Habe ich ADHS? Generalisierte Angststörung diagnostiziert - Arzt meint, es kann AD(H)S sein

Liebes Forum,

seit mehreren Jahren leide ich unter starker Angst, vor allem weil ich in der Uni versage und nicht mit Kommilitonen mithalten kann. Seit drei Jahren habe ich eine Generalisierte Angststörung diagnostiziert.

Am Anfang schien mir die Diagnose realistisch (aufgrund starker innerer Unruhe), aber ich glaube, dass mehr dahinter steckt. Ich habe überwiegend Angst, weil ich in der Uni sehr unstrukturiert bin, Termine und Deadlines verpasse. Ich lerne für Klausuren wenig, obwohl ich den ganzen Tag am Schreibtisch sitze, mir einen Lernplan mache und bei jeder Klausur mir das Ziel setze „dieses Mal wird es anders“. Dann schreibe ich dafür doch relativ gute Noten, obwohl kaum gelernt in Vergleich zu anderen. Diese Unkonzentriertheit macht mich verrückt. Ich versuche mich gesund zu ernähren, mache Sport. Trotzdem kann ich kaum stillsitzen, will ständig aufstehen, tanze in der Wohnung rum und mache Hula Hoop.

Natürlich haben viele Studenten so ein Verhaltensmuster und man will für sein Verhalten eine „Krankheit“ als Erklärung finden, aber mich schockiert mein Verhalten immer wieder aufs Neue - beispielsweise wenn ich es nichtmal schaffe 1.5 Stunden in der Uni stillzusitzen und dem Prof zuzuhören oder in der Klausur lieber anderen beim Bearbeiten ihrer Aufgaben zuschaue. Auch administrative Aufgaben bekomme ich kaum erledigt, kann Gesprächen kaum folgen, obwohl ich alles richtig machen möchte und nicht der Vollversager in der Familie sein möchte.

Um wichtige Dinge (z.B. Steuererklärung, Termine) zu erledigen, habe ich begonnen, Medikinet zu nehmen (oder mal ein Glass Weißwein/ Sekt), welches ich über einen Freund erhalte. Ich weiß, man sollte nicht verschreibungspflichtige Medikamente, welche einem eigentlich nicht zustehen, nehmen. Aber ich wusste nicht mehr weiter und kann so einfach mal konzentriert ein paar Dinge abarbeiten. Ich bin jetzt 26 und es wird ja nun von mir erwartet, solche Dinge zu erledigen.

Mein Arzt meint, es könnte eine AD(H)S sein, seine Praxis für eine Diagnose aber nicht spezialisiert ist. Er würde an meiner Stelle erstmal an der Angst durch eine Therapie arbeiten. Er hat mir ein Antidepressivum (SSRI) verschrieben, was ich auch selbst gefordert habe.

Jetzt frage mich mich: Soll ich das Ganze so belassen oder einen Termin bei einem Arzt für eine Diagnostik einfordern? Ich komme mir so vor, als ob ich eine Krankheit aus Ausrede für mein Verhalten haben möchte. Als ich mit Freunden hierüber gesprochen habe, haben sie gelacht. Meine Eltern meinen, dass heute jeder auf einmal was Psychisches hat und ich mich auf meinen Ar*** setzen soll. Ich habe die Sorge, dass Leute es nicht ernst nehmen und ich hiermit Faulheit begründen möchte. Ich weiß einfach nicht mehr weiter, wie ich weiter vorgehen soll.

Viele Grüße

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Herzlich Willkommen @Sopherl

Das du verunsichert bist, ist völlig verständlich.

Mach doch einfach mal das Online Screening auf ADXS.org und schau mal was da raus kommt :slight_smile:

Der Test ist keine offizielle Diagnose sondern lediglich ein guter Hinweis darauf, ob etwas vorliegen könnte oder nicht.

Aber dass du von dem Medikinet ruhig geworden bist, ist an und für sich schon ein Indiz in diese Richtung.

Und erstmal an der Angst zu arbeiten halte ich in diesem Fall für deplatziert.
Du kannst, gegen die Kopfschmerzen durch Dehydrierung natürlich Aspirin nehmen.
Sinnvoller ist es jedoch, was zu trinken.
Ich denke dass du verstehst worauf ich hinaus möchte :wink:

Aber mach erstmal das Screening und sag uns bitte was da raus gekommen ist :slight_smile:

*edit
Das verletzende Verhalten durch Familie und „Freunde“ ist durch nichts zu entschuldigen.
Bitte höre nicht auf die sondern lieber auf dein Gefühl.

