Elvanse wirkt bei mir mit der Zeit immer spezieller

Hallo,

Elvanse hat bei mir schon von anbeginn zu unregelmäßigkeiten in der Wirkung geführt. Ich habe mich allerdings nach einer Zeit und inzwischen mit Höchstdosierung damit arrangieren können.

Inzwischen ist es allerdings so, das es die ersten Stunden mit Schwankungen ganz ok wirkt und dann werde ich echt ziemlich müde und ein Gefühl der Unzufriedenheit und innerlicher Anspannung stellt sich ein. Im Prinzip ein Teil der normalen Symptome die ich kenne ohne Medikation.

Ich bin nur dann den restlichen Tag echt müde und gegen Abend bin ich so müde, dass ich Schwierigkeiten habe meine Augen offen zu halten, dies war früher eher andersherum und gleichzeitig kommen die anderen Symptome mit voller Ausprägung zurück und zweitweise ist es zwischendurch sogar so, dass ich das Gefühl bekomme fast sowas wie ne bipolare Störung zu entwickeln. Mit extremen Stimmungsschwankungen.

Stimmungsschwankungen sind mir auch sonst nicht unbekannt, allerdings haben diese ein anderes Ausmaß.

Kennt das noch irgend jemand von Elvanse?

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Same here!
Ich habe das Thema bereits in diversen Beiträgen hier erörtert. Es ist bei mir genauso wie du es beschreibst.
Stimmungsschwankungen gegen Wirkende vom Feinsten. Ich will keinen sehen und hören. Oft ist das leider am Nachmittag während ich noch arbeite und meinen Kollegen fällt das auf. Ich sehe dann auch anders aus! (In mich gekehrt, völlig inaktiv, verhaspel mich oft, mir fallendie Worte nicht mehr ein, bin unsicher)…es behindert mich massiv!

Ich bin bis 70mg gegangen, je höher desto mehr „Absturz“. Ich war garnicht mehr leistungsfähig und ich selbst, war mir fremd. Unglaublich!

Die ganze Symtomebandbreite begann nach ca 1 Jahr mit 50mg einschleichend und ich habe alle Variationen des Medikamentes innerhalb eines weiteren Jahres durch.

Als ich völlig entnervt Elvanse gestoppt habe, sind die Lebensgeister zurück gekehrt! Ich war glücklich, stabil, ausgeglichen, fröhlich, nicht mehr blass und introvertiert sondern offen und herzlich mit rosigem gesundem Gesicht.

Somit habe ich für mich folgende Entscheidung getroffen, die sehr gut funktioniert: ich nehme Elvanse nur bei Bedarf und dann auch nur 30mg. Die 50mg nehme ich bei extrem langen Arbeitstagen und ich splitte nicht mehr! Das hat alles durcheinander gebracht. Mein Arzt sagte auch, dass es Gründe gibt warum das Medi nur 1x täglich genommen werden sollte. Diese Gründe habe ich erlebt, es war sehr unangenehm.

Ganz verzichten möchte ich auf Elvanse nicht aber ich möchte es nicht als Dauermedikation. Mit Pausen läuft es bislang sehr gut :blush:

Es ist mein Weg, der sicher einzigartig ist und den ich niemandem empfehle, der dies nicht mit dem Arzt abgesprochen hat. Denn für manche Menschen ist die regelmäßige Einnahme einfach unabdingbar.

Liebe Grüße v Lea

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Danke dir für deine Rückmeldung. Es scheint zumindest nicht nur bei mir so zu sein. Was schonmal beruhigend ist.

Ich habe schon länger vermutet, dass auch meine, diesmal wirklich langanhaltende depressive Stimmung vom Elvanse mit verursacht wird.

Das komische ist nur, dass ich fast Angst habe es abzusetzten, da es die ersten Stunden in manchen Bereichen hilft.

Ich frage mich jetzt, ob diese Angst vorm Absetzen schon sowas wie Suchtentwicklung ist. Ich habe halt das Gefühl eine Alternative zu brauchen.

