Hallo zusammen
Ich habe hier im Forum jetzt schon ein bisschen quer gelesen, und möchte nun selbst berichten und ein paar Fragen stellen. Kurz zu mir: Ich bin weiblich, Anfang 30 und wohne in NRW.
Ich bin über Social Media mit dem Thema ADHS vermehrt in Berührung gekommen, und konnte mich in so vielen Beschreibungen wiedererkennen, dass ich mich auf den Weg einer Diagnostik gemacht habe. In meiner Stadt war kein Termin zu bekommen, also nahm ich einen Termin weiter weg an, etliche Monate später.
Dieser erste Termin war im Dezember, ich fuhr 150km hin – und sprach 10 Minuten mit einer Psychiaterin. Sie nahm kurz meine Lebensgeschichte auf (ich bin nur dazu gekommen, die groben Sachen zu erzählen), und dann wurde ich auch schon auf einen neuen Termin verwiesen, „zur Testung“. Der nächste Termin war dann jetzt im März (ich verstehe bis heute nicht, warum 3 Monate später…), und dort durfte ich eine halbe Stunde lang Fragebögen am PC ausfüllen. Alleine. Das war also die „Testung“, für die ich erneut 300km gefahren. 2 Wochen später dann wiiieder da hin, zur Besprechung. Die dauerte ganze 5 Minuten und lautete „Die Diagnose wird nicht gestellt“. Auf meine Nachfragen, dass ich den Fragebogen schwer fand und mich an meine Kindheit nicht gut erinnern kann, ob man da nicht mal zusammen drüber sprechen könne, kam nur ein „ja nee, ich kann ja nicht allen ne Diagnose stellen, das dauert zu lange, die Krankenkasse zahlt nicht, blablabla“ (weiß nicht mehr genau, was sie alles gesagt hat, war da schon zu „geschockt“ um noch richtig zuzuhören).
Hab nach dem Termin dann erstmal geheult Ich bin zig kilometer gefahren für so eine lausige „Diagnostik“… Denn wirklich ausgeschlossen hat das für mich einfach nichts.
Zum Glück hatte ich mich schon um einen Termin bei einem Psychiater hier in der Stadt gekümmert, der halt eigentlich keine Diagnostik macht. Der erste Termin dort war vor diesem Besprechungstermin. Ich hatte bei ihm sofort ein besseres Gefühl, ich konnte viel mehr erzählen. Nach dem Besprechungstermin war ich erneut bei ihm, er war auch sichtlich verärgert über das Vorgehen der anderen Praxis, und meinte dann macht er jetzt halt nochmal die Diagnostik selbst, wofür ich ihm sehr dankbar bin!
Um zu meinem eigentlich Problem / meinen Fragen zu kommen: Ich kann mich selbst fast nicht an meine Kindheit erinnern. Generell ist mein autobiographisches Gedächtnis mies. Ich kann also nicht gut sagen, ob ich als Kind viel wütend war oder wie ich gespielt habe oder wie die Schule war. Dazu kommen schlicht keine Bilder in meinen Kopf. Ich habe vom Psychiater den WURS-K Fragebogen mitbekommen, den ich mit meinen Eltern durchgehen sollte. Aber selbst die haben Probleme sich zu erinnern Also sie sagen halt „joa du warst ein fröhliches Kind, verträumt, aber da war eigentlich nichts auffällig.“
Ich bin den Bogen mit ihnen durchgegangen, ich komme aber nur auf etwa 20 Punkte (Cut-Off sind 30). Sprich, laut dem Bogen wäre ADxS in der Kindheit nicht gegeben. Der Psychiater meinte schon, dass „am Ende die Klinik bestimmt“, und jetzt habe ich Angst, dass nur wegen diesem Bogen die Diagnose nicht gestellt werden kann… Muss sich der Psychiater daran halten? Also wenn ich nur 20 Punkte hab, dass er dann „nichts machen kann“?
Ich habe zuhause alte Schulsachen durchgeguckt, und da gab es vermehrt Anmerkungen wie „Die Hausaufgaben fehlen öfter“, „das ist zu unordentlich“, „du schaffst zu wenig“, und ich habe sehr viel rumgekritzelt. Die (kurzen) Texte der Zeugnisse sind aber eher unauffällig, und ich war in der Grundschule nicht schlecht. Die Noten sind erst ab der 6./7. Klasse runtergegangen.
Ich habe einfach einen hohen Leidensdruck aufgrund der Symptome (Chaos im haushalt, alles vergessen, verzetteln, Springen von Aufgaben, nicht zuhören, ungeduldig, komme immer zu spät, kein Zeitgefühl – ich fühle mich einfach „falsch“) und ADS (Hyperaktivität wärs tatsächlich nich) wäre DIE Erklärung dafür, wie ich mich schon mein Leben lang gefühlt habe. Es würde für mich auch andere Dinge erklären wie Depressionen, Esstörung und SvV, weswegen ich schon in Therapie war. Und ich habe jetzt einfach Angst, dass die Diagnostik wieder ohne Ergebnis ist, und ich neu anfangen muss, nach einer Erklärung für mich und mein Leben zu suchen Vielleicht hab ich auch wirklich kein ADxS, dann müsste ich das halt akzeptieren…
Ich wollte eigentlich gar nicht so viel schreiben Aber es tut auch schon gut, dass einfach mal aufzuschreiben. Meine konkreten Fragen:
- Wie war die Diagnostik bei euch bezüglich der Kindheit (bei später Diagnose)?
- Wer von euch hatte auch eine „unauffällige“ Kindheit, und welche Dinge waren aber vielleicht doch aussagekräftig?
- Ist der Psychiater an die Wender Utah Rating Scale gebunden?
- Habt ihr noch Tipps für das nächste Gespräch?
Danke vorab und liebe Grüße