fast nicht an meine Kindheit erinnern. Generell ist mein autobiographisches Gedächtnis mies. Ich kann also nicht gut sagen, ob ich als Kind viel wütend war oder wie ich gespielt habe oder wie die Schule war. Dazu kommen schlicht keine Bilder in meinen Kopf. Ich habe vom Psychiater den WURS-K Fragebogen mitbekommen, den ich mit meinen Eltern durchgehen sollte. Aber selbst die haben Probleme sich zu erinnern :sweat_smile: Also sie sagen halt „joa du warst ein fröhliches Kind, verträumt, aber da war eigentlich nichts auffällig.“
Ich bin den Bogen mit ihnen durchgegangen, ich komme aber nur auf etwa 20 Punkte (Cut-Off sind 30). Sprich, laut dem Bogen wäre ADxS in der Kindheit nicht gegeben. Der Psychiater meinte schon, dass „am Ende die Klinik bestimmt“, und jetzt habe ich Angst, dass nur wegen diesem Bogen die Diagnose nicht gestellt werden kann… Muss sich der Psychiater daran halten? Also wenn ich nur 20 Punkte hab, dass er dann „nichts machen kann“?

Ich habe zuhause alte Schulsachen durchgeguckt, und da gab es vermehrt Anmerkungen wie „Die Hausaufgaben fehlen öfter“, „das ist zu unordentlich“, „du schaffst zu wenig“, und ich habe sehr viel rumgekritzelt. Die (kurzen) Texte der Zeugnisse sind aber eher unauffällig, und ich war in der Grundschule nicht schlecht. Die Noten sind erst ab der 6./7. Klasse runtergegangen.

Ich habe einfach einen hohen Leidensdruck aufgrund der Symptome (Chaos im haushalt, alles vergessen, verzetteln, Springen von Aufgaben, nicht zuhören, ungeduldig, komme immer zu spät, kein Zeitgefühl – ich fühle mich einfach „falsch“) und ADS (Hyperaktivität wärs tatsächlich nich) wäre DIE Erklärung dafür, wie ich mich schon mein Leben lang gefühlt habe. Es würde für mich auch andere Dinge erklären wie Depressionen, Esstörung und SvV, weswegen ich schon in Therapie war. Und ich habe jetzt einfach Angst, dass die Diagnostik wieder ohne Ergebnis ist, und ich neu anfangen muss, nach einer Erklärung für mich und mein Leben zu suchen :frowning_with_open_mouth: Vielleicht hab ich auch wirklich kein ADxS, dann müsste ich das halt akzeptieren…

Ich wollte eigentlich gar nicht so viel schreiben :smiley: Aber es tut auch schon gut, dass einfach mal aufzuschreiben. Meine konkreten Fragen:

  • Wie war die Diagnostik bei euch bezüglich der Kindheit (bei später Diagnose)?
  • Wer von euch hatte auch eine „unauffällige“ Kindheit, und welche Dinge waren aber vielleicht doch aussagekräftig?
  • Ist der Psychiater an die Wender Utah Rating Scale gebunden?
  • Habt ihr noch Tipps für das nächste Gespräch?

Danke vorab und liebe Grüße :slight_smile:

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@Enmaja Herzlich Willkommen :slight_smile:

Ich konnte mich auch an fast nichts aus meiner Kindheit erinnern. Es kam dann der Hinweis ich solle den Fragebogen mit den Eltern machen (bin 36 Jahre alt). Spricht eigentlich nichts dagegen, aber meine Mutter war eher so „Nee, trifft nicht zu, du warst ein ganz normaler Junge“.

Ich bin froh, dass ich meine Grund- und Realschulzeugnisse noch hatte. Da gab es regelmäßig Sätze wie „…ist unaufmerksam …“ „… stört den Unterricht …“ …„… lenkt andere ab…“ „…reagiert unangemessen auf Kritik…“.

War mir alles überhaupt nicht mehr bewusst. Aber war bei mir auch glaube nicht der Ausschlag, beziehungsweise stand davon nichts in der Diagnose.

Meine Punktzahl in den Fragebögen war grenzwertig, aber ich habe in dem 3-stündigen Gespräch überzeugt. Ich würde dir nicht raten irgendwas „dazu zu dichten“, sondern einfach erzählen was gefragt wird. Offen und ehrlich.