Ritalin habe ich bereits einen Monat probiert. Das war auch super gut von der Wirkung, besser als Elvanse. Ich konnte mich viel besser Konzentrieren und fokussieren. Auch bei Aufgaben die ich normalerweise Ewigkeiten vor mir her schiebe.

Nur leider wollte ich dann fast schon zwanghaft bei den Aufgaben bleiben und wurde ungehalten, wenn mich jmd meinte dabei unterbrechen zu müssen. Ich wurde nicht aggressiv oder so aber ich fühlte mich einfach extrem von anderen Gestört.

Ich traue mich jetzt nicht wirklich meinem Psychiater davon zu erzählen, da er dann nachher sagt, dass er mir nichts mehr verschreibt, auch wenn ich dann wieder Medikamente möchte. Ich habe mich schließlich nicht ohne Grund für Medikamente entschieden.

Ja, verstehe ich sehr gut. Hab ich trotz aller Nebenwirkungen auch so gehabt, weil die ersten Stunden des Tages mit Elvanse top waren. Und ich möchte auch nicht auf das Medikament ganz verzichten.
Dennoch sind die Nebenwirkungen ja keine Einbildung und tw schwer zu ertragen.

Ich würde dem Arzt sagen, dass das Medi super wirkt, aber nicht am ganzen Tag. Vielleicht verschreibt er dir eine höhere Dosis oder gibt dir etwas Unretardiertes für den Nachmittag

Nee, würde ich auch nicht. Eher in Richtung der fehlenden WirkLänge argumentieren

Bin gespannt wie es bei dir weitergeht!
Drücke dir fest die Daumen :slight_smile:

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Hallo Lea, älterer Beitrag aber trotzdem sehr interessant für mich :slight_smile:

Ich stelle für mich auch immer wieder fest, dass dauerhaft mit, aber auch dauerhaft ohne nicht so richtig gut geht. Deshalb bin ich froh deinen Beitrag zu lesen.

Kannst du mir grob sagen wie dein Schema so aussieht? Wirklich nach Bedarf oder gibt es ein grobes Schema?

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Hey @JuliOs
Momentan hab ich wieder was umgestellt und bin - weiterhin mit Pausen - mit ca 30-50mg unterwegs.

Aktuell zB beim Fussball, am See, im Urlaub, da will ich mal 'n Bierchen trinken, da nehme ich garnichts. Da stresst mich Elvanse sogar.

Im Job hat sich tatsächlich 2x30 mg bewährt. Kommt immer auf die Anforderung des Tages an. Die Freigabe vom Arzt habe ich hierbei zu variieren.

Anfangs habe ich jede Reaktion genau beobachtet und alles für mich exakt ausgewertet bzw bewertet. Das hat mich enorm gestresst. Dazu dieser extreme Rückzugswunsch bei nachlassender Wirkung.

Aktuell nehme ich Elvanse wenn ich es brauche und an sonnigen Tsgen wie heute garnicht. Da liebe ich den Adhs Flow und auch mal ein Energiebündel zu sein :grin:

Ich glaube, wirklich hilfreich für andere ist mein „Anwendungsplan“ vermutlich nicht, da ich schon sehr oft nichts nehme und mich wohl fühle. Das rate ich natürlich niemandem. Bei den meisten ist die regelmäßige Anwendung einfach am besten.

Ich wünsche dir ein schönes sonniges Rest-Wochenende :yellow_heart:

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Einspruch, ganz leise, aber trotzdem…

Gerade so Erfahrungen zu lesen, empfinde ich als lehrreich. Wie oft stellt sich die Frage, was wäre wenn?

Und dann lese ich, es wurde bereits probiert mit diesem oder jenem Ergebnis.

Mir hilft sowas zur Entscheidungsfindung. Ob es ebenso funktioniert, da ist immer ein wenig Roulette dabei, aber das ist die erste Medi Gabe ja auch.

