Hilfe bei unzureichender Medikamentenwirkung

Hallo neurodiverse Schwarmintelligenz,

Tldr: Ich bin unzufrieden mit der unzureichenden Wirkung meiner medikamentösen Behandlung und bin auf der Suche nach Erklärungen und Lösungen.

Ich bin inzwischen etwas ratlos und wollte mal hören, ob von euch vielleicht jemand weiterweiß.

Kurz zu mir; Ich bin Männlich, Anfang 30, prokrastinierender Doktorand und seit Sommer letzten Jahres offiziell diagnostizierter ADHSler des überwiegend unaufmerksamen Typs mit komorbider Depression. Huhey! =D

Meine Symptomatik äußert sich also weniger in Form von Hyperaktivität und Impulsivität, sondern vor allem durch Müdigkeit, Trägheit, Antriebsschwäche, geringer Motivation, langsames bzw. unstrukturiertes Arbeiten, gedankliches Abdriften und ganz ganz schlimmes Prokrastinieren.

Ich habe mich im letzten Jahr hyperfokussiert mit ADHS beschäftigt, zwei therapeutische Kurse gemacht und eine KVT begonnen. Obwohl ich schon davor versucht habe, mit vielen Routinen und Methoden mehr Struktur und Disziplin in meinen Alltag zu bringen, hat bisher nichts nachhaltig funktioniert. Ich scheiter immer wieder an der praktischen Umsetzung.


Seit sechs Monaten werde ich medikamentös behandelt. Zunächst mit Ritalin (6 Stunden Wirkzeit bei 50mg) seit vier Monaten mit Elvanse (7-8 Stunden Wirkzeit 70mg). Ich merke bei beiden durchaus das Anfluten der Wirkung bzw. den Rebound am Ende. Nebenwirkungen habe ich so gut wie keine. Eine durchschlagende Wirkung allerdings eben auch nicht.

Der einzig wirklich feststellbare positive Effekt ist, dass ich nicht mehr den ganzen Tag so müde und träge bin. Auf Antriebsschwäche, Motivation und damit Prokrastination hat beides leider kaum ausgewirkt. Ich hänge nach wie vor häufig mit dem Kopf in den Wolken oder mache das am liebsten, was mich gerade am meisten Spaß macht und das zum Teil noch länger und fokussierter als zuvor.

Seit knapp drei Monaten nehme ich zusätzlich 60 mg Duloxetin (ein SNRI), dass sich jedoch weder positiv auf Antrieb noch auf Stimmung auswirkt und mich neben Erektile Dysfunktionen so Müde macht, dass selbst 70 mg Elvanse kaum dagegen ankommen. Das macht es also nur noch schlimmer. Inzwischen habe ich auch die letzten sinnvollen Tagesroutine eingebüßt.

Mein Psychiater wirkte beim letzten Mal bereits etwas ratlos, was er noch mit mir anstellen soll, und meinte ich sollte dem Duloxetin noch etwas Zeit geben. Nächste Woche habe ich wieder einen Termin bei ihm. Wahrscheinlich messen wir erstmal den Plasmaspiegel, aber ich bezweifle, dass das Duloxetin das richtige für mich ist.


Nun zu meiner eigentlichen Frage:

Was glaubt könnte für die geringe Wirkung der Medikamente verantwortlich sein?

Bin ich Nonresponder oder High Metabolizer? Brauche ich höhere Dosierungen oder einen anderen Wirkstoff? Was könnte man mit kombinierter Medikation erreichen?

Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie deprimierend sein muss, wenn man erst glaubt, die Antwort auf so viele Fragen im Leben zu bekommen und dann realisieren muss, dass keine der verfügbaren Behandlungsmethoden hilft. Noch habe ich die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, aber so langsam verliere ich die Zuversicht.

Ich könnte jetzt echt gut ein paar Antworten gebrauchen und wenn es neu aufbauende Worte sind.

Herzlichen Danke!

  1. Nonresponder gibt es bei 30% der Patienten, Die Wahrscheinlichkeit ist also relativ hoch.

  2. Die Frage ist, was du erwartest. Also stimmt die Erwartungshaltung mit den Möglichkeiten der Medikamente überein?

  3. Schlaf: Wie ist er? Fühlst du dich fit morgens? Wie viele h schläfst du? Schnarchst du? Warst du schon im Schlaflabor (bzgl OSAS)?

  4. Hormone: Eher untypisch aber möglich wären niedrige Testosteronwerte.

  5. Blutwerte: Hast du schon mal da alles checken lassen was in Frage kommen könnte?

  6. Essen: Isst du genug? Hat mein Hirn zu wenig Futter werde ich auch träge.

  7. Hystaminunverträglichkeit: Viele haben da anfangs eine gute Wirkung die recht schnell abnimmt. Mit der Suche gibt es mehr dazu.