Wenn du etwas „übertreibst“ wirst du spätestens bei der Medikamenteneinstellung Zweifel an der richtigen Diagnose haben, wenn sich das Finden des passenden Medikaments/der passenden Dosis als nicht so einfach gestaltet.

Aussagekräftig waren meine beruflichen Schwierigkeiten. Ich wurde bei einer Ausbildung entlassen nach der Probezeit und bei der zweiten musste „nachgeholfen“ werden, dass ich die Prüfung schaffe. Grund dafür immer Fehler durch Impulsivität und wenig Konzentration. Ich bin also hinter meinen Möglichkeiten zurück geblieben.

Liebe Grüße und viel Glück :slight_smile:

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Danke für deine Antwort :slight_smile:

Nee genau, ich will nichts „schönen“ bzw. schlechter reden! Ich wüsste ja theoretisch, wie ich den Fragebogen ausfüllen muss, damits „passt“, aber das ist nicht Sinn der Sache und will ich auch gar nicht.
Ich werde alles erzählen, was mir ein- und aufgefallen ist. Finde halt diesen Fragebogen schwierig, sowas in 25 (teils komische) Fragen zu quetschen.

Und mir ist natürlich bewusst, dass ADxS in der Kindheit vorgelegen haben muss, aber was macht man halt, wenn mans nicht „beweisen“ kann bzw die Probleme erst später kamen?! Es gibt ja durchaus Hinweise, aber ich war immer eher ZU still, zu angepasst, eben zu unauffällig.

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Liebe Enmaja,
auch von mir ein herzliches Willkommen.
Ich bin (seit knapp 2 Monaten) mit 52 Jahren diagnostiziert worden und all meine Zeugnisse waren bis einschl. 6. Klasse völlig unauffällig gut. Ich wäre in der Schule nie aufgefallen, weil quasi unsichtbar im Sinne von nicht im Unterricht störend durch was auch immer ! Bei Hypoaktivität ja auch kaum möglich.
Dieses fehlende Erinnern an die Zeit bis zur 5. Klasse kenne ich auch - ganz besonders stark die Schule betreffend.

Erinnern kann ich mich aber gut an viele stressenden Familiensituationen, in die ich stark verwickelt war und die gar nichts mit Schule zu tun hatten.
Ich habe diese anscheinenden Gegensätze in der Diagnostik erfragt, und salopp formuliert ist die Antwort dann doch irgendwie „logisch“ als ADSlerin: Wo nix Aufregendes passiert, bin ich halt irgendwo anders mit meinen Gedanken… Und in jungen Jahren Selbstreflexion zu betreiben ist ja auch eher untypisch.
Damit konnte ich etwas anfangen.

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Beweisen kann man sowieso nichts. Selbst das Zeugnis ist kein Beweis, weil alles subjektiv. Man muss wohl oder übel dem Diagnosesteller vertrauen. Und da solltest du dir jemand suchen dem du auch vertrauen kannst.

Mein Weg war es die Diagnose privat zu bezahlen bei einer auf ADHS spezialisierten Neurobiologin. Glaub circa 500€ im Paket. Viel Geld, aber wir mir war es das wert. Jemand der nicht auf ADHS spezialisiert ist würde ich nicht vertrauen, unabhängig davon ob ich die Diagnose bekomme oder nicht. Alle Unikliniken im Umkreis haben mich auch gar nicht genommen weil alle nicht im Stadtgebiet und daher nicht zuständig.

Du könntest dir auch eine Therapeutin im Umkreis suchen die darauf spezialisiert ist und findest dadurch schon mal einen Weg in eine Behandlungsform. Nur so als Idee.

Vielleicht noch die Frage, warum du eine Diagnose willst? Für dich als „Bestätigung“ oder willst du Medikamente probieren?

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Hallo @Enmaja

um eine Idee zu bekommen, ob, wie stark und mit welcher Ausprägung du ADHS haben könntest, kannst du den ADHS-Symptomtest auf ADxS.org machen. Es handelt sich um ein Onlinescreening. Eine richtige Diagnostik kann immer nur ein erfahrener Arzt oder Therapeut machen.
Viele User hier im Forum kennen den Test, sodass das Ergebnis hilft, deine Beschreibung besser einzuordnen.

Du könntest anderen Betroffenen sehr helfen, wenn du deine Erfahrung mit der ersten Ärztin hier eintragen könntest (wird nur anonym geteilt):

Du kennst Ärzte/Therapeuten mit ADHS-Kompetenz?

