ich habe gerade ein Buch gelesen, wo das Thema Taskwechselprobleme beschrieben wird. Leider gab es dazu keine konkreten Behelfsstrategien.
Wie es der Zufall so will, konnte ich aber identifizieren, dass ich mich just in diesem Moment in so einem Zustand befinde. (Finde ich etwas lustig, da grade das Buch meine Ablenkungsstrategie war).
Situation:
Seit 8 Wochen warten wir auf unsere neue Küche. Die alte Küche hatten wir bis auf Spüle und Herd bereits abgebaut, da wir Boden und Wände noch renoviert haben, ein neues Fenster eingebaut haben etc…
Alles inhaltliche haben wir in diversen Kisten in der ganzen Wohnung gelagert. Den Stress vom zusammensuchen der einzelnen Dinge zum kochen etc…muss ich wohl nicht naher erläutern. Es war eine Qual!
So!
Jetzt wird die neue Küche gerade aufgebaut. Ich sehe mich schon seit heute Morgen mit Schürze glänzend und strahlend in der Küche stehen und ganz viele tolle Dinge tun😂
Also mein Motivationsmoment ist fest für heute.
Aber bis das Ding fertig ist, kann ich nichts anderes machen! Ich sitze hier wie angeklebt und warte und warte.
Ich könnte Wäsche aufhängen, das Bad putzen oder irgendwas anderes für mich machen. Aber nein, ich kann nicht.
Kennt ihr das auch und wie komme ich da wieder raus???
Grade habe ich es einfach akzeptiert und mich mit meinem Mann ein wenig darüber lustig gemacht.
Es fühlt sich so an, als ob ein Sprinter die ganze Zeit angespannt am Startpunkt steht und nicht starten darf. Und das über Stunden bis das erlösende Pfeifen endlich ertönt. Und danach ist man einfach nur fertig vom warten. Das ist doch Wahnsinn😂
Vielen Dank im Voraus:)
PS: ob ich überhaupt starten darf ist fraglich, da sich im Nachgang rausgestellt hat, das diverse Teile falsch geliefert wurden
Hoffentlich haben wir nicht dasselbe Buch gelesen:
Mich erinnert es gerade an „Peak Mind“ und dort an den Feuerwehrmann, der so ins Löschen des Waldbrands vor sich vertieft ist, dass er nicht merkt, wie der Waldbrand hinter ihm seinen Fluchtweg abschneidet.
Lösung dort: mehr Meta-Bewusstsein schaffen, andere Form der Aufmerksamkeit und vor allem „Zielbewusstsein“ bewahren und die Gesamtsituation nicht aus den Augen verlieren. Eher Flutlicht statt Taschenlampe.
Das Buch rät zu Meditation, täglich über längere Zeit, weil das die Fähigkeit zu Meta-Bewusstsein trainieren kann. Und Meta-Bewusstsein rettet dem Feuerwehrmann das Leben.
Es gibt auch konkrete Übungen und eine YouTube-Challenge und Videos dazu usw. Also es wäre unfair, dass einen dieses Buch auch komplett im Stich lässt, aber klar: Richtig ADHS-tauglich scheinen die Antworten erstmal nicht.
Mag sich auch lohnen, das mal mit und ohne Medikation zu beobachten und zu vergleichen. Denn es kann leider sein, dass es dadurch nicht besser wird:
„Ich war sicher, die Zauberpille für laserscharfe Konzentration in meiner Jacke dabeizuhaben. Nur stellte sich heraus: Meine Konzentration war zwar laserscharf, nur leider nicht lenkbar. Ich spielte fehlerfrei drei Tage auf dem Handy Tetris“
Das Buch nennt sich: AD(H)S - die versteckte Kraft in uns.
Vielen Dank für die Hinweise und Links, ich schau mir das gleich mal an.
Meditation ist wahrscheinlich keine schlechte Idee. Vielleicht kann man durch ein kurzes besinnen ins Hier und Jetzt den Modus durchbrechen.
An sich meditiere ich oft, nur habe ich es in der letzten Zeit wieder etwas schleifen lassen
Schön, dass Du mich da nachvollziehen kannst.
Ich habe mich schon öfter in der Situation befunden und mich dann über mich selbst geärgert, nur bin ich jetzt beruhigt, dass ich nachvollziehen kann, was es ist, woher es kommt und ich nicht einfach nur “unfähig“ bin.