Denn so wie dir jetzt, ging es nahezu allen hier.

Wir wurden belächelt, ausgelacht, sollten uns einfach mehr anstrengen und keine Ausreden suchen.
Welcome to „Bullshit Bingo: The next Level!“

Wichtig ist erstmal, dass du hergefunden hast und dass du nicht alleine bist.
Hier wirst du jederzeit Rat, Trost und Verständnis finden.
Egal zu welchem Thema.

Versprochen :wink:

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Hallo @Sopherl und herzlich Willkommen :heart:

Ich glaube, dass das eher das Gefühl ist von Menschen, die wirklich krank sind. „Gesunde“ Menschen, die nur ein paar Problemchen haben, werden eher keine Krankheit als Erklärung haben wollen. Ist nur meine These!

Das zusammen mit deinen Schilderungen = Mach dir einen Termin zur Diagnostik. Du kannst ja nur gewinnen! Ansonsten wirst du für dich nicht klären können, ob du richtig liegst.

Das wirst du hier ganz oft lesen, auch generelle Zweifel an der (bestehenden) Diagnose, weil vielleicht ist man ja doch nur faul. Du bist nicht allein :slight_smile:

Das tut mir leid. Leider wissen viele Menschen nichts mit ADHS oder ähnlichem anzufangen und reagieren dann sehr unsensibel und verletztend. Ich kenne das zu gut, auch bei anderen psych. Problemen wurde ich oft belächelt und nicht ernst genommen.

Hör da ganz dringend auf dein Bauchgefühl: Es stimmt etwas nicht, hol dir die Hilfe die du verdienst!

Es gibt hier auch die Möglichkeit, dir eine Liste mit Ärzten in deiner Umgebung schicken zu lassen:

Das kann ich dir nur ans Herz legen.

Liebe Grüße :heart:

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Vielleicht kann ich dir hier einige Fragen beantworten:

Erste Schritte zur ADHS Diagnose](Erste Schritte zur ADHS Diagnose)](Erste Schritte zur ADHS Diagnose)

Vielen lieben Dank für Eure Nachrichten! Es hilft wirklich sehr, dass Ihr meine Sorgen ernst nehmt. Das habe ich so noch nicht erlebt. Danke!

Ich habe den empfohlenen Test gemacht.
Ergebnis: „Insgesamt wurden 104 von 169 Fragen so beantwortet, wie es für ADHS typisch ist. Damit hast du 61,5 % der Fragen ADHS-typisch beantwortet. (…) Für deine Antworten hat der Test Hinweise auf 74,4 % der Symptome ermittelt (32 von 43 ).“

Da ich mich ja zurzeit mit dem Thema um ADHS beschäftige, gehe ich mal davon aus, dass ich etwas voreingenommen bin und meine Antworten in Richtung ADHS-Diagnose „lenke“. Auch könnten einige der Symptome ja auf die Angststörung hinweisen (z.B. Getriebenheit oder Rejection Sensitivity). Aber trotzdem finde ich das Ergebnis enorm, wenn bei >26 Symptomen von einer starken Symptomatik ausgegangen wird.

Ich werde mal den Rat von @Justine nachgehen und mich informieren, wer eine ADHS-Diagnostik durchführt. Möchte ungern meinen Arzt hierfür kontaktieren und hoffe, dass ich keine spezielle Überweisung benötige?

Was mich einfach extrem wundert, ist der Fakt, dass ich nie eine schlechte Schülerin war. Ich war etwas unorganisiert (Blätterberge, nichts in Ordner einsortiert, schnell überfordert, Heulanfälle zuhause, Angst vor schlechten Noten, häufiger keine Hausaufgaben, einiges auf den letzten Drücker gemacht). Aber hatte eigentlich immer Noten im 1er-Bereich (oft Klassenbeste) und war bei den Lehrern nicht unbeliebt. Ich bin auf jeden Fall nicht hochbegabt, aber frage mich, warum ich die Symptome erst seit der Uni habe und ob einfach Studieren nicht das Richtige für mich war. Andererseits habe ich erst im Studium gemerkt, dass man sich strukturieren muss. Im Gymi klappt „Bulimie-Lernen“ ja noch ganz gut, was in der Uni schon schwieriger ist.

Liebe Grüße

Nein

Du bist halt ein kluges Kind und konntest gut kompensieren.