Ich bin jedenfalls Dankbar für jede Erfahrung, die hier geteilt wird, die guten sowieso, aber auch die schlechten…

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Das freut mich sehr liebe @Silberlocke und ich stimme dir zu.
Danke für dein wertvolles Feedback :hugs:

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da ich ja mittlerweile auch pausen einlege, Sonntags, kann ich z.B von heute berichten. ich bin irgendwie „gleich schwankend?“ den ganzen tag über, werd dann mittags auch erschöpft, wenn ich was für mich anstrengendes mit viel menschen ( markt, spazieren), reizüberflutung gemacht habe, esse halt wesentlich mehr (jede möglichkeit die sich bietet) und die konzentration ist sowieso nicht da und ohweh, motiviert bekomme ich mich kaum noch zu was worauf ich null bock habe. ach ja die reizüberflutung merk ich anfangs noch und dann auf magische weiße nicht mehr und das alles an einem tag ohne elvanse.

habs aber jetzt auch 1 1/2 Jahre ohne Pause durchgenommen, da muss ja dann auch mal eine veränderung eintreten, zum positiven für mich, zumindest empfinde ich das so.

Edit: ich frag mich grad was passiert wenn ich jetzt 1 1/2 Jahre anfang mph zu nehmen, werd ich dann normal? wer weiß. ist ein scherz :joy:

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Hm, ist da jetzt viel von beidem, angenehm & unangenehm, oder lese ich da was verkehrt verwirrt guckt sorry @schlingelprinz

ich nehme das zeug doch um so viel wie möglich im hier und jetzt zu sein und so langsam meine ich, dass es auch außerhalb der Wirkzeit passiert. Wird aber noch Zeit brauchen denke ich.

Unter unangenehm verstehe ich z.B. Reinsteigern in Wut, Sachen kaputt schlagen, letzte Woche der Alkohol Vorfall, gar nichts tun, seinen Körper mit allem mögliche zusätzlich schädigen, die Liste ist lang, ist aber schon weniger geworden. Ach ja ich fühle sogar mittlerweile mehr, halt auf meine Art, keine Ahnung ob das in Verbindung mit Therapie und Medi kommt oder nur durchs Medi, ich glaube es liegt an der Kombi.

Dieser „Ich bekomme gar nichts mehr mit Modus“ ist auch weniger geworden, ich glaube dass ist das aller beste. So stumpf zu sein ist schon scheiße, so Roboter Zombie mäßig.

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Das finde ich eine spannende Beobachtung, Danke, das du auf meine Nachfrage eingegangen bist.

Weiterhin viel Erfolg bei deinen Tests am Sonntag :four_leaf_clover:

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adhs kommt selten allein oder wie sagt man und sobald die komorbiditäten wegtherapiert sind, dann mal weiter schauen, was so übrigbleibt.
ich denke aber ich bin auf einem dicken grünen zweig mittlerweile
mein umfeld das mich jahrelang kennt drückt das zumindest so aus und ich merke es ja auch selber, manchmal zumindest. :grin: :+1:

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Ist man nicht immer irgenwie was am ändenr nach der Zeit weil man was neu haben möchte? :smiley:

Ich bin momentan tatsächlich auch an dem Punkt. Ich stress mich damit die ideal Dosierung zu finden und die finde ich auf Dauer nicht. Zudem fehlt mir was bei längerer Einnahme am Stück.

Also ich scheine auch mit Elvanse das plötzliche Absetzen und das Nehmen bei Bedarf gut zu vertragen. Stand heute :smile:

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Dein Beitrag ist jetzt ja schon ein bisschen Älter, vielleicht hilft das ja trotzdem noch:

Beim Lesen ist mir aufgefallen, dass die Nebenwirkungen, die du unter Ritalin beschreibst (Selbstisolation, von Aufgaben nicht lösen können) autistische Merkmale sind. Auch klingt die Wirkung von Elvanse ein wenig nach verstärkter Reizfilterschwäche + unter Elvanse leistungsfähiger sein und die eigenen Ruhebedürfnisse nicht mehr erkennen und dadurch Überlastung des Nervensystems, weil zu wenig Pausen gemacht werden. (was meiner Ansicht nach auch ein wenig in eine autistische Richtung deutet)

Das muss nicht so sein und kann tatsächlich einfach eine Nebenwirkung der Medis sein.

Jedoch haben ADHS Medikamente bei mir als gleichzeitig mit Autismus diagnostiziertem ähnliche Wirkung.