Dann sei doch so lieb und unterstütze uns im Interesse aller Betroffenen, indem Du unter dem folgenden Link Fachleute einträgst, mit denen Du in Bezug auf ADHS gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hast - Danke :slight_smile:

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Da ist ja schon mal was. Ganz ehrlich - im Zweifel lieber übertreiben.

Wichtiges Attribut!!!

Mädchen haben meist den unaufmerksamen Typ. Lies mal etwas darüber.

Du brauchst die Diagnose um Stimulanzien ausprobieren zu können.
Wenn du je kein ADHS hättest - würden sie dir auch nicht helfen. Also hast du im Grunde nix zu verlieren.

Wie war das Sozialverhalten? Viele Freunde? Besonders schüchtern?

Liebe @Enmaja,

herzlich willkommen hier.

Mann, es macht mich schon wieder traurig und wütend, dass es anscheinend zu viele Erfahrungen wie deine und meine gibt, wo man/frau nach zehn Minuten aus dem Behandlungszimmer entlassen wird mit der Aussage, da ist nichts. So ein K***! Ich fühle mit dir, denn mir ist beim ersten Termin das Gleiche passiert.

ADxS äußert sich bei weiblich gelesenen und sozialisierten Menschen tatsächlich häufig anders, was viele Mediziner:innen nicht zu wissen scheinen. Ist wohl auch noch ziemlich frisch das Wissen. Ich kann dir da ein Buch empfehlen: Die Welt der Frauen und Mädchen mit AD(H)S
Da gibt’s auch eine Podcastfolge zu: Schau mal bei Jung und Freudlos. Die Folge heißt so wie das Buch.

Ich drück dir die Daumen, dass dein nächster Termin mit deinem Psychiater genau so läuft, wie du es möchtest. :hugs:

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Ich wette, dass das DSM 7 endlich das Late-Onset-ADHS (insbesondere bei Frauen) akzeptiert. Dauert halt noch 10, 20 Jahre…

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Hallo und :heart: Willkommen @Enmaja , wenn ich das hier von Dir lese nimmt mich das gerade wieder mal ziemlich mit, ausserdem regt es mich auf das ausgerechnet von der Stelle wo man ja davon abhängig ist das einem geholfen wird soviel Unwissenheit über Adhs entgegen weht.

Bekanntermassen haben die wenigsten Menschen eine Erinnerung daran wie sie selbst als Kind waren, insbesondere im Kleinkind Alter.

Die meisten von uns können über dieses Alter höchstens die Anekdoten ihrer Eltern, vielleicht älteren Geschwister, oder Onkeln und Tanten und so weiter ins Gedächtnis rufen, und erst später kann man sich dann vielleicht selbst an die ein oder anderen Dinge noch errinnern, oder eben manchmal auch nicht, und Schulzeugnisse als „Beweis“ zu einer Diagnosestellung mitbringen zu müssen, finde ich persönlich etwas vom schlimmsten was es gibt.

Ausserdem ist es nun mal so, dass nicht JEDER mit Adhs als Kind auffällig war, zumindest nicht auffällig in dem Sinne des bekannten Zappelphillip, sondern im Gegenteil, vielleicht ehr der Typ Hans guck in die Luft oder Träumer Lieschen war.

Ich selbst war als Kind sehr verträumt, extrem schüchtern, habe fast nur geflüstert, im Unterricht war ich still und habe mich kaum gemeldet, meine Noten waren in manchen Fächern sehr gut bis gut in anderen befriedigend bis ausreichend, im Prinzip einfach nur Mittelmässig, gelernt habe ich fast nie und sehr oft die Hausaufgaben oder mein Turnzeug vergessen, meine Hefte und Bücher waren alle bunt voll gekritzelt, richtig gute Freundinnen hatte ich meistens nur eine , manchmal sogar zwei, selten drei, als ich ein Kind war sagten eigentlich alle über mich das ich immer brav gewesen sei.

Gleichzeitig konnte ich aber durchaus sehr wild sein, bin Bäume hochgeklettert, mit dem Fahrrad immer sehr schnell gefahren, habe manche Puppen die ich nicht mochte hinter dem Haus an der Feuerstelle verbrannt, habe mir mit meinem Bruder beim Skifahren oder Schlitteln wilde Wettrennen geliefert, liess mich sogar besonders von meinem Bruder zum Teil zu durchaus gefährlichen Spinnereien anstecken.