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Das kann daran liegen, dass die Schule einfach mehr Strukturen vorgegeben hat. In der Uni muss man sich mehr selbst organisieren können, dann kriegt man auf einmal mit, wie schwer einem das fällt. Viele ADHSler kennen das, insbesondere die weiblichen. Und ADHS führt nicht zwangsläufig dazu, dass man in der Schule schlechte Noten hat. Wenn man einige Fächer dann auch noch interessant findet, die Lehrer:innen einem wohlgesonnen sind und man diese vielleicht auch mag, passt es schon ins Bild, gerade in Zusammenhang mit Blätterstapeln und Chaos im Schulranzen.

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Falls das nicht getestet wurde, solltest du das „auf jeden Fall“ lieber durch ein „eventuell“ ersetzen. :wink:

Ich würde mich nicht als dumm bezeichnen, aber auch nicht besonders intelligent. Sonst würde ich ja jetzt wohl auch die Uni besser auf die Reihe bekommen trotz Konzentrationsproblemen. Trotzdem ist für mich der enorme Leistungsabfall nicht erklärbar, vor allem weil ich schon das Bedürfnis habe, viele Dinge sehr gut erledigen zu wollen. Und ich bin auf keinen Fall faul (ich chill ja nicht einfach zuhause, sondern arbeite oder mache sonst irgendwas, bin eigentlich immer busy obwohl nichts bei rum kommt).

@ads66: Ich gebe dir auf jeden Fall Recht mit der Struktur. Ich funktioniere relativ gut, wenn ich alles klar vorgeschrieben bekomme, wenig selbstständig sein muss und immer eine Art Zeitdruck habe und mein Gesicht eines Fleißbienchens wahren möchte. Aber kann ja einfach nur sein, dass ich extrem unstrukturiert bin und keine ADHS oder sonstige Diagnose dahintersteckt.

Vielen Dank fürs Zuhören!

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Ganz klares NEIN von meiner Seite aus :wink:

Damit fütterst du dich selbst mit negativem Zeug.

So Aussagen wie „warum kannst du nicht einfach“, „so schwer ist das doch nicht“ oder, auch immer beliebt, „streng dich einfach mal gescheit an, du bist doch nicht blöd“ kommen / kamen schon genug von anderen.
Da musst du dir das nicht auch noch vorbeten.
Selbst nicht, wenn du zusätzlich noch Depressionen hast (sind gerne im all inklusive Paket enthalten :wink: )
Nur dann fällt es natürlich deutlich schwerer…

Du bist garantiert bei Dingen für die du absolut brennst hochgradig strukturiert. Alles weitere eher weniger.

Aber das ist okay.

Leichtes ist schwer und schweres ist leicht.
Ist eine unserer Eigenheiten.

Aber das ist etwas, was du mit der Zeit lernst.

Es wird erstmal so oder so viel neues auf dich zukommen. Gib dir bitte die Zeit das alles erstmal in Ruhe zu verarbeiten.

Aber das wirst du packen.
Du hast definitiv Support hier :wink:

Ach ja, dein Ergebnis vom Test spricht eine recht eindeutige Sprache :slight_smile:

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Manchmal spreche ich mit mit Menschen die es auch ohne Konzentration- oder Organisations-Probleme nicht an eine Uni geschafft haben. Darunter Menschen mit sehr individuellen Herrausfoderungen.

Bei der Frage was zum Studieren gebraucht wird, breche ich es gerne herunter. Es ist das gleiche wie bei jeder anderen Herrausfoderung im Leben. Man muss es können, wollen und machen.

Können ist die Eigenschaft die aus Potenzial und formalen Voraussetzungen folgt. Für ein Studium insbesondere Intelligenz und Abitur.

Wollen ist die Eigenschaft die aus Vernunft und Anstrengungsbereitschaft folgt. Eine Angststörung kann die Anstrengungsbereitschaft wiederum ganz erheblich anschieben.

Machen ist die Eigenschaft die aus Motivation und Antrieb folgt (und der Organisationsfähigkeit um es zu lenken). Das „Machen“ ist dieses komische Konstrukt das mit ADHS irgentwie ständig durch die Finger rinnt. Das vom wollen entkoppelt scheint. Das mal zu viel und mal gar nicht funktioniert. Dem nachzugehen kann, nach eigener Erfahrung, bereichernd sein.

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Das ist ein Fehlschluss.

Danke für eure Antworten:)

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