  8. Was nimmst du sonst für Arzneimittel ein?

  9. Wann fängt Elvanse bei dir an zu wirken? Bei mir dauert es etwa 1,5 h. Wenn ich dann 2 h nach Einnahme Kaffee trinken, fühle ich mich manchmal unruhig, habe aber Antrieb. Was passiert wenn du nur Kaffee ohne Elvanse trinkst? Wie reagiert dein Organismus auf das Koffein?

Herzlich willkommen, @Gleichklang !

Gerade kam gestern Abend ein interessanter Hinweis auf Magnesium als Faktor von jemandem in einer ähnlichen Situation:

Vielleicht für Dich interessant…

Berichte ggf gerne hier, da wir das hier noch nicht so explizit beobachtet haben, dass es einen dermaßen großen Einfluss haben kann.

Wäre schön, wenn es auch andere bestätigen könnten.

Ich bedanke mich schonmal für eure Antworten. Ich hoffe es kommen noch welche hinzu, aber ich sehe ja auch wie viele andere Threads wöchentlich bzgl. Medikamente gestartet werden. Ich werde versuchen mir einen Überblick zu verschaffen und bin auch über jeden Hinweis auf ähnliche Threads dankbar.

@BrainBuzz Ich übernehme mal deine Nummerierung.

  1. Das es Nonresponder gibt habe ich natürlich schon gehört. Aber wie fühlt es sich an Nonresponder zu sein. Spüren die gar keine Wirkung, oder nur eine abgeschwächte bzw. auf wenige Symptome beschränkte Wirkung?

  2. Wünschen könnte ich mir bzgl. der Wirkung natürlich einiges. Als eingefleischter Skeptiker bin ich da aber vorsichtig. Meine Erwartung wäre aber: a) Weniger Müdigkeit/Mehr Energie (was teilweise der Fall ist) b) mehr Aufmerksamkeit und Fokus bei Geistigen Tätigkeiten/ Weniger gedankliches Abdriften, c) und das fehlt mMn noch am meisten, mehr Antrieb/Motivation um Dinge die ich prinzipiell tun möchte auch aus eigenem Willen heraus anzufangen und nicht immer nur unter Druck von Außen.

  3. Ich muss vorweg sagen, dass ich seit meiner Jugend einen extrem versetzten circadianen Rhythmus habe (3 a.m. – 11 a.m.) Ich tracke meinen Schlaf seit 3 Jahren mit einer App (Sleep Cycle). Im Schnitt verbringe ich 8 Stunden im Bett von denen ich ca. 6 ½ Stunden effektiv schlafe. Früher habe ich zusätzlich über den Tag viel genappt und tu das seit den Antidepressiva wieder. Schnarchen oder unregelmäßig atmen tu ich laut App nicht. Schlafe zudem auf der Seite oder dem Bauch. Schlafapnoe halte ich daher für unwahrscheinlich. Mal ins Schlaflabor zu gehen, währe sicherlich trotzdem keine schlechte Idee. Insgesamt ist bezogen auf die Schlafhygiene noch einiges ausbaufähig.

4.-8. Hormonwerte und Hystaminunverträglichkeit könnte ich mal checken lassen. Blutwerte sind aber OK. Ich ernähre mich bewusst und ausgewogen. Zusätzlich nehme ich tgl. Omega3-Öl, Vitamin D, Magnesiumcarbonat und einen Vitamin B-Komplex ein. Ansonsten habe ich mit weiteren NEMs erfolglos rumgespielt. Andere Arzneimittel nehme ich nicht ein.

  1. Die Wirkung von Elvanse setzt etwa nach einer Stunde ein. Merke das in der Regel durch erhöhten Puls. Nach 4 Stunden bin ich auf dem Peak, danach fällt die Wirkung langsam ab. Nach 8 Stunden folgt dann eine 1–2-stündige Müdigkeit.
    Koffein zusätzlich vertrage ich zusätzlich gut, aber ohne merkbaren Effekt. Abends trinke ich häufig einen grünen Tee um die Müdigkeit nach Wirkende abzufedern.

Fazit: Eine gewisse Wirkung hat das Elvanse also. Vor allem bezogen auf die Wachheit. Im Bereich Aufmerksamkeit und Antrieb aber nur unzureichend. Ernährung und NEMs haben keinen merkbaren Einfluss. Hinzu kommt, dass das Duloxetin mit seiner sedierenden Wirkung die positiven von Elvanse fast komplett aufhebt.
Ich frage mich woran das liegt und welches Antidepressivum womöglich besser geeignet wäre bzw. ob ich auch das ADHS-Medikament wechseln sollte.