Aber in meinen Zeugnissen wird z. B. darüber keiner was finden, da muss man mir einfach glauben was ich erzähle, soviel Vertrauen sollte mein Arzt* dann schon in mich haben, was bei mir bis jetzt zum Glück auch immer der Fall war.

In meiner Jugend habe ich mich dann natürlich auch noch mal verändert, war dann nicht mehr so ruhig und still und auch nicht mehr so schüchtern, aber ich schweife ab, jedenfalls gibt es glaube ich sehr viele unter uns Adhs’lern* die sogar garnicht auffällig als Kind waren, sondern vielleicht ehr das Kind waren das in der Schule immer gerne auf den hinteren Bänken sass, bei mir war das eigentlich IMMER so, selbst heute sitze ich lieber hinten, oder in irgend welchen Ecken rum. :wink::joy:

Übrigens fällt mir gerade noch ein das ich ein Jahr später eingeschult wurde weil ich so schüchtern war.

@Enmaja lass Dich nicht entmutigen und lass Dir genügend Zeit dann fallen Dir sicher auch wieder die ein oder anderen Sachen ein, wenn Du Lust hast dann erzähle uns davon. :hugs::heart:

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Hey liebe @Enmaja
:heartpulse:lich willkommen von NRW nach NRW :wink:

Wenn ich deine Symptome so anschaue ist das schon sehr Adhs-lastig. In meiner Wahrnehmung ist die Diagnose save.

Das sind häufig Konsequenzen aus jahrelanger „ignorierter“ unbehandelter Adhs und eindeutig ein Fingerzeig in diese Richtung.

Zur Kindheit: nicht jedes Kind ist auffällig! Ich persönlich hab mich zu Zeiten von Kita und Grundschule ständig gerauft, bin um die Tische in der Schule geflitzt und hab nur Blödsinn angestellt. Dafür hatte ich eine wunderschöne Schrift, was auch häufig Adhs-Kindern abgesprochen wird.

Es gibt aber auch unfassbar ruhige, introvertierte, verträumte Kinder, die so mitlaufen. Da deren gesamte Kindheit häufig in ihrem Inneren stattfindet und sie sozial nicht so aktiv sind, kann ich mir gut vorstellen, dass sie sich als Erwachsene nicht gut an das Vergangene erinnern. Vielleicht ist das bei dir auch so?

In der Diagnostik hilft es, die Erinnerungen anhand konkreter Fragestellungen „herauszulocken“, zB mit Fragen, die auf konkrete Situationen abzielen: zB kannst du dich erinnern, ob du lange oder nur kurz traurig warst, wenn ein Freund dich geärgert hat?
Fühltest du dich als Kind ausgeschlossen, warst du dann wütend und wie war das dann genau für dich? … usw…

Oft bekommt man Zugang zu dem Erlebten über die Emotionen, also in dem du dich fragst, wie konkret du dich gefühlt hast als Kind in bestimmten Situationen (Wut, Trauer, Ärger, Neid, Glück usw).
Manchmsl kommt so die Erinnerung zurück.

Ich drücke dir fest die Daumen dass mit der Diagnose alles klappt und es dir bald besser gehen wird :tulip:

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Ihr Lieben, ganz vielen Dank für eure Antworten! :smiling_face_with_three_hearts: Das macht mir auf jeden Fall schon Mut.

Ich werde in den nächsten Tagen nochmal genauer antworten; mir ist privat gerade was dazwischen gekommen, aber ich wollte mich schonmal schnell bedanken :slight_smile:

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Also meine Diagnose ging tatsächlich 3 Stunden, man nahm sich Zeit für ein langes Gespräch. ( war aber auch selbstbezahlt da privatarzt)
Hab auch direkt medikinet zum Testen bekommen, nächste Woche ist Diagnose Besprechung dann nochmal eine Stunde.
Ansonsten kann ich bei mir vieles genau bestätigen wie du es schilderst ( Haushalt nicht in den Griff bekommen, alles anfangen da alles anfangen und nicht zu Ende machen,ständig was vergessen, verzetteln, -aufschieben, unaufmerksam, verplant)
Auch ich bin als Kind unauffällig gewesen, da ich ja brav und kooperativ war, das ich immer schusselig war und alles vergessen hab, hat man so eben mir nachgesehen)
Glaube die aufmüpfigen , hyperaktiven kinder fallen einfach da mehr auf. Die ads ler fallen da gern durchs Raster

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Was vielleicht geholfen hat ist das meine Mutter und mein Sohn auch selbe Symptome haben und meine Mutter Diagnose hat, da lag es nahe das vererbt. Hast du jemanden in der Verwandtschaft?

