Bei Clown fühle ich mich auch gleich angesprochen!
Letztlich geht’s (mir) allerdings nicht um die Lacher. Erst recht nicht um die Aufmerksamkeit. Ich bin halt doch eher introvertiert, was ich - mit vollem Ernst - manchmal so beschreibe: es ist mir schon unangenehm, wenn ich einen Witz mache und die Leute lachen zu lang.
Mir geht’s um Kontrolle.
Es gibt so viele Situationen, die ich nicht meistern kann. Witze machen ist eine Form, die Kontrolle zurückzugewinnen, oder zumindest eine gewisse Souveränität. Es setzt voraus, die Situation in ihrer Logik so weit zu durchdringen, dass das Lächerliche darin offensichtlich wird. Es ist buchstäblich eine Annäherung: Ich arbeite mich so weit „hoch“, dass ich die Situation einigermaßen duchblicke, ziehe sie aber auch ein bisschen auf mein Niveau runter. So oder so, am Ende sind wir auf Augenhöhe. Damit habe ich die Situation zwar immer noch nicht gemeistert, beherrsche das erwartete verhalten noch nicht. Aber die Schockstarre, die daher rührt, dass sie da oben ist und ich hier unten, und alle, denen ein Verhalten leicht fällt, sind auch da oben und schauen verstänsdnislos runter, die ist weg. Von da kann ich dann oft auch ernsthaft weitermachen, zumindest mit der Betrachtung, wenn schon nicht dem Verhalten, allerdings mit dem neuen zusätzlichen Widerstand, dass nichts, das noch von mir kommt, mehr ernst genommen wird.
Irgendjemand hat Satire mal als letzte Waffe der Machtlosen gegen die Mächtigen bezeichnet. Wenn man ein Leben lebt, in dem schon die Organisation des Alltags eine Übermacht darstellt, dann kann man den Satz auf alles beziehen.
Eine unangenehme Analogie wären die Verschwörungsschwurbler, die ja jetzt besonders viel am Schwurbeln sind. Eine gängige Theorie für diesen Erfolg ist halt die Selbstermächtigung gegenüber einer Situation, in der man sich machtlos fühlt, aber nicht mehr ganz so, wenn man jemandem die Schuld geben kann. Ist ein ähnlicher Mechanismus, nur in falsch. Da bin ich lieber Clown.