Und ja, Fokus ist scharf aber schlecht lenkbar. Ich finde es einfach schade. Ich mache halt gerne so viel und kann nie lange dran bleiben obwohl ich der Überzeugung bin, dass es mich glücklich machen würde. Aber das ist ein anderes Thema …
Russell Barkley kommt da ja immer mit: sichtbare Gerüste (Scaffolding) in der Außenwelt bauen, mit denen unausweichlich vor Augen gehalten wird, was die Konsequenzen sind, wenn…
Ich habe mich dagegen lange gewehrt, weil es eben so unbarmherzig ist. Und weil es mit Zeitblindheit ja so leicht geht, das auszublenden.
Aber die Konsequenzen kommen ja leider trotzdem.
Vielleicht ist es genau das. Eben nicht das hier sehen:
Ich sehe mich schon seit heute Morgen mit Schürze glänzend und strahlend in der > Küche stehen und ganz viele tolle Dinge tun😂
Sondern (ein)„sehen“, dass wir manche glänzenden und strahlenden Träume nie verwirklichen können, wenn wir uns nicht zwingen, aus ihnen zu erwachen.
Sich also so lange und oft wie nötig vor Augen führen, dass die „Gesamtzielerreichung“ unwahrscheinlich wird, wenn der Taskwechsel aufgeschoben wird.
Ich bin bei mir recht frisch wieder dahintergekommen, dass dieses „Ich sehe mich schon…“ mir leider zu oft schon reicht. So schön wie in meinem „Ich sehe mich schon…“ kann eine Küche in der Realität gar nicht sein.
Weiß nur nicht, wie lange das so bleibt und was mir Elementary-2030 dann alles so vorwirft.
Das hat mich grad gehittet. Das ist so hart und doch so wahr. Danke dafür
Jetzt überlege ich, wo ich das mir am besten visuell sichtbar machen kann, damit ich immer drüber stolpere.
Deinen Thread über den Mindpeak Buchclub ist hochinteressant. Ich werde mir ein paar Sachen da raus „peaken“
Das ist auch irgendwo mein Antrieb…Ich möchte später nicht zurückblicken und denken (entschuldige die Wortwahl), dass ich mich nur mit Scheiße Beschäftigt habe anstatt zu leben. Manchmal wirft mich das aber in eine Nicht-Aktzeptanz-Spirale.
richtig kacke wirds dann wenn dieses „taskwechselproblem“ nicht nur stunden oder tage andauert sondern wochen, monate oder jahre… es sei denn man hat glück und es ist eins was einem viel geld beschert.
soll aber vorkommen das manche unter medikation das unter kontrolle bekommen, von den wenigen leuten die ich so kenne verschärft sich das aber eher.
und dann gibt es tatsächlich noch welche die können das steuern ob mit oder ohne medikation hatte ich gehört, soll wohl auch vorkommen, die sind mir die größten rätsel.
edit: achja manche haben gleich mehrere bereiche und switchen dann kommt auch vor.
ist eine wilde medallie die sich dreht und spannend welche seite sich mehr zeigt unter medi…
edit2: ich sollte eigentlich jetzt aufräumen weil meine sozialarbeiterin kommt geh aber lieber jetzt werkeln, zähneputzen vorher schaffe ich aber noch.
Leider wird es ja gerade in kritischen Zeiten zum Problem. Und macht kritische Zeiten dann noch kritischer, ab in den Teufelskreis…
Ich erkläre mir das so, dass gerade dann der Kontrast so unwiderstehlich groß ist zwischen der Dopaminausschüttung der gerade laufenden Aktion und dem erwarteten Dopaminabfall den Aufgaben, zu denen gewechselt werden müsste.
Da stecken sicher auch wieder die Gremlins auf der Dopamin-Wippe dahinter.
Aber bitter ist es trotzdem. Denn in der Konsequenz heißt das ja, sich gerade in solchen Zeiten fernzuhalten von allem, was so viel Dopamin ausschüttet, dass es außer Kontrolle gerät. Oder damit eben nur anzufangen, wenn die Umstände abgesichert oder die „Tasks“ in irgendeiner Weise eingehegt sind etc.
Fühlt sich dann bei mir schnell an, als funktioniere der Rest des Lebens jetzt nur noch mit neutraler Brown-Noise-Beschallung, Zahnarztbesuchen und der Steuererklärung und „Jetzt ist immer“.
Das ist eine sehr gute Frage!Gefühlsmässig würde ich sagen, dass man den Hyperfokus als Überbegriff nehmen kann und die Taskwechselproblematik eine von vielen möglichen Folgen sein kann.