Hallo Enmaja,
ich habe viel von mir wiedergefunden in deiner Beschreibung. Wurde vor drei Monaten mit 32 Jahren diagnostiziert… Zum Glück bin ich an eine Psychiaterin geraten, die sich gut mit dem Thema auskennt - habe davor aber auch schlecht Erfahrungen gemacht. Die Fragen der klinischen Tests waren auch für mich schwer zu beantworten, da Erinnerung an die Kindheit und auch ein klares Bild meines eigenen Verhaltens nicht so leicht sind. Außerdem bilden sie wohl eher den klassichen „männlichen“ Typus ab, der die Hyperaktivität nach außen richtet. Meine Psychiaterin hat mir, um die Fragen besser einordnen zu können, den DIVA-Test empfolen: https://www.advancedassessments.co.uk/resources/ADHD-Screening-Test-Adult.pdf
Hier sind die Items noch mit Beispielen illustriert, sowohl für die Kindheit als auch fürs Erwachsenenalter. Anhand der Beispiele fällt es auch deinen Eltern vielleicht leichter, sich zu erinnern? Und dir gibt es vielleicht auch ein klareres Bild, woran du bestimmte Merkmale festmachen kannst.
Viel Glück auf deinem Weg! Und selbst wenn du keine offizielle Diagnose hast, kannst du sicherlich sehr von vielem profitieren, was an Lebensbewältigungs-Hilfen für Menschen mit AD(H)S entwickelt wurde. Die ADS-typischen Probleme hast du ja trotzdem…

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Ich möchte nur Anmerken den DIVA 2.0 gibt es auch in Deutsch und einigen anderen Sprachen.
Und wichtig! Er ist kostenlos.
Die aktuellste Version ist der DIVA 5. Den gibt es wohl nur gegen Geld.

Ich bin weiblich und habe eine schulisch „perfekte Kindheit“ bis zum Beginn der Pubertät. Und trotzdem habe ich nun die Diagnose ADxS Mischtyp.

Warum war ich so „perfekt“?

  • Ich bin ein Lehrerkind aus einem Akademikerhaushalt. Bis zum Beginn der Pubertät hat vor allem meine Mutter mein ganzes Leben organisiert. Ich konnte keine Hausaufgaben vergessen, keine Termine verpassen, etc.

  • Da ich hochbegabt bin und erst mit 7 eingeschult wurde, hatte ich sehr gute Leistungen, aber nie so gut , wie ich eigentlich hätte haben müssen laut IQ. Ich war den anderen einfach schon altersmäßig voraus.

  • Die Sätze „Benimm dich…“, „Schick dich…“ oder „Streng dich an…“ höre ich heute noch in meinen Ohren. Ich war draußen immer ein mega braves Mädchen. Ich habe nur zu Hause Theater gemacht, da aber so richtig. Die Nachbarn erzählen heute noch von meinem Getobe und meinem Geschrei was man in der ganzen Straße hören konnte. Ich habe es zu Hause ausgereizt bis der Kochlöffel kam…

  • Ich hatte schon immer ein Helfersyndrom. Das kam in der Schule gut an, wenn man sich freiwillig um die verhaltensauffälligen unbeliebten Problemkinder kümmerte.

  • Ich bin sehr extrovertiert und kann/konnte leicht Kontakte knüpfen. Dass ich nur wenige wirkliche Freunde hatte und eher akzeptiert/toleriert als beliebt war, merkte niemand.

Die Probleme begannen in der Pubertät, ließen sich da aber noch gut in Schach halten. Schlimmer wurde es im Studium und ganz schlimm wurde es im Referendariat. Das musste ich sogar einmal abbrechen und habe es letztendlich nur knapp bestanden. Heute ist es minimal besser, da der Stress kleiner ist, und trotzdem geht es mit nicht gut. Wenn ich nicht verbeamtet wäre, hätte ich meinen Job schon mehrere Male verloren. Dazu kommt, dass ich den Leuten um mich herum wahrscheinlich schon immer auf den Keks gegangen bin und gehe. Das macht mich persönlich sehr unglücklich.

