Egozentrik bei ADHS

ja, ich bin definitiv hyperaktiv und impulsiv, meine Impulsivität ist/war auch in den vergangenen Jahren mein größtes Problem. Und ja, ich gehe gerne auf Leute zu und netzwerke total viel, also bringe Leute zusammen - die dann auch wirklich oft gut passen.
Mit Konzentration habe ich auch ohne Elvanse wenig Probleme, würde ich als überdurchschnittlich bezeichnen und bei langweiligen oder unwichtigen Sachen bin ich schon unaufmerksam. Aber ansonsten hatte ich z.B. noch nie einen Unfall und ich fahre viel Auto. Mir entgeht auch nichts. Ich kann mir super gut Gesichter merken und erkenne die Leute überall wieder und merke mir völlig irrelevante Zusammenhänge, über die sich meine Kinder immer kaputtlachen.

Es kann z.B. passieren, dass ich Dir über Wildfremde richtig viel erzählen kann. Ich merke mir unbewusst wo sie wohnen, welches Auto sie fahren, um wie viel Uhr sie bestimme Dinge tun etc.
Ich sage meinen Kindern im großen Supermarkt auch immer, an welche Kasse wir gehen, weil ich alle Eigenheiten der KassiererInnen kenne. Z.B. ob sie unsanft mit meinen Bananen umgehen.

Nun ja, bei Nebensächlichkeiten ist meine Aufmerksamkeit auch ganz hervorragend. :wink:

Was sind denn dann Hauptsächlichkeiten für Dich, wenn nicht Verkehr oder Arbeit?

Edit: Also ich dachte eher an Straßenverkehr.

Ich kann auch noch Gespräche rekonstruieren die 10jahre her sind. Aber ob ich meine ec Karte an der Aldi Kasse eingesteckt habe weiß ich beim rausgehen meistens schon nicht mehr.
Oder wenn ich vor dem haus stehe mich frage ob ich die Tür abgeschlossen habe. Ich muss meistens nochmal 5 Stockwerke hoch gehen um das zu überprüfen.

Aber ich stecke meine karte immer ein und die Tür schließe ich auch jedes mal ab.
Aber den Zwang das ganze dann noch mal zu kontrollieren habe ich leider auch.

Bei mir auch, wobei ich bei solchen Sachen so was von gechillt bin. Da denke ich mir, ach hast bestimmt abgeschloßen und wenn nicht, wer soll schon einbrechen :twisted: .
Was ich auch sehr blöd finde ist, irgendwo hinzugehen und wenn ich da bin, zwei Minuten wie gelähmt stehe und überlege was mache ich hier eigentlich. Ich bin generell sehr verpeilt und extrem tollpatchig.

Hab einen artikel gefunden, der auf eine Studie hinweist, die meine Erfahrung wieder spiegeln.

<LINK_TEXT text=„https://www.spektrum.de/news/soziale-ae … er/1737192“>Einfühlungsvermögen: Soziale Ängstlichkeit geht mit stärkerer Empathie einher - Spektrum der Wissenschaft</LINK_TEXT>

ADHSler leihen sich die Gefühle anderer, heißt es nicht umsonst.

Abgrenzung von den Gefühlen anderer ist also oft schwierig und kann belastend sein, daher ist es nachvollziehbar, wenn das zu Aversionen führt.

Zu Empathie und ADHS hat Martin Winkler vor einiger Zeit mal einen Beitrag gebracht ADHS und Empathie - Blog ADHS-Spektrum

Da ich leider nicht nur einmal, sondern gefühlt 10 mal erleben durfte, dass das Gewähren des „Psycho-Bonus“ von entsprechenden Personen eiskalt ausgenutzt wurde (ob bewusst, ob vorsätzlich, ob unbewusst, unter Inkaufnahme oder unabsichtlich, das sei mal hinsichtlich der jeweiligen Fälle dahin gestellt), bin ich beim Wort Akzeptanz etwas weniger tolerant. ADHS und mögliche Folgeerkrankungen und /oder Begleitererkrankungen bzw. bestimmte biographische Konstellationen sind eine Erklärung, aber nur sehr bedingt eine Entschuldigung. ADHS als Rechtfertigung für Fehlverhalten ist relativ, genau so wie das sich Verstecken hinter psychischen Konstellationen, Krankheiten etc. (oft ist es nicht ADHS oder Borderline, sondern zumindest auch Charakterschwäche) zu kurz gedacht ist.

Welche Alternative zu Akzeptanz siehst du denn (vorausgesetzt, das Ziel ist, seelisch gesund zu bleiben)?

Das ist ne gute Frage, auf die es keine triviale Antwort gibt…

…wenn zu weitgehende Akzeptanz dazu führt, dass man selbst dabei früher oder später auf der Strecke bleibt und der Kontaktabbruch nur übrig bleibt, dann bin ich gegen zu viel Akzeptanz…

…von Anfang an Grenzen setzen… der Satz kam mir spontan in den Sinn gerade…

Na es gibt ja (mindestens) zwei Arten von Akzeptanz.

Bei sich selbst akzeptieren dass man nicht perfekt ist. Das ist eine gute und wichtige Sache.

Oder bei Andern einfordern, dass man auf sie keine Rücksicht nimmt. Das ist nicht zielführend und sollte von diesen Anderen in Schranken gewiesen werden.

Mir ging es um ersteres.

Perfektion im Sinne es allen recht zu machen, um Schuldgefühle, Konflikte, Gelaber, angemekert werden usw. zu vermeiden? Egal wie gut ich es mache, will trotzdem einer was von mir. Gott sei Dank beschränkt sich das nur auf Menschen und Tiere, die mir wichtig sind. Reicht mir aber auch. Habe trotzdem Schwierigkeiten es zu akzeptieren und suche nach ausgewogenen Lösungswegen.

Perfektionismus und Rejection Sensitivity sind zwei Seiten einer Medaille: Man versucht alles möglichst schon vorher so einzustielen, dass keiner einem was kann. Und das ist anstrengend, da bei ADHS vieles schwer fällt, was andere mühelos schaffen.

Die Angst, andere zu enttäuschen, sitzt tief bei vielen ADHSlern. Leider bringt aber gerade das die Störung mit sich: Erwartungen werden regelmäßig nicht erfüllt. Das ist schwer zu akzeptieren.

Trotzdem: Ich sehe keine Alternative dazu, zu akzeptieren, dass man die Erwartungen oft nicht erfüllen kann - und dennoch immer wieder versucht, sein Bestes zu geben.

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Ich sage es nochmal anders:

Als ADHSler bekomme ich mehr negative Rückmeldung als andere, weil es mir schwerer fällt, die Erwartungen zu erfüllen.

Dummerweise fällt es mir aber auch schwerer als anderen, das auszuhalten.

In der Konsequenz ergibt sich ein Teufelskreis des Abrackerns, um das zu erreichen, was gar nicht möglich ist: Die Erwartungen immer zu erfüllen, um keine Negativen Rückmeldungen zu bekommen. Was folgt ist irgendwann die Totale Erschöpfung.

Akzeptanz ist mMn die einzige Möglichkeit, aus diesem Teufelskreis auszusteigen.

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