Ich muss unter Elvanse auch verstärkt auf innere Bedürfnisse nach Ruhe und Nahrung achten und mir einen bewussten Essens- Plan machen, damit das stattfindet und ich nicht einfach nur ins „Machen“ gerate.

Also als ob durch die Stillegung des ADHS-Symptome der Gegenpart fehlt und die Autistischen Symptome erst richtig freigelegt würden.

Im allgemeinen Screeningbogen der ADHS- Diagnose ist das aufgefallen:

ich habe bei sehr vielen Fragen den Bedarf gehabt, sowohl das ADHS Merkmal im extrem anzukreuzen als auch das autistische.

Z.B.: gehen sie lieber auf eine Party oder ins Museum. Da musste ich auf beiden Seiten Kreuze setzen, weil der Autimus-Nerd gar keine Menschen sehen will und am liebsten Stundenlang Ausstellungsstücke im Museum betrachten und untersuchen möchte. Der ADHS Part will das absolute Gegenteil: den Dopamin- Kick der Party, der vor allem deswegen so gut knallt, weil der Autist in mir unter den ganzen fremden Menschen da total verloren vorkommt und bis zum Platzen aufgeregt ist.

Der ADHS Part schubst den Autisten immer in Situationen, in denen der dann total überfordert ist und freut sich über den Dopamin-Kick.

Dadurch habe ich aber auch gelernt, dem Autisten zwischenmenschliche Manieren beizubringen und falle inzwischen nicht mehr als Autist auf. Es war deshalb bei der Diagnose auch wirklich schwierig, diese Seite wieder frei zu legen und zu Überlegen: was kann ich wirklich intrinsisch und wofür habe ich mir im Laufe meines Lebens Strategien angeeignet. Ich habe gelernt, dass ich Mimik nicht richtig verstehe und dass ich mir Bedürfnisse anderer immer nur logisch aus dem Kontext erschließen kann. Das ist bei mehr als einer Person sehr anstrengend und deshalb ist ein Party, wo viele unbekannte Bedürfnisse um einen sind, die man nicht erkennen kann, auch sehr anstrengend.

Bis zur tatsächlichen Diagnose hat meine Psychiaterin nicht daran geglaubt, dass ich beides habe, weil ich äußerlich so gut angepasst bin. In mir sind aber zwei starke divergierende Impulse : einer ruft beständig nach Action und Abenteuer, der andere will alles wie immer und bloß keine Menschen und keine Veränderungen. Elvanse legt den einen Impuls still und der andere wird dadurch erst so richtig vordergründig und sichtbar.

Erst mit der Diagnose schwarz auf weiß ist sie (dann auch sehr versiert) darauf eingegangen.

Vielleicht kann das für dich auch ein Ansatz sein, dem einmal auf den Grund zu gehen und einen Umgang damit zu finden.

Bei mir ist der Plan meiner Psychiaterin:

Elvanse richtig einstellen und dann/parallel therapeutisch mit den Autismus-Symptomen umgehen lernen, weil es für die autistischen Grundsymptome keine Medis gibt.

Ich habe auch das beschriebene Bedürfnis, Dosierung entsprechend der tatsächlichen Belastung anzuwenden, also vielleicht 30-50 am Wochenende oder an Tagen, wo ich nicht so belastet bin

und an Tagen, an denen ich viel Textarbeit erledigen muss oder mich sonst wie konzentrieren muss, eher hochdosieren.

Meine Psychiaterin hat mir auch genau das, also wechselnde Dosierungen nach Bedarf, als ADHS- Therapie für autistische ADHSler empfohlen, damit man an freien Tagen genug Erholung bekommt.

Ich suche hier gerade die richtige Dosierung.: 40mg Elvanse scheint gut für freie Tage, 50-60 könnte Optimum für konzentrierte Textarbeit sein,
Allerdings mit 40mg morgens und 10-20 Mittags.

70mg als Einzeldosis hat mich gestern hart ausm Leben geballert, da war nur noch Watte im Kopf, Tunnelblick und der Ruhepuls lag bei 100, Blutdruck bei 140 zu 90.