Fällt mir auch auf, dass es sich bei mit Medis gerne verstärkt. Aber ich glaube auch, dass es mit der Tagesstruktur zusammenhängt. Wenn ich wirklich meinen Plan verfolge am Tag (den ich am Abend davor ausgearbeitet habe) und dran bleibe, lasse ich mich nicht so leicht aus der Bahn werfen. Halt nur dran bleiben, ist so ein Ding.
Ich habe über diesen Satz jetzt länger nachgedacht. Und genau das, scheint für mich auch der springende Punkt zu sein.
Ich bin seit ein paar Wochen aus der Klinik zu Hause und muss auch schauen, wie ich die Dinge, die mir gut tun unter kriege.
Und leider habe ich aktuell große Schwierigkeiten damit.
Ich weiß genau, was ich wie zu tun habe…Aber bekomme es nicht hin.
Vielleicht sind es manchmal Huhn-Ei-Verwechslungen, die uns passieren:
Es geht uns nicht (erst dann) besser, wenn wir den Saugnapf-Hyperfokus vom Küchenprojekt loseisen.
Sondern wir kriegen ihn leichter ab, wenn es noch andere stabilisierende Faktoren gibt, die wir gerne fokussieren?
Bleibt schwer: Wenn es erstmal so weit ist, sind die Ressourcen kaum in Reichweite, aber trotzdem hilft vielleicht die andere Betrachtungsweise für Babyschritte vorwärts?
Eventuell hilft dir die „Shisha Kanko“ (Pointing-and-Calling) Methode. Ich verwende diese Methode wenn ich zu sehr in Gedanken gefangen und ich schon wieder zehn Schritte weiter bin. Und dann versuche zu verstehen, wieso die Kaffeetasse auf der Waschmaschine steht, der Kaffee kalt ist und ich eigentlich die Waschmaschine ausräumen wollte, aber hey, zuerst den kalten Kaffee ausschütten, … ah… in der Küche … you know the outcome
In solchen Situationen beschreibe ich laut, was ich gerade mache, zeige mit dem Finger darauf und mache es mir mit so vielen Sinnen bewusst.
In deinem Fall: „(Laut) Ich ziehe mir die SChürze an (auf die SChürze zeigen, die Schürze anziehen) und möchte in der Küche Gemüse auf der Arbeitsplatte (zeigt auf die Arbeitsplatte) schnibbeln. Dazu brauche ich ein Schneidebrett, dass in der Schublade ist (Zeige auf die Schublade)…“
In diesem Artikel wird die Methode kurz beschrieben und auch die ungewöhnliche Art, dies im Rahmen der Kognitiven Verhaltenstherapie zu machen.
Ich war gerade für einen Monat in Japan und durfte die Methode (wieder) hautnah an den Bahnsteigen oder im Flugzeug oder im Bus erleben.
Die Methode nutze ich selbst gerne ein, wenn ich mal wieder drohe, mich in Gedankenkaskaden zu verlieren oder paralysiert bin, weil ich gedanktlich schon die Belohnung vornewegnehme.
Am Anfang fühlt es sich ungewohnt an. Aber so ist das mit dem Üben…
Der Artikel ist phantastisch!! vielen Dank dafür!!
Und für mich ergibt die Vorgehensweise absolut Sinn. Schön, dass das so in der Kultur und Gesellschaft dort verankert ist.
Ich werde daraus etwas für mich mitnehmen.
Ich habe eine ähnliche Methode unbewusst bereits mal angewendet (allerdings ohne Artikulation), wenn ich in negativen Gedankenspiralen gefangen war bzw. negative Gedanken trotz vorangehender objektiver Beurteilung und anschließendem Endergebnis weiter gepiesackt haben.
Da habe ich jeden Schritt mir vorgedacht, was ich jetzt tue, die Dinge auch achtsam betrachtet/beschrieben wenn möglich und das hat tatsächlich auch gut funktioniert.
Kenn ich zu 100% !! Großes Problem auch und schon häufig passiert, wenn ich verabredet bin, weiß ich müsste los… aber ich lese oder recherchiere gerade etwas… bis ich das nicht fertig hab, kann ich mich definitv keinen Zentimeter vor dem Computer wegbewegen oder mit irgendwas anderem befassen…
Kenne das aber auch wahnsinnig gut von irgendnem Office Kram. Dieses Warten das du beschreibst… richtig fokussieren auf andere Dinge ist schwierig wenn man sich gerade in etwas reingedacht hat, und der erwartete auflösende befriedigende Moment (Antwort, Bestätigung - jede Form von Erfolg für die geleistete Arbeit) ist noch nicht eingetroffen… als hält man wie innerlich krampfhaft fest!