Das einzige, was gar nicht passt, ist, dass ich eine wunderschöne Handschrift haben kann.

Auch nach meiner Diagnose habe ich noch Zweifel wegen meiner Kindheit. Nun werde ich aber die Medikamente angehen und wenn davon gar nichts hilft, dann werde ich weiter suchen ob es noch etwas anderes sein kann.

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Es zerreißt mir das Herz, wenn ich lese, wie es weiblich gelesenen Personen mit ADxS ergeht - von der Kindheit bis zur verspäteten Diagnose und dem unverhältnismäßig hohen Aufwand, den wir brauchen, um sie zu bekommen.

@Camille2908: Ich schicke dir eine dicke, digitale Umarmung :hugs: Ich wünsche dir sehr, dass du auf deinem weiteren Weg weniger unglücklich bist, sondern glücklicher und glücklicher wirst. :blush::two_hearts:

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Hallo ihr Lieben!

Oh man es tut mir so leid, dass ich euch so lange geghostet habe hier :tired_face:
Ich war zwischendurch krank und habe es seitdem nicht geschafft, hier zu antworten. Ich habe seeehr oft daran gedacht, aber es halt nicht gemacht… kennt ihr vielleicht :crazy_face:

tl;dr

  • der Psychiater ist weiterhin sehr nett und meint, es gebe viele Anzeichen bei mir, es ist aber nicht 100% eindeutig
  • ich habe Medikinet und Elvanse ausprobiert, was durchaus gewirkt hat, aber ich finde die Phasen waren noch nicht lang genug für ein richtiges Fazit
  • ich bin unsicher, ob ADHS ohne „hochsensibel“ zu sein, überhaupt geht

Ich erzähle also mal, was die letzten Monate so passiert ist (Achtung, es folgt ein Roman :D)

Mein erster Post hörte ja damit auf, dass ich den Bogen über die Kindheit bekommen hatte und mir da so sehr unsicher war.
Im folgenden Termin beim Psychiater habe ich auch direkt gesagt, dass ich nicht über den Cut-off-Wert komme, es mir (und meinen Eltern) aber auch schwer gefallen ist. Ich hatte aber die Anmerkungen aus meinen Schulheften dabei und er hat nochmal Fragen gestellt (ich glaube es war sogar der DIVA-Test), da konnte ich viel „ja auf jeden Fall“ sagen. Er meinte dann, dass er häufiger mal Fälle hat, wo es eben nicht so 100% eindeutig ist, und es bei mir ja dennoch einige Anzeichen gebe. (An der Stelle hören meine Notizen zu dem Termin auf :joy:) Jedenfalls hat er gefragt, ob ich mal Medikamente probieren will, um es einfach mal zu testen und zu gucken, ob das weitere Hinweise bringt.

Ich habe dann mit Medikinet angefangen. Habe natürlich die Tipps hier beherzigt und komplett auf Kaffee verzichtet und bin relativ langsam hoch.
Ich habe mit 10mg Medikinet retadiert morgens angefangen (immer versucht, was kleines zu essen vorher), die erste Woche habe ich eigentlich nicht viel gemerkt, also ich hatte nie ein besonderes „es macht was!“-Gefühl. Ich hatte leicht Kopfschmerzen, bisschen Mundtrockenheit, war eher müde, konnte aber insgesamt ganz gut arbeiten.
Ich bin dann über die Wochen weiter hoch mit der Dosis (habe immer mal ausprobiert, mal 20-10, mal 10-10-10, mal 20-20), um bin am Ende so bei 30-50mg am Tag gewesen. Zwischendurch hatte ich ein paar Mal das Gefühl, dass es „zu viel“ war, also Herzklopfen, mehr Kopfweh, aber das ging auch wieder weg.
Allgemein würde ich sagen, dass ich schon eine Wirkung hatte, ich war irgendwie „flexibler“ im Kopf, konnte besser zwischen Aufgaben wechseln, war während der Arbeitszeit weniger am Handy zum Ablenken/Stimulieren, es fiel leichter, mit Dingen anzufangen. Ich hatte aber oft Kopfschmerzen und ich glaube auch einen Rebound, da ich abends irgendwann sehr „komisch/unwohl/langsam“ im Kopf wurde. Auch das Vorher-Essen war anstrengend für mich.