Da habe ich zwar schön konzentriert meine Aufgaben abgearbeitet, aber ich war nur ein Roboter ohne jede Selbstwahrnehmung und ich weiß nicht, ob das gut war, was ich da an Arbeit verzapft habe.

Mir fehlten dann meine Querimpulse für die Kreativität und die Wahrnehmung drumherum. Wenn das neurotypisches Denken ist, dann will ich das so in Reinform nicht haben.

Ein Bisschen brauche ich mein ADHS- Chaos im Kopf, um mich lebendig zu fühlen. Ich forsche weiter, bis ich die optimale Wirkung zwischen Autismus und ADHS gefunden habe.

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Danke @Katzenbär für diesen Einblick in dein Innenleben, hilft mir gerade beim Blickwechsel.

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@Katzenbär vielen dank für deinen interessanten Beitrag und die andere Sichtweise auf mögliche Ursachen für seltsame Medikamentenwirkungen.

Autismus vermute ich bei mir allerdings nicht. Ich mochte Partys noch nie sonderlich und viele Menschen auf einmal auch nicht, führe das allerdings auf schnelle Reizüberflutung und entwickeltes Misstrauen aufgrund der ADHS und wer weiß was noch mit spielt, zurück.

Ich kann denke ich gut erkennen was mein Gegenüber fühlt, das mag nicht immer richtig sein. Aber ich erkenne was :wink:.

Mit Ironie und Sprichwörtern habe ich zum Beispiel auch keine Schwierigkeiten es zu verstehen, sonst hätte ich in meiner Familie wahrscheinlich auch nicht überlebt :joy:.

Ich neige leider zu impulsdurchbrüchen, die sich zum Teil in verbaler Aggressivität äußern und das wird leider durch Elvanse zum Teil noch stärker, gerade wenn so ne blöde wirklücke ist. Wenn etwas nicht so läuft, wie ich mir das vorher ausgemalt habe herrscht chaos im Kopf. Daher nehme ich Elvanse jetzt auch nicht mehr. Es soll ja nicht alles noch blöder werden. Aber Ritalin ist auch nicht die optimale Lösung. Vielleicht gibt es die einfach nicht.

Sehr wertvoller Beitrag @Katzenbär …top!
Hab ich mir gleich gebookmarkt :blush:

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Ohne dir zu Nahe treten zu wollen: Jetzt beschreibst du weitere Merkmale, die mich eher an Autismus und meine eigene Diagnose und die Aufbereitung meiner Wahrnehmung im Zusammenhang damit denken lassen:

Dass du grundsätzlich keine Lust auf Umgang mit Menschen hast, ist meiner Ansicht nach eher ein Hinweis auf Autismus als auf ADHS.

Es kommt ja zwischen beiden Wahrnehmungsstörungen gerne auch zu Fehldiagnosen, weil es deutliche Überschneidungen im auffälligen Verhalten gibt, nur sind die Inneren Treiber, die dazu führen, sehr unterschiedlich.

Ich hab irgendwo noch diese Vergleichstabelle, wo die Merkmalsüberschneidungen und die unterschiedlichen Gründe dafür zusammengefasst sind.

Bist du sicher, das du Ironie und Sarkasmus nicht verwechselst?

Sarkasmus ist die Form des Humors, die Autisten auszeichnet.

Das war in meiner Familie immer vorherrschend. Wenn ich bei andern so Sprüche mache, die ich normal finde, fühlen die sich vor den Kopf gestoßen, weil Sarkasmus immer auf dem sachlichen aufbaut. Sich gegenseitig verbal an falsch gemachtem verarschen, ohne jedoch wirklich angreifen zu wollen, das ist eher Autistisch.

Da Autismus und ADHS in vielen Fällen erblich ist, und beides zwar unterschiedliche Wahrnehmungsstörungen darstellt, jedoch häufig im selben Haushalt vererbt werden können, sind Familiensysteme oft insgesamt von beiden Störungen Betroffen und entsprechend herrscht auch ein autistisch geprägter Sarkasmus vor, den man dann selbst als normal empfindet.

Muss nicht so sein, kann aber.

Bei mir erzeugt Ironie oft erstmal ein reales Bild. „Das Herz auf der Zunge tragen“ gleicht bildlich einem Splatterfilm. Es liegt ein Menschliches blutendes Herz auf einer Zunge. Ich empfinde das nicht als gruselig, aber es ploppt erstmal ein reales Bild der Sache auf.

Diese Redewendung habe ich zu verstehen gelernt und hinterfrage das dann nicht wieder. Redewendungen, die ich einmal verstanden habe, verwende ich ganz „normal“, ohne dass ich das wieder abrufe. Dennoch hängt dieses erste Bild als Erinnerungsfetzen immer noch an dem Sprichwort, wenn ich bewusst drüber nachdenke.

Aber der Prozess des bewussten Übersetzens aus dem Kontext hat gedauert und ich konnte mich wieder daran erinnern, dass ich daran mehrere Tage gegrübelt habe, was damit genau jemand über mich ausgesagt haben wollte.

Ich trage das Herz auf der Zunge. Was meint der damit?

Mit Herz wohl eher das Bauchgefühl, als ein wirkliches Herz. Zunge kann auch für sprechen stehen. Also bin ich wohl jemand, der seinen Gefühlen ungebremst Ausdruck verleiht. (Was auch ein typischer Wesenszug von Autisten ist, weil sie nicht verstehen, das sachliche Auskünfte auf andere nicht sachlich, sondern brüskierend wirken können).

Ich hab zudem rückblickend das Gefühl, das alle intensiven Freundschaften und Beziehungen, die ich jemals hatte, mit anderen neurodiversen Menschen stattgefunden haben.

Viele sind jedenfalls inzwischen selbst diagnostiziert, meine aktuelle Partnerin ist mindestens von ADHS betroffen und einige zeigen sehr auffällige Merkmale, die ich jetzt erst wirklich zuordnen kann. Ich fühle mich selbst halt immer da verstanden, wo die Leute ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich.

Das System reproduziert sich also auch in dieser Weise vermutlich selbst, weil zumindest ich mit „Normalos“ nicht gut zurechtkomme und das auch bei diesen Menschen, die ich heute nich kenne, beobachte, das man gerne mit den „Anderen“ klüngelt, die nicht „so sind“ wie die ganzen Normalen.

Man lernt als Autist Ironie ja auch über die Jahre. Es fällt mir immer nur dann auf, wenn ich ein Sprichwort oder Wortbild höre, dass ich noch nicht kenne.

Wenn ich auch die einzelnen Bausteine noch nicht verstehe, dann brauche ich lange, bis ich mir das übersetzen kann.

Ich weiß dann oft nicht, ob ich gerade gedisst werde oder ob das wertschätzend ist.

Man ist auch oft der Letzte, der einen Witz versteht oder man wartet einfach bis zum Ende des Witzes und lacht aus Höflichkeit mit, weil das der Höflichkeit entspricht. Gerade deshalb darf es auch nicht sein, dass man das nun dich nicht kann, weil man sich das ja so mühsam über die Jahre erarbeitet hat, dass man einen guten Umgang mit Witzeerzählern gefunden hat, der die Regeln der Höflichkeit achtet. Wenn jemand mit Witze erzählen anfängt, empfinde ich aber innerlich immer einen starkene Impuls der Abneigung und einen Fluchtreflex. Bärchen, chill, der meint es nicht böse, er will nur nett sein und die Stimmung auflockern. Lach einfach und nimm das als netten Versuch, mit dir in Kontakt zu treten und dir eine Freude zu machen. Und dann lache ich deshalb, weil ich das als Ausdruck von Sympathie und Akzeptanz mir gegenüber deute und mich das tatsächlich entspannt. Dennoch liegen da ja all die Fettnäpfe, das man nicht zu früh lacht oder auf dieses erwartungsvolle Warten am Ende des Witzes mit einem angemessenen Lachen reagiert.

Ich freue mich über die Freude des Erzählers am Witz selbst, sehr selten über den Inhalt. Wenn doch, hatte die Pointe eher Sarkasmus zum Inhalt.

Bei mir war dieser Umgang über die Jahre und Lebenserfahrung aber auch so sehr einstudiert, dass ich das als normal empfunden habe.

Das hat wie gesagt, sehr viel Selbstreflexion während und zwischen den Diagnosesitzungen gefordert, um das wirklich herauszuziselieren. Und ich bin immer noch damit beschäftigt.

Ich bin auch jemand, der sehr gut die Absichten der Menschen um mich herum voraussehen kann. So gut, dass ich auch nie gedacht hätte, dass ich Autist bin. Der Witz ist aber: mein Leben lang habe ich mich damit beschäftigt, zu wissen, was die anderen Wollen. Habe Psychologiebücher studiert, Kommunikationsfortbildungen besucht, Geübt, Rollenspiele gelernt, mir hilfreiches Verhalten bei anderen abgeschaut und nicht selbst entwickelt. Was machen andere richtig, die nicht so anecken, wie ich. Warum ist dieser oder jener beliebt. Was zeichnet den oder die aus? Dann hab ich das genommen, was mir auffiel und ausprobiert. Irgendwann hatte ich dann ein immer besseres Gespür dafür, was die entsprechende Eigenschaft war. Jetzt piecje ich quasi fast automatisch alles bei anderen raus, was hilft und lache innerlich über das, was die an unbrauchbarem Zeug mit sich rumschleppen. Die machen das aber alles intrinsisch au dem Bauch heraus, ich arbeite demgegenüber mit einem nahezu perfektionierten Baukasten der Menschenbeobachtung und Kommunikation, den ich als normal empfinde, weil ich das anders gar nicht kann.

Mein Kollege hat mir beim Telefonieren beigebracht: erstmal Freude zeigen, übers Wetter reden, nach der Familie fragen, bevor man auf die Sache kommt. In meinem Kopf muss es immer möglichst sofort um sachliche Inhalte gehen.

Für neurotypische Menschen ist Smalltalk und Befindlichkeitsgequatsche ein Selbstzweck.

Für den geübten Autisten ist das sprechen über Befindlichkeiten immer nur der Zweck, um möglichst schnell zum sachlichen Inhalt zu kommen. Was der andere auf meine Befindlichkeitsfrage antwortet, langweilt mich und ich habe gelernt, passiv zuzuhören und mit gelegentlichen: „Aha, ja, ach, das ist ja auch interessant“ Floskeln Interesse zu suggerieren und das geduldig zu ertragen, nur, um dann möglichst schnell auf den Punkt zu kommen.

Gesichter kann ich nicht lesen, weil ich aber so gut geübt bin, musste ich lange darüber nachdenken, ob das bei mir wirklich so ist. Und dann habe ich im Internet mal mehrere Tests gesucht, wo man von Fotos die Stimmung der abgebildeten benennen sollte. Ich konnte das nicht. Das einzige, was ich sicher zuordnen konnte, war Freude. Ich weiß jetzt, dass ich von den 7 Grundemotionen ausschließlich Freude sicher identifizieren kann. Dann gibt es für mich noch neutral und negativ. Und die beiden letzteren führen immer dazu, dass ich sie als mich abweisend interpretiere. Es kostet mich immer einen inneren Monolog, mir das bewusst zu machen, das ich nicht automatisch gemeint sein muss oder ich muss nachfragen.

Ich habe mir zudem eine Taktik des Nachfragens und Darstellens meiner Beweggründe angeeignet, die mir helfen, die Kommunikation zu verbessern. So fällt es mir als allerletztem auf, dass ich autistisch sein könnte. Ich merke es immer nur dann, wenn ich anecke, wenn meine Strategien nicht aufgehen. Dann bin ich sofort im Arsch. Ich kann damit schlecht umgehen, weil mir dann der Baukasten nicht hilft und ich mir das unmittelbar vor Ort erschließen muss.

In unbekannten Situationen oder bei unbekannten Personenkreisen und wenn es über die üblichen Höflichkeitsfloskeln hinausgeht, da machen sich die autistischen Probleme bemerkbar, dann dann bin ich quasi blind und orientierungslos.

Ich wollte da nur als weiteren Einblick geben, weil du dir so schnell sicher bist, dass bei dir kein Autismus vorliegen kann.

Das ist, vor allem wenn man schon lange damit lebt und maskieren gelernt hat, nicht so schnell zu sehen.

Meine ersten Online-Test habe ich auch „verkackt“, weil ich vergessen habe, dass ich mir all diese Strategien einmal bewusst angeeignet habe.

Kommunikation ist für Autisten wie Fahrradfahren oder Schuhe zubinden,

wenn man es einmal kann, verlernt man es nicht mehr und hinterfragt es auch nicht mehr. Aber man kann sich dennoch an den Prozess erinnern, wie man sich das einmal erarbeiten musste.

Und wenn man sich Kommunikation erst in der Weise erarbeiten musste, hat sie nicht intrinsisch automatisch stattgefunden.

Dann hat man kein eigenes Gespür dafür, wann man was sagt oder was die anderen für eine Stimmung haben. Dann ist man sehr wahrscheinlich Autist. Also nicht, wenn man sich vereinzelt mal was beibringt, sondern wenn man sich erinnern kann, das gute Kommunikation eher über Versuch und Irrtum gelernt wurde als das man das automatisch einfach konnte. Das man oft angeeckt ist und gar nicht so genau benennen kann, warum.

Es muss ja wie gesagt, nicht so sein, aber es ist auch nicht gleich offensichtlich, vor allem, wenn man das schon lange normal sein geübt hat.

Es lohnt sich, sich damit etwas länger auseinanderzusetzen, denn wenn man betroffen ist, bekommt man nochmal eine neue Perspektive, die einem hilft, noch besser zu werden in der Kommunikation.

Kannst ja nochmal für dich prüfen, und wenn nicht für dich, dann hilft es ja vielleicht anderen Mitlesenden.

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Nicht Grundsätzlich, nur zu viele auf einmal lassen mich schnell an meine Grenzen kommen. In kleiner Runde, mit Menschen die mich kennen und von denen ich glaube, dass sie mich so mögen wie ich sie, bin ich gerne zusammen.

Das finde ich normal, dir meisten haben Automatisch ein Bild im Kopf. Ich habe bei dem genannten Sprichwort nicht so viel splatter im Kopf, sondern halt das anatomische Herz und meine Zunge die es echt schwer findet und es daher schnell los werden möchte, also von der Zunge.

Meine Freunde sind alle sehr unterschiedlich und die meisten nicht neurodivers. Obwohl glaube ich alle Menschen irgendwie vielleicht auch etwas neurodivers in gewissen Bereichen sind.

Ok Witze verstehe ich häufig tatsächlich als letzte oder ich finde etwas urkomisch, was andere so gar nicht zum lachen finden.

Smalltalk ist auch generell nicht so meins. Bin inzwischen aber auch ganz gut darin. Freunde haben mir früher immer mal wieder gesagt, dass ich telefonate einfach urplötzlich beende. Ich dachte es sei alles gesagt. Das mache ich aber nicht mehr und warte immer noch ob was kommt.

Das kann ich wirklich sehr gut. Ich habe auch immer Rollenspiele gespielt und Theater. Was ja auch eher untypisch für Autismus wäre.

Ich finde was du sagst wirklich interessant und ich denke wahrscheinlich in ein paar Bereichen habe ich da auch Verhaltensweisen, die auf das AU Spektrum vermuten lassen. Ich denke nur die Basis was Autismus im Kern ist erfülle ich so gar nicht und bin da eben sehr ADHS typisch und wahrscheinlich überschneiden sich beide Störungsbilder in manchen Bereichen einfach mehr als bisher angenommen. In vielen Bereichen treffe ich auch Störungsbilder wie bipolar oder borderline oder so. Aber den Kern dieser Störungen erfülle ich dann eben doch nicht und kann mich damit auch nicht ganz identifizieren.

Vielen dank für deine tolle Ausführung. Ich finde das alles recht interessant. Auch wie viel noch zwischen den einzelnen Störungen liegt je nachdem was in so nem Gehirn dann etwas anders läuft.

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