Ich frag mich echt, ob ich dieses Leben einfach nicht packe… Schon immer war ich jemand, der nach Aktivitäten, nach der Schule, nach der Arbeit Ruhe brauchte. Der sich dann in sein Zimmer zurück gezogen hat, in seiner Fantasiewelt war. Musik und Bücher waren mein Leben. Immer schon.
Ich hab das Gefühl ich packe das Leben einfach nicht. All die Anforderungen, allem gerecht zu werden… Mittlerweile bekomme ich seit einigen Wochen Ritalin. Ich habe es, trotz Vermutungen schon vor Jahren, erst jetzt geschafft mich diagnostizieren zu lassen. Und es hilft mir, auf jeden Fall. Aber… Ich kann trotzdem nicht so, wie alle anderen. Das hat mir nie so sehr zu schaffen gemacht wie jetzt! Ich vermute, das liegt daran, daß ich durch das MPH klarer und… Keine Ahnung, nicht mehr so „flüchten“ kann? Ich habe auch mehr das Bedürfnis zu reden. Vorher habe ich alles überwiegend mit mir selbst aus gemacht…
Wie ist das bei euch so? Fühlt ihr euch dem Leben, der Gesellschaft, so wie es ist, gewachsen?
Danke, dass Du das mit uns teilst … und nicht mehr alles mit Dir selbst ausmachst. Können wir das als Fortschritt verbuchen?
Die Eindosierungsphase ist die absolute Härte. Danach wird es besser. Vertrau bitte darauf.
Da passiert so, so viel gerade. Umbewertungen des bisher Erlebten, Einordnung des aktuell Erlebten, Enttäuschung, dass es doch nicht die Wunderpille ist.
Und wie Du schon richtig erkannt hast: Klarere Sicht. Auch auf Schattenseiten. Vielleicht hältst Du mal nach „Kanalratten“ Ausschau (im Leben, aber v.a. in der Foren-Suchfunktion). Das ist ein schon mehrfach zitierter Link zu Winkler. Ich reposte den Link jetzt auch deshalb nicht einfach, weil Dir die Suche auch aufzeigen wird, wie vielen von uns es schon so ging.
Selbst wenn MPH noch nicht der Schlüssel zum Glück wäre, gibt es da noch ein breites Spektrum anderer Optionen.
Ganz platt: Alles, was Du im Moment packen musst, ist, Dich nicht umzubringen. Dann packst Du nach und nach alles Weitere. Es wird besser. Versprochen.
Noch ein (Nach-)Satz (oder zwei) aus dem wirklich schönen „Comfort Book“ von Matt Haig, einem meiner Lieblingsexperten in Sachen „sich einfach nicht umbringen“:
„Bleibe lebendig für die anderen Versionen Deiner selbst. Für die Menschen, die Du treffen wirst, ja, ganz bestimmt, aber auch für die Menschen, die Du sein wirst.“
Denn die packen das dann. Ja, ganz bestimmt. Die sind fürs Leben gemacht, wie Du.
Ich fühle mich dem Leben und der Gesellschaft auch nicht gewachsen.
Mir hilft es, mich weiterhin mit ADHS auseinanderzusetzen und auf die Stärken zu schauen.
Und langsam begreife ich, was da alles durch meine depressiven Episoden im Verborgenen lag.
Und ehrlich gesagt, mittlerweile möchte ich doch nicht gegen ein „Neurotypisches“ Gehirn tauschen wollen.
Natürlich hätte ich dann sicherlich mehr im Leben erreicht.
Aber mein Humor, der Sarkasmus, meine Kreativität und die Hochsensibilität - möchte ich das wirklich aufgeben? Nein.
Ich bin mir sicher, dass auch du die Vorzüge an dir bald entdeckst. Mir hat der Austausch mit anderen Betroffenen sehr dabei geholfen.
Und nicht zu vergessen: Wenn mir meine Symptomatik wieder extrem auf den Keks geht, schaue ich den YouTube Channel „HowToADHD“ - das hebt meine Laune oft.
In den Videos erkenne ich mich vom Inhalt her oft wieder - und die lockere Art, wie Jessica mit ihrer Diagnose umgeht, inspiriert mich.
Fühl dich gedrückt.
Dir geht es ähnlich wie mir…ich kann nur sagen der Anfang mit MPH ist hart, aber es wird besser! Hast du jemanden zum Reden? Das ist gerade in der Eindosierungszeit, meiner Meinung nach, wichtig. Das Gefühl des nicht mehr flüchten können habe ich auch ganz deutlich, immer wieder mal. Ja, das MPH verstärkt auch die Sichtweisen auf das Negative, mir hilft da autogenes Training weiter und das loslassen der negativen Gedanken, versuche sie gerade jetzt in der Zeit zur Seite zu schieben. Gelingt mir auch nicht immer, ist aber das Einzige was hilft, immer eines nach dem anderen. Versuche dir aktuell so viel Positives wie möglich „an Land zu ziehen“.
Vielleicht tröstet das ein klein wenig, auch wenn es sich momentan anders anfühlen mag: Die anderen können auch nicht so wie Du. Dieses intensive Fühlen, diesen Reichtum an Fantasie haben die wenigsten. Klar, in den Momenten, in denen sich die eigene Gedankenwelt vor allem mit der dunklen Seite beschäftigt, ist die Intensität eher unerfreulich. Aber es gibt ja auch andere Zeiten…
Viele Bücher wären nie geschrieben worden, viele Bilder nie gemalt, wenn ihren Urheber es immer leicht gefallen wäre, an der Oberfläche zu schwimmen. Für Tiefe braucht es aber eben auch ein gewisses Gewicht…
Ich habe niemanden auf der Arbeit erzählt, das ich ADHS habe, es weiß lediglich der Betriebsarzt und das wird auch so bleiben. Ich empfinde die Gesellschaft als nicht bereit, dieser Störung mit offenen Armen zu begegnen und ich möchte nicht, das ein Wissen irgendwann gegen mich gerichtet werden könnte. Sehr traurig und ein weiterer Kampf…ja, das jahrzehntelange kämpfen hat mich stark gemacht, aber eine Pause hätte ich schon gerne ab und zu…aber Aufgeben ist für mich keine Option! Ich falle auf den Hintern, verbringe meine Zeit in der Depression, mal länger, mal kürzer und dann stehe ich wieder auf. So war es immer und so wird es immer sein, außer das Hinfallen hört auf…ein Stolpern würde ja auch schon reichen!
Bin selber über dieses Forum auf den Kanal gestoßen, weiß leider nicht mehr wo der Beitrag war.
Ist zwar auf Englisch, einiges ist aber auch mit deutschen Untertiteln versehen.
Finde das auch so toll. Wünschte, ich hätte auch den Mut dazu so offen damit umzugehen.
du sprichst mir ein bisschen aus der Seele. Nur dass ich jetzt seit einem Jahr MPH bekomme.
Ich muss mich zur Zeit bremsen, nicht zu viel von mir zu verlangen. Irgendwo empfinde ich das mit dem MPH auch so, als sollte ich jetzt, wo ich es bekomme, dann halt auch „funktionieren“. So ist es aber nicht. MPH unterstützt, aber es ist kein Ausgleich, mit welchem wir entsprechend Neurotypischen arbeiten und leisten können. Das muss ich mir selbst immer wieder vor Augen führen.
Außerdem gibt es ja noch die berühmten Komorbiditäten… Und ein spät diagnostiziertes AD(H)S lässt sich auch nicht innerhalb weniger Wochen „umgewöhnen“, wir können nicht durch das Wissen & Medikamente dann plötzlich funktionieren als hätten wir kein AD(H)S…
Hab Geduld. Sei lieb zu dir selbst. Du musst gar nichts. Und zurückziehen in Fantasiewelten, das klingt doch in der kalten Jahreszeit sehr gut, oder nicht
Ich hadere mit mir zur Zeit, eine Selbsthilfegruppen zu gründen. Was mich hindert? Die Gruppe muss Publik gemacht werden. Früher oder später taucht irgendwo mein Name auf. Mein Nachname ist selten, meine Familie aber groß. Möchten meine Geschwister überhaupt auf sowas angesprochen werden? Schwierig…
Eigentlich sollten wir alle zusammen unseren Mut zusammen nehmen und uns „outen“. Zusammen sind wir stark Klingt zu schön, um wahr zu sein.
Das sehe ich genau so. Ich habe das als Kind auch immer gemacht - und es mir als Erwachsene verboten. Mittlerweile wurde ich darin bestärkt, es als Skill zu nutzen.
Und tatsächlich gibt es auch eine Entspannungsübung, in der man sich seinen „sicheren Ort“ schaffen soll. Dort kann man sich dann gedanklich immer zurück ziehen, wenn draußen wieder ein Sturm tobt.