Beim nächsten Termin hat mir der Psychiater dann Elvanse verschrieben, weil er es schon recht vielversprechend fand, aber Elvanse „einfacher“ ist bei der Einnahme und eben länger wirkt.
Beim ersten Mal hatte ich da tatsächlich ein „Oha es wirkt, alles ist klarer“-Moment, danach aber nicht nochmal. Ich habe meistens 50mg genommen, zwischendurch ein paar Mal weniger, indem ich es in Wasser aufgelöst habe.
Eine Wirkung war auf jeden Fall da, ich war sehr viel wacher den gesamten Tag, brauchte auch irgendwie weniger Schlaf bzw. bin morgens viel schneller wach gewesen (ich komme sonst gaaaar nicht gut aus dem Bett), konnte Aufgaben „einfach so anfangen“, mein Kopf war irgendwie sortierter (erst Aufgabe A, dann Aufgabe B), und ich war allgemein produktiver.
Allerdings war die Wirkung nicht konstant, an manchen Tagen habe ich überhaupt nichts gemerkt oder war zwischendurch sogar sprunghafter/überforderter. Es war aber auch eine sehr stressiger Phase im Büro und ich kann meinen unregelmäßigen Zyklus nicht gut einordnen, ob es vielleicht daran lag?! Hab jedenfalls gelesen, dass die Medis in der zweiten Zyklushälfte oft weniger wirken, aber dafür waren die paar Wochen zu kurz, um da einen kausalen Zusammenhang zu finden.
Nebenwirkungen waren übrigens staaarke Mundtrockenheit (nervig, aber gut, weil ich endlich mal genug Wasser getrunken habe) sowie Appetitlosigkeit. Ich habe dadurch glaub ich auch abgenommen, was eher nicht so cool ist, da ich ja eine Essstörungs-Vergangenheit und da ein bisschen Sorge habe… Immerhin hatte ich keine Kopfschmerzen wie bei Medikinet.
Insgesamt habe ich es ca 5 Wochen genommen, dann war die Dose leer und ich habs nicht geschafft, mich um ein neues Rezept zu kümmern :laughing: Habe diese Woche zum Glück den nächsten Termin.

Sooo, soviel zu den letzten Monaten und zu meinen Testphasen mit Medikamenten.
Ich hätte noch ein paar Fragen an euch, vielleicht hat jemand Gedanken dazu :slight_smile:

  • Kann man an irgendwas festmachen, ob zB Elvanse die „richtige“ Wirkung hat? Ist es normal, dass ich dadurch so wach bin, oder bin ich damit bloß „auf Droge/gedopt“?

Und was mir noch einfiel, wo ich noch sehr unsicher bin, ist das Thema „hochsensibel“. Oft wird ja gesagt, dass ADHS quasi Hochsensibilität sei, mit dem ganzen „Hummeln im Kopf“, rasende Gedanken, alles ist laut etc. Ich habe allerdings das Gefühl, dass ich überhaupt nicht hochsensibel bin, sondern im Gegenteil oft langsam/träge und eben wortwörtlich unaufmerksam. Ich merke Dinge oft nicht, vor allem zwischenmenschlich (Gefühle anderer kann ich nur sehr schwer spüren bzw nur rational), und ich kann auch das „ich nehme gerade ALLES gleichzeitig wahr“ nicht gut nachvollziehen, es ist eher „achja, da ist ja auch noch dies und das“ und mein Kopf fühlt sich eher wie Treibsand an. Also statt „der Reizfilter ist zu offen“ eher „der Reizfilter ist zu geschlossen:sweat_smile:

  • Kann man überhaupt ADHS haben, ohne hochsensibel zu sein / ohne dieses „kein Filter im Kopf“?

So, das reicht erstmal :smiley: Ich hoffe SEHR, dass ich dieses Mal euch schneller antworte, und nicht erst ein halbes Jahr später, lol.
Ich will auch noch auf eure einzelnen Beiträge eingehen, aber mein Zeitmanagement ist mal wieder für den Po und ich muss für die Woche noch Dinge vorbereiten…

Habt eine schöne Woche und danke nochmal für all eure Antworten! :smiling_face_with_three_hearts: