Gegenreaktion auf ADHS - besonders ruhig und gefühlskalt werden

Darf ich dich fragen was „körperorientiert“ arbeiten heißt? Finde was du schreibst gerade sehr spannend. Fange gerade neu mit Diagnose und Ritalin adult an und mache erste Erfahrungen damit. Danke schon mal!

Oh ein altes Thema mit der Überschrift „Gegenreaktion auf Adhs -besonders ruhig und Gefühlskalt werden“, ein interessantes Thema.
Also für mich natürlich schwer zu beantworten da ich ja selbst Adhs habe und jetzt mal behaupte das mir sowas wie Gefühlskälte vollkommen fremd ist, ich „kann“ gar nicht „Gefühlskalt“ sein, ist mir ein Rätsel wie sowas überhaupt möglich sein soll, abgesehen davon ist „ruhig“ sein, oder bleiben, auch nicht gerade meine Stärke. :wink:
Aber ich kann mir vorstellen, dass Menschen die eben anders gestrickt sind als ich so auf Adhs reagieren können, besonders Menschen die sehr introvertiert, rational und kopflastig sind, die ziehen sich auf diese Art wahrscheinlich aus Selbstschutz zurück, weil ihnen dieses „zuviel Emotionen zeigen“ erstens fremd ist und wahrscheinlich auch als sehr unangenehm empfinden, und sie eben allgemein in dieser Beziehung ganz anders ticken als jemand wie ich wo alles aus dem Bauch raus kommt, meistens spontan und sehr oft leider auch total unüberlegt.
Für introvertierte rational denkende Menschen muss es ziemlich anstrengend sein so jemand wie mich mit stark ausgeprägtem Adhs ertragen zu können, oder ertragen zu müssen, dass kann ich mir gut vorstellen und sogar auch gut verstehen, weil ich mich ja allzuoft sogar selbst durch mich genervt oder gestresst fühle.
Anderseits geht es mir umgekehrt mit „unterkühlten“ Menschen genau gleich, da fällt es mir wirklich auch sehr schwer mit so jemand „warm zu werden“, insofern beruht das ganze letztendlich auf Gegenseitigkeit, sind die Unterschiede wahrscheinlich einfach zu gross.

Körperorientiert bedeutet, dass du lernst dich und deinen Körper zu spüren. (Körper-)Empfindungen, Gefühle wahrzunehmen. In Kontakt mit dem Therapeuten zu gehen. Nicht im Kopf zu sein bzw. Sich nicht von seinen Gedanken ablenken zu lassen und sich nicht in div. Überlebensstrategien zu verstricken (exzessive Sport, Worcahilic, alkohol, Koffein …).

Ziel ist es sich besser selbst zu regulieren. Seine Möglichkeiten mehr auszuschöpfen. Zwischen Reiz und Reaktion eine Pause für die Wahlmöglichkeit zu bekommen.

Solch eine Arbeit kann über verschiedene Ansätze gehen. Zum Beispiel kannst du dich über die Methode von Dami Charf (SEI- Somatische Emotionale Integration) informieren.

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Vielen Dank! :pray:

Das ist ein sehr interessanter Aspekt!

Mir musste man auch früher sagen: " Du, der ist nicht wirklich nett, sei vorsichtig!" oder wenn über mich getratscht wurde, mich darauf hinweisen.

Meine Unberührtheit bei Konflikten treibt das Gegenüber erst recht auf die Palme. Dabei ist das von mir garnicht beabsichtigt. Ich bin geistig einfach zu träge um mich in Wortgefechte zu verlieren.
Eben ADS.
Auch bei verdeckten Sticheleien bin ich teilnahmslos, was beim anderen zu dauerhafter Zerknirschtheit führt. Aber mir sollte man schon offen sagen, was der andere will.
So lasse ich viele Menschen bei Konflikten auflaufen.

Ich habe vielleicht doch nicht diese grosse Therorie of Mind bei anderen.

Und, ja, mir muss man auch 1000x sagen dass ich den Klodeckel bitte schliessen soll.
ABER: das ist keine böse Absicht, wie ihr wisst.

Naja. Jedenfalls bekam ich schon viel Mecker, das macht vllt. auch abgebrühter. :smile:

Grüss dich, fehn :person_raising_hand:

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Hallo zusammen, spannendes Thema!

Auch wenn es mir leid tut, dass auch andere an der Thematik des „Abschaltens der Gefühle“ leiden, so freut es mich doch, dass ich mit dem Thema nicht alleine bin.

Bei mir ist es so (zumindest kommt es mir so vor), dass mir der Zugang zu meinen Gefühlen eigentlich erst dann möglich ist bzw. ich traue mich erst an meine Gefühle, wenn ich mich emotional sicher fühle.

Also kann ich z.B. Gefühle zulassen, wenn ich Menschen um mich habe, die ich gerne habe. Weil die Gefahr einfach nicht so groß ist aus dem „nichts“ abgewertet und verletzt zu werden.

Und in dem Zusammenhang muss ich auch gleich sagen: Ich bin ein sehr sensibler Mensch. Das sage ich nicht nur über mich selbst sondern auch die meisten Menschen, die mich gut kennen, würden das unterschreiben.

Aber wenn ich z.B. in Situationen bin, wo sehr viel neu für mich ist und ich noch garnicht weiß, ob ich in dieser Situation den Menschen auch vertrauen kann, da gibt es einfach kaum bis keine Gefühle, weil die ja gefährlich wären, falls etwas schlimmes passieren sollte.

Ich würde auch sagen, dass ich teilweise Kontrolle über meine Gefühle verfüge, aber nicht so, dass ich das komplett kontrollieren kann.

Wenn z.B. Trauer oder emotionaler Schmerz vorhanden ist, dann kann ich oft schon (wenn es nicht allzu schlimm ist) bis zu einem gewissen Grad entscheiden, ob ich mich mit diesem Schmerz auseinander setzen möchte oder doch lieber verdrängen möchte.

Aber der Preis für das Verdrängen des Negativen ist auch, dass die positiven Gefühle dadurch verdrängt werden bzw. auch der Zugang zu diesen wieder schlechter wird.

So wie ich das bekommen hab ist das ja eigentlich auch wie unter anderem eine depressive Phase entsteht. Also, dass man den Schmerz nicht mehr aushält und dann irgendwann die Gefühle als Gesamtpaket wegpackt.

Und Elvanse hilft mir extrem beim Umgang mit Gefühlen. Einfach weil ich nicht mehr von den überwältigenden Gefühlen (wie es früher war) überrumpelt werde. Es ist mit Elvanse deutlich kontrollierter.

Klar kann man auch sagen, dass natürlich die Freuden dadurch gedämpft werden, das merke ich auch.
Aber wenn das der Preis dafür ist, dass ich mich überhaupt wieder mehr an meine Gefühle traue, dann finde ich das völlig ok.

Würde mich über einen Austausch freuen:)

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Das hat alles (bisher geschriebene) auch einen ruch von Schizoider oder Ängstlich-Vermeidender Persönlichkeit.
Also nicht Originär ADXS Kernsymptom. Wobei diese Persönlichkeitsakzentuierungen durch ADXS hervorgerufen oder auch Komorbid parallell laufen könnten, kann ich mir vorstellen.

Aber ich finde, schon sehr frühes tiefes Erleben von Frust (Eltern vs. Kind) Überflutung von Eindrücken, die Nähe zu Autismus, Chaos im Kopf, weisen darauf hin.

Für mich (ADXS I) muss die Welt Klein und Übersichtlich sein, Reizarm und Vorhersehbar.
Dann bin ich auch nicht im Permanentem Stress-Modus, wo ich alle hinderlichen Gefühle wie Angst abspalten muss in diesem Überlebensmodus.
Kopfmodus.

Das meinst du vllt. mit Emotional sicher ?

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@Hypoborea Ja so ist es bei mir schon auch, das trifft auch alles zu.

Aber ich bin nicht nur super sensibel was sensorische Reize angeht sonder was auch Feedback und allgemein Gesprächsstoff von anderen angeht.

Und an machen Tagen fange ich Diskussionen an, weil mich sachen ärgern, obwohl mir Menschen nur was nettes sagen wollen.

Mir hat z.B. jemand gesagt dass ich abgenommen habe und dass ich besser aussehe.
Da ich aber früher wegen meines Gewichts sehr oft viele Kommentare bekommen und auch eine Essstörung entwickelt hatte bzw. auch immer noch leicht habe, habe ich gleich darauf gesagt:
„Komm, auch wenn du das nett meinst, sollten wir uns nicht anhand von äußerlichen Merkmalen bewerten, dass ist einfach nicht gesund.“ Und die Person wollte mir nur ein Kompliment machen.

Zu dem schizoiden und ängstlich vermeidenenden:

Ich habe dependente und dramatische Persönlichkeitsanteile diagnostiziert bekommen und das passt auch so würde ich sagen.

Im Selbstbewertungsfragebogen habe ich kategorial keine Anforderungen für eine Persönlichkeitsstörung erfüllt, dimensional aber für einige.

Und auch das wechseln zwischen Persönlichkeitsanteilen unter emotionalen Situationen macht es für andere Menschen sehr schwer mit mir zu interagieren. Weil meine Reaktionen kaum Konstanz aufweisen.

Deshalb mache ich nächstes Jahr auch eine stationäre Schema-Therapie um dieser Sache mal etwas auf den Grund zu gehen.

Und klar, in gewisser Art und Weise ist es ja sogar normal emotional auf Sachen zu reagieren, für die man früher fertig gemacht wurde.

Aber bei mir ist es inzwischen so oft dass ich es selbst nicht mehr will und ich merke einfach wie oft das Probleme vor allem mit Menschen erzeugt, die ich neu kennengelernt habe, weil die sich oft denken: „Der war vorhin so und jetzt ist er auf einmal so, was stimmt mit dem nicht?“

Ne Zeit lang hatte ich schon auch überlegt, ob das vielleicht der Anfang einer Schizophrenie ist, weil ich bin ja so ca. Mitte 20 und wurde in der Kindheit mit ADHS diagnostiziert, ewiger Single etc. was alles sehr gute Prädiktoren sind und ich hatte in meinem ersten teilstationären aufenthalt unter Elvanse auch einige Wahnvorstellungen aber keine Halluzinationen zum Glück. Habe das auch meinen Ärzten gegenüber geäußert, aber die meinten das komme von meinem extremen interaktionellen Misstrauen, dass sich aus meiner Kindheit und Jugend heraus als Notwendigkeit entwickelt hat. Und wir sind dann natürlich wieder mit dem Elvanse runter gegangen.

Dann habe ich auch angesprochen, ob das vielleicht nicht in die Richtung einer Dissoziativen Identitätsstörung (gibt ja auch mildere Stufen, daher in die Richtung z.B. partielle dissoziative Identitätsstörung im ICD-11 oder eine Ego-State Disorder) gehen könnte, weil ich riesige Erinnerungslücken habe was Kindheit und Jugend angeht und auch teilweise richtig krasse Aussetzer im Alltag habe.
Da würde mir dann auch gesagt, dass das Stressreaktionen sind, die bei ADHS typisch sind und dass all diese Sachen durch ADHS und eine rezidivierende depressive Störung besser zu erklären seien.

Und ja, damit arbeite ich dann auch erst mal. Weil wenn ich meinen Ärzten nicht vertrauen würde (und in dem Fall tue ich das wirklich) dann würde ja die Zusammenarbeit auch kaum Sinn machen.

Ja, ich habe auch meine Traumata.
Was davon Rejection S. ist und was Trauma ist schwer zu unterscheiden.
Oder es ist beides zusammen.

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